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Fünfundzwanzigstes Kapitel.

Daß Udo von Wolfsberg bezaubernd sei, würden selbst seine Feinde haben zugeben müssen, wenn er welche gehabt hätte; daß er in der That zaubern könne, war bis jetzt auch von seinen besten Freunden nicht ernsthaft behauptet worden. Als sie am Sonnabend Morgen erwachten, blieb ihnen kaum noch eine andere Annahme übrig. Seit acht Tagen hatte das Unwetter nun gewütet. Heute nacht war ein Sturm durch das Thal gebraust, daß die, welche nach der Wetterseite schliefen, glaubten, die Welt würde untergehen; und als sie nun am Morgen die Jalousieen aufstießen, sich den angerichteten Schaden zu besehen, blaute über ihnen der prächtigste Himmel, aus dem die Sonne ihr goldenes Licht auf die wiedererstandene Erde herabsandte. Wirklich wiedererstanden schien die alte Erde mit ihren Häusern, auf deren hellbestrahlten Dächern die Tauben girrten und die Spatzen lärmten; ihren regengescheuerten, menschenbelebten Gassen; ihren Gärten, in denen die Zweige der halbentlaubten Bäume sich im sanften Winde wiegten; ihren Waldbergen, die in zartem, bläulichem Duft und reinlichsten Konturen auf dem hellen Himmel standen und zu sagen schienen: kommt nur heraus und herauf! wir meinen es ehrlich. Wer sich uns heute anvertraut, dem wollen wir uns offenbaren in unserer ganzen Herrlichkeit.

Ja, es war ein wundervoller Morgen, aus dem im Laufe der Stunden ein schönster Tag wurde. Auch Escheburg mußte das widerwillig zugeben, während er sich jetzt zu der Partie ankleidete und zu dem Zweck den bereits geordneten Koffer halb wieder auspacken mußte. Er hatte heute bestimmt reisen wollen; aber Adalbert und Hilde hatten so dringend gebeten, nur noch diesen einen Tag, der ja nun gegen alles Erwarten so schön geworden sei, zuzulegen und ihnen den Spaß nicht zu verderben. Ein schöner Spaß! O ja, für die beiden, denen jetzt, seit drei Tagen, auch der graueste Himmel voll Geigen hing! Und die mit gesenkten Augen umhergingen, als ob sie so vor der Welt ihr neues Glück verbergen könnten, wie der Vogel Strauß den Kopf in den Sand steckt und denkt, man sieht ihn nicht. Als ob das nicht mit Händen zu greifen gewesen wäre! Als ob nicht jede ihrer Mienen die innere Seligkeit verraten hätte; jedes ihrer Worte, der Ton schon der Stimme, der immer zu sagen schien: Wir sind ja so glücklich! seid es doch auch!

O ja, wenn das für andere ehrliche Leute so einfach wäre, wie bei euch, die ihr euch längst gefunden und nur wieder unterwegs verloren hattet, als ein paar Kindsköpfe, die ihr seid. Aber ich; aber sie!

Er war an das Fenster getreten und blickte durch die weißen Tüllvorhänge nach dem ebenso mit weißen Gardinen verhängten Fenster drüben. Bei allen olympischen Göttern, was sollte daraus werden! Es war ja schon schlimm genug, daß er, um Hilden das Köpfchen zurechtzusetzen, sich quasi als Verlobter Koras bekannt hatte; mußte sie nun auf den unglückseligen Gedanken verfallen, Adalbert durch eine viceversa Lüge zur Vernunft zu bringen? Oder wie sollte er gewisse Anspielungen Adalberts anders verstehen? wie Hildes schelmische Frage gestern abend: Sie wollen wohl erst Ordinarius werden? Sie hatten gut lachen! Das heroische Mittel war ja trefflich bei ihnen angeschlagen – der Augenschein lehrte es – aber was war aus den heldenmütigen Aerzten geworden? Weh' dem, der lügt! Es war ein reinweg verzweifelter Fall. Und sie mußte derselben Ansicht sein. Weshalb wäre sie ihm sonst seit drei Tagen geflissentlich ausgewichen? gestern abend noch so auffallend, daß ihm eigentlich gar nichts anderes übrig blieb, als heute abzureisen? Und nun hatte er sich doch wieder herumbringen lassen als ein richtiger charakterloser Schwächling, der er war! Ei was, alter Junge, belüge dich doch nun wenigstens selbst nicht! Du hast abreisen wollen, weil du von Tag zu Tag erwartet hast, daß sie sich mit dem badischen Herrn verloben würde, und du dich nicht länger auf die Folter spannen lassen wolltest. Und bist geblieben, weil dir Adalbert gestern abend gesagt hat, daß sie ihm einen Korb gegeben – einen liebenswürdigen, wie sich von selbst versteht, aber doch soweit ganz solide gearbeiteten Korb. Das ist das Wahre von der Sache, und der Grund, weshalb du durchaus der Verlobung von dem Springinsfeld mit der dritten Gleiche assistieren mußt. Das heißt: über alle Berge sind die auch noch nicht; Großpapa Swalwell macht seit einigen Tagen ein verzweifelt feierliches Gesicht.

Und da war das feierliche Gesicht auf den breiten Schultern des alten Herrn, der, nachdem er in gemessenem Tempo dreimal geklopft, nun zur Thür hereintrat in schwarzem Frack und blendend weißer Wäsche, die bei seiner stattlichen Verbeugung krachte, und der jetzt, Escheburgs Aufforderung folgend, würdevoll auf dem kleinen harten Sofa Platz nahm. Es war das erste Mal, daß der alte Herr ihm die Ehre erwies; die Veranlassung konnte keine geringfügige sein. So harrte er denn in bescheidener Ruhe der Dinge, die da kommen würden.

Es mußten gute Dinge sein; jedenfalls hatten sie Weile. Denn unmöglich hatte der alte Herr sich in den Frack gezwängt und war die steilen drei Treppen hinaufgeklettert, um ihm mitzuteilen, daß das Wetter heute sehr schön sei; daß er immer der Meinung gewesen, man wohne vier Treppen hoch gesünder, wie auf dem ersten Flur, und es gewähre ihm ein ganz besonderes Vergnügen, sich mit jemand zu unterhalten, der, wie der Herr Professor, ein so vorzügliches Englisch spreche.

Aber das war selbstredend alles nur Einleitung gewesen. Der alte Herr machte eine Pause, räusperte sich feierlich und sagte:

Die Veranlassung, welche mich zu Ihnen führt, ist diese. Ich bin ein einfacher alter Mann, der von Eltern und Großeltern stammt, die eben so einfach waren und auch durchschnittlich eben so alt geworden sind. Auch von meinen Brüdern und Schwestern darf ich das sagen; ebenso von deren Kindern, soweit sich das bis jetzt beurteilen läßt. Nur mein armer einziger Sohn, der Vater meiner drei Enkelinnen, hat eine Ausnahme gemacht: er starb schon in seinem vierzigsten Jahre. Es ist Gottes Wille gewesen. Denn sonst hat er nach denselben Prinzipien gelebt, wie alle Swalwells. Diese Prinzipien aber sind erstens: thue recht und scheue niemand; zweitens: Early to bed and early to rise, makes a man healthy and wealthy and wise. Diese Sentenz geht bis auf das 15. Jh. zurück; in der vorliegenden Form ist sie seit 1639 schriftlich gesichert; 1735 wurde sie von Benjamin Franklin in den USA heimisch gemacht. Ich gebe mich der Hoffnung hin, Herr Professor, daß Sie diesen Prinzipien beistimmen.

Escheburg verbeugte sich und der alte Herr fuhr fort.

In Konsequenz dieser Prinzipien sind die Swalwells herzhafte und standhafte Liberale gewesen, soweit die Traditionen unserer Familie reichen. Und das geht weit über die Stuarts hinaus, unter denen nicht weniger als drei Swalwells zu verschiedenen Zeiten enthauptet wurden. Dafür hat wieder ein Swalwell in dem Gericht gesessen, das Karl den Ersten zum Tode verurteilte. Ich verweile so lange bei diesen Einzelnheiten, die sonst kein Interesse für Sie haben dürften, weil ich von vornherein dem Verdacht begegnen möchte, als könne es mir – und ich darf wohl sagen: irgend einem Swalwell – jemals beikommen, uns in die vornehmen Kreise zu drängen, oder gar eine Familienverbindung mit denselben anstreben zu wollen, um mit einer solchen Verbindung zu prunken und uns besser zu dünken, als unsersgleichen. Ehre dem Ehre gebührt, gewiß; aber Bürgerehre ist nicht schlechter oder geringer als Edelmannsehre – das sind Swalwellsche Prinzipien, mein Herr. Ich hoffe, daß Sie nichts dagegen haben.

Im Gegenteil, sagte Escheburg; ich darf sagen, daß es auch die meiner Familie sind.

Geben Sie mir die Hand! rief Mister Swalwell, sichtbar erleichtert. Ich wußte, daß wir uns verstehen würden, und daß ich mich in dieser wichtigen Angelegenheit vertrauensvoll an Sie wenden darf.

Der alte Herr räusperte sich abermals, rückte sein stattliches, blankrasiertes Kinn in dem steifen Hemdkragen zurecht, und sagte, Escheburg starr in die Augen sehend, im Flüsterton:

Der Leutnant Wolfsberg liebt meine jüngste Enkelin, Miß Kate Swalwell.

Da dies ein Geheimnis war, welches Udo jedem seiner Freunde einzeln bereits seit acht Tagen anvertraut hatte, so glaubte Escheburg genug zu thun, wenn er das von Mister Swalwell konstatierte Faktum durch eine zustimmende Kopfbewegung anerkannte.

Und Miß Kate liebt den Leutnant Wolfsberg, fuhr der alte Herr in demselben Tone fort.

Auch dieses Faktum war Escheburg nicht weniger bekannt; aber da es sich um das Geheimnis einer Dame handelte, zog er die Augenbrauen in die Höhe und sagte: In der That?

Der alte Herr nickte und sagte, jetzt wieder mit freier Stimme:

Die jungen Leute haben es mir gestanden und erwarten nun meine Einwilligung.

Die hoffentlich nicht ausbleiben wird; sagte Escheburg.

Da sind wir auf dem Punkte angelangt; rief der alte Herr, Escheburg die Hand auf das Knie legend. Aber stetig, Herr, stetig! Sie kennen meine Prinzipien – die liberalen Swalwellschen Prinzipien gegenüber der Nobilität. Dieselben sind nicht erschüttert worden durch die unedle Handlungsweise eines Mitgliedes jenes Standes, das noch dazu zu meinen Landsleuten gehört, und von dessen höchst unwürdiger Aufführung Ihnen Ihr Freund Mitteilung gemacht haben wird.

Ossecks Mitteilungen nach dieser Richtung beschränken sich auf einige Andeutungen, die mir genügten; erwiderte Escheburg.

Gut; sagte der alte Herr; ich berühre diese traurigen Thatsachen auch nur, um, wie ich bereits andeutete, die Bemerkung daran zu knüpfen, daß meine Entscheidung in dieser Angelegenheit durch den Umstand des notorisch alten Adels der Familie Wolfsberg nicht beeinflußt werden kann. Edel ist, wer edel handelt. Um der Abstammung willen könnte Herr von Wolfsberg eben so gut ein Schwindler und Schurke sein, wie nicht.

Zweifellos! warf Escheburg ein; indessen –

Ich sage, könnte sein; fuhr der alte Herr eifrig fort; Gott soll mich bewahren, zu sagen, daß er ein solcher ist! Vor dem Schatten eines solchen Verdachtes schützt ihn der Umstand, daß ein Gelehrter von europäischem Ruf, wie Sie, ihn seines Umgangs würdigt; schützt ihn seine Freundschaft mit einem Manne, der ein gentleman born and bred ist, wie Herr Osseck; sodann die Gunst, welche er bei Lady Osseck genießt, einer Dame, vor der ich eine unbegrenzte Hochachtung empfinde; endlich seine Eigenschaft als Mitglied der deutschen Armee. Ein Mitglied dieser Armee, Herr, ein Offizier dieser Armee, an deren Spitze ein ruhmwürdiger Monarch, wie Kaiser Wilhelm, steht, die einen Grafen Moltke zum Führer hat, welche die Schlachten von Wörth und Sedan geschlagen hat – ein solcher Mann kann gar nichts andres, als ein Ehrenmann sein – kann nicht, Herr! es ist unmöglich.

Aber ganz gewiß; erwiderte Escheburg, ernsthaft dem alten Herrn in das vor Eifer hochrote Gesicht blickend; Sie werden also zweifellos Ihre Zustimmung geben?

Stetig, Herr, stetig! sagte Mister Swalwell, Escheburg abermals die Hand auf das Knie legend. Es handelt sich nicht bloß um die moralischen Eigenschaften des jungen Mannes, sondern auch um seine physischen. Und das ist es, was mich eigentlich zu Ihnen geführt hat.

Ah! sagte Escheburg.

Ich hatte bereits die Ehre zu bemerken, fuhr Mister Swalwell fort, daß die Swalwells auch eine alte Familie im physischen Sinne sind, eine langlebige Familie, die früh zu Bett geht und früh aufsteht, kurz, eine gesunde Familie. Gesund, Herr, gesund! Das ist es! Ich darf, ich kann und ich will keinen Schwächling in diese Familie bringen. Sie verstehen mich?

Ich glaube; sagte Escheburg. Und offen, wie Sie mich gefragt haben, will ich Ihnen antworten. Daß es zu den Grundsätzen oder auch nur den Gewohnheiten Herrn von Wolfsbergs gehört, außer im Dienst, früh aufzustehen, bezweifle ich schon deshalb, weil er eine entschiedene Neigung hat, möglichst spät zu Bett zu gehen. Nichtsdestoweniger darf ich Ihnen – soweit das ohne eigentliche Untersuchung geschehen kann, die Versicherung geben, daß Herr von Wolfsberg nach meiner Ansicht einer der gesündesten Jungen ist, die auf Gottes Erde herumlaufen.

Danke Ihnen, tausend, tausend Dank! rief der alte Herr, jetzt beide Hände Escheburgs ergreifend; wenn ein Mann wie Sie das sagt – ein Gelehrter von europäischem Ruf – so bin ich befriedigt, so muß die ganze Familie zufrieden sein, auch Mister Frederik Swalwell, der Verlobte von Edith – ein sehr kritischer Kopf – den ich von Manchester herbeordert habe, und der heute morgen angekommen ist und auch von der Partie sein wird – wissen Sie. Es wäre doch höchst traurig für die arme Edith, wenn sie an einem solchen Tage allein bliebe. Drei Enkelinnen, alle drei verlobt und ihre drei Verlobten alle anwesend – das ist ein Spaß, verehrter Herr, ein Swalwell-Spaß, wenn ich so sagen darf.

Und Mister Swalwell, der sich erhoben hatte, gab mit der Spitze des Zeigfingers Escheburg drei gemessene leichte Stöße gegen die Brust, griff dann in die rechte Westentasche, warf einen schnellen Blick auf Escheburg, wurde rot, räusperte sich, zog die Hand zum Glück wieder leer aus der Tasche, schüttelte mit derselben Escheburgs Hand mit großer Kraft und Herzlichkeit und bewegte sich stattlich, wie er gekommen, wieder zur Thür hinaus.

Escheburgs Blick blieb auf die Thür geheftet. Immer praktisch, murmelte er; darin sind sie uns doch noch über. Der Mann, wenn er an meiner Stelle wäre, wüßte längst, woran er ist. Und hätte sich alle diese schlimmen Stunden erspart. Und ihr!

Er war an das Fenster getreten und sah wieder durch die weißen Vorhänge nach den Gardinen drüben. Vermutlich war sie schon unten bei Ossecks. Jedenfalls war es jetzt nicht der geeignete Augenblick. Es würde sich heute unterwegs schon die Gelegenheit finden.

Und er machte sich seufzend daran, seine Toilette, in deren letzten Stadien ihn Mister Swalwell überrascht hatte, zu vervollständigen, mit dem Schicksal hadernd, das ihn zu einem Zauderer gemacht habe, der niemals fertig werde: nicht mit seinen Untersuchungen, in denen ihm nur zu oft ein anderer zuvorkomme; nicht mit seiner Toilette, bei der er regelmäßig durch einen Besuch in den entscheidenden Augenblicken gestört werde.

Auch Kora drüben war endlich mit ihrem Anzug fertig und saß, bereits im Hut, auf dem Sofa, den Kopf in die Hand gestützt, ohne sich entschließen zu können, hinab zu gehen, als Hilde eilfertig hereinkam, ebenfalls schon im Hut, mit sanft gerötetem Gesicht und strahlenden Augen, wie alle diese Tage.

Es ist die höchste Zeit, rief sie; der Wagen hält schon vor der Thür. Es kommen nur immer drei in einen Wagen. Escheburg fährt mit Wolfsberg und Steinbach. Sie haben ihn speziell gebeten. Aber Mädchen, was ist das? Du hast ja einmal wieder ganz verweinte Augen.

Es ist nichts; sagte Kora, sich abwendend; laß uns gehen!

So eilig ist es nicht; sagte Hilde. Sie können schon noch ein paar Minuten auf uns warten. Kora!

Was ist's?

Liebe, geliebte Kora! Du hast etwas auf dem Herzen. Kannst Du es mir nicht sagen?

Sie hatte Kora wieder auf das Sofa gezogen und fuhr, die Hand derselben in der ihren behaltend, fort:

Sieh, wir sind ja jetzt so glücklich, namenlos glücklich, Adalbert und ich. Und auch die Mama ist glücklich, oder doch beruhigt, nachdem sie über etwas, das ich ihr sagen mußte, sehr, sehr geweint und nebenbei die Pult weggeschickt hat, die morgen abreist. Gott sei Dank! Und eben hatten wir einen Brief aus Ossecken, der nur vierundzwanzig Stunden unterwegs gewesen ist, von Ellinor. Sie ist glücklich angekommen und dankt uns so sehr für die tiefe Ruhe, die sie da hat nach all dem Graus – das arme unglückselige Geschöpf. Und denke Dir, sie will nun durchaus Krankenpflegerin werden – Escheburg soll ihr dabei helfen – sie hat sich alles unterwegs zurechtgelegt – es ist merkwürdig, wie diese Engländer das gleich so praktisch und energisch anfassen – Adalbert sagt auch: Du sollst sehen, sie führt es aus. Und nun bist nur Du nicht glücklich, Du, der wir so viel, so viel zu danken haben! Du, die es so viel mehr verdient, wie wir! Ist es Dir leid, daß Du Herrn von Steinbachs Bewerbung ausgeschlagen hast?

Nein.

Gott sei Dank! Das heißt: ich wußte es schon; ich meine: ich konnte es mir denken, seitdem – seitdem – ach was! es kann so doch nicht bleiben. Adalbert hat mir alles gesagt: daß Du Escheburg liebst, und er Dich, seit immer, und daß ihr es euch auch gegenseitig gestanden habt.

Es ist nicht wahr, rief Kora heftig, kein Wort!

Hilde lächelte.

O ja, sagte sie; wenn ich nur nicht dasselbe aus Escheburgs eigenem Munde hätte!

Nachdem er mit Adalbert gesprochen!

Nicht, nachdem er mit Adalbert gesprochen. Genau zu derselben Stunde, als Du es Adalbert gesagt hast. Ich habe es ausgerechnet; es stimmt fast auf die Minute.

Kora saß regungslos da. Also auch er! Sollte sie sagen, daß sie und er aus dem gleichen Antriebe um das Glück der beiden anderen gelogen hatten, nun, da die beiden anderen dadurch ihr verlorenes Glück wiedergefunden? Und so das neue junge Glück vielleicht gefährden? oder doch in empfindlicher Weise daran rühren? Nein, das durfte sie nicht. So konnte es freilich auch nicht bleiben; aber zuerst mußte sie sich mit Escheburg verständigen. Sie hätte das schon längst thun sollen; aber heute sollte es gewiß geschehen.

Laß mir Zeit! sagte sie; Du sollst alles wissen; vielleicht sehr bald. Und inzwischen kein Wort zu Adalbert, wenn Du mich lieb hast!

Sie hatte Adalberts eiligen Schritt gehört. Er riß die Thür auf, rufend: Aber, Kinder, es ist die höchste Zeit! Sie warten nur noch auf uns!



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