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Achtes Kapitel.

Merk' Dir die Alte, Heinrich; lache nicht
Ob ihres Thurmhuts, ihres Sammetsaums.
Ich nenne sie das Ohr des Dionys –
Das Ohrgewölbe über seinen Kerkern,
Wo der Gefangnen unzufriednes Murren
Und Seufzen er behorcht. – Wie dies Gewölb'
Fängt Martha Alles auf, was sich begibt,
Und was vermuthet wird in dieser Stadt.
Sie kann es melden, wenn's ihr Vortheil heischt,
Sie kann Euch dienen drum, wenn ihren Vortheil
Ihr mit dem Eurigen in Einklang bringt.

Die Verschwörung.

Wir müssen den Leser jetzt mit einer andern Person bekannt machen, deren Wichtigkeit und Geschäftigkeit in keinem Verhältnisse zu ihrer anerkannten gesellschaftlichen Stellung stand, – mit Frau Ursula Suddlechop, Ehegattin von Benjamin Suddlechop, dem berühmtesten Barbier in der Fleetstraße. Sie besaß ausgezeichnete Eigenschaften, vornehmlich (wenn man ihrer Versicherung glauben durfte) eine schrankenlose Neigung, ihren Mitmenschen zu dienen. Ihrem dürren, halbverhungerten Manne den Ruhm der größten Handfertigkeit und die Sorge für eine Barbierstube überlassend, in welcher hungrige Gesellen die Gesichter Derjenigen zu schinden pflegten, welche einfältig genug waren, sich ihnen anzuvertrauen, trieb die Frau ein eignes einträgliches Geschäft, welches so manche krumme Wege hatte, daß es oft sich selber zu widerstreiten schien.

Die wichtigsten Verrichtungen dieses Geschäftes waren sehr geheimer und Vertrauen erheischender Art, und Frau Ursula hatte nie einen ihr anvertrauten Handel verrathen, wenn sie nicht schlecht dafür bezahlt worden war, oder wenn sich nicht Jemand gefunden hatte, der ihr ein doppeltes Geschenk zukommen ließ, damit sie das Geheimniß von sich gebe. Diese Fälle kamen so selten vor, daß sie einen eben so fleckenlosen Ruf der Treue, wie der Tugend und des Wohlwollens behauptete.

In der That war sie ein wunderbares Weib, und im Stande, den Leidenschaftlichen und Schwachen großen Vorschub zu leisten beim Entstehen, Fortgang und bei den Folgen ihrer Leidenschaft. Sie konnte Zusammenkünfte veranstalten für Liebende, welche gute Gründe anzuführen vermochten, warum sie sich nicht öffentlich sehen wollten. Sie konnte schwachen Schönen die Bürde einer strafbaren Leidenschaft abnehmen, und vielleicht den hoffnungsvollen Sprößling verbotener Liebe zum Erben eines Paares machen, dessen Liebe erlaubt, aber unfruchtbar war. Sie konnte noch mehr, sie war noch bei kitzlicheren Angelegenheiten betheiligt gewesen. Von ihrer Lehrmeisterin, Frau Turner, hatte sie das Geheimniß der Bereitung der gelben Stärke und noch ein Paar wichtigere Geheimnisse gelernt, wenn auch vielleicht keins von den verbrecherischen, deren ihre Lehrerin beschuldigt war. Das Finstere und Verborgene ihres Innern war verdeckt durch eine äußerliche gute Laune, durch Lach- und Scherzlust, womit sie ihre älteren Nachbarn und Nachbarinnen für sich zu gewinnen wußte, und durch allerlei kleine Künste, welche sie bei der Jugend, besonders von ihrem Geschlechte, empfahlen.

Frau Ursula war dem Ansehen nach kaum über vierzig Jahre alt. Ihre Gestalt war voll, aber nicht gerade übermäßig dick; ihr Gesicht, wenn auch ein wenig durch Wohlleben geröthet, hatte noch immer hübsche Züge und einen Ausdruck von Heiterkeit, welcher den Mangel anderer Reize ersetzte. Bei bürgerlichen Hochzeiten, Kindbetten und Taufen in der Nähe ihrer Wohnung schien ein wesentliches Stück zu fehlen, wenn sie nicht anwesend war. Sie wußte Spiele und Belustigungen in Gang zu bringen, um die großen Gesellschaften zu unterhalten, welche die Gastfreiheit unserer Vorfahren bei solchen Gelegenheiten versammelte. Sie galt ferner auch für erfahren in den Irrgängen des Lebens, und war darum die Vertraute und Rathgeberin der Hälfte aller Liebespaare in der Nachbarschaft. Die Reichen belohnten ihre Dienste mit Ringen, Geschmeiden oder, was ihr noch lieber war, mit Goldstücken. Den Armen leistete sie ihre Hülfe unentgeldlich, wie angehende Aerzte, theils aus Barmherzigkeit, theils um nicht aus der Uebung zu kommen. Ihr Ruf erstreckte sich weit über Temple-Bar hinaus, und ihre Bekanntschaft begriff Gönner und Gönnerinnen von einem Range, der damals verhältnißmäßig höher war, als heutzutage, weil die Zahl der Bevorzugten geringer, und der Abstand vom Bürger zum Hofmann weiter war, als jetzt. Frau Ursel unterhielt ihre Verbindung mit diesen vornehmen Kunden theils durch einen kleinen Handel mit Wohlgerüchen, Salben, französischem Kopfputz, chinesischen Tellern oder Zierrathen, die damals schon in die Mode kamen, ferner mit allerlei Mitteln, besonders für Damen, – theils durch allerlei Dienste, die mehr oder weniger mit den geheimeren Zweigen ihres Geschäftes zusammenhingen.

Trotz diesen mannigfachen Mitteln, Vermögen zu erwerben, war Frau Ursula doch so arm, daß sie wahrscheinlich ihre Umstände verbessert haben würde, wenn sie, auf jene Mittel verzichtend, sich wie eine andere Frau den Geschäften ihrer Haushaltung gewidmet hätte. Allein ihre verschwenderischen Gelüste ließen sich an dem kärglichen Tische Benjamins nicht befriedigen, und ihr unruhiger Geist fand seine Unterhaltung abgeschmackt und langweilig.

Am Abende des Tages, wo Lord Nigel Olifaunt bei dem reichen Goldschmied gespeiset hatte, saß Frau Ursula Suddlechop, ermüdet von einem Gange nach Westminster, in einem großen Sessel neben ihrem Kamin, in welchem ein kleines helles Feuer brannte. Zwischen Schlafen und Wachen beobachtete sie das Sieden eines Topfes wohlgewürzten Doppelbieres, auf dessen brauner Oberfläche ein kleiner gebratener Holzapfel tanzte. Mit größerer Aufmerksamkeit überwachte ein kleines Mulattenmädchen das Braten einer Kalbsmilch in einer silbernen Pfanne. Mit diesem Gerichte gedachte Frau Ursula den wohlvollbrachten Tag zu beschließen, dessen Arbeit sie als gethan und dessen übrige Zeit sie als zu ihrer Verfügung stehend betrachtete. In Letzterem jedoch irrte sie sich; denn als eben das Bier zum Trinken geeignet war, und als die kleine Mulattin bemerkte, das Bröschen sei gar, ließ sich die dünne Stimme Benjamins von unten herauf vernehmen:

»Ursel! Urselchen! – Ei, Ursel! – Weibchen! Komm doch herunter. Du bist hier nöthiger, als ein Streichriemen für ein stumpfes Schermesser.«

»Ich wollte, es zöge dir Jemand ein Schermesser durch die Kehle, du schreiender Esel!« sprach die Dame im ersten Augenblicke des Zorns für sich, und fuhr dann mit lauter Stimme fort: »Was gibt's? Ich will mich eben in's Bett legen; ich bin den ganzen Tag auf den Beinen gewesen.«

»Ei, liebes Kind,« entgegnete der geduldige Ehemann, »ich bin es nicht, der nach dir verlangt; es ist das schottische Waschmädchen von Nachbar Ramsay, welches augenblicklich mit dir sprechen muß.«

Frau Ursula warf einen Blick in die Bratpfanne, seufzte und erwiderte ihrem Eheherrn: »Sage dem Schottenjanchen, sie soll heraufkommen. Es soll mir sehr angenehm sein zu hören, was sie zu sagen hat.« Und leise fügte sie hinzu: »Ich hoffe, sie soll zum Teufel fahren in der Flamme eines Theerfasses, wie manche andere schottische Hexe vor ihr.«

Das schottische Waschmädchen trat ein, verbeugte sich sehr ehrerbietig vor Frau Suddlechop, von deren letztem freundlichen Wunsche sie Nichts gehört hatte, und meldete, daß ihre junge Gebieterin unwohl nach Hause gekommen sei und die Frau Nachbarin augenblicklich zu sprechen wünsche.

»Wär's nicht morgen auch noch Zeit genug, liebes Janchen?« fragte Frau Ursel. »Ich bin heute schon in Whitehall gewesen und kann kaum mehr fort.«

»So?« erwiderte Janchen mit großer Ruhe. »Nun, dann muß ich mich selber in Trab setzen und an's Wasser gehen zur alten Mutter Rothkapp an der Hungerforder Treppe, die ebensowohl wie Ihr, Schätzchen, das Geschäft treibt, jungen Mädchen zu rathen. Eine von euch Beiden will das Kind sehen, ehe es schlafen geht; das ist Alles, was ich sagen kann.«

So sprechend drehte sich die Botin um und wollte den Rückweg antreten, als Frau Ursel rief: »Nein! nein! wenn das liebe Kind Rath und Hülfe braucht, sollt Ihr nicht zur Mutter Rothkapp gehen. Die ist gut für Schiffersweiber, Krämerstöchter und dergleichen, aber Niemand als ich soll Jungfrau Margarethen bedienen, die Tochter des Uhrmachers Sr. Majestät. Laß mich nur meine Ueberschuhe und mein Kinntuch nehmen, und den Augenblick will ich drüben bei Meister Ramsay sein. Aber sagt selber, gute Jane, seid Ihr nicht ein wenig geplagt mit dem Muthwillen und der oft in einem Tage zwanzigmaligen Sinnesänderung Eures Fräuleins?«

»O nein,« antwortete das geduldige Hausthier, »außer wenn sie mich mit dem Waschen ihrer Spitzen ein wenig quält. Aber ich habe sie unter meiner Obhut gehabt, seitdem sie ein Kind war, und das macht einen Unterschied, Nachbarin.«

»Ja wohl,« sprach Fran Ursel, fortwährend beschäftigt, noch weitere Schirme wider die Nachtluft anzulegen. »Und Ihr wißt für gewiß, daß sie jährlich 200 Pfund von guten Ländereien zu ziehen und zu ihrer freien Verfügung hat?«

»Ein Vermächtniß von ihrer Großmutter, Gott hab' sie selig!« fügte das Schottenmädchen hinzu. »Und einem feineren Mädchen hätte sie es nicht hinterlassen können.«

»Es ist wahr, es ist wahr,« sprach Frau Ursel. »Trotz ihren kleinen Wunderlichkeiten hab' ich immer gesagt, Jungfer Margarethe Ramsay ist das hübscheste Mädchen im Stadtviertel. Nicht wahr, Janchen, das Kind hat noch Nichts zu Nacht gegessen?«

Janchen gestand, daß es so sei. »Der Meister war aus,« sagte sie, »die Lehrburschen hatten den Laden zugemacht und waren hingegangen, sie abzuholen, und ich und die andere Magd waren zu Sander Mac Givan gegangen, um eine Freundin aus Schottland zu besuchen.«

»Das war ganz natürlich, Jungfer Janchen,« erwiderte Frau Ursel, die gern aller Welt Recht gab.

»Und so ging das Feuer aus,« fuhr Janchen fort.

»Und das war das Allernatürlichste,« fiel Frau Suddlechop ein. »Um's also kurz zu machen, Janchen, will ich das Bischen Abendessen mit hinübernehmen, was ich eben zu mir nehmen wollte. Ich habe noch Nichts zu Mittag gegessen, und vielleicht ißt mein Margrethchen einen Bissen mit mir; denn es ist oft blos ein leerer Magen, der jungen Leuten die Grillen von Unwohlsein in den Kopf setzt.« So sprechend gab sie Janchen den silbernen Molkennapf in die Hand, warf ihren Mantel um mit der Raschheit eines Menschen, der die Neigung der Pflicht aufopfert, und barg unter den Falten desselben die Bratpfanne. Wilsa, das Mulattenmädchen, erhielt von ihr Befehl, ihnen über die Straße zu leuchten, und so ging es fort.

»Wohin so spät?« fragte, als sie durch die untere Stube gingen, der Barbier, der mit seinen ausgehungerten Lehrlingen bei einem Gericht Stockfisch und Pastinaken saß.

»Gevatter,« sagte die Hausfrau mit verachtender Kälte, »wenn ich dir meine Botschaft sagte, könntest du sie doch nicht ausrichten, also will ich sie für mich behalten.« Benjamin war zu sehr an das unabhängige Verfahren seiner Ehehälfte gewöhnt, um weiter zu fragen. Auch wartete die Hausfrau nicht auf eine weitere Frage, sondern ging stracks zur Thür hinaus, nachdem sie dem ältesten Lehrburschen befohlen hatte, aufzubleiben und das Haus zu bewachen, bis sie zurückkomme.

Die Nacht war dunkel und regnicht, und obwohl die Entfernung zwischen beiden Häusern gering war, so fand doch Frau Ursula Zeit, während sie mit aufgehobenem Rocke einherschritt, sich den Weg zu verbittern durch mißmuthige Bemerkungen. »Ich möchte wissen,« sprach sie für sich, »warum ich verurtheilt bin, aufs Geheiß jeder alten Hexe und nach der Laune jedes Gelbschnabels zu springen. Von Temple-Bar bis zur weißen Kapelle bin ich gesprengt worden, weil ein Nadlerweib sich in den Finger gestochen hatte. Der Mann, der die Waffe gemacht hat, hätte auch die Wunde salben können. Und dieser fantastische Affe, Jungfer Margarethe, – eine Schönheit, wie ich sie aus jeder Nürnberger Puppe machen könnte, und so launig und eingebildet, als wäre sie eine Herzogin! Ich habe sie an einem und demselben Tage so wetterwendisch gesehen, wie eine Meerkatze, und so eigensinnig, wie ein Maulthier. Ich möchte wissen, wer mehr Tollheiten ausbrütet, ihr eingebildetes Köpfchen, oder ihres Vaters verrückter Hirnkasten. Aber zweihundert Pfund jährlich aus schmutzigem Lande, das ist auch nicht zu verachten, und der Alte ist bei all' seinen Tollheiten ein sparsamer Kauz – er ist unser Hausherr, und sie hat ihm eine Frist zur Bezahlung unserer Miethe abgebettelt. Also, wohl oder übel, muß ich mich darein ergeben. Ueberdies ist der kleine launige Satan mein einziger Schlüssel, um hinter das Geheimniß von Meister Heriot zu kommen, und das darf mir nicht verborgen bleiben. He bien, allons! sagt der Franzose.«

So denkend eilte sie über die Straße zu des Uhrmachers Wohnung. Die Magd öffnete mit einem Hauptschlüssel. Frau Ursula tappte bald in schwacher Helle, bald im Dunkel, nicht wie die reizende Christabelle zwischen gothischem Schnitzwerk und Harnischen, sondern zwischen Ueberresten alter Maschinen und neuer Modelle, Trümmern oder unvollendeten Werken nutzlosen Kunstfleißes, mit denen die Wohnung des sinnreichen, aber wunderlichen Mechanikers stets angefüllt war. Endlich erreichten sie auf einer engen Treppe das Gemach der feinen Jungfrau Margarethe, wo sie, der Leitstern der Augen jedes hochstrebenden Junggesellen in der Fleetstraße, in einer Stellung saß, die halb Mißvergnügen, halb Trostlosigkeit ausdrückte. Ihre Schultern und ihr Rücken waren in eine Kreislinie geründet, ihr rundes Kinn mit dem Grübchen ruhte in ihrer kleinen Hand, deren Finger über dem Munde lagen. Ihre Augen schienen auf die im Kamin erlöschenden Kohlen geheftet zu sein. Sie bewegte kaum den Kopf, als Frau Ursula eintrat, und als die Anwesenheit dieser schätzbaren Matrone in klaren Worten durch das Schottenmädchen verkündet wurde, murmelte sie eine unverständliche Erwiderung.

Frau Ursula, an alle möglichen Verrücktheiten ihrer Patienten und Clienten gewöhnt, wandte sich an die dienstbaren Geister mit den Worten: »Janchen, stellt den Napf zum Feuer und geht dann mit Wilsa hinunter in die Küche. Ich muß mit meinem Fräulein Margarethe allein sprechen. Jeder Junggeselle zwischen hier und Bow wird mich darum beneiden.«

Die Dienerinnen entfernten sich gebotener Maßen. Dame Ursula stellte ihre Pfanne auf die Kohlen, rückte dann so nahe wie möglich zu ihrer Patientin und begann in leisem, beruhigendem und vertraulichem Tone zu fragen, was ihrem Goldkinde fehle.

»Nichts!« antwortete Margarethe schnippisch, und veränderte ihre Lage so, daß sie der liebreichen Fragerin fast den Rücken zukehrte.

»Nichts, mein Engel?« entgegnete Frau Suddlechop. »Und um Nichts und wieder Nichts laßt Ihr Eure Freunde zu solcher Stunde aus dem Bette treiben?«

»Ich habe nicht nach Euch geschickt,« antwortete das unzufriedene Mädchen.

»Ei wer denn?« fragte Ursula. »Wenn nicht nach mir geschickt worden wäre, würde ich mich nicht um diese Zeit eingestellt haben.«

»Die alte schottische Närrin, Jane, hat es wahrscheinlich auf eigne Faust gethan,« erwiderte Margarethe. »Zwei Stunden lang hat sie mir von Euch und Mutter Rothkapp die Ohren vollgeschwatzt.«

»Von mir und Mutter Rothkapp?« wiederholte Frau Ursula. »Freilich muß sie eine alte Närrin sein, wenn sie solche Zusammenstellungen macht. Aber kommt, kleine Nachbarin, Janchen ist im Grunde doch keine Närrin; sie weiß wohl, daß junge Leute bessern Rath brauchen, als sie geben kann, und sie weiß, wo er zu haben ist. Also, mein schönes Kind, müßt Ihr so gut sein und mir sagen, warum Ihr mißgelaunt seid, und es dann der Frau Ursel überlassen, eine Kur ausfindig zu machen.«

»Nun, wenn Ihr so geschickt seid, Mutter Ursula,« erwiderte das Mädchen, »so könnt Ihr ja wohl errathen, was mir fehlt, ohne daß ich es Euch sage.«

»Ei gewiß,« erwiderte die gefällige Matrone; »Niemand versteht besser als ich das gute alte Spiel: Wie ist mein Gedanke? Ich wette, Euer Köpfchen steht nach einem neuen Kopfputz, der etwa einen Fuß höher wäre, als ihn die Bürgersfrauen tragen; oder Ihr möchtet gern nach Islington oder Ware fahren, und Euer Vater will nicht, oder –«

»Ihr seid eine alte Närrin, Frau Suddlechop,« unterbrach Margarethe ärgerlich, »und zerbrecht Euch um Dinge den Kopf, von denen Ihr Nichts wißt.«

»Eine Närrin? – ja, Mamsell,« erwiderte Frau Ursula beleidigt; »aber alt? – nicht so viel älter als Ihr.«

»Ah, wir sind zornig; nicht wahr?« sprach die Schöne. »Sagt doch, Madame Suddlechop, die Ihr nicht so viel älter seid als ich, wie kommt Ihr dazu, solchen Unsinn mir vorzuschwatzen, die ich so viele Jahre jünger bin und doch mehr Verstand habe, als daß ich mir wegen Islington oder wegen Kopfputz Kummer machen sollte?«

»Gut, gut, Mamsell,« versetzte die weise Rathgeberin, indem sie aufstand. »Ich merke, daß ich hier Nichts nützen kann, und ich denke, da Ihr so viel Verstand in Euren eignen Angelegenheiten habt, könntet Ihr es unterlassen, Leute um Mitternacht aus dem Bette jagen zu lassen, um ihren Rath zu erfragen.«

»Da! nun seid Ihr zornig,« sprach Margarethe, sie zurückhaltend. »Das kommt daher, weil Ihr zur Abendzeit ausgegangen seid, ohne Euer Nachtessen zu Euch genommen zu haben. Ich habe nie ein schlimmes Wort von Euch gehört, wenn Ihr Euren Imbiß vollendet hattet. – Jauchen! Einen Teller und Salz für Frau Ursel! – Und was habt Ihr in dem Napfe da? Trübes, dickes Bier, so wahr ich lebe. Gebt es der Jane, daß sie es zum Fenster hinauswirft, oder vielmehr, daß sie es aufhebt für meinen Vater zum Morgentrunk. Sie soll Euch die Flasche Sect bringen, welche für ihn zurechtgestellt ist; er merkt den Unterschied doch nicht, und seine staubigen Rechnungen lassen sich ebensowohl mit Bier wie mit Wein hinunterspülen.«

»Das mein' ich auch, Herzchen,« sprach Frau Ursula, deren kurzes Mißvergnügen augenblicklich bei diesen Vorbereitungen zu einem Schmause verschwand. Sie nahm Platz in einem Sessel vor einem dreibeinigen Tische und begann mit gutem Appetit das leckere Gericht zu verspeisen, welches sie für sich bereitet hatte. Sie lud Jungfer Margarethe dringend ein, an dem Schmause Theil zu nehmen, allein diese schlug die Einladung aus.

»Wenigstens thut mir in einem Glase Sect Bescheid,« bat Frau Ursula. »Ich habe meine Großmutter sagen hören, ehe die Evangelischen aufkamen, pflegten die alten katholischen Beichtväter mit ihren Beichtkindern immer erst einen Becher Sect zu leeren, ehe es an die Beichte ging. Ihr seid mein Beichtkind.«

»Ich trinke keinen Sect,« entgegnete Margarethe, »und ich wiederhole Euch, wenn Ihr nicht ausfindig macht, was mir fehlt, werde ich nie das Herz haben, es selber zu sagen.«

Mit diesen Worten wandte sie sich abermals von Frau Ursula ab und nahm ihre sinnende Stellung an, das Kinn auf die Hand gestützt und ihrer Vertrauten den Rücken oder wenigstens eine Schulter zukehrend.

»Ich sehe,« nahm Frau Ursula das Wort, »ich muß ernstlich meine Kunst in Anwendung bringen. Ihr müßt mir Euer Händchen geben, und dann will ich Euch sagen, so gut wie die beste Zigeunerin, auf welchem Fuße Ihr hinkt.«

»Als ob ich überhaupt hinkte!« sprach Margarethe, ihre Hand der Barbiersfrau darreichend, ohne jedoch im Uebrigen ihre Stellung zu verändern.

»Da seh' ich herrliche Linien, die nicht übel zu lesen sind,« rief Frau Ursula. »Vergnügen und Reichthum, lustige Nächte und späte Morgen für meine Schöne, und ein Fuhrwerk, von dem Whitehall zittert. Nicht wahr, ich hab' es getroffen? und jetzt lacht Ihr? Warum sollte er nicht Herr Bürgermeister werden und in vergoldeter Kutsche nach Hofe fahren, so gut wie Andere?«

»Bürgermeister? Pah!« erwiderte Margarethe.

»Warum Pah gegen den Herrn Bürgermeister, Herzchen? Oder meint Ihr vielleicht Pah gegen meine Prophezeihung? Aber in jedes Menschen Leben ist ein Kreuz, und so auch in dem Eurigen, Goldkind. Wahrhaftig, da sehe ich die Plattmütze eines Lehrburschen und darunter ein schwarzes strahlendes Auge, welches im ganzen Stadtviertel Außer-Farringdon seines Gleichen nicht hat.«

»Wen meint Ihr?« fragte Margarethe kalt.

»Wen sollt' ich anders meinen, als den Fürsten der Lehrburschen und den König der guten Gesellschaft, Jan Vincent?«

»Puh! Jan Vincent! einen Knoten! einen Philister!« rief die Mamsell erzürnt.

»Ah! bläs't der Wind daher, mein Schönchen?« sprach die Barbiersfrau. »Er hat sich geändert, seit wir zuletzt miteinander gesprochen haben. Damals hätt' ich darauf schworen mögen, daß er günstiger für Jin Bin blies. Und der arme Junge ist vernarrt in Euch, und mag lieber Eure Augen sehen, als den ersten Schimmer der Sonne am Tage des Maifestes.«

»Ich wollte, meine Augen hätten die Macht der Sonne, die seinen zu blenden, damit der Lümmel wüßte, wo sein Platz ist,« sprach die kleine Hochmüthige.

»Nun,« sagte Frau Ursula, »es gibt Leute, die sagen, Franz Tunstall sei ein eben so hübscher Bursche wie Jin Bin, und sicher ist, daß er ein weitläufiger Vetter von einem Ritter ist und aus einem guten Hause stammt. Und so strebt Ihr vielleicht nordwärts?«

»Mag sein,« erwiderte die Mamsell; »aber nicht mit meines Vaters Lehrburschen.«

»Nun, da mag der Teufel Eure Gedanken errathen,« rief Frau Ursel. »So geht's, wenn man ein Füllen beschlagen will, das ewig zuckt und trappelt.«

»Hört zu denn,« sprach das Mädchen, »und merkt, was ich sage. Heute habe ich auswärts gespeist – –«

»Ich weiß, wo,« unterbrach die Rathgeberin; »bei Eurem Pathen, dem reichen Goldschmied. Nicht wahr, ich weiß es? Soll ich Euch auch sagen, mit wem?«

»Nun?« fragte mit dem Ausdruck des Erstaunens das Mädchen, indem sie sich plötzlich der Rathgeberin zukehrte und bis über die Ohren roth ward.

»Mit dem alten Herrn Mungo Malagrowther,« antwortete das Orakel. »Er ließ sich bei meinem Benjamin rasiren.«

»Pah! das alte widerwärtige, schimmlige Geripp!« rief die Mamsell.

»Ihr habt Recht, Liebchen,« entgegnete die Vertraute. »Er gehört gar nirgends anders hin, als in S. Pancras' Beinhaus; ich wüßte keinen besseren Platz für das abscheuliche alte Lästermaul. Er sagte zu meinem Manne – –«

»Vermutlich Etwas, was nicht hieher gehört,« unterbrach Margarethe. »Ich muß also sprechen. Mit uns speisete ein Standesherr.«

»Ein Standesherr? Ist das Mädchen toll?« rief Frau Ursula.

Ohne auf diese Unterbrechung zu achten, fuhr Margarethe fort: »Mit uns speisete ein Standesherr, ein schottischer Standesherr.«

»Die heilige Mutter Gottes möge sie bewahren!« rief die Vertraute. »Sie ist wahnsinnig! Hat je ein Mensch gehört, daß eine Uhrmacherstochter sich in einen Standesherrn verliebt hat – und obendrein noch in einen schottischen Standesherrn, die alle so stolz sind wie Lucifer und so arm wie Hiob? – Ein schottischer Standesherr! Seht einmal an! – Ich hätte es eben so gern gehört, wenn Ihr mir einen Schacherjuden genannt hättet. Ich bitte Euch, schönes Kind, bedenkt das Ende, ehe Ihr den Sprung wagt.«

»Das geht Euch Nichts an, Frau Ursel,« sprach Jungfer Margarethe. »Euren Beistand verlang' ich, nicht Euren Rath. Ihr wißt, ich kann ihn lohnen.«

»O, es ist mir nicht um den Gewinn,« entgegnete die Barbiersfrau. »Hört auf guten Rath und bedenkt Euren Stand.«

»Meines Vaters Beruf ist unedel,« bemerkte Margarethe, »nicht aber unser Blut. Ich habe meinen Vater sagen hören, daß wir, freilich weitläufig, von dem großen Grafen von Dalwolsie abstammen Haupt des altberühmten Hauses Ramsay. Allan Ramsay, der Hirtendichter, sagt:
Dalhousie, dessen Stamm uralt,
Mein Stolz, mein Haupt, mein Schirm, mein Halt.

»Ja freilich,« entgegnete Frau Ursula. »Ich habe in meinem Leben keinen Schotten gekannt, der nicht, wie Ihr es nennt, von einem großen Hause herkäme, wo denn das Herkommen ein jämmerliches Herunterkommen wäre. Und was die Entfernung betrifft, von der Ihr sprecht, sie ist so groß, daß Ihr Euch aus dem Gesicht verliert. Werft nur nicht Euer Köpfchen so stolz zurück und sagt mir den Namen des vornehmen Nordländers. Wir wollen dann sehen, was zu machen ist.«

»Es ist Lord Glenvarloch, genannt Lord Nigel Olifaunt,« antwortete das Mädchen leise und das Gesicht abwendend, um ihr Erröthen zu verbergen.

»Nun, Gott sei bei uns!« rief Frau Suddlechop. »Das ist der Teufel, ja noch etwas Schlimmeres!«

»Wie?« fragte Margarethe betroffen.

»Wißt Ihr denn nicht,« entgegnete die Barbiersfrau, »was er für mächtige Feinde am Hofe hat? Wißt Ihr nicht – Verwünscht sei meine Zunge, sie läuft mir mit dem Verstande fort. Genug, Ihr thätet besser, Euer Brautbette unter einem einstürzenden Hause aufzuschlagen, als an Lord Glenvarloch zu denken.«

»Also er ist unglücklich?« sprach das Mädchen. »Ich wußte es, ich errieth es. Es lag etwas Schmerzliches in seinem Tone, selbst wenn er etwas Lustiges sagte. In seinem schwermüthigen Lächeln offenbarte sich sein Mißgeschick. Er würde nicht so sehr meine Gedanken beschäftigen, wenn ich ihn im Mittagsglanze des Wohlstandes gesehen hätte.«

»Romane haben sie verrückt gemacht!« sprach Frau Ursula. »Das Mädchen ist verloren – ganz verrückt. Sie liebt einen schottischen Standesherrn um so mehr, weil er unglücklich ist! Mamsell, es thut mir leid, daß ich Euch hier nicht zu Willen sein kann; es geht gegen mein Gewissen, – es geht über meinen Bereich hinaus. Aber ich will Euer Geheimniß bewahren.«

»Ihr werdet nicht so niederträchtig sein, mich im Stiche zu lassen, nachdem Ihr mir mein Geheimniß abgelockt habt!« rief die erzürnte Mamsell. »Thut Ihr es, so werd' ich mich zu rächen wissen; thut Ihr es nicht, so werd' ich Euch gut belohnen. Bedenkt, daß Eures Mannes Haus meinem Vater gehört.«

»Ich weiß es nur zu gut,« erwiderte Ursula, nachdem sie einen Augenblick nachgedacht, »und ich möchte Euch in Allem dienen, was in meinem Bereiche liegt. Aber mich in solche große Händel einzulassen – Mein Lebtage werd' ich nicht die arme Frau Turner, meine geehrte Beschützerin vergessen – Friede sei mit ihr! – Sie hatte das Unglück, sich in die Angelegenheit von Somerset und Overbury zu mengen. Der große Graf und die Frau Gräfin zogen ihre Hälse aus der Schlinge, und überließen es ihr und einem halben Dutzend Andern, für sie herzuhalten. In meinem Leben werd' ich nie vergessen, wie sie auf dem Schaffot stand, um ihren schönen Hals die Krause, gesteift mit gelber Stärke, die ich ihr so oft hatte machen helfen, und diese Krause mußte dann einem rauhen Hanfstrick Platz machen. Solch' ein Anblick, Herzchen, benimmt einem die Lust, sich in Sachen zu mengen, bei denen man sich die Finger verbrennen kann.«

»Ihr Närrin!« entgegnete Margarethe. »Sehe ich darnach aus, als wollte ich mit Euch von solch' verbrecherischem Thun reden, wofür jenes Weib gestorben ist? Was ich von Euch begehre, ist, daß Ihr mir genaue Auskunft über die Angelegenheit verschafft, die diesen jungen Herrn nach Hofe führt.«

»Und wenn Ihr dies Geheimniß habt, Herzchen,« sprach Ursula, »was kann es Euch helfen? Dennoch wollte ich Euren Auftrag ausrichten, wenn Ihr Gleiches für mich thun wolltet.«

»Und was wollt Ihr von mir?« fragte Jungfrau Margarethe.

»Das, was ich schon einmal verlangt habe, und worüber Ihr mir gezürnt habt,« antwortete die Barbiersfrau. »Ich möchte einiges Licht haben über die Geschichte von Eures Pathen Hausgeiste, der sich nur beim Gebet sehen läßt.«

»Nicht für die Welt!« rief Margarethe. »Gott soll mich bewahren, daß ich die Geheimnisse meines Pathen auskundschafte. Aber Ihr wißt, ich habe eignes Vermögen, welches in Kurzem zu meiner Verfügung gestellt wird. Denkt auf einen andern Lohn.«

»Ja, ich weiß wohl,« bemerkte die Rathgeberin, »daß die 200 Pfund jährlich und Eures Vaters Nachsicht Euch so eigensinnig machen, Herzchen.«

»Es mag sein,« entgegnete das Mädchen. »Unterdessen dient mir treulich, und hier ist ein Ring zum Pfande, den ich, wenn ich zu meinem Vermögen komme, mit fünfzig Goldstücken einlösen will.«

»Fünfzig Goldstücke?« wiederholte die Barbiersfrau; »und diesen schönen Ring zum Zeichen, daß Ihr Wort haltet? – Herzchen – ich muß meinen Hals daran wagen. Gewiß kann ich ihn nicht für eine großmüthigere Freundin in Gefahr geben. Ich würde mich begnügen mit der Freude, Euch zu dienen, allein Benjamin wird von Tage zu Tage fauler und unsere Familie –«

»Genug davon!« unterbrach Margarethe. »Wir verstehen uns. Sagt mir jetzt, was Ihr von dieses Mannes Angelegenheiten wißt, das Euch so ungeneigt macht, Euch damit zu bemengen?«

»Bis jetzt kann ich noch wenig sagen,« antwortete die Barbiersfrau. Nur so viel weiß ich, die Mächtigsten unter seinen Landsleuten und die Mächtigsten hier am Hofe sind gegen ihn. Aber ich will schon noch mehr herausbringen; denn das müßte ein gar zu schlechter Druck sein, den ich für Euch nicht lesen würde, mein Schatz. Wißt Ihr, wo er wohnt?«

»Zufällig« – antwortete Margarethe, als ob sie sich schämte, sich Etwas der Art so genau gemerkt zu haben – »zufällig hab' ich erfahren, daß er – ich glaube, bei einem gewissen Christie wohnt – wenn ich nicht irre – an der Paulslände – bei einem Schiffskrämer.«

»Eine passende Wohnung für einen jungen Freiherrn! – Nun, Muth gefaßt, Jungfer Margarethe. Wenn er, gleich Manchem seiner Landsleute, als Raupe emporgekommen ist, wirft er vielleicht ein Mal die Haut ab, und wird ein schöner Schmetterling. Nun noch einen Abschiedstrunk auf eine gute Nacht und liebliche Träume. Binnen vierundzwanzig Stunden sollt Ihr Zeitung von mir haben, Ihr Perle der Perlen Margarethe heißt eigentlich Margarita und bedeutet Perle.

So sprechend küßte sie ihre widerstrebende Freundin oder Gönnerin auf die Wange, und entfernte sich mit dem leichten, verstohlenen Schritt einer Person, welche gewohnt ist, rasch und heimlich zu handeln.

Margarethe Ramsay sah ihr eine Zeitlang mit ängstlichem Schweigen nach. »Ich habe Unrecht gehabt,« sprach sie endlich, »mir dies von ihr auspressen zu lassen. Aber sie ist verschlagen, keck und dienstfertig und – ich hoffe, auch treu. Wenigstens wird sie ihrem eignen Vortheile Nichts vergeben, und dieser steht in meiner Hand. Dennoch wollt' ich, ich hätte geschwiegen. Ich habe ein hoffnungsloses Werk begonnen. Was hat er zu mir gesprochen, das mich befugte, mich mit seinen Schicksalen zu bemengen? Nichts als Worte ganz gewöhnlichen Inhalts, – Tischreden – stehende Redensarten. Doch wer weiß –«. Damit brach sie ab und warf einen Blick in den Spiegel. Dieser, der ein sehr schönes Gesicht zeigte, gab ihr vermuthlich einen günstigeren Schluß ihres Satzes in den Sinn, als sie ihrer Zunge anvertrauen wollte.

Anmerkung zum achten Kapitel.

Frau Anna Turner war halb Putzhändlerin, halb Gelegenheitsmacherin und geheime Geschäftsträgerin in den verschiedensten Angelegenheiten. Sie war betheiligt bei der Vergiftung des Ritters Thomas Overbury, für welche so viele untergeordnete Helfershelfer mit dem Leben büßen mußten, während der Graf von Somerset sich und seine Gemahlin durch die Drohung rettete, er würde ein den König nahe angehendes Geheimniß veröffentlichen. Frau Turner führte die französische Mode ein, Kragen und Handkrausen gelb zu stärken, und in so gestärktem Zeuge erschien sie auf Lord Coke's Befehl auf dem Richtplatze. Sie war die Wittwe eines Arztes und war früher ausgezeichnet schön gewesen, wie aus ihrer Beschreibung in dem Gedichte »Overbury's Vision« erhellt. Bei der Verhandlung wurden eine Menge theils nackter, theils angekleideter Puppen vorgelegt, welche sie als Modebilder gebraucht hatte. »Bei dieser Gelegenheit ließ sich zum großen Schrecken der in der Gerichtssitzung anwesenden Zuschauer, welche diese Puppen für Zaubermittel hielten, ein Krachen auf der Gallerie vernehmen, welches große Verwirrung im Saale verbreitete, da es dem Teufel zugeschrieben wurde, als welcher zornig sei, daß seine Arbeit vor Solchen gezeigt würde, die nicht seine Jünger wären.« – Geschichte der vierzehn ersten Regierungsjahre Jakobs I. 1651. Vergl. Heylin's Aulicus Coquinarius. Beide Werke finden sich in der Geheimen Geschichte König Jakobs.



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