Friedrich Schiller
Wallenstein
Friedrich Schiller

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Vierter Aufzug.

In des Bürgermeisters Hause zu Eger.

Erster Auftritt.

Buttler, der eben anlangt.

Er ist herein. Ihn führte sein Verhängniß.
Der Rechen ist gefallen hinter ihm,
Und wie die Brücke, die ihn trug, beweglich
Sich niederließ und schwebend wieder hob,
Ist jeder Rettungsweg ihm abgeschnitten.
Bis hieher, Friedland, und nicht weiter! sagt
Die Schicksalsgöttin. Aus der böhmischen Erde
Erhub sich dein bewundert Meteor,
Weit durch den Himmel einen Glanzweg ziehend,
Und hier an Böhmens Grenze muß es sinken!
– Du hast die alten Fahnen abgeschworen,
Verblendeter, und traust dem alten Glück!
Den Krieg zu tragen in des Kaisers Länder,
Den heil'gen Herd der Laren umzustürzen,
Bewaffnest du die frevelhafte Hand.
Nimm dich in Acht! dich treibt der böse Geist
Der Rache – daß dich Rache nicht verderbe!

Zweiter Auftritt.

Buttler und Gordon.

Gordon.
Seid Ihr's? – O wie verlangt mich, Euch zu hören.
Der Herzog ein Verräther! O mein Gott!
Und flüchtig! Und sein fürstlich Haupt geächtet!
Ich bitt' Euch, General, sagt mir ausführlich,
Wie alles Dies zu Pilsen sich begeben?

Buttler.
Ihr habt den Brief erhalten, den ich Euch
Durch einen Eilenden vorausgesendet?

Gordon.
Und habe treu gethan, wie Ihr mich hießt,
Die Festung unbedenklich ihm geöffnet,
Denn mir befiehlt ein kaiserlicher Brief,
Nach Eurer Ordre blindlings mich zu fügen.
Jedoch verzeiht! als ich den Fürsten selbst
Nun sah, da fing ich wieder an zu zweifeln.
Denn wahrlich! nicht als ein Geächteter
Trag Herzog Friedland ein in diese Stadt.
Von seiner Stirne leuchtete wie sonst
Des Herrschers Majestät, Gehorsam fordernd,
Und ruhig, wie in Tagen guter Ordnung,
Nahm er des Amtes Rechenschaft mir ab.
Leutselig macht das Mißgeschick, die Schuld,
Und schmeichelnd zum geringern Manne pflegt
Gefallner Stolz herunter sich zu beugen;
Doch sparsam und mit Würde wog der Fürst
Mir jedes Wort des Beifalls, wie der Herr
Den Diener lobt, der seine Pflicht gethan.

Buttler.
Wie ich Euch schrieb, so ist's genau geschehn.
Es hat der Fürst dem Feinde die Armee
Verkauft, ihm Prag und Eger öffnen wollen.
Verlassen haben ihm auf dies Gericht
Die Regimenter alle bis auf fünfe,
Die Terzky'schen, die ihm hieher gefolgt.
Die Acht ist ausgesprochen über ihn,
Und ihn zu liefern, lebend oder todt,
Ist jeder treue Diener aufgefordert.

Gordon.
Verräther an dem Kaiser – solch ein Herr!
So hochbegabt! O, was ist Menschengröße!
Ich sagt' es oft: das kann nicht glücklich enden;
Zum Fallstrick ward ihm seine Größ' und Macht
Und diese dunkelschwankende Gewalt.
Denn um sich greift der Mensch, nicht darf man ihn
Der eignen Mäßigung vertraun. Ihn hält
In Schranken nur das deutliche Gesetz
Und der Gebräuche tiefgetretne Spur.
Doch unnatürlich war und neuer Art,
Die Kriegsgewalt in dieses Mannes Händen;
Dem Kaiser selber stellte sie ihn gleich,
Der stolze Geist verlernte, sich zu beugen.
O, Schad' um solchen Mann! denn Keiner möchte
Da feste stehen, mein' ich, wo er fiel.

Buttler.
Spart Eure Klagen, bis er Mitleid braucht,
Denn jetzt noch ist der Mächtige zu fürchten.
Die Schweden sind im Anmarsch gegen Eger,
Und schnell, wenn wir's nicht rasch entschlossen hindern,
Wir die Vereinigung geschehn. Das darf nicht sein!
Es darf der Fürst nicht freien Fußes mehr
Aus diesem Platz, denn Ehr' und Leben hab' ich
Verpfändet, ihn gefangen hier zu nehmen,
Und Euer Beistand ist's, auf den ich rechne.

Gordon.
O, hätt' ich nimmer diesen Tag gesehn!
Aus seiner Hand empfing ich diese Würde,
Er selber hat dies Schloß mir anvertraut,
Das ich in seinen Kerker soll verwandeln.
Wir Subalternen haben keinen Willen;
Der freie Mann, der mächtige, allein
Gehorcht dem schönen menschlichen Gefühl.
Wir aber sind nur Schergen des Gesetzes,
Des grausamen; Gehorsam heißt die Tugend,
Um die der Niedre sich bewerben darf.

Buttler.
Laßt Euch das enggebundene Vermögen
Nicht leid thun. Wo viel Freiheit, ist viel Irrthum,
Doch sicher ist der schmale Weg der Pflicht.

Gordon.
So hat ihn Alles denn verlassen, sagt Ihr?
Er hat das Glück von Tausenden gegründet,
Denn königlich war sein Gemüth, und stets
Zum Geben war die volle Hand geöffnet –
    (mit einem Seitenblick auf Buttlern)
Vom Staube hat er Manchen aufgelesen,
Zu hoher Ehr' und Würden ihn erhöht
Und hat sich keinen Freund damit, nicht einen
Erkauft, der in der Noth ihm Farbe hielt!

Buttler.
Hier lebt ihm einer den er kaum gehofft.

Gordon.
Ich hab' mich keiner Gunst von ihm erfreut.
Fast zweifl' ich, ob er je in seiner Größe
Sich eines Jugendfreunds erinnert hat –
Denn fern von ihm hielt mich der Dienst, sein Auge
Verlor mich in den Mauern dieser Burg,
Wo ich, von seiner Gnade nicht erreicht,
Das freie Herz im Stillen mir bewahrte.
Denn als er mich in dieses Schloß gesetzt,
War's ihm noch ernst um seine Pflicht; nicht sein
Vertrauen täusch' ich, wenn ich treu bewahre,
Was meiner Treue übergeben ward.

Buttler.
So sagt, wollt Ihr die Acht an ihm vollziehn,
Mir Eure Hilfe leihn, ihn zu verhaften?

Gordon (nach einem nachdenklichen Stillschweigen, kummervoll).
Ist es an dem – verhält sich's, wie Ihr sprecht –
Hat er den Kaiser, seinen Herrn, verrathen,
Das Heer verkauft, die Festungen des Landes
Dem Reichsfeind öffnen wollen – ja, dann ist
Nicht Rettung mehr für ihn – Doch es ist hart,
Daß unter Allen eben mich das Loos
Zum Werkzeug seines Sturzes muß erwählen.
Denn Pagen waren wir am Hof zu Burgau
Zu gleich Zeit, ich aber war der ältre.

Buttler.
Ich weiß davon.

Gordon.
Wohl dreißig Jahre sind's. Da strebte schon
Der kühne Muth im zwanzigjähr'gen Jüngling.
Ernst über seine Jahre war sein Sinn,
Auf große Dinge männlich nur gerichtet.
Durch unsre Mitte ging er stillen Geists,
Sich selber die Gesellschaft; nicht die Lust,
Die kindische, der Knaben zog ihn an;
Doch oft ergriff's ihn plötzlich wundersam,
Und der geheimnißvollen Brust entfuhr,
Sinnvoll und leuchtend, ein Gedankenstrahl,
Daß wir uns staunend ansahn, nicht recht wissend,
Ob Wahnsinn, ob ein Gott aus ihm gesprochen.

Buttler.
Dort war's, wo er zwei Stock hoch niederstürzte,
Als er im Fensterbogen eingeschlummert,
Und unbeschädigt stand er wieder auf.
Von diesem Tag an, sagt man, ließen sich
Anwandlungen des Wahnsinns bei ihm spüren.

Gordon.
Tiefsinn'ger wurd' er, das ist wahr, er wurde
Katholisch. Wunderbar hatt' ihn das Wunder
Der Rettung umgekehrt. Er hielt sich nun
Für ein begünstigt und befreites Wesen,
Und keck, wie Einer, der nicht straucheln kann,
Lief er auf schwankem Seil des Lebens hin.
Nachher führt' uns das Schicksal auseinander
Weit, weit; er ging der Größe kühnen Weg
Mit schnellem Schritt, ich sah ihn schwindelnd gehn,
Ward Graf und Fürst und Herzog und Dictator,
Und jetzt ist Alles ihm zu klein, er streckt
Die Hände nach der Königskrone aus
Und stürzt in unermeßliches Verderben!

Buttler.
Brecht ab. Er kommt.

Dritter Auftritt.

Wallenstein im Gespräch mit dem Bürgermeister von Eger. Die Vorigen.

Wallenstein.
Ihr wart sonst eine freie Stadt? Ich seh',
Ihr führt den halben Adler in dem Wappen.
Warum den halben nur?

Bürgermeister.                     Wir waren reichsfrei,
Doch seit zweihundert Jahren ist die Stadt
Der böhm'schen Kron' verpfändet. Daher rührt's,
Daß wir nur noch den halben Adler führen.
Der untre Teil ist cancelliert, bis etwa
Das Reich uns wieder einlöst.

Wallenstein.                                 Ihr verdientet
Die Freiheit. Haltet euch nur brav. Gebt keinem
Aufwieglervolk Gehör. Wie hoch seid ihr
Besteuert?

Bürgermeister (zuckt die Achseln).
                  Daß wir's kaum erschwingen können.
Die Garnison lebt auch auf unsre Kosten.

Wallenstein.
Ihr sollt erleichtert werden. Sagt mir an,
Es sind noch Protestanten in der Stadt?

(Bürgermeister stutzt.)

Ja, ja. Ich weiß es. Es verbergen sich noch viele
In diesen Mauern – ja! gesteht's nur frei –
Ihr selbst – Nicht wahr?
    (Fixiert ihn mit den Augen. Bürgermeister erschrickt.)
                                      Seid ohne Furcht. Ich hasse
Die Jesuiten – Läg's an mir, sie wären längst
Aus Reiches Grenzen – Meßbuch oder Bibel!
Mir ist's all eins – Ich hab's der Welt bewiesen –
In Glogau hab' ich selber eine Kirch'
Den Evangelischen erbauen lassen.
– Hört, Bürgermeister – wie ist Euer Name?

Bürgermeister.
Pachhälbel, mein erlauchter Fürst.

Wallenstein.
Hört – aber sagt's nicht weiter, was ich Euch
Jetzt im Vertraun eröffne.
    (Ihm die Hand auf die Achsel legend, mit einer gewissen Feierlichkeit.)
                                        Die Erfüllung
Der Zeiten ist gekommen, Bürgermeister.
Die Hohen werden fallen, und die Niedrigen
Erheben sich – Behaltet's aber bei Euch!
Die spanische Doppelherrschaft neiget sich
Zu ihrem Ende, eine neue Ordnung
Der Dinge führt sich ein – Ihr saht doch jüngst
Am Himmel die drei Monde?

Bürgermeister.                           Mit Entsetzen.

Wallenstein.
Davon sich zwei in blut'ger Dolchgestalt
Verzogen und verwandelten. Nur einer,
Der mittlere, blieb stehn in seiner Klarheit.

Bürgermeister.
Wir zogen's auf den Türken.

Wallenstein.                               Türken! Was?
Zwei Reiche werden blutig untergehen
Im Osten und im Westen, sag' ich Euch,
Und nur der lutherische Glaub' wird bleiben.
    (Er bemerkt die zwei Andern.)
Ein starkes Schießen war ja diesen Abend
Zur linken Hand, als wir den Weg hieher
Gemacht. Vernahm man's auch hier in der Festung?

Gordon.
Wohl hörten wir's, mein General. Es brachte
Der Wind den Schall gerad von Süden her.

Buttler.
Von Neustadt oder Weiden schien's zu kommen.

Wallenstein.
Das ist der Weg, auf dem die Schweden nahn.
Wie stark ist die Besatzung?

Gordon.                                     Hundert achtzig
Dienstfähige Mann, der Rest sind Invaliden.

Wallenstein.
Und wie viel stehn im Jochimsthal?

Gordon.                                               Zweihundert
Arkebusierer hab' ich hingeschickt,
Den Posten zu verstärken gegen die Schweden.

Wallenstein.
Ich lobe Eure Vorsicht. An den Werken
Wird auch gebaut. Ich sah's bei der Hereinfahrt.

Gordon.
Weil uns der Rheingraf jetzt so nah bedrängt,
Ließ ich noch zwei Basteien schnell errichten.

Wallenstein.
Ihr seid genau in eures Kaisers Dienst.
Ich bin mit Euch zufrieden, Oberstleutnant.
    (Zu Buttlern.)
Der Posten in dem Jochimsthal soll abziehn
Sammt allen, die dem Feind entgegenstehn.
    (Zu Gordon.)
In Euren treuen Händen, Kommendant,
Lass' ich mein Weib, mein Kind und meine Schwester.
Denn hier ist meines Bleibens nicht; nur Briefe
Erwart' ich, mit dem Frühesten die Festung
Sammt allen Regimentern zu verlassen.

Vierter Auftritt.

Vorige. Graf Terzky.

Terzky.
Willkommne Botschaft! Frohe Zeitungen!

Wallenstein.
Was bringst du?

Terzky.                     Eine Schlacht ist vorgefallen
Bei Neustadt, und die Schweden blieben Sieger.

Wallenstein.
Was sagst du? Woher kommt dir diese Nachricht?

Terzky.
Ein Landmann bracht' es mir von Tirschenreut,
Nach Sonnenuntergang hab's angefangen,
Ein kaiserlicher Trupp von Tachau her
Sei aufgebrochen in das schwed'sche Lager,
Zwei Stunden hab' das Schießen angehalten,
Und tausend Kaiserliche sei'n geblieben,
Ihr Oberst mit, mehr wußt' er nicht zu sagen.

Wallenstein.
Wie käme kaiserliches Volk nach Neustadt?
Der Altringer – er müßte Flügel haben –
Stand gestern vierzehn Meilen noch von da;
Des Gallas Völker sammeln sich zu Fraunberg
Und sind noch nicht beisammen. Hätte sich
Der Suys etwa so weit vorgewagt?
Es kann nicht sein.

(Illo erscheint.)

Terzky.                         Wir werden's alsbald hören,
Denn hier kommt Illo fröhlich und voll Eile.

Fünfter Auftritt.

Die Vorigen. Illo.

Illo (zu Wallenstein).
Ein Reitender ist da und will dich sprechen.

Terzky.
Hat's mit dem Siege sich bestätigt? Sprich!

Wallenstein.
Was bringt er? Woher kommt er?

Illo.                                                     Von dem Rheingraf,
Und was er bringt, will ich voraus dir melden.
Die Schweden stehn fünf Meilen nur von hier.
Bei Neustadt hab' der Piccolomini
Sich mit der Reiterei auf sie geworfen,
Ein fürchterliches Morden sei geschehn,
Doch endlich hab' die Menge überwältigt,
Die Pappenheimer alle, auch der Max,
Der sie geführt – sei'n auf dem Platz geblieben.

Wallenstein.
Wo ist der Bote? Bringt mich zu ihm.   (Will abgehen.)

Indem stürzt Fräulein Neubrunn ins Zimmer, ihr
folgen einige Bediente, die durch den Saal rennen.

Neubrunn.                                               Hilfe! Hilfe!

Illo und Terzky.
Was gibt's?

Neubrunn.           Das Fräulein!

Wallenstein und Terzky.           Weiß sie's?

Neubrunn.                                                     Sie will sterben.
(Eilt fort.)

(Wallenstein mit Terzky und Illo ihr nach.)

Sechster Auftritt.

Buttler und Gordon.

Gordon (erstaunt).
Erklärt mir. Was bedeutete der Auftritt?

Buttler.
Sie hat den Mann verloren, den sie liebte,
Der Piccolomini war's, der umgekommen.

Gordon.
Unglücklich Fräulein!

Buttler.
Ihr habt gehört, was dieser Illo brachte,
Daß sich die Schweden siegend nahn.

Gordon.                                                   Wohl hört' ich's.

Buttler.
Zwölf Regimenter sind sie stark, und fünf
Stehn in der Näh', den Herzog zu beschützen.
Wie haben nur mein einzig Regiment,
Und nicht zweihundert stark ist die Besatzung.

Gordon.
So ist's.

Buttler.
Nicht möglich ist's, mit so geringer Mannschaft
Solchen einen Staatsgefangnen zu bewahren.

Gordon.
Das seh' ich ein.

Buttler.
Die Menge hätte bald das kleine Häuflein
Entwaffnet, ihn befreit.

Gordon.                             Das ist zu fürchten.

Buttler (nach einer Pause).
Wißt! Ich bin Bürge worden für den Ausgang,
Mit meinem Haupte haft' ich für das seine,
Wort muß ich halten, führ's, wohin es will,
Und ist der Lebende nicht zu bewahren,
So ist – der Todte uns gewiß.

Gordon.
Versteh' ich Euch? Gerechter Gott! Ihr könntet –

Buttler.
Er darf nicht leben.

Gordon.                       Ihr vermöchtet's!

Buttler.
Ihr oder ich. Er sah den letzten Morgen.

Gordon.
Ermorden wollt Ihr ihn?

Buttler.                                 Das ist mein Vorsatz.

Gordon.
Der Eurer Treu' vertraut!

Buttler.                                   Sein böses Schicksal!

Gordon.
Des Feldherrn heilige Person!

Buttler.                                         Das war er!

Gordon.
O, was er war, löscht kein Verbrechen aus!
Ohn' Urthel?

Buttler.               Die Vollstreckung ist statt Urthels.

Gordon.
Das wäre Mord und nicht Gerechtigkeit.
Denn hören muß sie auch den Schuldigsten.

Buttler.
Klar ist die Schuld, der Kaiser hat gerichtet,
Und seinen Willen nur vollstrecken wir.

Gordon.
Den blut'gen Spruch muß man nicht rasch vollziehn,
Ein Wort nimmt sich, ein Leben nie zurück.

Buttler.
Der hurt'ge Dienst gefällt den Königen.

Gordon.
Zu Henkers Dienst drängt sich kein edler Mann.

Buttler.
Kein muthiger erbleicht vor kühner That.

Gordon.
Das Leben wagt der Muth, nicht das Gewissen.

Buttler.
Was? Soll er frei ausgehn, des Krieges Flamme,
Die unauslöschliche, aufs neu' entzünden?

Gordon.
Nehmt ihn gefangen, tödtet ihn nur nicht,
Greift blutig nicht dem Gnadenengel vor.

Buttler.
Wär' die Armee des Kaisers nicht geschlagen,
Möcht' ich lebendig ihn erhalten haben.

Gordon.
O, warum schloß ich ihm die Festung auf!

Buttler.
Der Ort nicht, sein Verhängniß tödtet ihn.

Gordon.
Auf diesen Wällen wär' ich ritterlich,
Des Kaisers Schloß vertheidigend, gesunken.

Buttler.
Und tausend brave Männer kamen um!

Gordon.
In ihrer Pflicht – das schmückt und ehrt den Mann;
Doch schwarzen Mord verfluchte die Natur.

Buttler (eine Schrift hervorlangend).
Hier ist das Manifest, das uns befiehlt,
Uns seiner zu bemächtigen. Es ist an Euch
Gerichtet, wie an mich. Wollt Ihr die Folgen tragen,
Wenn er zum Feind entrinnt durch unsre Schuld?

Gordon.
Ich, der Ohnmächtige, o Gott!

Buttler.
Nehmt Ihr's auf Euch! Steht für die Folgen ein!
Mag werden draus, was will! Ich leg's auf Euch.

Gordon.
O Gott im Himmel!

Buttler.                           Wißt Ihr andern Rath,
Des Kaisers Meinung zu vollziehen? Sprecht!
Denn stürzen, nicht vernichten will ich ihn.

Gordon.
O Gott! Was sein muß, seh ich klar, wie Ihr,
Doch anders schlägt das Herz in meiner Brust.

Buttler.
Auch dieser Illo, dieser Terzky dürfen
Nicht leben, wenn der Herzog fällt.

Gordon.
O, nicht um Diese thut mir's leid. Sie trieb
Ihr schlechtes Herz, nicht die Gewalt der Sterne.
Sie waren's, die in seine ruh'ge Brust
Den Samen böser Leidenschaft gestreut,
Die mit fluchwürdiger Geschäftigkeit
Die Unglücksfrucht in ihm genährt – Mag sie
Des bösen Dienstes böser Lohn ereilen!

Buttler.
Auch sollen sie im Tod ihm gleich voran.
Verabredt ist schon Alles. Diesen Abend
Bei eines Gastmahls Freuden wollten wir
Sie lebend greifen und im Schloß bewahren.
Viel kürzer ist es so. Ich geh', sogleich,
Die nöthigen Befehle zu ertheilen.

Siebenter Auftritt.

Vorige. Illo und Terzky.

Terzky.
Nun soll's bald anders werden! Morgen ziehn
Die Schweden ein, zwölftausend tapfre Krieger.
Dann grad auf Wien! He! Lustig, Alter! Kein
So herb Gesicht zu solcher Freudenbotschaft!

Illo.
Jetzt ist's an uns, Gesetze vorzuschreiben
Und Rach' zu nehmen an den schlechten Menschen,
Den schändlichen, die uns verlassen. Einer
Hat's schon gebüßt, der Piccolomini.
Ging's Allen so, die's übel mit uns meinen!
Wie schwer trifft dieser Schlag das alte Haupt!
Der hat sein ganzes Leben lang sich ab-
Gequält, sein altes Grafenhaus zu fürsten,
Und jetzt begräbt er seinen einz'gen Sohn!

Buttler.
Schad' ist's doch um den heldenmüth'gen Jüngling,
Dem Herzog selbst ging's nah, man sah es wohl.

Illo.
Hört, alter Freund! das ist es, was mir nie
Am Herrn gefiel, es war mein ew'ger Zank,
Er hat die Welschen immer vorgezogen.
Auch jetzo noch, ich schwör's bei meiner Seele,
Säh' er uns alle lieber zehnmal todt,
Könnt' er den Freund damit ins Leben rufen.

Terzky.
Still, still! Nicht weiter! Laß die Todten ruhn!
Heut gilt es, wer den Andern niedertrinkt,
Denn Euer Regiment will uns bewirthen.
Wir wollen eine lust'ge Faßnacht halten,
Die Nacht sei einmal Tag, bei vollen Gläsern
Erwarten wir die schwed'sche Avantgarde.

Illo.
Ja, laßt uns heut noch guter Dinge sein,
Denn heiße Tage stehen uns bevor.
Nicht ruhn soll dieser Degen, bis er sich
In österreich'schem Blute satt gebadet.

Gordon.
Pfui, welche Red' ist das, Herr Feldmarschall!
Warum so wüthen gegen Euren Kaiser –

Buttler.
Hofft nicht zu viel von diesem ersten Sieg.
Bedenkt, wie schnell des Glückes Rad sich dreht,
Denn immer noch sehr mächtig ist der Kaiser.

Illo.
Der Kaiser hat Soldaten, keinen Feldherrn,
Denn dieser König Ferdinand von Ungarn
Versteht den Krieg nicht – Gallas? Hat kein Glück
Und war von jeher nur ein Heerverderber.
Und diese Schlange, der Octavio,
Kann in die Fersen heimlich wohl verwunden,
Doch nicht in offner Schlacht dem Friedland stehn.

Terzky.
Nicht fehlen kann's uns, glaubt mir's nur. Das Glück
Verläßt den Herzog nicht; bekannt ist's ja,
Nur unterm Wallenstein kann Oestreich siegen.

Illo.
Der Fürst wird ehestens ein großes Heer
Beisammen haben, Alles drängt sich, strömt
Herbei zum alten Ruhme seiner Fahnen.
Die alten Tage seh' ich wiederkehren,
Der Große wird er wieder, der er war.
Wie werden sich die Thoren dann ins Aug'
Geschlagen haben, die ihn jetzt verließen!
Denn Länder schenken wird er seinen Freunden
Und treue Dienste kaiserlich belohnen.
Wie aber sind in seiner Gunst die Nächsten.
    (Zu Gordon.)
Auch Eurer wird er dann gedenken, wird Euch
Aus diesem Neste ziehen, Eure Treu'
In einem höhern Posten glänzen lassen.

Gordon.
Ich bin vergnügt, verlange höher nicht
Hinauf; wo große Höh', ist große Tiefe.

Illo.
Ihr habt hier weiter nichts mehr zu bestellen,
Denn morgen ziehn die Schweden in die Festung.
Kommt, Terzky. Es wird Zeit zum Abendessen.
Was meint Ihr? Lassen wir die Stadt erleuchten,
Dem Schwedischen zur Ehr', und wer's nicht thut,
Der ist ein Spanischer und ein Verräther.

Terzky.
Laßt das. Es wird dem Herzog nicht gefallen.

Illo.
Was! Wir sind Meister hier, und Keiner soll sich
Für kaiserlich bekennen, wo wir herrschen.
– Gut' Nacht, Gordon. Laßt Euch zum letzten Mal
Den Platz empfohlen sein, schickt Runden aus,
Zur Sicherheit kann man das Wort noch ändern.
Schlag Zehn bringt Ihr dem Herzog selbst die Schlüssel,
Dann seid Ihr Eures Schließeramtes quitt,
Denn morgen ziehn die Schweden in die Festung.

Terzky (im Abgehen zu Buttler).
Ihr kommt doch auch aufs Schloß?

Buttler.                                                 Zur rechen Zeit.

(Jene gehen ab.)


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