Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Satan und die Kilben, Bälle und Tänze.

Die Besessenen hatten oft ruhigere Stunden und Tage. Die Teufel waren dann abwesend, und die Kinder aßen und tranken, plauderten und spielten wie andere Kinder, und wußten rein nichts von dem, was im Zustande der Besessenheit mit ihnen geschehen war. Gewöhnlich an den Sonntagnachmittagen war der Teufel fern von ihnen. Wenn man ihn dann bei Eintritt der Krisis fragte, wo er unterdessen gewesen sei, antwortete er, er sei in dem und dem Nachbarsorte auf der Kilbe gewesen, da sei es lustig hergegangen, da habe er ihnen aufgespielt und habe reiche Ernte gehalten. Das gefalle ihm am meisten; er muntere die jungen Leute auf, ja recht ausgelassen zu sein.

Dokument Spies und Pfarrarchiv: In Saint-Charles rief er einmal: »Ich will trinken!« Herr André fragte ihn hierauf: »Du kannst ja nicht trinken, du bist ein Geist. Was willst du trinken? Pack dich fort in die Hölle.« Da antwortete der Satan: »Ich setze mich nieder mit den Trinkern und reize sie zum Saufen, bis sie voll sind. Wenn sie dann betrunken sind, verschütten sie das Getränk auf den Tisch und auf den Boden, und was sie so verschütten, das ist für mich.« – Weiter erzählte er, daß er besonders Bälle und Tänze liebe, daß er die Leute reize zu tanzen und Dummheiten zu machen. Als er dies gesagt hatte, verließ er den Knaben.

Nach etwa zehn Minuten kehrte er zurück und rief hohnlachend: »Jetzt bin ich in der Bierwirtschaft gewesen!« Dabei nannte er das Bierlokal nebst seinem Eigentümer und sprach noch von andern Wirtschaften und ihren Eigentümern, und doch war der Knabe vorher niemals in Schiltigheim gewesen. Dann fügte er hinzu: »Meine Geschäfte gehen flott; ich bin froh, mein Chef wird zufrieden mit mir sein.« Am meisten freute er sich, wenn in diesen Lokalen – was nur allzu oft geschieht – recht zweideutige und unzüchtige Reden geführt wurden.

Ein anderes Mal zogen einige halbbetrunkene junge Burschen disputierend vor dem Hause vorbei. »Wart,« rief auf einmal der Satan, »ich will sie reizen, daß sie sich verhauen.« Tatsächlich gab es nach fünf Minuten eine famose Keilerei, die sich dreimal wiederholte. Dabei lachte der Besessene mit dem ganzen Gesichte.

Einmal hielt der Teufel mitten im Geschwätz inne und rief: »Still, jetzt haben wir ihn!« – Man fragte ihn: »Wen denn?« – »Na, den Jüngling, der in dem X.....schen Lokale in Schlettstadt tanzt.« – Dabei nannte er die Wirtschaft und die Straße. Plötzlich schrie er: »Aha, jetzt haben wir ihn, jetzt ist er bei uns!« – Die sofortigen Nachforschungen in Schlettstadt ergaben tatsächlich, daß in jenem Wirtshaus und zur selben Stunde ein junger Mann mitten im Tanze vom Schlage gerührt und tot niedergefallen war.

In Illfurt erzählte er einmal: »Dieser Bock von N... und seine Frau sind in den Schweinestall (Kirche) gegangen, um zu fressen (kommunizieren). Sie hatten Hunger. Kaum waren sie nach Hause zurückgekehrt fingen sie an zu handeln und zu fluchen wie Rasende. Die fürchterlichen Fluchworte flogen aus ihrem Munde wie Schneeflocken. Ich habe vor lauter Pläsier gelacht. Am Abend hätten sie wieder in den Schweinestall zurückkehren können, denn ihr Zustand war schlimmer als am Morgen. Ich habe alle ihre Flüche in ein Kästlein getan, um sie aufzubewahren.«

Einmal sagte er: »Wenn irgendwo Kilbe ist, so stehen wir um den Tanzboden wie eine lebendige Mauer und mischen uns unter die Tänzer; denn da blüht unser Weizen.«


 << zurück weiter >>