William Shakespeare
Leben und Tod Königs Richard des zweyten.
William Shakespeare

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Fünfte Scene

Ein Bedienter kommt mit Stiefeln herein.

York. Gieb mir die Stiefel her; ich will zum Könige.

Herzogin. Schlag ihn zu Boden, Aumerle – – (Armer Junge, du bist betäubt.) Weg, Schurke, und komm mir nicht mehr vor die Augen.

(Zum Bedienten.)

York. Meine Stiefel!

Herzogin. Wie, York, was willt du thun? Du willt den Tod deines eignen Kinds befördern? Haben wir noch mehr Söhne? Oder können wir noch mehr bekommen? Willt du meinen einzigen Sohn in meinem Alter von mir reissen, und mich des glükseligen Namens einer Mutter berauben? Ist er nicht dein eigen?

York. Du zärtliche Thörin! Wolltest du diese schwarze Zusammenverschwörung verheeren? Ihrer Zwölfe haben das Sacrament empfangen, und sich die Hände darauf gegeben, den König zu Oxford zu ermorden.

Herzogin. Das soll er nicht; wir wollen ihn hier behalten.

York. Weg, närrisches Weib. Wär' er zwanzigmal mein Sohn, so wollt' ich ihn angeben.

Herzogin. Hättest du seinetwegen ächzen müssen wie ich, du würdest mitleidiger seyn. Aber nun merke ich deine Gedanken; du argwöhnest, daß ich deinem Bette ungetreu gewesen sey, und daß er ein Bastard sey, nicht dein Sohn; liebster York, liebster Gemal, denke nicht so; er ist dir so gleich als man seyn kan; er ist weder mir noch irgend jemand aus meiner Verwandtschaft ähnlich, und doch lieb ich ihn.

York. Aus dem Weg, widerspenstiges Weibsbild.

(Er geht ab.)

Herzogin. Geh ihm nach, Aumerle; besteig' sein Pferd, sporn' es so gut, daß du vor ihm zum König kommst, und bitt' um Gnade, eh er dich anklagen kan. Ich will nicht lange dahinten bleiben; wenn ich schon alt bin, so will ich doch noch wol so schnell reiten als York; und nimmer will ich vom Boden aufstehen, bis Bolingbroke dich begnadigt hat. Hinweg.

(Sie gehen ab.)


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