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Zehntes Kapitel.

Muth' deinem Glück nicht zu den tollen Tanz
Auf kleinen Stückchen schwarzgefleckten Beins,
Ersäuf's auch nicht wie einst Aegyptens Metze,
Die ihre Perl' auflösete in Wein.
Dies sind die Künste, Lothar, welche Morgen
In Ruthen wandeln, die aus Gulden Heller,
Aus Ehre Schande machen und den Wicht,
Dem ein beneidet Loos gefallen war,
In Elend stürzen und Vergessenheit.

Die Wechsel.

Nachdem die drei Freunde sich eingeschifft hatten, zog der Graf die Bittschrift Nigels aus der Tasche, zeigte dem Goldschmied den auf der Rückseite geschriebenen königlichen Befehl und fragte ihn, ob derselbe in der gehörigen Form abgefaßt sei. Der Bürger überlas ihn, streckte die Hand aus, als wollte er den jungen Freiherrn beglückwünschen, besann sich aber, zog seine Brille (ein Geschenk David Ramsays) hervor und las nochmals den Befehl mit der prüfenden Aufmerksamkeit eines Geschäftsmannes. »Er ist vollkommen richtig und in bester Form abgefaßt,« sprach er zu dem Grafen von Huntinglen; »ich bin von Herzen froh darüber.«

»Ich zweifle daran nicht im Geringsten,« erwiderte der Graf. »Der König versteht sich auf die Geschäfte, und wenn er sich selten damit befaßt, so kommt dies lediglich von einer Trägheit, welche ihn hindert, seine guten Fähigkeiten anzuwenden. Aber, Meister Heriot, was ist nun weiter für unseren jungen Freund zu thun? Ihr wißt, wie ich stehe. Schottische Herren, welche am Hofe leben, haben selten über Geld zu verfügen. Wenn aber nicht augenblicklich mit dieser Anweisung Geld herbeigeschafft werden kann, so wird, nach dem, was Ihr mir flüchtig angedeutet habt, das Pfand, der Versatz, oder wie das Ding heißt, verfallen.«

»Das ist wahr,« erwiderte Heriot etwas verlegen. »Zur Einlösung wird eine bedeutende Summe erfordert, und wird sie nicht aufgebracht, so läuft die gesetzliche Frist ab, und das Gut fällt dem Gläubiger heim.«

»Edle, werthe Freunde, die Ihr so unerwartet, so ohne mein Verdienst Euch meiner Sache angenommen habt,« fiel Nigel ein, »laßt mich nicht Eurer Güte zur Last fallen. Ihr habt schon zuviel für mich gethan.«

»Ruhig! ruhig!« fuhr der alte Graf fort. »Laßt den alten Heriot und mich die Sache ausschnüffeln. Horch, eben schlägt er an.«

»Gnädiger Herr,« sprach der Bürger. »Der Herzog von Buckingham spottet über unsere bürgerlichen Geldsäcke, indeß sie können sich manchmal aufthun, um ein einsturzdrohendes edles Haus zu stützen.«

»Das wissen wir,« erwiderte der Graf; »laßt Buckingham schwatzen, er ist ein Großsprecher. Aber das Mittel?«

»Ich habe schon dem Herrn von Glenvarloch zu verstehen gegeben, daß die Einlösungssumme auf eine solche Anweisung beschafft werden könnte,« sprach Heriot. »Ich will es übernehmen. Aber um den Darleiher zu decken, muß dieser in die Schuhe des jetzigen Gläubigers kommen.«

»In seine Schuhe kommen?« fragte der Graf. »Was haben Schuhe oder Stiefel mit dieser Angelegenheit zu schaffen?«

»Gnädiger Herr,« antwortete Heriot, »dies ist ein Rechtsausdruck. Ich habe einige dergleichen mir im Leben angeeignet.«

»Und daneben verschiedene bessere Dinge, Meister Georg. Aber was bedeutet er?«

»Nichts weiter,« antwortete der Goldschmied, »als daß der Darleiher mit dem Pfandinhaber handelt und von ihm die Uebertragung seines Anrechtes erhält, so daß das Gut dem neuen Gläubiger verpfändet bleibt, falls die Anweisung auf den schottischen Schatz sich unergiebig zeigt. Ich fürchte, bei dem jetzigen Stand des Credits wird es schwer sein, ohne eine solche Rückversicherung eine so große Summe aufzutreiben.«

»Holla!« rief der Graf, »da fällt mir Etwas ein. Wie wär' es, wenn der neue Gläubiger das Gut vortrefflich fände als Jagdrevier, wie Se. Gnaden der Herzog von Buckingham zu thun scheint, und Lust bekäme, zur Sommerszeit einen Rehbock darauf zu schießen? Mich dünkt, Freund, nach Eurem Plane würde der neue Darleiher eben sowohl befugt sein, den Herrn von Glenvarloch um seine Erbschaft zu bringen, wie der jetzige Pfandinhaber.«

Der Bürger lachte und sprach: »Ich bürge dafür, daß der leidenschaftlichste Jäger, an den ich mich in dieser Angelegenheit wenden könnte, sich mit seinen Wünschen nicht über des Bürgermeisters Osterjagd im Eppinger Walde versteigt. Aber Ew. Herrlichkeit Einwurf ist dennoch richtig. Der Gläubiger muß sich verbindlich machen, dem Lord Glenvarloch hinreichende Zeit zur Einlösung seines Gutes mittels der königlichen Anweisung zu lassen, er muß zu seinen Gunsten auf den augenblicklichen Heimfall verzichten, das ist um so leichter zu machen, als das Einlösungsrecht in seinem eignen Namen geübt werden muß.«

»Aber,« fragte der Graf, »wo finden wir in London einen Menschen, der die nöthigen Urkunden aufsetzen kann? Wenn mein alter Freund, Herr Johann Skene von Halyards noch lebte, der würde uns Rath schaffen. Aber die Zeit drängt, und –«

»Ich kenne einen verwaiseten jungen Menschen,« fiel Heriot ein, »einen Schreiber, der in der Nähe von Temple-Bar wohnt. Er kann Urkunden in englischer und in schottischer Weise aufsetzen, und ich habe ihm oft in wichtigen Angelegenheiten Vertrauen geschenkt. Ich will einen meiner Diener nach ihm schicken. Die beiderseitigen Urkunden können in Ew. Herrlichkeit Gegenwart aufgesetzt werden. Zögerung ist allerdings unter den obwaltenden Umständen nicht zulässig.« – Der Graf von Huntinglen gab seine Zustimmung, und da sie eben an der Treppe seines Gartens landeten, wurde der Bote ohne Zeitverlust abgeschickt.

Nigel, der wie betäubt dagesessen hatte, während seine bejahrten Freunde unaufgefordert die Maßregeln zur Rettung seines Vermögens verabredeten, machte jetzt einen neuen Versuch, ihnen seinen Dank zu stammeln. Der Graf von Huntinglen legte ihm abermals Stillschweigen auf, mit der Erklärung, daß er kein Wort der Art hören wolle, und schlug vor, einen Gang in den verschlungenen Baumgängen zu machen, oder auf der steinernen Bank, von wo aus man die Aussicht auf die Themse hatte, Platz zu nehmen, bis seines Sohnes Ankunft das Zeichen zur Mahlzeit gebe.

»Ich wünsche Dalgarno und Lord Glenvarloch mit einander bekannt zu machen,« sprach der Greis. »Sie werden Nachbarn sein, und ich hoffe, bessere als ihre Väter waren. Die beiden Burgen sind blos drei schottische Meilen von einander entfernt, man sieht die Thürme der einen von den Zinnen der andern.«

Der alte Graf schwieg einen Augenblick und schien den Erinnerungen nachzuhängen, welche die Erwähnung der beiden Burgen in ihm erweckt hatte.

»Wird Lord Dalgarno nächste Woche dem Hofe nach Newmarket folgen?« fragte Heriot, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen.

»Ich glaube, er hat es im Sinne,« antwortete Lord Huntinglen und versank dann wieder in sein Nachsinnen. Nach etwa zwei Minuten redete er Nigeln folgendermaßen an: »Junger Freund, wenn Ihr, wie ich hoffe, in den Besitz Eurer Erbschaft kommt, so werdet Ihr, denk' ich, nicht die Zahl der Müssiggänger am Hofe vermehren, sondern auf Eures Vaters Gute wohnen, Eure alten Lehnsleute wohl halten, Euren armen Verwandten beistehen, den Armen vor Unterdrückung durch Untergebene schützen, kurz das thun, was unsere Väter thaten mit weniger Einsicht und Mitteln, als wir besitzen.«

»Und dieser Rath, auf dem Lande zu bleiben, kommt von einer alten und steten Zierde des Hofes,« bemerkte der Goldschmied.

»Allerdings von einem alten Hofmanne,« erwiderte der Graf, »und von dem ersten in meiner Familie, der sich so nennen konnte. Mein grauer Bart fällt auf eine flandrische Halskrause und auf ein seidenes Wams, während der meines Vaters auf Büffelleder und Stahl ruhte. Ich möchte nicht, daß diese Tage des Kampfes wiederkehrten; aber gern möchte ich wieder einmal die Eichen meines alten Forstes von Dalgarno von Jagdruf, Hörnerklang und Hundegebell wiederhallen lassen und unter der gewölbten Decke meines Saales den herzlichen Ruf meiner Lehnsleute und Pächter vernehmen, während der Becher mit Weißbier unter ihnen die Runde macht. So möchte ich auch, bevor ich sterbe, noch ein Mal den breiten Tay sehen – für mich ist er herrlicher, als selbst die Themse.«

»Nun, gnädiger Herr,« nahm der Bürger das Wort, »das ließe sich ja leicht ausführen. Es kostet blos einen augenblicklichen Entschluß und einige wenige Reisetage, um Euch dahin zu bringen, wo Ihr zu sein wünscht. Was hindert Euch?«

»Gewohnheit, Meister Georg, Gewohnheit,« antwortete der Graf. »Sie ist für einen jungen Menschen wie ein Seidenfädchen, das sich schnell abträgt und zerreißt; aber an unsern alten Gliedern hängt sie so schwer, als ob die Zeit sie zu eisernen Fesseln gehärtet hätte. Auf kurze Zeit nach Schottland zu gehen, wäre nicht der Mühe werth: und wenn ich ans Dortbleiben denke, kann ich es nicht über mich gewinnen, meinen alten Herrn zu verlassen, dem ich, wie ich mir einbilde, dann und wann nützlich sein kann, und dessen Wohl und Wehe ich manches Jahr getheilt habe. Aber Dalgarno soll ein schottischer Landherr werden.«

»Hat er den Norden besucht?« fragte Heriot.

»Voriges Jahr ist er dort gewesen und hat einen solchen Bericht mitgebracht, daß der Prinz das Verlangen geäußert hat, das Land zu sehen.«

»Lord Dalgarno steht in hohen Gnaden bei den Prinzen und dem Herzog?« bemerkte Heriot.

»Allerdings,« erwiderte der Graf; »gebe Gott, daß es zum Vortheil ihrer Aller der Fall sei. Der Prinz ist von gerechter und billiger Gesinnung, aber kalt und förmlich in seinem Benehmen und eigensinnig in jeder Kleinigkeit, die er haben will. Der Herzog hat äußerlich ein edles Wesen, ist hochherzig und offen, aber hitzig, heftig und ehrgeizig. Dalgarno hat keinen von diesen Fehlern, und diejenigen, welche er hat, können vielleicht durch die Gesellschaft, in welcher er sich bewegt, gebessert werden. – Seht, da kommt er.«

Lord Dalgarno näherte sich von dem entgegengesetzten Ende des Baumgangs her der Bank, auf welcher sein Vater und dessen Gäste saßen, so daß Nigel Muße hatte, seine Gestalt und sein Gesicht zu mustern. Er war elegant, fast übertrieben elegant in die glänzende Tracht jener Zeit gekleidet, welche zu seinem Alter – etwa fünfundzwanzig Jahre – wohl paßte. Sein Wuchs war edel, in seinem hübschen Gesichte ließen sich leicht die Züge seines Vaters wiederfinden, nur gemildert durch die stete Gewohnheit höflicher Mienen, zu welcher der alte Graf sich nicht hatte bequemen können. Im Uebrigen war sein Benehmen fein, ungezwungen, frei vom Scheine des Hochmuthes und der Förmlichkeit, so daß man ihm weder stolze Kälte noch vorlaute Heftigkeit vorwerfen konnte. Insofern hatte sein Vater Recht gehabt, ihn von den hervorstechendsten Fehlern, die er dem Prinzen und dem Herzog von Buckingham zuschrieb, freizusprechen.

Während der alte Graf seinem Sohne den Lord von Glenvarloch als einen Solchen vorstellte, den er lieben und ehren solle, beobachtete Nigel genau das Gesicht des Lord Dalgarno, um zu sehen, ob er Etwas von der geheimen Abneigung entdecken könne, welche der König als eine Folge der widerstreitenden Interessen Glenvarlochs und Buckinghams angedeutet hatte. Er sah Nichts der Art. Im Gegentheil, Lord Dalgarno empfing seinen neuen Bekannten mit jener freundlichen Höflichkeit, welche einen ehrlichen jungen Mann sogleich gewinnt.

Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß dies Benehmen bei Nigel Olifaunt freudigen Anklang fand. Er war noch nicht über zweiundzwanzig Jahre alt und hatte mehrere Monate lang der Gesellschaft von seines Gleichen entbehrt. Denn als seines Vaters plötzlicher Tod ihn aus den Niederlanden nach Schottland zurückrief, hatte er vollauf mit Rechtsangelegenheiten zu thun gehabt, welche mit dem Verluste seines standesherrlichen Gutes zu endigen drohten. Seine Trauer, sein durch die Zerrüttung seiner Vermögensverhältnisse gebeugter Stolz und die Ungewißheit über den Ausgang seiner Angelegenheiten, hatten ihn veranlaßt, in Schottland sehr zurückgezogen zu leben. Wie er seine Zeit in London zugebracht hatte, weiß der Leser schon. Die trübselige und zurückgezogene Lebensweise sagte aber weder seiner Jugend noch seinen Neigungen zu, welche lebendig und gesellig waren. Er begrüßte also freudig das Entgegenkommen eines jungen Mannes von seinem Stande und Alter, und nachdem er mit Lord Dalgarno einige jener Worte und Zeichen gewechselt hatte, aus welchen junge Leute, wie Freimaurer aus den ihrigen, den wechselseitigen Wunsch sich zu gefallen entnehmen, schien es, als ob die beiden Freiherren schon geraume Zeit mit einander bekannt wären.

Dies Verhältniß hatte sich eben gestaltet, als einer von des Grafen Dienern den Baumgang herabkam mit einem in schwarze Steifleinwand gekleideten Manne, der ihm folgte, und zwar ziemlich schnell, wenn man erwog, daß er aus Ehrerbietung seinen Oberleib mit der Erde parallel hielt, sobald er der vornehmen Gesellschaft ansichtig wurde.

»Wer ist das, du Schlingel?« fragte der alte Graf, der die starke Eßlust und die Ungeduld eines schottischen großen Herrn trotz einer langen Entfernung aus der Heimath beibehalten hatte. »Was zum Teufel zögert Hans Koch so lange mit dem Essen?«

»Ich glaube, wir sind selber an dem unwillkommenen Erscheinen dieses Menschen schuld,« nahm der Goldschmied das Wort. – »Blicke empor, Mensch, und sieh uns ins Angesicht, wie ein ehrlicher Mann, anstatt deinen Kopf gegen uns zu strecken wie einen Sturmbock.«

Der Schreiber sah gebotener Maßen empor mit der Geläufigkeit eines Automaten, welcher dem Druck einer Feder gehorcht. Weder die Eile, mit welcher er gelaufen war, um sich zur Verrichtung eines wichtigen Geschäftes für seinen Gönner einzustellen, noch selbst die beschwerliche Haltung, die er aus lauter Demuth angenommen hatte, sobald er den Boden des Grafen von Huntinglen betreten, hatte die geringste Spur von Farbe in sein Gesicht gebracht. Schweißtropfen standen auf seiner Stirn in Folge seiner Eile und Anstrengung, aber sein Gesicht war so talgfarbig wie sonst; ja selbst sein Haar hing so glatt und unverwirrt über seine Wangen herab wie damals, als wir ihn unsern Lesern als an seinem Pult sitzend geschildert haben.

Lord Dalgarno hatte Mühe ein Lachen zu unterdrücken, als er die possirliche puritanische Gestalt erblickte, welche sich wie ein Knochenmann der Gesellschaft vorstellte. Er flüsterte Nigeln ins Ohr:

»Hol' dich der Teufel, Milchgesicht! Woher
Hast du den Gänseblick?«

Nigel war zu wenig mit der englischen Bühne bekannt, um eine Stelle zu verstehen, welche in London wie ein Sprichwort in Aller Munde war. Lord Dalgarno merkte, daß die Verse seinem Zuhörer ein Räthsel waren, und fuhr fort: »Dieser Kerl ist, seinem Gesicht nach zu schließen, entweder ein Heiliger oder ein Spitzbube, und ich habe eine so ausgezeichnet gute Meinung von der Menschheit, daß ich immer das Schlimmste vermuthe. Aber sie scheinen da in Geschäfte vertieft zu sein. Wollt Ihr, edler Herr, mit mir einen Gang im Garten machen, oder wollt Ihr ein Mitglied dieses ernsten Conclave bleiben?«

»Ich werde Euch mit Vergnügen begleiten,« erwiderte Nigel. Die beiden jungen Leute wollten sich entfernen; aber Georg Heriot bemerkte mit der, bei Bürgern gegenüber großen Herren üblichen Förmlichkeit, da dies Geschäft den Herrn von Glenvarloch betreffe, so sei es wohl besser, wenn derselbe dableibe als Zeuge, und um sich damit genau bekannt zu machen.

»Meine Anwesenheit ist völlig nutzlos, Herr Graf, und Meister Heriot, mein bester Freund,« erwiderte der junge Freiherr. »Ich werde darum nicht klarer in diesem Geschäfte sehen, weil ich Euch mit meiner Unwissenheit in diesen Dingen belästige. Ich muß am Ende wie am Anfange sagen: ich mag nicht das Steuer aus den Händen der gütigen Piloten nehmen, welche mich bereits in's Angesicht eines unverhofften Hafens geführt haben. Was Ihr mir als gut empfehlt, das werde ich unterzeichnen und besiegeln, und den Inhalt der Urkunden werde ich besser aus einer kurzen Erklärung von Meister Heriot entnehmen, – falls derselbe sich diese Mühe geben will, – als aus tausend gelehrten Ausdrücken dieses Mannes von Fach.«

»Er hat Recht,« sagte Lord Huntinglen zu Heriot; »unser junger Freund hat Recht, diese Dinge Euch und mir anzuvertrauen. Sein Vertrauen ist nicht übel angewendet.«

Meister Georg Heriot sah den beiden jungen Herren, welche Arm in Arm die Allee hinaufgingen, einige Augenblicke nach und sagte dann: »Er hat allerdings sein Vertrauen nicht auf die unrechten Leute gesetzt, wie Ew. Herrlichkeit richtig sagt. Nichtsdestoweniger ist er nicht auf dem rechten Wege, denn Jedermann sollte mit seinen eignen Angelegenheiten, sobald er deren hat, vertraut zu werden suchen.«

Nach dieser Bemerkung beschäftigten sich beide bejahrte Männer und der zugezogene Schreiber mit Durchsicht verschiedener Papiere und mit der Anweisung, wie die Urkunden abgefaßt werden sollten, um den Darleihern hinlängliche Sicherheit zu gewähren, und um zugleich das Recht des jungen Freiherrn auf Einlösung seines Stammgutes bis dahin zu wahren, wo er durch den schottischen Schatz befriedigt werde, oder bis die Rückzahlung ihm auf sonstige Weise möglich sei. Heriot ging dabei in die kleinsten Einzelnheiten ein mit einer Genauigkeit, welche bewies, daß Erfahrung ihn selbst mit den verwickelten Bestimmungen einer schottischen Uebertragung bekannt gemacht hatte. Der Graf von Huntinglen, obwohl weit weniger mit diesen Einzelnheiten des Rechts bekannt, ließ die Handlung nicht eher einen Schritt weiter gehen, als bis er einen bestimmten Begriff von der Bedeutung des vorhergehenden gewonnen hatte.

In ihren wohlwollenden Absichten gegen den jungen Lord Glenvarloch schienen sie auf entsprechende Weise unterstützt zu werden durch den Eifer und die Geschicklichkeit des Schreibers, den Heriot zu diesem Geschäft beigezogen hatte. Es war dies das wichtigste Geschäft, welches Andres je unter den Händen gehabt. Was ihn besonders anregen mußte, war der Umstand, daß er hier in Gegenwart eines Grafen und andererseits eines Bürgers arbeitete, den sein Reichthum und Ansehn befähigte, Viertelsmeister oder gar Bürgermeister zu werden.

Während die drei Geschäftsmänner eifrig verhandelten und der gute Graf sogar seinen Appetit vergaß in seinem Eifer, dem Schreiber die gehörigen Anweisungen zu geben, wandelten die beiden jungen Männer auf der Terrasse am Ufer und unterhielten sich über Gegenstände, welche Lord Dalgarno, als der Aeltere und Erfahrenere, zur Sprache brachte. Sie betrafen die Vergnügungen des Hoflebens. Dalgarno drückte sein Erstaunen darüber aus, daß Nigel beabsichtigte, augenblicklich nach Schottland zurückzukehren.

»Ihr scherzet,« sprach er. »Der ganze Hof – wozu sollte ich es verhehlen? – spricht von dem außerordentlichen Erfolge, den Euer Gesuch gehabt hat, trotz dem stärksten entgegenstehenden Einfluß. Man denkt an Euch, spricht von Euch, wirft die Augen auf Euch. Die Leute fragen einander: Wer ist dieser junge große Herr aus Schottland, der in einem Tage so weit gekommen ist? Sie theilen sich flüsternd ihre Vermuthungen mit, wie weit Ihr Euer Glück noch bringen werdet. Und siehe da, Ihr wollt es darauf beschränken, nach Schottland zurückzukehren, grobe, auf Braunkohlen gebackene Haferkuchen zu essen, Euch von jeder lumpigen Blaumütze, die Euch Vetter nennt, obwohl die Verwandtschaft von Noah herkommt, die Hand schütteln zu lassen, schottisches Zweipfennigbier zu trinken, ausgehungertes Rothwild zu speisen und Euch mein ehrenfester und sehr werther gnädiger Herr nennen zu lassen!«

»Ich gestehe,« erwiderte Nigel, »die Aussicht ist nicht sehr lachend, gesetzt auch, daß es Eurem Vater gelänge, meine Angelegenheiten in einen hoffnungsvollen Stand zu bringen. Allein ich gedenke Etwas für meine Lehnsleute zu thun, nach dem Beispiel meiner Vorfahren, und meine Kinder zu lehren, wie ich selbst gelehrt worden bin, einige Opfer zu bringen, um mit Würde die Stellung zu behaupten, welche die Vorsehung ihnen angewiesen hat.«

Lord Dalgarno mußte sich während dieser Erwiderung mehrmals Gewalt anthun, um sein Lachen zu unterdrücken. Endlich aber konnte er sich nicht länger halten, und sein Beispiel war so unwiderstehlich, daß Nigel mitlachen mußte, obwohl er sich nicht verhehlen konnte, daß dies Lachen albern war.

Er nahm sich indeß bald zusammen und sprach in einem Tone, der geeignet war, Lord Dalgarno's übermäßige Heiterkeit zu mäßigen: »Wie soll ich Eure Lustigkeit in diesem Augenblicke verstehen?« Lord Dalgarno antwortete ihm nur mit verdoppeltem Lachen und hielt sich an Nigels Mantel, gleichsam um nicht umzufallen.

Nigel stand halb beschämt, halb zornig da, indem er sich so von seinem neuen Bekannten verlacht sah, und wurde von einem Ausbruch des Unwillens nur durch den Gedanken an seine Verbindlichkeiten gegen den Vater desselben zurückgehalten. Endlich kam Dalgarno wieder zu sich und sprach mit gebrochener Stimme und mit Thränen in den Augen: »Ich bitte Euch tausend Mal um Verzeihung, theurer Herr von Glenvarloch. Eure Schilderung von ländlicher Würde, verbunden mit Eurer ernsten und unwilligen Betroffenheit ob meines Lachens über Dinge, worüber jeder am Hofe aufgezogene Jagdhund, der nur ein Mal den Mond aus dem Hofraume von Whitehall angebellt hat, sicher gelacht haben würde, – dies Alles hat mich zuletzt gänzlich überwältigt. Liebster, theuerster Herr! Ihr, ein junger, hübscher Bursche von hoher Geburt, mit einem landherrlichen Titel, gleich beim ersten Auftreten vom Könige so wohl aufgenommen, daß Euer weiteres Vorwärtskommen kaum zu bezweifeln ist, wenn Ihr Euch darnach zu benehmen wißt – denn der König hat schon gesagt, Ihr wäret ein braver Junge und wohl bewandert in humanioribus, – Ihr, den alle Frauen, darunter die ausgezeichnetsten Schönheiten am Hofe zu sehen wünschen, weil Ihr von Leiden kommt, in Schottland geboren seid, und eine Bitte erlangt habt, deren Gewährung Euch sehr streitig gemacht war – Ihr, sage ich, mit der Gestalt eines Prinzen, mit einem Feuerblick und mit so viel Geist ausgestattet, Ihr gedenkt die Karten auf den Tisch zu werfen, wenn das Spiel in Eurer Hand ist, in den kalten Norden zurückzurennen und – wie soll ich sagen? – zu heirathen ein großes, langsam einherschreitendes, blauäugiges, weißhäutiges Mädchen mit achtzehn Quartieren in ihrem Schilde, eine Art Lots Weib, das kürzlich von seinem Fußgestelle herabgestiegen ist, und Euch mit ihr in Euer tapezirtes Gemach einzuschließen?! O Gott! diesen Gedanken überlebe ich nicht!«

Selten hat die Jugend, auch wenn sie hochgesinnt ist, hinreichende Charakterstärke und Festigkeit der Grundsätze, um der Gewalt des Lächerlichen zu widerstehen. Halb zornig und halb beschämt über seinen lobenswürdigen Entschluß, vermochte Nigel nicht die Rolle eines sittenstrengen Vaterlandsfreundes zu spielen, gegenüber einem jungen Manne, dem seine Mundfertigkeit und seine Bekanntschaft mit den höchsten Kreisen der Gesellschaft in Nigels Augen eine gewisse Ueberlegenheit gab. Er suchte darum einzulenken und weitere Erörterung abzuschneiden durch das Geständniß, daß seine Rückkehr in die Heimath, auch wenn sie nicht sein Wunsch wäre, ihm durch die Nothwendigkeit geboten werde. Seine Angelegenheiten seien nicht geordnet, sein Einkommen ungewiß.

»Bei wem am Hofe sind die Angelegenheiten geordnet oder ist das Einkommen gewiß?« entgegnete Lord Dalgarno. »Alle gewinnen oder verlieren hier. Wer Vermögen hat, kommt her, um es los zu werden, während die Glücklichen, welche, wie Ihr und ich, Nichts besitzen, die frohe Aussicht haben, sich in ihre Beute zu theilen.«

»Ich habe keine derartigen Wünsche,« erwiderte Nigel; »und wenn ich sie hätte, so fehlten mir die Mittel dazu. Ich kann kaum das Kleid, welches ich trage, mein nennen; ich verdanke es – und ich schäme mich nicht, es zu sagen – der Freundschaft jenes guten Mannes.«

»Ich will nicht wieder lachen, wenn ich umhin kann,« sprach Lord Dalgarno. »Lieber Himmel! Mußtet Ihr denn zu einem reichen Goldschmied gehen, um einen Anzug zu erhalten? Ich hätte Euch zu einem ehrlichen, vertrauensvollen Schneider bringen können, der Euch ein halbes Dutzend geliefert hätte, blos um des Wörtchens »Lord« willen, welches Ihr vor Eurem Namen habt. Und dann hätte Euer Goldschmied, wenn er wirklich ein freundlicher Goldschmied ist, Euch mit einem Beutel voll Rosenobeln ausstatten sollen, daß Ihr drei Mal so viel Anzüge hättet kaufen oder bessere Dinge hättet thun können.«

»Ich verstehe diese Manieren nicht,« versetzte Nigel, indem sein Unwille seine falsche Scham bemeisterte. »Wenn ich am Hofe meines Herrschers leben wollte, so müßte ich, ohne zum Borgen oder zu ähnlichen Auswegen meine Zuflucht zu nehmen, die Kleidung und Dienerschaft bezahlen können, welche mein Rang erfordert.«

»Welche mein Rang erfordert!« wiederholte Dalgarno. »Das lautet gerade, als ob es mein Vater gesprochen hätte. Ich glaube, Euch würde es Vergnügen machen, mit ihm nach Hofe zu ziehen mit einem Dutzend alter Blaukappen mit Schilden und Schwertern, die ihre vor Alter und Branntweintrinken zitternden Hände nicht mehr gebrauchen können – mit großen silbernen Abzeichen am Arme, um zu verkünden, wessen Narren sie sind, – Schurken, die zu Nichts gut sind, als unsere Vorzimmer mit Zwiebel- und Schnapsdüften zu erfüllen. Puh!«

»Die armen Teufel!« sprach Lord Glenvarloch. »Sie haben vielleicht unter Eurem Vater im Kriege gedient. Was sollte aus ihnen werden, wenn er sie fortschickte?«

»Hm!« versetzte Lord Dalgarno; »sie mögen in's Versorgungshaus gehen, oder sich an die Brücke stellen und Reitgerten verkaufen. Der König ist ein besserer Mann, als mein Vater, und Ihr sehet, Anderes bleibt denen nicht übrig, die ihm im Kriege gedient haben, sonst würde er, wenn ihre blauen Wämser abgenutzt sind, eine schöne Heerde Vogelscheuchen um sich versammeln. Da kommt ein Kerl den Gang herunter, dessen Kupfernase der keckste Rabe sich nicht auf einen Schritt weit zu nähern wagen würde. Ihr sollt sehen, daß mein Kammerdiener und ein so geschmeidiger Junge, wie mein Page Lutin, bessere Dienste thun, als ein Dutzend dieser alten Reliquien aus den Douglaskriegen, wo sie sich einander die Kehlen abschnitten, um bei den Erschlagenen zwölf schottische Pfennige zu finden. Sie mögen zur Buße schimmlige Speisen und abgestandenes Bier genießen. Aber die Eßglocke beginnt zu läuten. – Horcht! sie klärt ihre rostige Kehle mit einem vorläufigen Geräusper. Das ist auch so eine Reliquie, die, wenn ich Herr wäre, bald auf dem Grunde der Themse liegen sollte. Was zum Teufel kann den Kaffern und Handwerksknoten am Strande daran liegen, zu wissen, daß der Graf von Huntinglen zur Tafel geht? Wir müssen eilen, um das Gratias Tischgebet. nicht zu versäumen, sonst fallen wir in Disgrazia Ungnade.. – Verzeiht ein Wortspiel, worüber Se. Majestät gelacht haben würde. Ihr werdet finden, daß bei uns Alles von einem Schlage ist. Ihr seid im Auslande an feine Gerichte gewöhnt, und ich schäme mich, daß Ihr hier gespickte Kapaunen, Berge von Rindfleisch und Meere von Brühen findet; aber morgen sollt Ihr bessere Kost sehen. Wo wohnt Ihr? Ich will Euch besuchen. Ich muß Euer Führer sein durch diese bevölkerte Wüste zu bezauberten Ländern, welche Ihr ohne Karte und Lootsen schwerlich entdecken würdet. Wo wohnt Ihr?«

»Ich will Euch auf dem Paulsplatze treffen,« antwortete Nigel in großer Verlegenheit. »Bestimmt mir nur die Stunde.«

»Ah! Ihr wollt in Eurer Wohnung für Euch bleiben,« sprach der junge Freiherr. »Seid unbesorgt, ich will mich nicht eindrängen. – Aber da sind wir bei dieser ungeheuren Anricht von Fleisch, Geflügel und Fischen angelangt. Ich wundre mich, daß die eichenen Tische nicht darunter krachen.«

Sie waren in dem Speisezimmer angekommen, wo die Tafel überreichlich besetzt war, und wo die Zahl der Diener gewissermaßen die spöttischen Bemerkungen des jungen Herrn rechtfertigte. Der Hauskaplan und Herr Mungo Malagrowther waren unter den Gästen. Der Letztere beglückwünschte den Freiherrn von Glenvarloch wegen des Eindrucks, den er am Hofe gemacht hatte. »Es ist,« als ob Ihr den Apfel der Zwietracht in Eurem Beutel mitgebracht hättet, oder als ob Ihr der Feuerbrand wäret, von dem Althea entbunden worden ist, und als ob sie ihr Wochenbett in einem Pulverfasse gehalten hätte. Der König, der Prinz und der Herzog haben sich Euretwegen einander bei den Ohren gehabt, und so viele Andere, die vor diesem Tag nicht wußten, daß ein solcher Mann auf der Welt ist.«

»Achtet auf Eure Speisen,« erwiderte der Graf; sie werden kalt, während Ihr schwatzt.«

»Wahrlich, dessen bedürfen sie nicht, gnädiger Herr,« versetzte der Ritter. »An Ew. Herrlichkeit Mahlzeiten verbrennt man sich selten den Mund. Die Diener werden alt, wie wir selber, und es ist weit von der Küche in den Saal.«

Mit diesem kleinen Ausbruch seiner üblen Laune begnügte sich Herr Mungo, bis die Schüsseln weggenommen wurden. Dann heftete er seine Augen auf das prächtige neue Wams des Herrn Dalgarno und machte ihm ein Compliment über seine Sparsamkeit, behauptend, daß es dasselbe sei, welches er an seinem Vater zu Edinburgh zur Zeit der spanischen Botschaft gesehen habe. Lord Dalgarno, ein viel zu vollendeter Weltmann, um sich durch irgend Etwas, das von einer solchen Seite herkam, rühren zu lassen, knackte ruhig Nüsse und erwiderte, dies Wams gehöre gewissermaßen seinem Vater, insofern es ihn nächster Tage fünfzig Pfund kosten werde. Herr Mungo beeilte sich, in seiner Weise dem Grafen diese angenehme Meldung zu machen, bemerkend, daß sein Sohn besser zu kaufen verstehe als Se. Herrlichkeit, denn er habe ein Wams gekauft, so kostbar wie das, welches Se. Herrlichkeit in Anwesenheit des spanischen Botschafters zu Holyrood getragen, und es stehe ihn nur fünfzig Pfund schottisch. »Das heißt nicht wie ein Narr kaufen.«

»Pfund Sterling,« erwiderte der Graf ruhig. »Das heißt wie ein Narr kaufen in allen Zeiten. Dalgarno war ein Narr, als er es kaufte, ich werde ein Narr sein, wenn ich es bezahle, und Ihr, Herr Mungo, Nichts für ungut, seid ein Narr, daß Ihr von Dingen sprecht, die Euch Nichts angehen.«

So sprechend wandte sich der Graf dem ernsten Geschäft der Tafel zu, und ließ den Becher herumgehen mit einer Raschheit, welche die Heiterkeit erhöhte oder vielmehr die Mäßigkeit der Tischgesellschaft in Gefahr brachte. Die Fröhlichkeit wurde unterbrochen durch die Meldung, daß der Schreiber diejenigen Urkunden, welche augenblicklich fertig sein mußten, in's Reine geschrieben habe.

Georg Heriot stand auf, bemerkend, daß Weinbecher und Urkunden unpassende Nachbarn seien. Der Graf fragte den Schreiber, ob man ihm eine Schüssel und einen Becher in der Butterkammer vorgesetzt habe? Der Schreiber antwortete ehrerbietig: »Der Himmel bewahre mich, daß ich eine solche Bestie sein sollte, zu essen oder zu trinken, bevor Ew. Herrlichkeit Wille gethan ist.«

»Du sollst essen, ehe du gehest,« sprach Lord Huntinglen, »und überdies sollst du versuchen, ob ein Becher Sect einige Farbe auf Deine Wange bringen kann. Es wäre eine Schande für meinen Haushalt, wenn du so gespensterhaft, wie du jetzt bist, auf den Strand hinausschlüpfen solltest. – Hab' Acht darauf, Dalgarno; es betrifft die Ehre unseres Hauses.«

Lord Dalgarno gab Anweisungen, dem Menschen aufzuwarten. Lord Glenvarloch und Georg Heriot unterzeichneten und tauschten die Urkunden aus. So wurde ein Vertrag geschlossen, von welchem der hauptsächlichste Betheiligte nicht viel mehr wußte, als daß die Vollziehung desselben einem eifrigen und treuen Freunde überlassen war, der es unternahm, das Geld herbeizuschaffen und den Heimfall seines Gutes zu verhindern durch Rückzahlung der Pfandsumme um zwölf Uhr Mittags auf Petri Kettenfeier neben dem Grabe des Regenten, Grafen von Murray, in der Hochkirche von S. Gilgen zu Edinburgh, wie bei der Verpfändung ausgemacht war.

Nachdem dies Geschäft beendigt war, hätte der alte Graf gern das Zechen wieder fortgehen lassen. Allein der Goldschmied entschuldigte sich mit der Wichtigkeit der Urkunden, die er bei sich hatte, und mit der Dringlichkeit des am nächsten Morgen zu besorgenden Geschäftes, und nahm den jungen Glenvarloch mit sich, der außerdem wohl geneigt gewesen wäre, der Einladung Gehör zu geben

Als sie beisammen in der Barke saßen und wieder weiter fuhren, blickte Georg Heriot ernst nach der Wohnung zurück, die sie eben verlassen hatten, und sprach: »Dort wohnen beisammen die alte und die neue Mode. Der Vater gleicht einem guten alten, etwas rostigen Schlachtschwerte. Der Sohn ist der neumodische Degen, mit schön vergoldetem Gefäß, geformt nach dem Geschmack der Zeit; und die Zeit muß lehren, ob der Stoff so gut ist, wie das äußere Ansehen. Gott gebe, daß es der Fall sei; das wünscht ein alter Freund des Hauses.«

Ohne daß etwas Bemerkenswerthes weiter vorgekommen wäre, gelangten sie zur Paulslände. Hier stieg Lord Glenvarloch aus, nahm von seinem bürgerlichen Freunde Abschied und begab sich in seine Wohnung. Richard, nicht wenig aufgeregt durch die Erlebnisse des Tages und durch die Gastlichkeit des Grafen von Huntinglen, stattete der munteren Frau Lenchen einen glänzenden Bericht ab, und diese freute sich herzlich, von ihm den Ausdruck zu vernehmen, daß die Sonne auf die rechte Seite der Hecke scheine.



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