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Drittes Kapitel.

Ertheilt nicht jeder Zeit Geschichte
Von Wahrsagungen uns Berichte,
Wie jegliche Begebenheit
Von Astrologen ward prophezeit,
Von Chaldäern, kundig ihres Fachs,
Und solchen, die schrieben Almanachs?

Hudibras.

Die Umstände der Dame vom Hause wurden Mannering erklärt, erstlich als eine Entschuldigung dafür, daß sie nicht erschien den Gast zu bewillkommnen, so wie für die Mängel an seiner Bewirthung, welche ihre Aufmerksamkeit sonst verbessert haben würde, und sodann auch als Rechtfertigung des Umstandes, daß man ihm eine Flasche guten Weins mehr aufnöthigte.

»Ich kann nicht wohl schlafen,« sagte der Laird mit dem besorglichen Ausdrucke eines Vaters unter solchen Verhältnissen, »bis ich höre, daß Alles vorbei ist – und wenn Sie, Sir, nicht allzuschläfrig sind und mir und dem geistlichen Herrn die Ehre erweisen wollen, mit uns aufzubleiben, so denk' ich, wir werden Sie nicht allzulange aufhalten. Luckie Howatson ist sehr flink; – da war 'ne Dirne einmal in solchen Umständen – sie lebte hier in der Nähe – Sie brauchen nicht mit dem Kopfe zu schütteln und zu seufzen, Dominie – 's ist gewiß, sie hat die Kirchgebühren bezahlt, wie sich's gehört, und was kann ein Mensch mehr verlangen? – sie ist seitdem doch unter die Haube gekommen, und der Mann, der sie heirathete, kümmerte sich nicht im Geringsten um das vorige kleine Mißgeschick. – Sie leben an der Seeküste, Mr. Mannering, bei Annan, und ein anständigeres, ordentlicheres Paar kann man nicht wünschen, und dabei haben sie sechs Jungen, so munter und frisch wie die Fische im Wasser; und der kleine artige Gottfried, (das ist der älteste, der so zu sagen wider Willen angekommen), der ist am Bord eines Zollschiffes – ich habe selbst einen Vetter am Bord eines Zollschiffs – das ist der Commissär Bertram; er erwarb seine Commissärstelle in dem großen Streit um die Grafschaft, wovon Sie gehört haben müssen, denn die Sache kam vor's Haus der Gemeinen, – – nun sollte ich da für den Laird von Balruddery gestimmt haben; doch mein Vater, müssen Sie wissen, hing dem König Jacob an, er zog mit Kenmore aus, und so legte er den Eid nie ab; ich weiß nicht recht zu sagen, wie es kam, aber sie ließen mich von der Liste, wiewohl mein Geschäftsträger eingetragen ward, – doch, um zurückzukommen auf das, was ich von der Dirne sagte, Luckie Howatson ist so gewandt« – –

Hier ward die unzusammenhängende und weitschweifige Rede des Lairds durch eine Stimme unterbrochen, welche sich auf der Treppe von der Speisekammer herauf näherte, und laut sang. Die hohen Töne waren zu gellend für einen Mann, die tiefen schienen dagegen viel zu tief für ein Weib. Die Worte, so weit sie Mannering unterscheiden konnte, lauteten etwa so:

»Gut ist, was da kommt, zuletzt;
Ob die Frau genesen jetzt?
Ob es Knab', ob Mägdlein sei,
Sprechen wir's Gebet dabei.«

»'s ist Meg Merrilies, die Zigeunerin, so wahr ich ein armer Sünder!« sagte Mr. Bertram. Simson seufzte tief, schlug die gekreuzten Beine auseinander, zog seinen krummen, erst ausgestreckten Fuß ein und brachte ihn in perpendiculäre Lage, während er nun das andre Bein darüber legte, und blies absatzweise dicke Tabackswolken von sich. »Was gibt's zu stöhnen, Dominie? Ich glaube sicher, Meg's Gesang bedeutet nichts Uebles.«

»Auch nichts Gutes,« antwortete Dominie Simson, mit einer Stimme, deren monotone Rauheit der Unbeholfenheit seiner Figur entsprach. Es waren die ersten Worte, die Mannering von ihm hörte; und da er mit einiger Neugier darauf gewartet hatte, daß dies essende, trinkende, sich bewegende und rauchende Automat auch Worte von sich geben möchte, so ergötzte er sich höchlich an den rauhen, hölzernen Tönen, die er ausstieß. Aber in diesem Augenblick öffnete sich die Thür und Meg Merrilies trat ein.

Mannering ward von ihrem Anblick überrascht. Sie war volle sechs Fuß hoch, trug einen Mannsrock über ihrer übrigen Kleidung, hatte einen Schleedornknittel in der Hand und schien nach all ihren Kleidungsstücken, mit Ausnahme der Unterröcke, eher ein männliches, als ein weibliches Wesen. Ihre dunkeln Locken starrten gleich den Schlangen des Gorgonenhaupts unter einer altmodischen Mütze, Fallhut genannt, hervor, und erhöhten den sonderbaren Ausdruck ihrer harten verwitterten Züge, die sie zum Theil bedeckten, während das wilde Rollen ihres Auges wirklichen oder erkünstelten Wahnsinn anzeigte.

»Ei, Ellangowan,« sagte sie, »war das auch recht, daß Ihr die Dame zu Bett brachtet, während ich auf dem Jahrmarkt zu Drumshourloch war, und kein Wort davon wußte oder träumte? Wer sollte die Kobolde abhalten, sagt mir? Ja, und die Alpe und Druden von dem hübschen Jungen, er sei gesegnet, abwehren? Ja, und wer sollte St. Colme's Spruch für das Kind beten?« Und ohne eine Antwort abzuwarten, begann sie zu singen:

»Klee, Johanniskraut und Dill
Hindern, was die Hexe will;
Jedem Heil, der fasten mag
Streng auf St. Andreastag.

Heilge Mutter und Kind,
St. Colme und die Katz,
St. Michael und sein Speer dazu
Halten das Haus vor'm Teufel in Ruh.«

Diesen Spruch sang sie nach einer wilden Weise mit hoher und gellender Stimme, und nachdem sie drei Sprünge mit solcher Kraft und Behendigkeit gethan hatte, daß sie dabei fast die Decke des Zimmers berührte, sagte sie: »Und nun, Laird, werdet Ihr mir wohl ein Glas Branntwein bringen lassen?«

»Das sollst du haben, Meg – setz' dich dort an die Thür, und erzähl' uns, was du Neues auf dem Jahrmarkt zu Drumshourloch gehört hast.«

»Wirklich, Laird, Ihr und Eures gleichen sollte da gewesen sein; denn hübschere Dirnen gab's da die Menge, aber Niemand, der ihnen Handgeld geben mochte.«

»Wohl, Meg, und wie viel Zigeunerinnen sind gefangen gesetzt worden?«

»Nur drei, Laird, denn mehr waren nicht beim Jahrmarkt, außer mir; aber ich gab bei Zeiten Fersengeld, denn mit dem Gerichtsvolk ist nicht gut auskommen. Nun hat auch Dunbog den Red Rotten und John Young aus seinem Gebiete gewiesen – die Pest über ihn! er ist kein Edelmann, kein Tropfen edles Blut in ihm; was schadet's ihm, wenn zwei arme Menschen Obdach in seinem weiten Hause haben oder ein Stück Holz nehmen, um ihr armes Rebhuhn dabei zu kochen? Doch, sei es immerhin so – wir werden's erleben, daß ihm einmal früh vor Tagesanbruch der rothe Hahn um's Dach fliegt.«

»Still, Meg, still! still! das sind verfängliche Reden!«

»Was meint sie damit?« sagte Mannering in leisem Tone zu Simson.

»Feuer anlegen,« antwortete der lakonische Gelehrte.

»Wer oder was ist sie, ich bitte Sie?«

»Hure, Diebin, Hexe, Zigeunerin,« antwortete Simson auf gleiche Weise.

»Fürwahr, Laird,« fuhr Meg während dieser Zwischenrede fort, »nur solchen, wir Ihr seid, kann man sein Herz öffnen; Ihr seid ein ächter Edelmann, wie Eure Familie edel war, von vielen hundert Jahren her; aber Ihr jagt auch nicht armes Volk aus eurem Gebiet, und durch die unsern kommt Euch auch nichts abhanden, und hättet Ihr so viel Kapaunen auf dem Hof, als Blätter am Baum. – Und nun mag Jemand von Euch seine Uhr zur Hand nehmen und mir genau die Minute der Stunde angeben, wann der Junker geboren wird, damit ich sein Schicksal sage.«

»Ei, Meg, diesmal werden wir Eures Beistandes nicht bedürfen, denn hier ist ein Student aus Oxford, der versteht es besser als ihr, wie man das Schicksal verkündigt – er liest es aus den Sternen.«

»Allerdings, Sir,« sagte Mannering, der in die gutmüthige Laune seines Wirths einging. »Ich werde seine Nativität stellen nach den Regeln der Triplicität, wie es von Pythagoras, Hippokrates, Diocles und Avicenna empfohlen wird. Oder ich will ab hora questionis beginnen, wie es Haly, Messahala, Ganwehis und Guido Bonatus empfehlen.«

Unter die Eigenschaften Simsons, welche ihn der Gunst des Mr. Bertram vorzüglich empfahlen, gehörte die, daß er auch nie den plumpsten Versuch, ihn zu necken, merkte, so daß der Laird, dessen bescheidne Anstrengungen, spaßhaft zu sein, sich hauptsächlich auf dasjenige beschränkten, was damals Fopperei hieß, jetzt aber Mystifikation genannt wird, den bestmöglichsten Gegenstand des Witzes an dem arglosen Kandidaten hatte. In der That, nie lachte er, oder stimmte in das Gelächter ein, welches seine eigne Einfalt erregte – ja, man sagt, er habe nur ein einzigesmal in seinem ganzen Leben gelacht, und bei dieser denkwürdigen Gelegenheit kam seine Wirthin zur Unzeit nieder, theils vor Erstaunen über das Ereigniß an sich, und theils aus Schreck über die häßlichen Grimassen, welche dies ungewöhnliche Gelächter begleiteten. Die einzige Wirkung, welche die Entdeckung solcher Neckereien auf seine ernste Persönlichkeit hervorbrachten, war ein nothgedrungener Ausruf, wie: »wunderbar!« oder: »sehr witzig!« den er stets langsam aussprach, ohne daß sich ein Muskel seines Gesichts dabei bewegte.

Bei gegenwärtiger Gelegenheit heftete er sein Auge starr und geisterhaft auf den jungen Astrologen und schien noch in Zweifel, ob er dessen Antwort richtig verstanden habe.

»Ich fürchte, mein Herr,« sagte Mannering, sich an ihn wendend, »Ihr seid eine von jenen unglücklichen Personen, welche, da ihr Auge zu trübe ist, um die Sternsphären zu durchdringen und darin die Beschlüsse des Himmels aus der Ferne zu erkennen, ihr Herz aus Vorurtheil und Irrthum jeder Ueberzeugung verschlossen haben.«

»Allerdings,« sagte Simson, »bin ich mit Sir Isaak Newton, weiland Münzmeister seiner Majestät, der Meinung, daß die (vorgebliche) Wissenschaft der Astrologie in jeder Hinsicht eitel, frivol und unbefriedigend ist.« Und hier schwieg das Orakel seines Kinnbackens.

»Wirklich,« fuhr der Reisende fort, »ich bin bekümmert, einen so gelehrten und würdigen Herrn von solcher Verblendung und Täuschung befangen zu sehn. Wollen Sie den kurzen, modernen und, so zu sagen, allgewöhnlichen Namen Isaak Newton, den so gewichtigen und klanghaften Autoritäten eines Dariot, Bonatus, Ptolemäus, Haly, Etzler, Dieterich, Naibob, Harfurt, Zael, Tannstetter, Agrippa, Duretus, Maginus, Origen und Argol gegenüberstellen? Vereinigen sich nicht Christen und Heiden, Türken und Juden, Dichter und Philosophen, um den Einfluß der Gestirne anzuerkennen?«

» Communis error – es ist ein allgemeiner Irrthum,« antwortete der unbeugsame Dominie Simson.

»Nicht doch,« erwiderte der junge Engländer; »es ist ein allgemeiner und wohlbegründeter Glaube.«

»Es ist ein Mittel für Betrüger, Schelme und Gauner,« sagte Simson.

» Abusus non tollit usum. Der Mißbrauch einer Sache thut der rechtmäßigen Anwendung derselben keinen Eintrag.«

Während dieses Gesprächs glich Ellangowan ungefähr einer Schnepfe, die sich in ihrer eigenen Schlinge gefangen hat. Er wandte sein Gesicht abwechselnd von einem der Sprecher zum andern, und aus dem Ernste, womit Mannering seinen Gegner bekämpfte, so wie aus der Gelehrsamkeit, womit er den Streit führte, begann er fast zu glauben, daß es ernstlich damit gemeint sei. Was Meg betrifft, so heftete sie ihren wilden Blick auf den Astrologen, indem sie durch einen Wortschwall, der noch mysteriöser klang als ihr eigener, überwältigt ward.

Mannering verfolgte seinen Vortheil und durchlief alle schwierigen Kunstausdrücke, die ihm sein treues Gedächtniß nur immer eingab und mit welchen er, durch Umstände, die wir später erwähnen wollen, schon seit früher Jugend vertraut gewesen war.

Zeichen und Planeten, im gesechsten, gevierten oder gedritten Schein, verbunden, oder entgegengesetzt; himmlische Häuser mit ihren Hörnern, Stunden und Minuten; Almuten, Almochoden, Anahibazon, Katahibazon; tausend Ausdrücke, von gleichem Klang und gleicher Bedeutung, strömten haufenweise auf den unempfindlichen Gelehrten, dessen verstockte Ungläubigkeit ihn aus dem Bereiche dieses erbarmenlosen Sturms in Sicherheit brachte.

Endlich unterbrach dies Gespräch die freudige Nachricht, daß die Dame des Hauses ihren Gemahl mit einem schönen Knaben beschenkt habe und sich selber (versteht sich!) so wohl befinde, als die Umstände erwarten ließen. Mr. Bertram eilte zum Zimmer seiner Gemahlin, Meg Merrilies stieg zur Küche hinab um sich ihren Antheil an dem Bier und dem großen Käse zu sichern, welche beide nach alter Sitte in vorzüglicher Qualität für solche Gelegenheit bereit gehalten und genossen wurden; und Mannering, welcher nach seiner Uhr sah und mit großer Genauigkeit Stunde und Minute der Geburt anmerkte, bat mit geziemender Gravität den gelehrten Simson, ihn an einen Ort zu bringen, wo er eine freie Aussicht nach den Himmelskörpern haben könne.

Der Schulmeister erhob sich ohne weitere Antwort und öffnete eine, halb aus Glasfenstern bestehende Thür, welche nach einem altmodischen Terrassengang führte, der sich hinter dem neuen Hause befand und mit der Erhöhung, auf welcher die Ruinen des alten Schlosses lagen, in Verbindung stand. Der Wind hatte sich erhoben und die Wolken verscheucht, welche ihn zuvor verdunkelt hatten. Der Vollmond stand hoch und all die kleinern Lichter des Himmels strahlten in unumwölktem Glanze. Ihr Licht machte für Mannering eine Scene sichtbar, von deren Anblick er im höchsten Grade überrascht war.

Wir bemerkten, daß sich unser Wandrer während des letzten Theils seiner Reise der Seeküste näherte, ohne genau zu wissen, wie weit er noch davon entfernt sei. Jetzt entdeckte er, daß die Ruinen von Ellangowan auf einem Vorgebirge gelegen waren, oder vielmehr auf einem Felsenvorsprung, welcher die eine Seite einer kleinen, ruhigen Bucht am Strande bildete. Die neue Wohnung lag tiefer, obwohl sie sich dicht an die alte anschloß, und der Grund hinter derselben senkte sich seewärts, durch einen sanft erhabenen grünen Abhang, der sich durch natürliche Terrassen in kleine Ebenen abtheilte, auf welchen einige alte Bäume standen, bis er sich in dem weißen Meersande verlor. Die andere Seite der Bucht, welche dem alten Schloß gegenüber lag, war ein abhängiges, manchfach gestaltetes Vorgebirge, meist mit Buschholz bedeckt, welches an dieser gesegneten Küste fast bis an die Wasserzeichen wuchs. Eine Fischerhütte guckte zwischen den Bäumen hervor. Selbst zu dieser stillen Nachtstunde bewegten sich Lichter am Strande, wahrscheinlich wegen der Ausladung eines Schmugglers von der Insel Man, welcher in dieser Bucht vor Anker lag. Als das Licht hinter der Glasthür des Hauses von dort bemerkt ward, rief man vom Schiffe aus denen am Strande laut zu: »Vorgesehen! Lichter weg!« worauf die Lichter alsbald verschwanden.

Es war eine Stunde nach Mitternacht, und die Aussicht ringsum höchst anmuthig. Die alten grauen Thürme der Ruine, theils noch ganz, theils zertrümmert, hier die von der Zeit verwitterten Steine zeigend, dort theilweis mit Epheu überwachsen, streckten sich auf dem düstern Felsen empor, welcher sich, von Mannerings Standpunkt aus, zur Rechten erhob. Vor ihm lag die ruhige Bucht, deren mäßige Wellen, im Mondstrahl flimmernd und funkelnd, über ihre Oberfläche dahinrollten, bis sie sich an dem silbernen Sandgestade mit sanftem, murmelndem Schlage brachen. Zur Linken trat die Waldung nahe zum Meere, in dem sie im Mondlicht auf dem wellenförmigen und vielgestaltigen Boden wogte, und jene Manchfaltigkeit von Licht und Schatten, so wie die anziehende Abwechselung von Dickicht und offenen Waldstellen zeigte, worauf das Auge so gern ruht, bezaubert von dem, was es sieht, und doch auch begierig, noch tiefer in die Labyrinthe der waldigen Scenerie einzudringen. Droben rollten die Planeten, jeder durch seinen eigenthümlichen klaren Lichtkreis von den untergeordneten oder fernern Sternen unterschieden. So seltsam vermag ein Phantasiegebild selbst diejenigen zu täuschen, deren Willkür es erst hervorrief, daß Mannering, während er auf jene glänzenden Lichtkörper schaute, fast geneigt war, an den Einfluß zu glauben, den ihnen der Aberglaube über menschliche Schicksale einräumte. Aber Mannering war ein jugendlich Liebender und stand vielleicht unter dem Einflusse von Empfindungen, welche ein neuerer Dichter so herrlich ausspricht:

Die heitre Welt der Wunder ist's allein,
Die dem entzückten Herzen Antwort gibt,
Die ihre ew'gen Räume mir eröffnet,
Mir tausend Zweige reich entgegenstreckt,
Worauf der trunkne Geist sich selig wiegt.
Die Fabel ist der Liebe Heimatwelt:
Gern wohnt sie unter Feen, Talismanen,
Glaubt gern an Götter, weil sie göttlich ist.
Die alten Fabelwesen sind nicht mehr,
Das reizende Geschlecht ist ausgewandert;
Doch eine Sprache braucht das Herz, es bringt
Der alte Trieb die alten Namen wieder,
Und an dem Sternenhimmel gehn sie jetzt,
Die sonst im Leben freundlich mitgewandelt:
Dort winken sie dem Liebenden herab,
Und jedes Große bringt uns Jupiter
Noch diesen Tag, und Venus jedes Schöne.

Solche Träumereien wichen bald andern. »Ach!« sagte er leise, »mein guter alter Vormund, der so tief in die Streitigkeit zwischen Heydon und Chambers über Astrologie einzugehen pflegte, er würde diese Scene mit andern Augen betrachtet haben; er würde sich ernstlich bemüht haben, aus der gegenseitigen Stellung dieser Lichtkörper ihren wahrscheinlichen Einfluß auf das Schicksal des neugeborenen Kindes zu entdecken, als ob der Lauf oder die Lichtemanationen der Gestirne die göttlichen Rathschlüsse vereiteln könnten, oder ihnen wenigstens gleich ständen. Nun, Friede sei mit ihm! Er brachte mir genug von der Wissenschaft bei, um ein Schema der Nativität zu Stande zu bringen, und daher will ich sogleich an's Werk gehen.« So sagend, und nachdem er den Stand der Planeten aufgezeichnet hatte, kehrte Guy Mannering nach dem Hause zurück. Der Laird begegnete ihm im Wohnzimmer, und indem er ihm sehr freudig die Nachricht gab, daß der Knabe ein hübsches, gesundes kleines Bürschchen sei, schien er ganz in der Stimmung, ihm noch fernere Beweise der Gastfreundschaft aufzunöthigen. Indeß gab er Mannerings Klage über Müdigkeit Gehör und überließ ihn, nachdem er ihn zu seinem Schlafgemach geleitet, für diesen Abend der Ruhe.



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