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Viertes Kapitel

Großherzog Murat

Es waren zwei Tage verflossen, und wieder war es um die Nachmittagsstunde, wie das erste Mal, als wir das Gartenzimmer des Rheider Hammers betraten. Von den Schmiedegebäuden her tönte das tosende Rauschen des Wassers, das Klopfen und Hämmern und all der Lärm, der mit einer solchen Werkstatt voll angespannter Tätigkeit verbunden ist. Im Wohnzimmer Ritterhausens dagegen herrschte tiefe Ruhe; der Hammerbesitzer lag zwar mit umwundenen Füßen in seinem Sessel wie gewöhnlich; er hatte jedoch einen guten schmerzensfreien Tag. Sibylle saß ihm auch heute gegenüber; ihre großen Bücher lagen auf dem Tische, aber sie hatte sie nicht aufgeschlagen, sie stützte den Arm darauf und auf den Arm ihr schönes Haupt und blickte mit ihren großen Augen träumerisch durch die offene Gartentür in die sonnige Landschaft hinein.

»Worüber sinnst du so lange in dich versunken nach, Sibylle?« sagte Ritterhausen endlich gähnend, da ihm die Stille lästig zu werden anfing.

»Ich sinne darüber nach,« antwortete sie, »ob es eine prophetische Anlage im Menschen geben könne, eine Sehergabe.«

»Und wie kommst du darauf?«

»Durch eine zufällige Veranlassung, Ich bin neulich dem Spielberend begegnet und der wunderliche, unheimliche Mensch hat mir allerlei Dinge gesagt, die –«

»Die du so töricht bist, zu glauben?«

»Das nicht,« fiel Sibylle ein; »aber jedermann im Lande weiß, daß der Spielmann Ereignisse vorhergesagt hat, welche mit allen Umständen genau so eingetroffen sind. Dies ist eine Tatsache. Aber wenn in einem Menschen eine solche Sehergabe lebt, so muß sie doch, mehr oder minder verhüllt, in allen leben; denn ich kann mir nicht denken, daß in einem Menschen ein Seelenvermögen läge, was nicht auch, wenigstens im Keime, in jedem andern verborgen liegt. Wir sind doch alle nach einem und demselben Vorbild geschaffen.«

»Meinst du? Ich danke meinerseits für diese Voraussetzung,« sagte der Hammerbesitzer. »Wenn du beobachtest, was den meisten Menschen gefällt, was sie schön oder was sie ein Vergnügen nennen, so merkst du bald, daß du nicht mit ihnen aus demselben Stoffe geknetet bist.«

»Darüber mag man denken, wie man will,« versetzte Sibylle, »es bleibt doch das wahr, daß die menschliche Seele ein gleichartiges Wesen ist, sie mag nun im Körper eines Weibes oder Mannes, eines Bauern oder eines Künstlers stecken. Wenn nun in dem Bauern eine Eigenschaft wie die Prophetie hervortritt, weshalb sollte sie dann nicht auch in der Seele des Künstlers, des Gelehrten liegen, weshalb sich nicht in ihm entwickeln, auferziehen lassen?«

»Möchtest du aus dir eine Vorgeschichtenseherin entwickeln? Oder ist dies ein leiser Vorwurf, daß ich dich nicht dazu auferzogen habe?« fragte Ritterhausen lächelnd.

»Nein; obgleich in alten Zeiten, wie ich neulich gelesen habe, es hier im Lande der Frauen Handwerk gewesen ist, wahrzusagen. Ein alter römischer Schriftsteller erzählt es, und es geht daraus hervor, daß das Vorgeschichtensehen eine uralte Sache bei uns ist. Aber ich möchte wenigstens so viel prophetische Ahnungsgabe besitzen, daß ich die Winke des Schicksals verstände, wenn das Schicksal mir Winke gibt.«

»Und glaubst du, daß das Schicksal von Zeit zu Zeit die Gefälligkeit hat, dir einen Wink zu geben?«

»Das ist es eben: wenn ich klage, daß ich diese Winke nicht verstehe, so heißt das mit andern Worten, ich weiß nicht, ob das Schicksal mir einen Wink gibt.«

Ritterhausen zuckte die Achseln.

»Was ich meine,« fuhr Sibylle fort, »kann ich nur durch ein Beispiel klar machen. Man sucht etwas zu erreichen, man hat sich ein bestimmtes Ziel gesetzt, zu dem man gelangen will. Nun stößt man auf Hindernisse. Man überwältigt sie; aber kaum sind sie besiegt, so erheben sich neue; und sind auch diese aus dem Wege geräumt, so treten abermals andere zwischen uns und unsern Wunsch. Liegt nun darin ein Wink des Schicksals? Will uns eine gütige Macht ablenken von der Verfolgung unsers Plans ? Sagt sie uns: lasse ab von deinem Beginnen, denn es führt nicht zu deinem Heile, sondern zu deinem Unglück? Oder sollen wir uns sagen: alle diese Hemmnisse sind ebensoviele Prüfsteine deiner Charakterkraft, deiner Energie? Ueberwältige sie und desto stolzer wirst du auf dich sein können, wenn du zu Ende geführt hast, was du begonnen!«

»Das sind Grillen für einen Frauenkopf,« antwortete Ritterhausen. »In einem Manne, das heißt einem rechten Manne, können sie nicht aufsteigen. Ein Mann übernimmt nicht eher etwas, als bis er wohlüberlegt hat, bis er klar darüber ist, erstens ob die Sache ihm wirklich nützt, und zweitens, ob sie erreichbar ist. Was ihm alsdann in den Weg tritt, das sucht er zu besiegen ohne nach Winken des Schicksals zu fragen, an die ich nicht glaube. Ich glaube nur an ein blindes Fatum, genannt Glück und Unglück. Was aber das Schicksal, unser Menschenschicksal angeht, so habe ich mir in meinem Marterstuhl hier darüber den folgenden Spruch gemacht:

Sei ein Roß, das blind in der Mühle sich dreht.
Sei ein Hund, ins Tretrad gespannt!
So lautet der Spruch, der geschrieben steht
Für uns all von des Schicksals Hand;
Und hast du geplagt voll Angst und Not
Dich lange Jahr' ohne Ruh',
Dann schnürt dir zum Lohne der grimme Tod
Hohnlachend die Gurgel zu! –«

»Das ist gotteslästerlich, Vater!« sagte Sibylle vorwurfsvoll.

Ritterhausen zuckte abermals die Achseln und blickte zum Fenster hinaus.

Auch Sibylle schwieg und träumte stumm weiter. Sie wußte ja, daß sie mit ihrem Vater, den sein Leiden zum Menschenfeind und zum Skeptiker gemacht hatte, sich über Fragen wie die angeregte nicht verständigen würde. Und darum verschloß sie ihre Gedanken vor ihm, wie sie so vieles andere still in ihrer Brust verschloß. Aber doch hatte etwas wie eine Ermutigung für sie in den Worten ihres Vaters gelegen. In dem nämlich, was er gesagt über die männliche Weise, ein Ziel zu verfolgen. Auch sie verfolgte trotz aller Hemmnisse auf solche männliche Weise ein Ziel, einen bestimmten Zweck – und wenn ihr Mut, ihre Zuversicht auf einen endlichen Sieg auch oft sinken, wenn ihr Herz auch in dunkeln Stunden hoffnungslos verzagen wollte – sie ermannte sich immer wieder und rief sich zu, wie sie es in diesem Augenblick tat: beharrlich und treu!

»Du hast schärfere Augen, Sibylle,« sagte nach einer langen Pause der Hammerbesitzer, »blicke doch einmal nach der Rheider Burg hinauf!«

»Und was soll ich da sehen?« fragte Sibylle sich erhebend und hinter den Stuhl ihres Vaters tretend, von wo aus man den freisten Blick auf den hochragenden Edelsitz hatte.

»Es scheint mir da oben ein ungewöhnliches Leben zu herrschen,« versetzte Ritterhausen.

Sibylle schaute eine Weile hin, ihre Hand über die Augen haltend, weil das Sonnenlicht sie blendete. Dann sagte sie: »Es ist wahr, man wirft Fenster auf und es bewegen sich einzelne Gestalten im Innern an den Fenstern vorüber.«

»Was mag das zu bedeuten haben?«

»Gott weiß es,« antwortete sie in auffallender Unruhe, »ich will hinaufgehen, um näher nachzuforschen.«

»Das halte ich für ebenso überflüssig als auffallend, Sibylle,« bemerkte Ritterhausen.

Aber das junge Mädchen ließ sich nicht irremachen. Sie brachte die Bewegung da oben in der Rheider Burg mit ihrem Deserteur, dem sie aus Mitleid mit seiner Lage dort ein Versteck gezeigt hatte, in Verbindung, und die Unruhe trieb sie, sich selbst von dem, was vorgehe, zu überzeugen.

Darum nahm sie Hut und Umschlagetuch und verließ das Gartenzimmer, um auf ihrem gewöhnlichen Wege, durch den Garten und über den Steg, der den Fluß überbrückte, hinaufzugehen. Es konnte ja auch niemand befremden, wenn sie heute ein wenig früher als an andern Tagen ihren Spaziergang zur Burg hinauf machte.

Ritterhausen blieb allein, seinen Gedanken überlassen, einer Gesellschaft, welche er viel zu oft und zu lange genossen hatte, als daß sie ihm sehr unterhaltend gewesen wäre. In seinem Egoismus fesselte er deshalb auch seine Tochter, seinen einzigen Umgang, fortwährend an sein Krankenzimmer und erlaubte ihr willig nur dann ihn zu verlassen, wenn die Leitung des Geschäftes, das er ihr ganz übertragen hatte, sie gebieterisch abrief. Sie war jetzt schon seit Jahren nicht für einen einzigen Tag abwesend gewesen von dem väterlichen Hause. Und statt daß Ritterhausen sich gesagt hätte, diese Einsamkeit und dieser Mangel an Zerstreuungen gebe ihrem Geiste ganz natürlich eine schwermütige und dem Leben sich abwendende Richtung, zog er es vor, seinen Egoismus zu beschönigen, indem er sich umgekehrt vorsagte, da ihr Gemüt eine ernste und schwermütige Richtung besitze, so entbehre sie die Zerstreuungen und die Genüsse nicht, welche die Geselligkeit und der Aufenthalt in einer Stadt, im Mittelpunkt bewegter Verhältnisse darbieten.

So viel ist gewiß, Sibylle verlangte nicht nach ihnen. Es kam ihr nie in den Sinn, daran zu denken, ihre Existenz sei ein Opfer, welches sie der kindlichen Liebe bringe. Vielleicht war das auch nicht ganz der Fall. Vielleicht brachte sie dies Opfer eigentlich einem ganz andern sie beherrschenden Gedanken. Genug, sie schien völlig zufrieden mit dieser Existenz, welche sie mit unnachlassender Beharrlichkeit der Pflege ihres Vaters und der sachkundigsten Verwaltung des Hammers widmete. Bei dieser Verwaltung zeigte sie eine bewundernswürdige Umsicht. Allerdings ist diese Art industrieller Betriebsamkeit durch ihre Einfachheit mehr als jede andere geeignet, von einer Frau geleitet zu werden. Fleiß, Ordnung und die regelrechte Ausbeutung gewisser auf den einzelnen Werken geheimgehaltener, gewöhnlich ererbter Kunstgriffe, Manipulationen und Verfahrungsweisen reichten damals noch aus, den Betrieb gewinnbringend zu machen. Sibyllens Ueberwachung erzielte dieses Ergebnis in auffallendem Maße, ja so sehr, daß Ritterhausen auch da willig ihren Anordnungen freien Lauf ließ, wo er selbst anderer Ansicht war.

Sie hat einmal Glück, sagte er sich, und sie versteht Geld zu machen wie ein Wucherer!

Er wollte jetzt eben ein auf der Fensterbank neben ihm liegendes Buch zur Hand nehmen, um damit die Zeit zu töten, als er aufschauend, zu seiner Ueberraschung gewahrte, daß Sibylle, raschen Schrittes zurückkehrend, durch den Garten daherkam, und zwar nicht allein, sondern gefolgt von einem Manne in grüner, auf allen Nähten mit breiten goldenen Tressen bedeckter Jägerlivree.

»Was ist das?« sagte Ritterhausen sich aufrichtend, »ein herrschaftlicher Jäger, der gerade aussieht, als gehöre er unserm französischen Landesherrn, so glänzend ist er ausstaffiert!«

»Seltsame Neuigkeiten, Vater,« rief Sibylle in diesem Augenblick, die Treppe aus dem Garten hinaufeilend und ziemlich außer Atem in das Zimmer tretend. »Denken Sie sich, die Burg hat einen neuen Herrn, einen französischen Grafen, und der ist oben im Schlosse mit dem Großherzog selber und einer ganzen Suite Herren vom Hofe ...«

»In der Tat?« rief Ritterhausen aus, »Nun, ins Teufels Namen! Ich sehe nicht ein, weshalb du so aufgeregt darüber bist!«

»Ich bin es deshalb, weil dieser Mann hier uns anzukündigen kommt, daß wir den Besuch der Herren zu gewärtigen haben. Da sie die Burg oben ganz leer gefunden haben und der alte Claus außerstande ist, ihnen Erfrischungen zu bieten, so wollen sie sich herablassen, den Hammer mit ihrer Gegenwart zu beehren und seine Gastlichkeit in Anspruch zu nehmen.«

Ritterhausen machte große Augen.

»Welche Ehre,« sagte er mit einem Lächeln, das doch etwas von geschmeichelter Eitelkeit verriet. »So mußt du eben alles aufbieten, was Küche und Keller vermögen, um die Herrschaften anständig aufzunehmen.«

»Ich denke, sie werden mir so viel Zeit lassen, um für etwas zu sorgen! Hätten sie sich doch früher angemeldet!«

»Eins bitte ich mir aber aus, mein Kind,« fuhr Ritterhausen fort. »Fange damit an, daß du deine Toilette machst, damit du jedenfalls zur Hand bist, wenn sie kommen. Ich kann sie nicht empfangen, und du darfst nicht fehlen, ihnen die Honneurs zu machen.«

»So werde ich mich also wohl ankleiden und zugleich in Küche und Keller umherziehen müssen: denn anders wird es nicht gehen,« versetzte Sibylle.

Das junge Mädchen verschwand jetzt durch eine Seitentür; der Jäger, der bisher in der offenen Gartentür stehen geblieben war, wollte ihr folgen, als Ritterhausen ihm winkte.

»Setzen Sie sich, guter Freund,« sagte er, »Sie werden müde sein – verstehen Sie deutsch?«

Der Jäger verstand deutsch.

»So sagen Sie mir, wer ist denn der neue Herr da oben in der Rheider Burg?«

»Der Herr Graf von Epaville«

»Graf von Epaville – habe nicht die Ehre, das Geschlecht der Grafen von Epaville zu kennen. Woher ist der Mann?«

»Der Herr Graf sind in Belgien daheim.«

»Ein Belgier – so so; und im Dienst?«

»Oberst und Flügeladjutant bei Sr. großherzoglichen Hoheit.«

»Und wie kommt der Herr Oberst und Flügeladjutant zu der Rheider Burg, wenn man fragen darf?«

»Der Herr Oberst sind von der Spielpartie des gnädigsten Herrn.« antwortete lächelnd der Jäger.

»Von der Spielpartie? Das heißt doch nicht, daß er die ganze Burg mit allem Zubehör dem Großherzoge im Spiel abgewonnen hat?«

»Ich bin nicht dabei gewesen,« versetzte der Jäger, »aber in der Antichambre erzählte man sich's.«

»Alle Teufel!« fluchte Ritterhausen zwischen den Zähnen. »Nun werden wir in den nächsten Tagen im bergischen Moniteur lesen, daß die Domäne Rheider Burg als Nationalbelohnung für spezielle treue Dienste zur Dotation des Grafen von Epaville angewiesen sei! – Die Pest hole die Wirtschaft!«

Nachdem Ritterhausen eine Zeitlang seinen patriotischen Verdruß still verarbeitet hatte, hub er wieder an zu fragen: »Und was für eine Art Mensch ist dieser Herr Graf? Ist er alt oder jung, verheiratet oder nicht?«

»Er ist so ungefähr zwei- bis vierunddreißig Jahre alt und, soviel ich weiß, unverheiratet,« versetzte der Jäger. »Er hat früher in der Marine gedient und ist dadurch zuerst mit dem Herrn Großherzog, der Großadmiral von Frankreich ist, wie Sie wissen werden, in Verbindung gekommen.«

»Also ein Marineoffizier?«

»Eine Zeitlang wenigstens,« antwortete der Jäger; »zu uns ist er nicht als Marineoffizier gekommen. Es ist ein vornehmer Herr, ein Vetter oder Neffe des Herzogs von Anglure im Westfälischen drüben ...«

»Habe nicht die Ehre,« fiel Ritterhausen spöttisch ein ... »Und dieser Graf Epaville steht also wohl sehr hoch in Gnaden bei unserer Hoheit?«

»Er macht mit dem Grafen Beugnot und dem Grafen Nesselrode immer seine Spielpartie.«

»Nun, wir werden den Herrn ja zu sehen bekommen,« versetzte Ritterhausen und bewegte dann die kleine Schelle, welche neben ihm stand. Als ein Dienstmädchen erschien, dessen gerötetem Gesicht man ansah, wie sehr just eben ihre Tätigkeit in Anspruch genommen wurde, befahl er, dem grünen Herrn eine Flasche Wein in der Küche aufzutragen, und der Jäger entfernte sich.

Nach einer kurzen Zeit kam Sibylle zurück. Sie hatte ein Kleid von schwerer brauner Seide angezogen, und um sich die Minuten, welche eine neue Frisur gekostet hätte, zu sparen, hatte sie ein kleines Spitzenmützchen mit gelbem Bande aufgesetzt, was zu ihren ernsten Zügen außerordentlich gut stand. Sie ordnete nun das Gartenzimmer, beseitigte ihre großen Bücher, überdeckte den runden Tisch mit schneeweißem Damast und dann besetzte sie ihn mit Geschirren, welche damals freilich wenig von dem Werte hatten, den sie in unserer Schätzung heute einnehmen. Es waren Teller von ausgezeichneter Majolika oder japanischem Porzellan, prächtige, geschliffene Humpen und Silbergeräte von schönster Renaissanceform.

»Die Herrschaften,« sagte sie dabei zu ihrem Vater, der ihr ruhig zuschaute, »die Herrschaften werden meinen, sie kommen in einen Trödlerladen, wenn sie all das altfränkische Geschirr sehen. Aber ich kann es ihnen nicht besser vorsetzen.«

»Nun, es hat unserer schönen Kurfürstin Anna und dem guten Johann Wilhelm von dem alten Geschirr recht wohlgeschmeckt, wenn sie zu meines Großvaters Zeit am Rheider Hammer vorüberkamen und bei dem alten Herrn, der in sondern Gnaden bei ihnen stand, einen Imbiß nahmen – ich meine deshalb, unsere jetzige Landesherrschaft wird auch damit zufrieden sein können – sie hat auch nicht immer von Silber und Vermeil gespeist!«

Die Seitentür öffnete sich, und das Dienstmädchen und der Jäger erschienen, beladen mit Schüsseln, die gefüllt waren mit allerlei Gegenständen einer kalten Küche; der Jäger half ordnen, und so stand bald ein Imbiß auf dem Tische, dem man nicht ansah, wie sehr er improvisiert war. Sibylle gab der Magd die nötigen Anweisungen für die Herbeischaffung dessen, was der Keller an gutem Wein enthielt – es waren immer einige versiegelte Flaschen für außergewöhnliche Fälle in Herrn Ritterhausens Keller – und dann ging sie in den Garten hinab, um ein paar Blumensträuße für die Vasen, die auf dem Kaminsims standen, zu pflücken.

In dieser Beschäftigung wurde sie jedoch unterbrochen. Sie hatte geglaubt, daß die erwarteten Gäste von der Burg den längern Fahrweg herab zu Wagen kommen und vor dem Hause vorfahren würden. Statt dessen hatten die Herren sich den freilich viel kürzern Fußweg herunterführen lassen, auf welchem sie jetzt über den Steg in den Garten gekommen waren. Sibylle hörte plötzlich lebhafte Stimmen in französischer Sprache ganz dicht in ihrer Nähe, und ehe sie sich noch zurückziehen konnte, stand eine breite Männergestalt vor dem Eingang der dunkeln Laube, in welcher sie eben ihre Blumen auf einem alten Steintisch in zwei Buketts zu ordnen beschäftigt war.

Wer die breite Männergestalt war, darüber konnte Sibylle sich nicht täuschen. Sie hatte oft genug Porträts dieses Mannes, der jetzt ihr Landesherr war, gesehen. Joachim Murat, Marschall und Großadmiral von Frankreich, war seit einigen Monden souveräner Herzog von Berg.

Sibylle war erschrocken, einmal weil sie so überrascht wurde und dann über das merkwürdige Aussehen der Gestalt, welche vor ihr stand. Das Gesicht Murats streifte sehr nahe an Häßlichkeit. Die dunkeln Augen leuchteten zwar ebenso freundlich wohlwollend wie feurig das junge Mädchen an, aber das Antlitz mit der breiten platten Nase und dem seltsamen fahlen schwärzlichen Teint war weit entfernt, anziehend zu sein; und ganz seltsam war nun vollends der Anzug des Großherzogs. Dieser Anzug hatte einen durchaus militärischen Charakter, aber er stand nicht im geringsten in Übereinstimmung mit irgendeiner reglementmäßigen Uniform irgendeines französischen oder belgischen Korps. Murat trug einen dunkelblauen Rock von Samt, der mit schweren goldenen Schnüren besetzt war; dazu weiße Kaschmirbeinkleider mit breiten goldenen Streifen und feine ungarische Husarenstiefel von rotem Maroquin mit goldnen Sporen. Sein Haupt bedeckte eine rote viereckige Mütze, in der Form einer Ulanentschapka, an der eine kostbare Diamantagraffe glänzte, welche letztere den hohen Reiherbusch, der von zwei großen weißen Straußfedern umwogt war, festhielt.

»Wir kommen als ungeladene Gäste in Ihr Haus, Mademoiselle,« sagte Murat mit großer Freundlichkeit, aber in sehr gebrochenem Deutsch zu dem jungen Mädchen.

»Die Ehre ist also desto größer für uns,« versetzte Sibylle sich tief verbeugend.

»Aber auch die Last, die wir Ihnen verursachen!«

»Wenn Ew. Hoheit fürliebnehmen wollen mit dem, was ein bergisches Bürgerhaus zu bieten vermag, so ist das eine so große Gnade für uns ...«

Murat ließ sie nicht ausreden.

»Welche schönen Sträuße machen Sie da,« fuhr er fort, »wenn einer davon für mich bestimmt ist, so geben Sie ihn mir ... Sie sehen, ich brenne, ein solches Geschenk von Ihnen zu erhalten!«

Sibylle nahm eine weiße Rose aus der noch ungeordneten Blumenfülle vor ihr und überreichte sie dem Großherzog.

» Merci, mein Kind,« sagte er, »obwohl ich lieber gesehen, daß sich Ihr Cadeau in die Farben eines etwas lebhaftern Gefühls gekleidet hätte. – Ai-je bien dit cela?« wandte er sich lachend zu einem Herrn des Gefolges, der hinter ihm stand.

Merveilleusement bien, Altesse, versetzte dieser lächelnd.

»Aber,« fuhr Murat zu dem jungen Mädchen gewandt fort, »Sie bewahren so etwas sicherlich für Ihren neuen Nachbar auf, den ich Ihnen hiermit präsentiere – der Herr Graf Antoine von Epaville!«

Der hinter dem Großherzog stehende Herr verbeugte sich mit einer gewissen nachlässigen und hochmütigen Grazie. Es war ein kaum mehr junger Mann, von schlanken feinen Formen und edlen aristokratischen Zügen, über welchen aber die Abspannung und die Farblosigkeit lag, welche die Folge einer leidenschaftlichen Natur ist, die sich in Lebensgenüssen erschöpft hat. Er war in die Uniform des großherzoglichen Gardelancierregiments gekleidet, welches Murats Lieblingsschöpfung war – in jene auffallende weiße Uniform mit amarantfarbenen Aufschlägen und Rabatten und mit polnischen Tschapkas, eine Ausstattung, welche, als das Regiment später nach Spanien beordert wurde und vor Napoleon in Bayonne die Revue passierte, bei dem Kaiser sehr wenig Beifall errang. Er wandte nämlich dem Regiment den Rücken zu mit den Worten: Voilà la garde harlequine de Murat und befahl, sie sofort in grüne Chasseuruniformen zu stecken.

Der Graf Antoine von Epaville, der Flügeladjutant des Großherzogs und eben in seinen neuen Besitz eingeführte Herr der Rheider Burg, heftete seine dunkeln, von langen Wimpern beschatteten Augen in einer Weise auf Sibylle, welche dieser in hohem Grabe mißfiel, und indem sie das junge Mädchen verletzte, ihr damit auch ihre ganze Fassung wiedergab, die sie durch die plötzliche Erscheinung des Herzogs im ersten Augenblick verloren hatte. Der Graf Antoine bewunderte augenscheinlich ihre auffallende Schönheit, sie schien ihn zu überraschen, aber seine Blicke hatten dabei eine Sprache, welche Sibyllen das Blut in die Wangen trieb.

»Nun,« hob Murat wieder an, »werden Sie den neuen Nachbar nicht bewillkommnen, indem Sie ihm auch eine Rose, und zwar eine recht feurige, rote schenken?«

»Ich bitte,« sagte Sibylle ernst, ohne die Frage zu beantworten, »ich bitte Eure Hoheit ins Haus zu treten ...«

»Sie wollen ihm keine Blume schenken? Aber das ist nicht freundlich von Ihnen, liebes Kind, für einen fremden Herrn, der mit dem besten Willen kommt, eine gute Nachbarschaft zu halten.«

»O, ich hoffe mir ein solches Geschenk schon später zu verdienen, wenn nicht so viele Zeugen dabei sind!« fiel mit eitelm Lächeln der Graf Antoine ein.

»Schwerlich, Herr Graf,« versetzte Sibylle, durch das Wesen des Grafen von Epaville immer mehr gereizt, mit ruhigem Stolz, »meine Rosen gehören wohl nicht in das Bukett der Blumen, die Ihnen das Leben bietet!«

Murat lachte laut auf.

»Nun, da sind Sie schön abgefahren, Graf,« sagte er, »es lautet wie eine Kriegserklärung – da sehen Sie gleich, wie wahr der alte Spruch ist: Qui terre a, guerre a!«

»Hoheit, wollen Sie jetzt nicht geruhen, näher zu treten?« sagte Sibylle, der es unheimlich wurde, durch die Gruppe der den Eingang der Laube belagernden Herren so lange in dieser eingeschlossen gehalten zu werden.

»Weshalb sollen wir denn ins Haus eintreten, mein schönes Kind – ist es hier nicht im Freien besser?« fragte Murat. »Das Wetter ist herrlich. Und die Laube hat Raum für uns alle. Lassen Sie uns hier bleiben.«

»Aber Hoheit,« versetzte das junge Mädchen, »ich hatte gehofft, Sie würden geruhen, einige Erfrischungen anzunehmen, so gut, wie wir sie ohne alle Vorbereitung bieten konnten ...«

»Und die haben Sie drinnen arrangiert – nun, was tut es? Lassen Sie alles herausbringen, hierher!«

Sibylle war über diesen Einfall des Großherzogs sehr betroffen. Ihr ganzes Arrangement im Gartenzimmer war umsonst gemacht. Aber was war zu tun? Der Wunsch des gnädigsten Herrn war ein Befehl, dem nicht weiter widersprochen werden durfte. Sie räumte ihre Blumen beiseite und verließ die Laube. Murat, der im Eingang stand, machte ihr dabei so wenig Platz, daß sie sich vollständig an ihm vorüberdrängen mußte, und zugleich sah er mit einem solchen Lächeln auf sie nieder, daß Sibylle wiederum dabei das Blut ins Gesicht schoß und Hals und Wangen bis unter die Haarwurzeln purpurrot färbte. Sie eilte dann durch den Garten und ins Haus, um rasch ihrem Vater Kunde von dem veränderten Arrangement zu geben und zugleich hastig die Hand ans Werk zu legen. Ein Lakai, der mit den Herrschaften gekommen war, und der Jäger leisteten ihr dienstbeflissen Hilfe. So ward ohne Zögerung alles, was im Gartenzimmer serviert stand, auf dem runden Steintisch in der Gartenlaube aufgestellt. Während Sibylle dabei ab und zu ging, unterhielten sich die Herren – es waren außer dem Großherzog und dem Grafen Antoine noch zwei andere Herren da – lebhaft lachend, in französischer Sprache, die Sibylle nicht hinreichend gut verstand, um einer solchen Konversation folgen zu können. Desto peinlicher fiel ihr die Aufgabe, welche ihr geworden war.

Murat sprach den Erfrischungen mit sehr gnädigem Appetit zu. Er leerte in unglaublicher Schnelligkeit eine Flasche uralten Rheinweins aus dem schönsten der geschliffenen Gläser, das Sibylle vor ihm aufgestellt hatte.

»Aber nun,« sagte er endlich zu dem jungen Mädchen, »haben Sie lange genug die unermüdliche Wirtin gemacht und sind hin und her gelaufen. Ich dulde nicht, daß Sie sich länger ermüden, Mademoiselle. Setzen Sie sich zu uns. Ich bestehe darauf, Sie mit dem Nachbar, den ich Ihnen gebracht habe, zu befreunden. Stoßen Sie mit ihm an auf gute Freundschaft. Es hat noch keine Schönheit, sagt man, ihn dauernd fesseln können. Geben Sie sich Mühe, ihn zu erobern! Rächen Sie Ihr Geschlecht! Sie sehen, es verlohnt sich der Mühe. Und wenn er die Segel vor Ihnen gestrichen hat, dann wenden Sie sich an mich. Wir werden Prisengericht über ihn halten und ich werde ihn unbedingt kondemnieren – dafür bin ich Großadmiral von Frankreich, Nun, nehmen Sie dies Glas und trinken wir auf sein Glück in diesem schönen Tale!«

Sibylle konnte sich dieser Aufforderung nicht entziehen, obwohl sie plötzlich tief erschrocken war. Die merkwürdige Prophezeiung des Spielmanns von dem Sarge mit dem großen Wappen war ihr nämlich bei den letzten Worten des Großherzogs – sie wußte nicht, durch welche Gedankenkombination – unwillkürlich durch den Sinn gefahren, und erblassend sagte sie rasch, ohne ihre Worte lange zu überlegen: »Dies Tal, fürchte ich, bringt dem Herrn kein Glück. Er täte wohl, wenn er es heute wieder verließe und es nie mehr besuchte.«

»Und weshalb?« sagte der Graf Antoine, betroffen von dem bittern Ernst, womit Sibylle gesprochen hatte.

»Ich weiß es nicht,« antwortete das junge Mädchen, verwirrt werdend und verlegen über die eigenen Worte.

»Wenn Sie so dunkle und ernste Prophezeiungen aussprechen, so müssen Sie uns auch gestehen, warum Sie es tun, welchen Grund Sie dazu haben, Mademoiselle,« fiel Murat ein, Sibylle verwundert anblickend.

Sibylle, nur noch verwirrter werdend durch alle die Blicke, welche sie fragend auf sich gerichtet sah, wußte anfangs nicht, was antworten. Dann aber faßte sie sich, und mit einer gewissen Befriedigung bei dem Gedanken, daß sie dem Grafen, dessen Persönlichkeit ihr so entschieden mißfiel, einen unbehaglichen Augenblick machen könne, versetzte sie lächelnd: »Verzeihen Sie, Hoheit – ich habe zuweilen Augenblicke, wo ich mich für etwas wie eine Wahrsagerin halte – ich hatte soeben solch einen Anfall – ich glaubte ein Unglück für den Grafen vorauszusehen. Es ist gewiß sehr kindisch von mir, daß ich meine lächerlichen Einfälle nicht für mich behalte! Und jetzt erlauben Sie mir, Hoheit, daß ich gehe, um zu meinem Vater zurückzukehren.«

»Bedarf der Ihrer so sehr?« fragte Murat mit einem nicht ganz gnädigen Stirnrunzeln. »Warum sehen wir den Herrn vom Hause nicht?«

»Mein Vater ist krank – er ist gefesselt durch ein unbarmherziges Gichtleiden, sonst würde er längst Ew. Hoheit seinen Dank für die Ehre zu Füßen gelegt haben, welche –«

»Das ist etwas anderes,« fiel Murat versöhnt ihr ins Wort, »Dann entlassen wir Sie in Gnaden, Mademoiselle, obwohl Sie eine Unglücksprophetin waren – pflegen Sie Ihren Vater und sagen Sie ihm unsern Dank für die Gastfreundschaft, welche sein Haus uns gewährt.«

Und mit einem sehr gnädigen Kopfnicken entließ Großherzog Murat das junge Mädchen, das froh und erleichtert sich entfernte.

Als sie zu ihrem Vater zurückkam, richtete sie ihm die Worte des Großherzogs aus; Ritterhausen äußerte seine Zufriedenheit, daß er also von der persönlichen Gene eines Besuchs des Herrn verschont bleiben werde – im Grunde seines Herzens wurmte es ihn, daß ihm diese Ehre nicht erwiesen wurde.

Murat hatte aus den Worten Sibyllens geschlossen, daß der Hausherr bettlägerig sei und deshalb sich der Pflicht eines Besuchs im Hause überheben zu können geglaubt. Es machte ihn deshalb betroffen, als der Graf von Epaville sagte: »Ich sehe drüben einen Mann am Fenster sitzen, der mir ganz das Ansehen des Hausherrn hat und uns mit merkwürdig gerunzelter Stirn betrachtet. Sehr krank scheint er mir aber nicht zu sein!«

Der Großherzog warf einen Blick in der von seinem Flügeladjutanten angedeuteten Richtung und sah ebenfalls den düsterblickenden Kopf des Hammerbesitzers hinter den Scheiben des Fensters.

»Ist das der Hausherr, Josef?« fragte er den in der Nähe stehenden Jäger.

»Ja, Hoheit!« versetzte dieser.

Ma foi, sagte Murat spöttisch lächelnd, »man scheint hier das Glück unserer Herrschaft nicht sehr lebhaft zu empfinden!«

»Ich glaube,« nahm der zweite Begleiter Murats, der Graf Nesselrode, da« Wort, »Monsieur Ritterhausen steht überhaupt in dem Rufe, etwas wie eine mauvaise tête zu sein!«

»Desto besser,« bemerkte der dritte im Gefolge, der Graf Beugnot, »daß Ew. Hoheit unsern Freund Epaville der Familie zum Nachbar gegeben haben. Er ist ganz der Mann dazu, in diesem Kreise Propaganda für die französische Liebenswürdigkeit zu machen.«

»Glauben Sie, Beugnot, daß ihm das hier genügen wird? Die junge Dame hatte nicht viel Ermutigendes für ihn.«

»Nun, der Ermutigung bedarf Graf Epaville auch nicht. Ich glaube, er wagt sich auch ohne sie vor.«

»Das glaube ich Ihnen; es ist nur die Frage, ob es ihm hier etwas anderes einbringt als ein zerkratztes Gesicht und ein blaues Auge,« lachte Murat. »Diese junge Dame sah mir beinahe aus, als ob sie einen Dolch im Strumpfband stecken habe wie eine Spanierin!«

»Das könnte man ja untersuchen,« sagte mit seiner hochmütigen Ruhe der Graf von Epaville.

»Mein teurer Graf,« fiel Nesselrode ein, »wagen Sie sich da nicht zu weit. Nehmen Sie sich vor dem düstern Kopfe da in acht, der hinter dem Fenster her jetzt eben wieder auf uns schaut.«

»Wahrhaftig, er sieht aus wie ein Jettatore,« bemerkte Murat.

»Und hat Ihnen soeben nicht die ländliche Schöne prophezeit, daß Sie Unglück in diesem Tale haben würden?« sagte Beugnot.

Der Graf von Epaville zuckte die Achseln, »Was wäre ein Sieg, der ohne Gefahr und Mühe erlangt werden kann?« sagte er.

»Ich wette, Epaville, Sie erleiden hier eine Niederlage!« rief der Großherzog.

»Die Wette gilt. Wenn ich oben in meinem alten Schlosse erst eingerichtet bin und Hoheit mich dann mit Ihrem Besuche dort beehren, soll die junge Schöne die Honneurs des Hauses machen!«

»Sie wollen sie doch nicht etwa heiraten?« fragte Murat.

»Das nicht, Hoheit!«

»Wie ist mir denn,« fiel Beugnot ein, »ich meine, ich hätte gehört, Sie wären verheiratet, Epaville?«

»Er? Verheiratet?« rief der Großherzog überrascht aus.

»Grenzenlose Verleumdung« entgegnete der Graf Antoine mit einem unmerklichen Erröten. »Sie wissen, Hoheit, Graf Beugnot hat die Leidenschaft, schlechte Späße zu machen.«

»Nun, also, um was wetten wir?« fuhr die Hoheit fort. »Um einen schönen inkrustierten Dolch von Florentiner Arbeit wider Ihren Türkensäbel, Epaville!«

Der Graf von Epaville erklärte sich einverstanden.

»Meine Minister Beugnot und Nesselrode sind Zeugen und kontrasignieren,« sagte Murat.

»Aber nun,« setzte er hinzu, »brechen wir auf, meine Herren! Ich sehe, der Wagen hält am Gartentor.«

Die Herrschaften erhoben sich und schritten dem Gittertor zu, das neben dem Hause auf den freien Platz vor dem Hammer und auf die Landstraße führte. Als sie durch den Garten gingen, kam Sibylle aus dem Gartensaale, um ihnen das Geleit zu geben. Murat nickte ihr einen Abschied zu, mit einer gewissen kalten Gnädigkeit, als ob er von dem Empfang, der ihm auf dem Hammer geworden, nicht übermäßig befriedigt sei. Der Graf von Epaville machte ihr eine tiefe Verbeugung, welche Sibylle ebenso kühl erwiderte wie Murat die ihrige. Und dann stiegen die Herrschaften in den vierspännigen eleganten Hofwagen, der sie auf die Rheider Burg gebracht hatte, und so rollten sie in die Residenz zurück.


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