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Neue Ränke.

Das Los der armen Knaben war ein entsetzliches. Der Höllengeist plagte sie furchtbar, besonders wenn er wegen einer Medaille oder sonst einer geweihten Sache in Wut geraten war. Der Besessene kannte dann niemand mehr, er zerriß und zerschmetterte alles was ihm unter die Hände fiel. Wollte man seinem Treiben Einhalt tun, dann wehrte er sich mit äußerster Gewalt und es war oft ungemein schwer ihn zu bewältigen. Wiederholt hatte der Teufel erklärt, daß er viel lieber in einem erwachsenen, starken Manne wohnen wollte, daß man ihn dann sobald nicht bemeistern würde; da er aber nur in einem Kinde hause, dürfe er nicht mehr Kraft gebrauchen als das Alter des Kindes zulasse.

Auf Herrn Tresch, der fast täglich zu Besuch kam, war der Satan ganz besonders schlecht zu sprechen. »Mit dem habe ich noch ein Hühnlein zu rupfen,« sagte er einmal, als der Bürgermeister sich soeben entfernt hatte. Kurz darauf brach sich eine seiner Kühe ein Bein. »Da hat er schon was abgekriegt, aber es gibt noch anderes.« Wenige Tage nachher verendeten ihm zwei Kälber. »Wieder etwas für ihn,« hohnlachte der Teufel, »aber es ist noch nicht fertig.« Nach längerer Frist fiel der Bürgermeister die Treppe herunter und brach sich den Vorderarm. Während dies geschah, erzählte es der Teufel bereits hohnlachend den Anwesenden.

Bericht des Herrn Professors Lachemann: Im Monat März 1868 hatte Herr Tresch ein Schwein gekauft. Schon am zweiten Tage hatte das bisher ganz gesunde Tier alle Freßlust verloren und siechte dahin. Der Tierarzt fand jedoch keinerlei Krankheit an demselben, sodaß Herr Tresch auf den Gedanken kam, die Sache sei auf andere Weise zu erklären. Er hing im Stall eine geweihte Benediktusmedaille auf, und alsobald war das Tier wieder munter und fraß wie gewöhnlich. Beim nächsten Besuche erklärte dann der Teufel: »Jetzt darf ich nicht mehr bei dir einkehren; wir müssen über dein Haus wegfliegen, seitdem du Dreck in deinen Stall aufgehängt hast.«

Auch in anderen Häusern von Illfurt rumorte ab und zu der böse Geist, besonders im Hause Kleiber Benjamin. Diese Leute hatten viel von ihm zu leiden und mehr wie einmal wurde der Seelsorger gerufen um Häuser und Stallungen zu segnen. Auch den Familien Brobeck und Zurbach machte er viel zu schaffen. Wenn er wieder mal mitten in der Nacht in der oberen Kammer einen Hexensabbat veranstaltet hatte, rühmte er sich regelmäßig: »Hast du uns diese Nacht gehört? Gelt, wir haben dir einen netten Sabbat gemacht.«

Der Teufel war namentlich auf jene Personen schlecht zu sprechen, welche den Kindern ein Interesse bezeigten und ihnen auf irgend eine Weise zu Hilfe kamen. Er bekannte selber, daß er der Nachbarsfamilie Brobeck zwanzig Bienenvölker vernichtet hatte. Als Herr Brobeck einmal nach seinen Bienen schaute, sah er mit Entsetzen, daß sämtliche Bienen wie geköpft waren. Da er bald erfuhr, von welcher Seite der Streich kam, ließ er das Bienenhaus segnen und mit Weihwasser besprengen und fortan hatte er Ruhe.

»Ich kann meinen Haß nicht weiter gegen ihn ausüben,« jammerte er alsdann, »und meine Macht, ihm zu schaden, ist vernichtet durch die Grimassen der Pfaffen.«

Marianne Kleiber war eben im Begriffe, Brot in die Suppe einzubrocken, während ihre ältere Schwester Katherine am Fenster saß. Auf einmal sah diese eine Maus durch die offene Tür ins Zimmer treten: »Marianne,« rief sie, »Marianne, eine Maus, zertritt sie.« Die Schwester tat es. In diesem Augenblick war der Fuß und das ganze Bein gelähmt. Katherine, die sofort einen Teufelsspuck vermutete, eilte ins Burnersche Haus, die Kinder zu befragen. Als diese sie erblickten, riefen sie: »Aha, die Maus!« und offenbarten ihr, daß »ihre Herren« ihr diesen Streich gespielt. Nach Verlauf von drei Tagen ließ die Familie das ganze Haus segnen. Marianne wusch ihr Bein mit Weihwasser und sofort hörte jeder Schmerz und jede Lähmung auf.

Am meisten erfreuten ihn Hunds- und Schlangenfiguren, von denen er oft mit Kreide oder Bleistift die wunderlichsten Exemplare zeichnete: »Solche haben wir in der Hölle,« sagte er dann, »es sind unsere Meister.«

Einmal klagte Theobald der ihn besorgenden Schwester: »Schwester, ich habe Läuse.« Sie schaute nach und erblickte zahllose rote Läuse auf dem Kopfe des Knaben. Alsobald begann sie, mit Hilfe dreier anderer anwesender Personen, den Kopf des Knaben mit Kamm und Bürste zu bearbeiten. Doch je mehr sie vom Ungeziefer vertilgten, desto mehr erschienen wieder neue. Da rief der Vater, der ungeduldig geworden war: »Wart, Satan, ich will dich mit deinen Läusen vertreiben.« Er holte Weihwasser und besprengte damit das Haupt des Knaben mit den Worten: »Ich befehle dir im Namen der heiligen Dreifaltigkeit, das Kind zu verlassen.« Und im selben Augenblick waren die Läuse fort. Dieses Mittel half auch bei Joseph, der ebenfalls über dasselbe Ungeziefer zu klagen angefangen hatte.

Trat ein Besucher ein, der keinen geweihten Gegenstand bei sich trug, so blieb gewöhnlich die Uhr stehen, die er in der Westentasche trug, und der Teufel spottete seiner. Als Herr Tresch ihn einmal fragte, warum er nicht auch ihm diesen Streich spiele, antwortete er »Wenn ich könnte täte ich es schon.«

Bericht des Herrn Professors Lachemann: Im Sommer 1868 hatten die Kinder längere Zeit hindurch Ruhe. Als die Krise wiedergekehrt war, fragte Herr Tresch den Satan: »Wo bist du diesen Sommer gewesen?« – »Ich habe viele Kommissionen gemacht.« – »Warst du auch in Spanien?« (Dort war nämlich die Revolution ausgebrochen.) – »Ja, dort hatten wir am meisten Arbeit. Dort sind sie auch gefallen.« – »Hast du auch mitgeholfen, die Königin fortzujagen?« – »Jawohl.« – »Warum denn?« – »Dort befindet sich fast in jedem Hause ein Pfaffe.« – »Gibt es deren dortselbst viele?« – »Ja, mehr als hier.« – Darauf sagte er zu Herrn Tresch: »Wenn ich dich und den Pfaffen von hier gewinnen könnte, könnte ich bleiben. Aber du bist ein Hartnäckiger, wie auch der Spitz (Spies) von Schlettstadt und der große Plärrer« (Martinot). – »Sprich, ist es nicht wahr, daß die Gottesmutter mich beschützt und mich standhaft erhält?« – »Halt's Maul, still!« schrie er dann.

Ein andermal gestand der Teufel, daß er auch dem Massenmörder Troppmann bei seinen Verbrechen geholfen habe.


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