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Vierzehntes Kapitel.

– – Auf Erden gibt es Thaten,
Die dem Verbrecher heimgezahlet werden,
Noch eh' die Erd' versinkt. Sei es nun das Werk
Der Phantasie, die das Gewissen reget, sei es auch
Ein deutliches, gewisses Zauberbild, aus and'ren Welten.
Jahrhunderte bezeugen es, daß an dem Bette
Des feigen Mörders oft der Geist von dem verweilt,
Den er erschlug, und zeigt die weitaufstehende Wunde.

Altes Schauspiel.

Everard war nach Jocelins Wohnung so schnell geeilt, als sein Pferd ihn nur tragen konnte, mit derselben Heftigkeit im Vorhaben wie in der Eile. Es schien ihm, als bliebe ihm keine andere Wahl übrig, und er glaubte das größte Recht zu haben, seine Verwandte, so sehr er sie auch liebte, zurecht zu weisen, und ihr sogar wegen der gefährlichen Umtriebe, in denen er sie verwickelt glaubte, Vorwürfe zu machen.

Er kehrte langsam und in einer sehr verschiedenen Stimmung zurück.

Die eben so vernünftige als schöne Alexis schien nunmehr nicht allein von der Schwäche des Betragens frei zu sein, welche er ihr vorwerfen sollte, sondern ihre Ansichten von dem Staatswesen waren, wenn auch weniger praktisch, doch um so viel gerader und edler, als die seinigen, daß er sich selbst die Frage vorlegen mußte, ob er sich nicht voreiligerweise mit Cromwell eingelassen habe, wenn schon der Zustand seines gespalteten und von Parteien zerrissenen Vaterlandes nur das einzige Mittel darbot, einem neuen Bürgerkriege zu entgehen, wenn man dem General die ausübende Gewalt übertrüge. Aber die schwärmerischen, reineren Gefühle der Alexis setzten ihn in seinen eigenen Augen herunter, und obgleich er in seiner Meinung nicht schwankte, daß es besser sei, das Schiff einem Steuermanne anzuvertrauen, welcher kein Recht zu diesem Posten hatte, als es an der Brandung scheitern zu lassen, so fühlte er doch, daß er nicht den geradesten, männlichsten und uneigennützigsten Weg eingeschlagen habe.

Als er in diesen unfreundlichen Betrachtungen vertieft einherritt, und sich durch das, was vorgefallen war, in seiner eigenen Achtung bedeutend gesunken fühlte, fing Wildrake, der kein Freund eines langen Stillschweigens war, und der ihm zur Seite ritt, die Unterhaltung zu eröffnen an. »Ich denke, Mark,« sagte er, »daß wenn wir beide zu den Schranken berufen worden wären – was mir, nebenbei gesagt, mehr als in einem Sinn zu widerfahren drohte – ich sage, wenn wir Advokaten geworden wären, so würde ich eine geläufigere Zunge gehabt haben als du, und eine bessere Ueberzeugungskunst.«

»Es ist wohl möglich,« erwiederte Everard, »obgleich ich dich nie Gebrauch davon machen sah, außer um einen Wucherer zu bewegen, dir Geld zu borgen, oder einen Wirth, um etwas in der Rechnung nachzulassen.«

»Und doch hätte ich am heutigen Tag, oder vielmehr heute Nacht eine Eroberung machen können, welche dich in Erstaunen gesetzt hätte.«

»Wirklich?« sagte der Oberst, welcher aufmerksam wurde.

»Ja sieh'st du,« sagte Wildrake, »es war ein geringer Gegenstand, welcher dich zu Fräulein Alexis Lee trieb – bei Gott, sie ist ein köstliches Mädchen – ich billige deinen Geschmack – ich sage, du wünschest sie und den alten kräftigen Trojaner, ihren Vater zu bereden, in das Jägerhaus zurückzukehren, und dort, wie es Adelichen ziemt, ruhig und bequem zu leben, statt in einer Hütte zu wohnen, die kaum einem Verrückten zum Obdach dienen kann.«

»Du hast recht, es war freilich ein Hauptbestimmungs-Grund meines Besuchs,« antwortete Everard.

»Vielleicht wünschtest du dir auch selbst einen Besuch abzustatten, und dein schönes Fräulein Alexis zu bewachen, he?«

»Ich hatte niemals einen so selbstsüchtigen Gedanken,« sagte Everard, »und endigt und erklärt sich diese nächtliche Beunruhigung, so reise ich augenblicklich ab.«

»Dein Freund Noll erwartet etwas mehr von dir,« sagte Wildrake. »Er verlangt, im Fall des Ritters royalistischer Ruf einen der armen Verbannten und Wanderer nach dem Jägerhause ziehen sollte, daß du Wache stehen und ihn wegschnappen sollst. Mit einem Worte, so viel ich aus seinen weitschweifigen Reden nehmen kann, möchte er aus Woodstock eine Mäusefalle machen, deinen Onkel und seine schöne Tochter zu einem Stück gerösteten Speck (ich bitte deine Cloe um Verzeihung wegen der Vergleichung) und dich zur Klappe, welche den Rückzug verhindern soll. Seine Herrlichkeit selbst aber werden der große Kater sein, dem man sie zum Aufspeisen übergibt.«

»Wagte Cromwell dieß in deutlichen Worten zu dir zu sagen?« sagte Everard, indem er sein Pferd anhielt, und in der Mitte des Weges stehen blieb.

»Nein – in deutlichen Worten gerade nicht, denn die gebrauchte er, glaub' ich, nie, du könntest eben so gut von einem Betrunkenen erwarten, daß er gerade aus gehe; aber er gab mir so etwas zu verstehen, und meinte, du könntest ihm einen rechten Dienst thun – alle Teufel, der verfluchte Vorschlag bleibt mir in der Kehle stecken – unseren edlen und rechtmäßigen König (er zog den Hut ab) zu verrathen, dem Gott in Gesundheit und Macht die Gnade schenken wolle, recht lange zu regieren, wie der würdige Geistliche sagt; obgleich ich fürchten muß, daß Seine Majestät gerade jetzt krank und bekümmert ist, und nicht einen Kreuzer in der Tasche hat.«

»Das stimmt mit dem überein, was mir Alexis zu verstehen gab,« sagte Everard, »aber wie konnte sie es wissen? Gabst du ihr einen Wink darüber?«

»Ich,« erwiederte der Cavalier, »ich, der ich Fräulein Alexis heute zum erstenmale sah, und das nur einen Augenblick – Freund Gottes, wie wäre das möglich?«

»Es ist wahr,« erwiederte Everard und schien in Gedanken verloren. Endlich sprach er, »ich sollte von Cromwell, wegen der schlechten Meinung, die er von mir hat, Genugthuung fordern; denn obgleich er es gewiß nicht ernstlich meinte, sondern nur dich und vielleicht auch mich prüfen wollte, so ist es doch eine Beleidigung, die Rache verdient.«

»O, ich will ihm von ganzem Herzen und von ganzer Seele eine Herausforderung überbringen,« sagte Wildrake, »und dann mit dem Sekundanten seiner Göttlichkeit eben so gern kämpfen, als ich nur je ein Glas Sect trank.«

»Pah,« erwiederte Everard, »hohe Personen nehmen keinen Zweikampf an. – Aber sage mir, Roger Wildrake, hieltst du mich denn der Falschheit und der Verrätherei fähig, mit welcher mich deine Botschaft beauftragt?«

»Ich!« rief Wildrake aus. »Markham Everard, du bist mein Jugendfreund und mein beständiger Wohlthäter. Als Colchester genommen ward, rettetest du mich vom Galgen und hast mich seitdem wohl zwanzig Mal dem Tode entrissen. Aber, bei Gott, wenn ich dich der Niederträchtigkeit fähig hielte, welche der General dir anempfohlen hat – bei dem blauen Himmel da droben und bei allen Werken der Schöpfung, die sich in ihm bewegen, – ich hätte dir mit meiner eigenen Hand den Dolch in's Herz gestoßen!«

»Den Tod hätte ich wirklich verdient, obgleich nicht von deiner Hand,« erwiederte Everard; – »glücklicher Weise aber kann ich den Verrath, den du bestrafen wolltest, gar nicht begehen. Wisse, daß ich heute von Cromwell selbst die geheime Nachricht erhalten habe, daß der junge Mann von Bristol aus, zur See entflohen ist.«

»Nun, dann sei Gott der Allmächtige, welcher ihn vor so vielen Gefahren schützte, gedankt!« rief Wildrake aus. – »Hussa! – Glück auf, ihr Royalisten! – Heh da, ihr Royalisten! – Gott segne König Carl! – Mond und Stern', fangt meinen Hut!« – und er warf ihn, so hoch er konnte, in die Luft. Aber die himmlischen Heerschaaren, an welche das Geschenk abgesendet wurde, fanden nicht für gut, es zu empfangen; sondern, wie früher bei der Degenscheide des Sir Henry, nahm eine alte, verwitterte Eiche zum zweiten Male das hochfliegende Zeichen eines royalistischen Enthusiasmus auf.

»Schämst du dich nicht, dich wie ein Schulbube zu betragen?« sagte Everard.

»Warum das,« sagte sein Freund, »ich habe nur einen puritanischen Hut auf eine royalistische Botschaft ausgeschickt. Ich muß lachen, wenn ich daran denke, wie viel Schulbuben, von denen du sprichst, im nächsten Jahre angeführt werden, wenn sie den hohen Baum erklettern und das Nest irgend eines unbekannten Vogels in jenem ungeheuern Filz zu entdecken glauben.«

»Still doch, um Gotteswillen, und lass' uns ruhig reden,« sagte Everard. »Carl ist entflohen und ich bin froh darüber. Ich hätte ihn gern wieder den Thron durch einen Vertrag besteigen sehen, aber nicht durch die schottische Armee, und durch wüthende, racheschnaubende Royalisten.« –

»Herr Markham Everard –« unterbrach ihn der Cavalier.

»Ach, still doch, lieber Wildrake,« sagte Everard; »laß uns nicht über eine Sache streiten, über welche wir nie übereinstimmen werden, und erlaube mir, fortzufahren. Ich sage, weil der junge Mann entflohen ist, so fällt Cromwells beleidigende und beschimpfende Bedingung zu Boden; und ich wüßte nicht, warum mein Oheim und seine Familie nicht wieder auf dieselben Bedingungen der Unterwürfigkeit, wie viele andere Royalisten, ihr Haus beziehen könnten. Was mir zur Last fällt, ist ein Anderes, auch kann ich meine Maßregeln nicht bestimmen, bis ich eine Unterredung mit dem General gehabt habe, welche, wie ich mir vorstelle, damit endigen wird, daß er eingesteht, seinen beleidigenden Vorschlag nur gemacht zu haben, um uns beiden auf den Zahn zu fühlen; denn er ist derb, und sieht und fühlt die delikaten Gewissenszweifel im Punkte der Ehre nicht, welche die Ritter unserer Zeit so weit ausdehnen.«

»Was Gewissenszweifel anbelangt,« sagte Wildrake, »sie betreffen nun Ehre oder Ehrlichkeit, so spreche auch ich ihn ganz davon frei. – Jetzt aber laß uns wieder auf unsere Sache zurückkommen. Angenommen, du wolltest deine Wohnung nicht persönlich im Jägerhause aufschlagen und selbst jeden Besuch dort meiden, ausgenommen es sei denn, daß du eingeladen würdest, so sage ich dir offen, daß ich glaube, daß dein Oheim und seine Tochter dazu zu bewegen wären, in's Jägerhaus zurückzukehren, und dort, wie bisher zu wohnen. Wenigstens gab mir der Geistliche, der würdige, alte Hahn, Hoffnung dazu.«

»Er war sehr schnell bereit, sein Zutrauen zu schenken,« sagte Everard.

»Es ist wahr,« erwiederte Wildrake, »er faßte auf der Stelle Zutrauen zu mir, denn er sah meine Ehrfurcht vor der Kirche. Dank sei es dem Himmel, daß ich nie vor einem Geistlichen im Chorrock vorbeiging, ohne meinen Hut abzuziehen. So gewinne ich mir augenblicklich das Zutrauen aller Caplane. Alle Teufel, sie wissen, daß ihr Zutrauen eine rechte Stätte findet.«

»Glaubst du also,« sagte Oberst Everard, »oder glaubt vielmehr dieser Geistliche, daß, wenn sie vor Aufdringlichkeit meiner Seits gesichert wäre, die Familie in's Jägerhaus zurückkehren würde, vorausgesetzt, daß die Commissäre es verließen, und diese nächtlichen Beunruhigungen erklärt und beendigt würden?«

»Der alte Ritter,« antwortete Wildrake, »wird vom Doktor zur Rückkehr bewegt werden, wenn er nur gegen jeden Besuch sicher ist; was aber Beunruhigungen betrifft, so lacht der kräftige, alte Bursche, so viel ich aus einer Unterredung von zwei Minuten sehen kann, über diesen Lärmen, als das Werk einer bloßen Einbildung, eine Folge ihres bösen Gewissens, und sagt, daß man nie etwas von Gespenstern und Teufeln zu Woodstock gehört habe, bis es der Aufenthaltsort solcher Menschen geworden wäre, wie die, die sich nun den Besitz anmaßen.«

»Es ist mehr, als bloße Einbildung dabei,« sagte Oberst Everard. »Ich habe persönlichen Grund, zu glauben, daß eine Verschwörung im Werke ist, um die Commissäre aus dem Hause zu vertreiben. Ich spreche meinen Oheim von jeder Mitwirkung zu solchen niedrigen Streichen frei; aber erst müssen sie geendigt sein, ehe ich zugebe, daß er und meine Verwandte auf einem Orte ihre Wohnstätte aufschlagen, wo solch eine Verschwörung besteht, weil man sonst meine Familie als die Beförderer dieser Umtriebe betrachten wird, wer auch der wirkliche Urheber sei.«

»Mit aller Achtung vor deiner besseren Bekanntschaft mit dem Edelmann, Everard, glaube ich doch, daß der alte Vater der Puritaner (ich bitte dich abermals um Verzeihung), etwas bei der Sache zu thun hat; und ist das der Fall, so wird es Lucifer nicht wagen, den Bart des treuen, alten Ritters anzusehen, oder einen Blick von dem unschuldigen blauen Auge jenes Mädchens zu ertragen. – Aber holla! da kömmt Jemand auf uns zu. Halt Freund, wer bist du?«

»Ein armer Taglöhner an dem großen Werke Englands, Joseph Tomkins mit Namen – Secretär des gottesfürchtigen und verehrlichen Führers dieser armen, christlichen, englischen Armee, General Harrison genannt.«

»Was gibt es Neues, Mr. Tomkins,« sagte Everard, »und warum sind Sie so spät noch auf dem Wege?«

»Wenn ich nicht irre, spreche ich mit dem ehrenwerthen Oberst Everard,« sagte Tomkins; »und wahrlich, ich freue mich, Ew. Gnaden zu begegnen. Gott weiß, ich brauche eine Hülfe, wie die Ihrige. – Ach würdiger Mr. Everard! Es war ein Ertönen der Posaunen und ein Klirren der Gläser und ein Ausströmen und ein –«

»Ich bitte dich, sage mir nur ganz kurz, was gibts? – wo ist dein Herr? und in einem Worte, was ist vorgefallen?«

»Mein Herr ist nahe, denn er spatziert auf der kleinen Wiese nahe bei der ungeheuren Eiche, welche den Namen des verstorbenen Mannes trägt; reiten Sie nur zwei Schritte vor, und Sie werden ihn schnell hin und her gehen sehen, das gezückte, bloße Schwert in seiner Hand.«

Nachdem sie sich so geräuschlos wie möglich dieser Gegend genähert hatten, bemerkten sie einen Mann, den sie für Harrison erkannten, welcher neben der Königseiche auf- und abging, wie eine Schildwache auf dem Posten, nur mit wilderem Ansehen. Das Stampfen der Pferde entging seinem Ohre nicht, und sie hörten ihn laut rufen, als stände er an der Spitze seiner Brigade.

»Fällt die Picken für die Cavallerie! Da kommt Prinz Ruppert – steht fest, und ihr werdet sie jagen, wie ein Bullenbeißer einen Bauernhund. Nur immer die Lanzen gefällt, meine Lieben, stemmt den Schaft gegen eure Füße – die erste Reihe fall' auf's rechte Knie – kümmert euch nichts d'rum, wenn ihr auch eure blauen Hosen beschmutzt – Ha Zerobabel – ja das ist das Losungswort. –«

»Um Gotteswillen, wovon und was schwatzt er denn? –« sagte Everard, »und warum geht er mit gezogenem Schwerte umher?«

»Seht da, wenn meinen Herrn, den General Harrison, etwas beunruhigt, so bekommt er gewöhnlich Geistesverzuckungen, und glaubt einen Haufen Lanzenknechte in der großen Schlacht von Armageddon zu kommandiren. – Und was sein Schwert betrifft: ach würdiger Herr, warum sollte man Sheffielder-Stahl in Kalbsleder halten, wenn es Feinde zu bekämpfen gibt – fleischliche Teufel auf Erden, und tobende, höllische Feinde unter der Erde? –«

»Das ist unausstehlich!« sagte Everard. »Höre Tomkins, du stehst jetzt nicht in der Kanzel, und ich habe keine Sehnsucht nach deinen Predigten. Ich weiß, daß du deutlich sprechen kannst, wenn du willst. Bedenke, daß ich dir nutzen oder schaden kann; und fürchtest oder hoffst du etwas von mir, so antworte mir klar und deutlich, was ist vorgefallen, das deinen Herrn zur Nachtzeit in den öden Wald hinaustreibt?«

»Verzeiht, mein werthester und geehrtester Herr, ich will so deutlich sprechen, als ich kann. Wahr ist es und wahrhaftig, daß der Athem der Menschen, der in ihrer Nase ist, fortgeht und zurückkehrt. –«

»Hören Sie, Herr,« sagte Oberst Everard, »nehmen Sie sich in Acht, daß sie es nicht zu weit mit mir treiben. Sie werden gehört haben, daß bei der großen Schlacht von Dunbar in Schottland der General selbst dem Lieutenant Hewcreed eine Pistole vorhielt, und ihn zu erschießen drohte, wenn er seine Predigt nicht beendige und seine Eskadron in die Schlachtlinie führe. Nehmen Sie sich in Acht, Herr!«

»Ja, es ist wahr, darauf rückte der Lieutenant vor, und trieb Tausende von Plaids und Mützen vor sich her in die hohe See. Auch werde ich den Befehlen Ew. Gnaden weder widersprechen noch sie verzögern, sondern mich beeilen, Ihnen zu gehorchen, und zwar unverzüglich.«

»Nur rasch voran, Bursche; du weißt, was ich will,« sagte Everard; »sprich nur kurz, ich weiß, du kannst es. Man kennt den ehrlichen Tomkins besser, als er glaubt.«

»Würdiger Herr,« sagte Tomkins in minder weitschweifigem Style, »ich werde den Befehlen Ew. Gnaden so sehr gehorchen, als mein Geist es erlaubt. Vor ungefähr einer Stunde, als mein gnädiger Herr mit Herrn Lug und meiner Wenigkeit bei Tische saß (den ehrenwerthen Mr. Bletson und den Obersten Desborough nicht zu erwähnen), da entstand ein heftiges Klopfen an der Thür. Schon früher aber waren die Schildwachen, der Hexen und Gespenster wegen, nicht dahin zu bringen, ihren Posten vor der Thüre zu halten, und nur durch Branntwein und Fleisch konnten wir drei Mann bewegen, in der Halle selbst die Wache zu beziehen. Doch wagte es keiner von ihnen die Thüre zu öffnen, aus Furcht, einem Gespenst zu begegnen. Sie hörten das Klopfen, welches zunahm, so, daß die Thüre einzustürzen drohte. Der würdige Mr. Lug war ein wenig benebelt, so daß ich, der wie Ew. Gnaden wohl weiß, die Dienste eines getreuen Dieners gegen den Generalmajor Harrison und den anderen Commissär eben so wohl, als gegen meinen rechten und gesetzmäßigen Herrn, Oberst Desborough erfülle.«

»Ich weiß das Alles, und da dir Beide ihr Zutrauen schenken, so wünsche ich auch von Herzen, daß du es verdienen mögest.«

»Und demüthiglichst bete ich auch,« sagte Tomkins, »daß der Wunsch Ew. Gnaden gnädig aufgenommen werden möchte; denn der ehrliche Joc und der zutrauensvolle Tomkins zu sein und genannt zu werden, ist mir mehr, als ein Grafentitel, wenn man bei dieser neuen Regierung solche Dinge gewährte.«

»Gut – nur weiter, nur weiter. Ich bin ein Freund von kurzen Erzählungen, Herr, und bezweifle die Dinge, welche man mit einem langen und weitschweifigen Wortschwall erzählt.«

»Mein geehrtester Herr, seien Sie nur nicht zu eilig. Wie gesagt, die Thüre klirrte, bis man glaubte, das Klopfen würde in jedem Zimmer des Pallastes wiederholt. Die Schelle läutete, obgleich sie Niemand zog, und die Wachen sprangen vom Kamine auf, bloß weil sie aus Angst nichts Besseres zu thun wußten. Da nun Herr Lug, wie schon gesagt, unfähig war, seine Pflicht zu erfüllen, so nahte ich mich der Thüre und frug wer draußen sei. Eine Stimme, welche, wie ich selbst gestehen muß, einer andern sehr glich, antwortete, man suche den Generalmajor Harrison. Ich erwiederte, der General habe sich schon zur Ruhe begeben, und wer ihn sprechen wolle, müsse morgen früh wieder kommen, denn zur Nachtzeit öffne man Niemanden die Thore des Pallastes. Die Stimme aber befahl mir, augenblicklich zu öffnen, da sie im entgegengesetzten Falle das Flügelthor mitten in die Halle werfen wolle. Und so fing das Toben wieder an, daß wir glaubten, das Haus wolle umstürzen; ich war also gewissermaßen gezwungen, das Thor zu öffnen, wie eine belagerte Garnison, die sich nicht länger mehr halten kann.«

»Bei meiner Ehre, das war männlich gehandelt,« sagte Wildrake, der mit Aufmerksamkeit zugehört hatte. »Ich bin Wagehals genug, aber wenn ich eine eichene, zwei Zoll dicke Thüre zwischen mir und dem bösen Feinde hätte, so wollte ich doch einmal sehen, wie er es anfinge, um sie zu durchbrechen. Ich würde eben so leicht, wenn ich mich an Bord befände, ein Loch in das Schiff bohren, um die Wellen einzulassen, denn du weißt, daß wir den Teufel immer mit der hohen See vergleichen.«

»Ich bitte dich, sei stille,« sagte Everard, »und laß ihn mit seiner Geschichte fortfahren. Gut, und was sahest du denn, als du die Thüre öffnetest, ohne Zweifel, den großen Teufel mit seinen Hörnern und Klauen, wirst du mir sagen?«

»Nein Herr, ich sage nur die Wahrheit. Als ich die Thüre öffnete, stand ein Mann da, wie es schien, von nicht ungewöhnlicher Gestalt. Er war in einen seidenen, scharlachrothen Mantel gehüllt. Zu seiner Zeit mochte er ein recht schöner Mann gewesen sein, aber er hatte etwas Bleiches und Kummervolles im Gesicht – trug eine lange Liebeskette und lange Haare, einen Edelstein im Ohrring, eine blaue Schärpe, wie ein militärischer Befehlshaber der Royalisten und einen Hut mit einer weißen Feder und einem ganz eigenen Bande daran.«

»Irgend ein unglücklicher Offizier der Royalisten, welcher in der Gegend ein Obdach sucht,« erwiederte Everard kurz.

»Wahr, mein würdiger Herr – ganz richtig bemerkt, aber es war etwas an diesem Mann, daß ich zum Beispiel ihn nicht ohne zu erzittern ansehen konnte; auch die Musketiere in der Halle verschlangen die Patronen, die sie im Munde hatten, um ihre Carabiner und Musketen zu laden, wie sie es selbst eingestehen werden. Ja sogar die Wolfs- und Jagdhunde, die doch die kühnsten ihres Geschlechtes sind, flohen vor dem Gaste, und verkrochen sich in Winkel und Ecken schrecklich heulend und jammernd. Er trat in die Mitte der Halle und schien immer nur ein gewöhnlicher, etwas phantastisch gekleideter Mann zu sein. Das schwarzsammtene Futter sah unter der scharlachrothen Seide seines Rockes hervor, er trug einen Diamant im Ohr, große Schnallen auf seinen Schuhen und ein Taschentuch in der Hand, das er zuweilen gegen seine linke Seite drückte.«

»Gnädiger Himmel,« sagte Wildrake, der sich nahe an Everard drängte, und ihm mit vor Furcht zitternder Stimme in's Ohr flüsterte: »Das muß der arme Dick Robinson, der Schauspieler gewesen sein, in derselben Kleidung, in der ich ihn spielen sah, und nach dem Schauspiele manche schöne Flasche mit ihm leerte, und der manche launige Späße trieb. Er diente seinem alten Herrn Carl unter den Truppen des Mohun, und ward, nachdem er sich bei der Schlacht von Naseby freiwillig übergeben hatte, von diesem Metzgerhunde ermordet.«

»Still, ich habe von der That gehört,« sagte Everard; »um Gotteswillen, höre den Mann an, bis er geendigt hat. – Redete dich der Besuchende an, mein Freund?«

»Ja Herr, mit einer freundlichen Stimme, aber mit etwas phantastischen Bewegungen, mehr wie Jemand, der eine Versammlung von den Schranken oder von der Kanzel aus anredet, als wie Jemand, der mit der Stimme eines gewöhnlichen Menschen über gewöhnliche Dinge spricht. Er wünschte den Generalmajor Harrison zu sprechen.«

»Zu sprechen, und Sie,« sagte Everard, welcher jetzt auch von dem Geist seiner Zeit ergriffen wurde, der, wie allgemein bekannt, bei allen übernatürlichen Dingen zur Leichtgläubigkeit führte. – »Was thaten Sie?«

»Ich ging hinauf in das Wohnzimmer und sagte ihm, daß ihn eine solche Person zu sprechen wünsche. Er fuhr auf, als ich es ihm erzählte und wünschte die Kleidung des Mannes beschrieben zu haben; aber kaum hatte ich seine Kleidung und den Juwel in seinem Ohre erwähnt, als er schrie: ›eile, sage ihm, ich könnte ihn nicht vorlassen. Sage ihm, ich fordere ihn heraus, und wolle meiner Herausforderung Folge leisten, bei der großen Schlacht im Thale von Armageddon, wenn die Stimmen der Engel alle Vögel unter dem Himmel zusammenrufen werden, um sie zu füttern mit dem Fleische der Häuptlinge und der Krieger, der Kriegspferde und ihrer Reiter. Sage dem Erzfeinde, ich hätte Gewalt, unser Zusammenstoßen bis zu jenem Tage zu verhindern, und daß er an jenem entsetzlichen Tage an der Spitze der Schlacht mit Harrison wieder zusammentreffen kann.‹ Ich brachte dem Fremden diese Antwort zurück, aber da umzog sich sein Antlitz mit so furchtbaren Furchen, wie eine menschliche Stirn sie noch selten trug. ›Verkünde ihm wieder,‹ sagte er, ›daß nun meine Stunde gekommen ist, und daß ich, wenn er nicht augenblicklich herabkömmt, mit mir zu sprechen, hinauf zu ihm kommen werde. Sage, ich befehle ihm, herabzukommen, und nehme zum Zeichen, daß er auf dem Schlachtfelde zu Naseby die That nicht nachlässig verrichtete.‹«

»Ich habe gehört,« flüsterte Wildrake, dem es immer unheimlicher zu Muthe ward, »daß Harrison diese Worte gotteslästerlicher Weise gebrauchte, als er meinen Freund Dick erschoß.«

»Was geschah darauf?« sagte Everard; »nimm dich in Acht, daß du die Wahrheit sprichst.«

»Wie das Evangelium,« sagte der Independent; »doch habe ich wahrlich wenig mehr zu sagen. Ich sah meinen Herrn herabkommen mit bleichem aber entschlossenem Gesicht; aber als er in die Halle trat und den Fremden erblickte, blieb er stehen. Jener winkte ihm, als solle er ihm folgen, und ging zum Portale hinaus. Mein würdiger Herr schien ihm gehorchen zu wollen, dann aber blieb er wieder stehen. Da trat der Gast, sei es nun ein Mensch oder ein Dämon, wieder herein und sprach: ›Gehorche deinem Schicksal.

Auf pfadlosen Wegen durch dickes Gesträuch,
Sollst du mir folgen, den Geistern gleich!
Du sollst mir folgen bei des Mondlichtes Pracht,
Und durch das finstere Dunkel der Nacht.
Du sollst mir folgen, das ist dir bestimmt,
So lang dir ein Lebensfünkchen noch glimmt,
Ich beschwöre dich bei meinem letzten Wort,
Der Körper schläft, doch der Geist lebt fort.
Ich beschwöre dich, folge mir hier und dort.

Er sprach's, enteilte und mein Herr folgte ihm nach in den Wald. – Auch ich folgte ihnen in einiger Entfernung. Aber als ich hinzutrat, war mein Herr allein und geberdete sich, wie Sie ihn da sehen.«

»Du hast ein wunderbares Gedächtniß, Freund,« sagte der Oberst kalt, »die Verse auf's erstemal im Sinne zu behalten. – Das ganze scheint eine abgekartete Sache zu sein.«

»Auf ein einziges Mal, mein verehrter Herr!« rief der Independent aus. – »Du lieber Himmel, die Verse verlassen selten den Mund meines armen Herrn, wenn er zuweilen in den Kämpfen mit dem Teufel unterliegt. Aber es war das erstemal, daß ich sie von einem Andern aussprechen hörte; wirklich scheint er sie auch ungern zu wiederholen, wie ein Kind seinem Lehrer. Sie entsprangen nicht in seinem eigenen Kopfe.«

»Es ist sonderbar,« sagte Everard, »ich habe gehört und gelesen, daß die Manen der Erschlagenen sonderbare Macht über den Mörder haben, aber ich bezweifle die Wahrheit solcher Geschichten noch immer. – Roger Wildrake, wofür fürchtest du dich, Freund? Warum veränderst du deinen Platz?«

»Furcht! es ist keine Furcht – es ist Haß, tödtlicher Haß. Ich sehe den Mörder des armen Dick's vor mir. Sieh, wie er sich in Vertheidigung stellt – so, so, meinst du, Metzgerbrut? Es soll dir nicht an einem Gegner fehlen.«

Ehe man ihn noch einhalten konnte, warf Wildrake seinen Mantel weg, zog sein Schwert, übersprang fast mit einem einzigen Satze die Entfernung, die ihn von Harrison trennte, und kreuzte sein Schwert mit Jenem, welcher jeden Augenblick seinen Gegner erwartete. Er kam also auch dem republikanischen General nicht unerwartet; augenblicklich klirrten die Schwerter, und Harrison rief: »Ha, ich erkenne dich jetzt, du bist endlich körperlich erschienen. – Willkommen! Willkommen! – Das Schwert Gottes und Gideons!«

»Trennt sie, reißt sie aus einander,« schrie Everard, als er und Tomkins, die im Anfang von dem plötzlichen Angriff überrascht, nun hinzueilten, um sich in's Mittel zu legen. Everard ergriff den Cavalier, zog ihn mit Gewalt zurück, indeß Tomkins mit großer Gefahr sich Harrison's Schwerts zu bemeistern suchte, während dieser ausrief: »Ha! zwei gegen einen – zwei gegen einen! – So fechten die Teufel.« Wildrake dagegen stieß einen furchtbaren Fluch aus und sprach: »Markham, alle meine Verbindlichkeiten gegen dich sind getilgt – sie sind alle vergessen – ganz vergessen. Der T–f–l hole mich.«

»Du hast wirklich diese Verbindlichkeiten auf eine gar schöne Weise abgetragen,« sagte Everard. »Wer weiß, wie diese Geschichte sich aufklären wird, und wer wird sie verantworten?«

»Ich will es mit meinem Leben verantworten,« sagte Wildrake.

»Schon gut, seid nur stille, und laßt mich machen,« sagte Tomkins. »Ich will es schon so anordnen, daß der gute Mann es nie erfahren soll, daß er einem sterblichen Menschen begegnete; lassen Sie nur diesen Moabiten sein Schwert in die Scheide stecken und stille schweigen.«

»Wildrake, ich sage dir, stecke dein Schwert ein,« sprach Everard, »oder, so wahr ich lebe, du mußt es gegen mich wenden.«

»Nein, beim St. Georg! so verrückt bin ich nicht, ich will ihn schon an einem andern Tage wieder treffen.«

»Du an einem andern Tage?« rief Harrison aus, dessen Augen immer noch auf den Ort gerichtet waren, wo er so kräftigen Widerstand gefunden hatte. »Ja, ich kenne dich recht gut; jeden Tag, jede Woche machst du mir dasselbe thörichte Anerbieten, denn du weißt, daß mein Herz bei deiner Stimme erbebt. Aber meine Hand zittert nicht, der deinigen gegenüber. – Der Geist ist willig zum Kampfe, wenn auch das Fleisch schwach ist, wenn es einem Wesen gegenüber steht, das nicht aus Fleisch besteht.«

»Seid nur um's Himmels willen Alle ruhig,« sagte Tomkins; dann wandte er sich an seinen Herrn und sprach: »Verzeihen Ew. Excellenz, es ist Niemand gegenwärtig, als Tomkins und der ehrenwerthe Oberst Everard.«

Wie es zuweilen bei Verrückten geht, welche eine fixe Idee haben, so wünschte auch der General Harrison, obgleich er von der Wahrheit seiner Visionen fest und vollkommen überzeugt war, doch mit denjenigen nicht darüber zu sprechen, von denen er wußte, daß sie dieselben als eine Einbildung betrachten würden. Bei dieser Gelegenheit nahm er also den Schein einer vollkommenen Ruhe und Gelassenheit an, trotz der heftigen Bewegung, welche er eben gezeigt hatte, so daß man deutlich sehen konnte, wie ängstlich er seine wahren Gefühle vor Everard verberge, von dem er nicht glaubte, daß er sie theilen würde.

Er grüßte den Oberst mit tiefer Ceremonie und sprach von dem schönen Abend, welcher ihn aus dem Jägerhaus gelockt habe, um einen Spatziergang in den Park zu machen und das günstige Wetter zu genießen. Dann nahm er Everard am Arme, und spatzierte mit ihm dem Jägerhause zu. Wildrake und Tomkins folgten gleich hinter ihnen und führten die Pferde. Everard, der über diese geheimnißvolle Sache Licht zu haben wünschte, versuchte es mehr als einmal, fragweise auf den Gegenstand zurückzukommen. Doch Harrison wich immer ziemlich gewandt aus, oder wandte sich an seinen Kammerdiener Tomkins, der bei solchen Gelegenheiten immer aushelfen mußte, woher ihm auch Bletson den Spottnamen »Trug« beilegte.

»Und warum hatten Sie Ihr Schwert gezogen, mein würdiger General,« sagte Everard, »wenn Sie bloß zu Ihrem Vergnügen einen Abendspatziergang machen wollten?«

»Wahrlich, mein würdiger Oberst, wir leben in einer Zeit, wo man mit gegürteten Lenden, mit brennender Lampe, und mit gezogenem Schwerte auf seiner Hut sein muß. Sie mögen es mir nun glauben oder nicht, der Tag nahet sich, wo man sich hüten muß, nicht nackt und unbewaffnet zu erscheinen, wenn die sieben Trompeten erschallen werden: den Fuß in den Steigbügel, und die Pfeifen von Jezer rufen: auf's Pferd und fort.«

»Ganz wahr, mein guter General; aber es kam mir vor, als machten Sie eben eine Finte, wie wenn Sie fechten wollten,« sagte Everard.

»Ich habe eine sonderbare Phantasie, Freund Everard,« antwortete Harrison; »und wenn ich allein spatzieren gehe und zufällig, wie eben jetzt, mein Schwert gezogen habe, so versuche ich manchmal, der Uebung wegen, einige Hiebe gegen einen Baum oder dergleichen. Es ist ein thörichter Stolz, den man im Gebrauch der Waffen findet. Ich wurde vor meiner Wiedergeburt für einen Meister in der Fechtkunst gehalten, und gewann mir manchen Preis dadurch, ehe ich in das erste Reiterregiment unseres siegreichen Feldherrn trat.«

»Doch schien es mir,« sagte Everard, »als hörte ich ein Schwert gegen das Ihrige klirren?«

»Was? ein Schwert gegen das meinige klirren? – Wie wäre das möglich, Tomkins?«

»Wahrlich, Herr,« sagte Tomkins, »es muß ein Ast eines Baumes gewesen sein; sie haben hier Bäume von allen Arten, und Ew. Gnaden haben wahrscheinlich einen getroffen, den die Brasilianer das Eisenholz nennen, der, wenn man mit dem Hammer dagegen schlägt (sagt Purchas in seiner Reisebeschreibung), wie ein Ambos klingt Wahrscheinlich meint hier Tomkins den Syderoxylon inerme, welcher jedoch häufiger am Vorgebirge der guten Hoffnung wächst, und durch seine specifische Schwere bekannt ist. Doch kann es auch der Verbena triphylla (Eisenhart) sein, welcher in Südamerika zu Hause ist. Anm. d. Uebers.

»Wahrhaftig, das kann wohl sein,« sagte Harrison, »denn die verblichenen Herrscher sammelten gar viele ausländische Bäume und Pflanzen in den Wohnungen ihres Vergnügens, obgleich sie die Früchte des Baumes nicht sammelten, welcher zwölf Arten von Früchten trägt, und von den Blättern, welche die Heilung der Völker bewirken.«

Everard fuhr mit seinem Ausfragen fort; denn er war überrascht von der Weise, mit welcher Harrison seinen Fragen auswich, und von der Gewandtheit, mit welcher er seine schwärmerischen Bemerkungen wie einen Schleier über die finsteren Erscheinungen warf, welche seine Gewissensbisse und das Bewußtsein seiner Schuld ihm vorspiegelten.

»Aber,« sagte der Oberst, »wenn ich meinen Augen und meinen Ohren trauen darf, so muß ich immer noch glauben, daß Sie einen leibhaftigen Gegner hatten. – Ja, ich sah selbst einen Burschen in einer schwarzen Jacke durch das Gehölze schleichen.«

»Sahen Sie ihn?« sagte Harrison, anscheinend erstaunt, obgleich seine Stimme stockte, »wer konnte das gewesen sein? – Tomkins, sahst du den Burschen, von dem der Oberst Everard sprach, mit dem Tuche in der Hand – dem blutigen Tuche, das er immer gegen seine Seite drückt?«

Dieser Ausdruck, in welchem Harrison ein von Everard nicht gegebenes Zeichen wiederholte, das aber mit der Beschreibung übereinstimmte, welche Tomkins von dem Gespenst gemacht hatte, bestätigte in Everards Ansicht die Erzählung des Beamten mehr als alles Uebrige. Doch dieser beantwortete die Frage mit seiner gewöhnlichen Gewandtheit, daß er auch solch einen Burschen in den Wald hinein habe laufen sehen – aber er hielte ihn für einen Wilddieb, denn er habe gehört, daß sie sehr kühn geworden seien.

»Sehen Sie nun, Herr Everard,« sagte Harrison, der von der Sache wegkommen wollte, »ist es nun nicht Zeit, unsere Zwistigkeiten zu beseitigen, und uns gegenseitig die Hände zu bieten, um die Breschen unseres Zions wieder auszubessern? Glücklich und zufrieden wäre ich, könnte ich bei dieser Gelegenheit den Mörtel mischen, oder den Kübel tragen unter unserm großen Feldherrn, den die Vorsehung in diesem Volksstreite aufstehen ließ. Wahrlich, so treulich, so ergeben halte ich an unserem vortrefflichen und siegreichen General Oliver, den der Himmel lange erhalten möge – daß ich mir, auf seinen Befehl, gar keinen Gewissensscrupel daraus machen würde, den Mann, welchen sie den Sprecher Der Präsident des Unterhauses. Anm. d. Uebers. nennen, von seinem hohen Sitze herab zu stoßen, so wie ich meine arme Hand dazu lieh, den Mann zu stürzen, den sie König nannten. Da ich nun weiß, daß in dieser Sache Ihre Ansichten mit den meinigen übereinstimmen, so fordere ich Sie hiermit liebreichst auf, brüderlich mit mir zu handeln, damit wir die Breschen wieder aufbauen, und das Bollwerk unseres englischen Zions wieder herstellen; wo wir alsdann ohne Zweifel von unserem vortrefflichen Lord-General als Pfeiler und Säulen gewählt, um es zu tragen und zu stützen, und mit gehörigen geistigen und zeitlichen Einkünften begabt werden, um als ein Piedestal zu dienen, auf dem wir stehen können, weil sonst Alles auf bloßem Sande ruhen würde. Doch,« fuhr er fort, denn sein Geist schweifte von seinen Plänen, die auf zeitlichem Ehrgeiz beruhten, schon wieder in seine Visionen von einer fünften Monarchie aus; »doch sind alle diese Dinge nur eitel, in Vergleich mit der Eröffnung des versiegelten Buches. Denn Alles naht sich dem Donnern und dem Blitzen, und dem Loslassen des großen Drachen aus dem bodenlosen Abgrund, in welchem er gefesselt liegt.«

Mit dieser seiner irdischen Politik und seinen fanatischen Prophezeihungen überwältigte Harrison den Obersten Everard, so daß demselben keine Zeit blieb, weitere Fragen über die nächtliche Beunruhigung an ihn zu richten, über welche jener augenscheinlich nicht befragt sein wollte. Nun erreichten sie das Jägerhaus von Woodstock.



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