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Zur Abwehr

Stumme Verachtung unwürdigen Angreifers gilt allzugleich für Schwäche.

Scheffel.

Durch die Presse gingen während des letzten Halbjahrs zahlreiche mehr oder weniger ausführliche Mitteilungen über eine neue Hetze gegen Karl May, und zwar wurden darin die Angreifer fast einstimmig verurteilt, obwohl der Öffentlichkeit bisher noch nicht das gesamte Material zugänglich war. Diese Lücke in der freien wissenschaftlichen Forschung wird durch die vorliegende Schrift ausgefüllt.

Die unerhörte Anremplung gegen den toten deutschen Volksschriftsteller stammt von Prof. Dr. Alfred Kleinberg, Lehrer im k. k. Staatsgymnasium in Teschen, einem in weitesten Kreisen völlig unbekannten Mann, der dabei »in höherem Auftrag« handelte. Auftraggeber war Dr. Anton Bettelheim, Wien XIX/1, Karl-Ludwig-Straße 57, der bisherige Herausgeber des »Biographischen Jahrbuchs und Deutschen Nekrologs«.

Wie von Anfang an vermutet, war jedoch auch dieser nicht ganz frei und unbefangen, sondern hinter ihm stand als Schutzherr Ferdinand Avenarius, Gründer, Besitzer und Herausgeber des »Deutschen Willens« (früher: Kunstwart). Mit ihm, dem Hanslick Karl Mays, wird an anderen Stellen so deutlich und nachhaltig abgerechnet werden, daß er in der vorliegenden Schrift nur da genannt werden soll, wo es unumgänglich erscheint. Zur Beleuchtung seiner Wahrheitsliebe und Glaubwürdigkeit sei hier lediglich die Tatsache festgestellt, daß er dem verstorbenen Karl May die runde Summe von sechs Millionen andichtete, während in Wirklichkeit die Hinterlassenschaft des Toten nur einen Gesamtwert von 140 000 Mark (einhundertvierzigtausend Mark) hatte, und daß er sich trotz besserer Belehrung zu keiner Zurücknahme dieser Unwahrheit veranlaßt sieht. Im übrigen also richtet sich die heutige Abwehr nur gegen Kleinberg und Bettelheim.

Da Avenarius nach der literarischen Entmündigung dieser beiden Angreifer den Tatbestand durch Entstellung und Verheimlichung der wichtigsten Merkmale zu verdunkeln und zu verzerren suchte, sei das Leitmotiv des »Falls Bettelheim«, der zu »Bettelheims Fall« wurde, genau umschrieben.

Nicht um die seltsame Tatsache handelt es sich, daß unter dem Deckmantel »freier unabhängiger Forschung« von Kleinberg-Bettelheim ein von Gehässigkeit triefender, mit groben Schimpfworten arbeitender, mit Blut in den Augen geschriebener »Nekrolog« in einer unserer vornehmsten Fachschriften veröffentlicht wurde. Wenn eine echte, vorurteilsfreie, unbefangene Kritik bei sorgfältiger Prüfung zu einer Verurteilung des Toten kommt, so können wir uns dem auch dann nicht entziehen, wenn wir selbst mit guten Gründen anderer Meinung sind. Soweit aber die Kritik bis zu Entgleisungen, wie die eben betonten, schreitet, werden diese wieder durch anderweite Kritik aufgewogen, verbessert, gereinigt, und nach uns allen richtet, hoch über den Wassern schwebend: – die Nachwelt!

Es handelte sich vielmehr beim Fall Kleinberg-Bettelheim von Anfang an einzig und allein um die Frage: Ist es erlaubt, einem Toten, den man aus irgendwelchen Gründen herabzuwürdigen sucht, Dinge nachzusagen, die der geschichtlichen und urkundlichen Wahrheit widersprechen und auf Erfindung beruhen? Ich bitte alle, die diese Schrift lesen, Freunde wie Feinde, niemals zu verkennen, daß die ganze Abwehr gegen Kleinberg-Bettelheim lediglich darauf abzielte, rechtzeitig den Unwahrheiten entgegenzutreten, die nach dem Bestreben der beiden Angreifer dauernd in die Literaturgeschichte kommen sollten, durch den Einspruch des Karl-May-Verlags aber entlarvt und unschädlich gemacht wurden.

Radebeul, Ende 1918
Dr. E. A. Schmid.


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