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Illo zu den Vorigen.
Wallenstein.
      Wie steht es draußen? Sind sie vorbereitet?
Illo.
      Du findest sie in der Stimmung, wie du wünschest.
      Sie wissen um des Kaisers Forderungen
      Und toben.
Wallenstein. Wie erklärt sich Isolan?
Illo.
      Der ist mit Leib und Seele dein, seitdem du
      Die Farobank ihm wieder aufgerichtet.
Wallenstein.
      Wie nimmt sich der Colalto? Hast du dich
      Des Deodat und Tiefenbach versichert?
Illo.
      Was Piccolomini thut, das thun sie auch.
Wallenstein.
      So, meinst du, kann ich was mit ihnen wagen?
Illo.
      – Wenn Du der Piccolomini gewiß bist.
Wallenstein.
      Wie meiner selbst. Die lassen nie von mir.
Terzky.
      Doch wollt' ich, daß du dem Octavio,
      Dem Fuchs, nicht so viel trautest.
Wallenstein.                                       Lehre du
      Mich meine Leute kennen. Sechzehnmal
      Bin ich zu Feld gezogen mit dem Alten,
      – Zudem – ich hab' sein Horoskop gestellt,
      Wir sind geboren unter gleichen Sternen –
      Und kurz – (geheimnißvoll)
                        Es hat damit sein eigenes Bewenden.
      Wenn du mir also gut sagst für die Andern –
Illo.
      Es ist nur eine Stimme unter Allen:
      Du dürf'st das Regiment nicht niederlegen.
      Sie werden an dich deputieren, hör' ich.
Wallenstein.
      Wenn ich mich gegen sie verpflichten soll,
      So müssen sie's auch gegen mich.
Illo. Versteht sich.
Wallenstein.
      Parole müssen sie mir geben, eidlich, schriftlich,
      Sich meinem Dienst zu weihen, unbedingt.
Illo.
      Warum nicht?
Terzky.                 Unbedingt? Des Kaisers Dienst,
      Die Pflichten gegen Oestreich werden sie
      Sich immer vorbehalten.
Wallenstein (den Kopf schüttelnd). Unbedingt
      Muß ich sie haben. Nichts von Vorbehalt!
Illo.
      Ich habe einen Einfall – Gibt und nicht
      Graf Terzky ein Bankett heut Abend?
Terzky.                                                     Ja,
      Und alle Generäle sind geladen.
Illo (zum Wallenstein).
      Sag! Willst du völlig freie Hand mit lassen?
      Ich schaffe dir das Wort der Generale,
      So wie du's wünschest.
Wallenstein.                         Schaff' mir ihre Handschrift.
      Wie du dazu gelangen magst, ist deine Sache.
Illo.
      Und wenn ich dir's nun bringe, Schwarz auf Weiß,
      Daß alle Chefs, die hier zugegen sind,
      Die blind sich überliefern – willst du dann
      Ernst machen endlich, mit beherzter That
      Das Glück versuchen?
Wallenstein. Schaff' mir die Verschreibung!
Illo.
      Bedenke, was du thust! Du kannst des Kaisers
      Begehren nicht erfüllen – kannst das Heer
      Nicht schwächen lassen – nicht die Regimenter
      Zum Spanier stoßen lassen, willst du nicht
      Die Macht auf ewig aus den Händen geben.
      Bedenk' das Andre auch! Du kannst des Kaisers
      Befehl und ernste Ordre nicht verhöhnen,
      Nicht länger Ausflucht suchen, temporisieren,
      Willst du nicht förmlich brechen mit dem Hof.
      Entschließ dich! Willst du mit entschloßner That
      Zuvor ihm kommen? Willst du, ferner zögernd,
      Das Aeußerste erwarten?
Wallenstein.                           Das geziemt sich,
      Eh man das Aeußerste beschließt!
Illo.
      O! nimm der Stunde wahr, eh sie entschlüpft.
      So selten kommt der Augenblick im Leben,
      Der wahrhaft wichtig ist und groß. Wo eine
      Entscheidung soll geschehen, da muß Vieles
      Sich glücklich treffen und zusammenfinden –
      Und einzeln nur, zerstreuet zeigen sich
      Des Glückes Fäden, die Gelegenheiten,
      Die, nur in einen Lebenspunkt zusammen
      Gedrängt, den schweren Früchteknoten bilden.
      Sieh, wie entscheidend, wie verhängnißvoll
      Sich's jetzt um dich zusammenzieht! – Die Häupter
      Des Heers, die besten, trefflichsten, um dich,
      Den königlichen Führer, her versammelt,
      Nur einen Wink erwarten sie – O! laß
      Sie so nicht wieder auseinander gehen!
      So einig führst du sie im ganzen Lauf
      Des Krieges nicht zum zweiten Mal zusammen.
      Die hohe Fluth ist's, die das schwere Schiff
      Von Strande hebt – und jedem Einzelnen
      Wächst das Gemüth im großen Strom der Menge.
      Jetzt hast du sie, jetzt noch! Bald sprengt der Krieg
      Sie wieder auseinander, dahin, dorthin –
      In eignen kleinen Sorgen und Intressen
      Zerstreut sich der gemeine Geist. Wer heute,
      Vom Strome fortgerissen, sich vergißt,
      Wird nüchtern werden, sieht er sich allein,
      Nur seine Ohnmacht fühlen und geschwind
      Umlenken in die alte, breitgetretne
      Fahrstraße der gemeinen Pflicht, nur wohl-
      Behalten unter Dach zu kommen suchen.
Wallenstein.
      Die Zeit ist noch nicht da.
Terzky.                                   So sagst du immer.
      Wann aber wird es Zeit sein?
Wallenstein. Wenn ich's sage.
Illo.
      O, du wirst auf die Sternenstunde warten,
      Bis dir die irdische entflieht! Glaub' mir,
      In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne.
      Vertraue zu dir selbst, Entschlossenheit
      Ist deine Venus! Der Maleficus,
      Der einz'ge, der dir schadet, ist der Zweifel.
Wallenstein.
      Du redst, wie du's verstehst. Wie oft und vielmals
      Erklärt' ich dir's! – Dir stieg der Jupiter
      Hinab bei der Geburt, der helle Gott;
      Du kannst in die Geheimnisse nicht schauen.
      Nur in der Erde magst du finster wühlen,
      Blind, wie der Unterirdische, der mit dem bleichen
      Bleifarbnen Schein ins Leben dir geleuchtet.
      Das Irdische, Gemeine magst du sehn,
      Das Nächste mit dem Nächsten klug verknüpfen;
      Darin vertrau' ich dir und glaube dir.
      Doch, was geheimnißvoll bedeutend webt
      Und bildet in den Tiefen der Natur, –
      Die Geisterleiter, die aus dieser Welt des Staubes
      Bis in die Sternenwelt mit tausend Sprossen
      Hinauf sich baut, an der die himmlischen
      Gewalten wirkend auf und nieder wandeln,
      – Die Kreise in den Kreisen, die sich eng
      Und enger ziehn um die centralische Sonne –
Die sieht das Aug nur, das entsiegelte,
      Der hellgebornen, heitern Joviskinder.
          (Nachdem er einen Gang durch den Saal gemacht,
          bleibt er stehen und fährt fort.)
      Die himmlischen Gestirne machen nicht
      Bloß Tag und Nacht, Frühling und Sommer – nicht
      Dem Sämann bloß bezeichnen sie die Zeiten
      Der Aussaat und der Ernte. Auch des Menschen Thun
      Ist eine Aussaat von Verhängnissen,
      Gestreuet in der Zukunft dunkles Land,
      Den Schicksalsmächten hoffend übergeben.
      Da thut es noth, die Saatzeit zu erkunden,
      Die rechte Sternenstunde auszulesen,
      Des Himmels Häuser forschend zu durchspüren,
      Ob nicht der Feind des Wachsens und Gedeihens
      In seinen Ecken schadend sich verberge.
          Drum laßt mir Zeit. Thut ihr indeß das Eure.
      Ich kann jetzt noch nicht sagen, was ich thun will.
      Nachgeben aber werd' ich nicht. Ich nicht!
      Absetzen sollen sie mich auch nicht – Darauf
      Verlaßt euch.
Kammerdiener (kommt). Die Herrn Generale.
Wallenstein. Laß sie kommen.
Terzky.
      Willst du, daß alle Chefs zugegen sein?
Wallenstein.
      Das braucht's nicht. Beide Piccolomini,
      Maradas, Buttler, Forgatsch, Deodat,
      Caraffa, Isolani mögen kommen.
(Terzky geht hinaus mit dem Kammerdiener.)
Wallenstein (zu Illo).
      Hast du den Questenberg bewachen lassen?
      Sprach er nicht Ein'ge in geheim?
Illo.
      Ich hab' ihn scharf bewacht. Er war mit Niemand
      Als dem Octavio.
Vorige, Questenberg, beide Piccolomini, Buttler, Isolani, Maradas und noch drei andere Generale treten herein. Auf den Wink des Generals nimmt Questenberg ihm gerad gegenüber Platz, die andern folgen nach ihrem Range. Es herrscht eine augenblickliche Stille.
Wallenstein.
      Ich hab' den Inhalt Ihrer Sendung zwar
      Vernommen, Questenberg, und wohl erwogen,
      Auch meinen Schluß gefaßt, den nichts mehr ändert,
      Doch, es gebührt sich, daß die Kommandeurs
      Aus Ihrem Mund des Kaisers Willen hören –
      Gefall' es Ihnen denn, sich Ihres Auftrags
      Vor diesen edeln Häuptern zu entledigen.
Questenberg.
      Ich bin bereit; doch bitt' ich zu bedenken,
      Daß kaiserliche Herrschgewalt und Würde
      Aus meinem Munde spricht, nicht eigne Kühnheit.
Wallenstein.
      Den Eingang spart.
Questenberg.               Als Seine Majestät
      Der Kaiser ihren muthigen Armeen
      Ein ruhmgekröntes, kriegserfahrnes Haupt
      Geschenkt in der Person des Herzogs Friedland,
      Geschah's in froher Zuversicht, das Glück
      Des Krieges schnell und günstig umzuwenden.
      Auch war der Anfang ihren Wünschen hold,
      Gereiniget ward Böheim von den Sachsen,
      Der Schweden Siegeslauf gehemmt – es schöpften
      Aufs neue leichten Athem diese Länder,
      Als Herzog Friedland die zerstreuten Feindesheere
      Herbei von allen Strömen Deutschlands zog,
      Herbei auf einen Sammelplatz beschwor
      Den Rheingraf, Bernhard, Banner, Oxenstirn
      Und jenen nie besiegten König selbst,
      Um endlich hier im Angesichte Nürnbergs
      Das blutig große Kampfspiel zu entscheiden.
Wallenstein.
      Zur Sache, wenn's beliebt.
Questenberg.                           Ein neuer Geist
      Verkündigte sogleich den neuen Feldherrn.
      Nicht blinde Wuth mehr rang mit blinder Wuth,
      In hellgeschiednem Kampfe sah man jetzt
      Die Festigkeit der Kühnheit widerstehn
      Und weise Kunst die Tapferkeit ermüden.
      Vergebens lockt man ihn zur Schlacht; er gräbt
      Sich tief und tiefer nur im Lager ein,
      Als gält' es, hier ein ewig Haus zu gründen.
      Verzweifelnd endlich will der König stürmen,
      Zur Schlachtbank reißt er seine Völker hin,
      Die ihm des Hungers und der Seuchen Wuth
      Im leichenvollen Lager langsam tödtet.
      Durch den Verhack des Lagers, hinter welchem
      Der Tod aus tausend Röhren lauert, will
      Der Niegehemmte stürmend Bahn sich brechen.
      Da ward ein Angriff und ein Widerstand,
      Wie ihn kein glücklich Auge noch gesehn.
      Zerrissen endlich führt sein Volk der König
      Vom Kampfplatz heim, und nicht ein Fußbreit Erde
      Gewann es ihm, das grause Menschenopfer.
Wallenstein.
      Ersparen Sie's, uns aus dem Zeitungsblatt
      Zu melden, was wir schaudernd selbst erlebt.
Questenberg.
      Anklagen ist mein Amt und meine Sendung.
      Es ist mein Herz, was gern beim Lob verweilt.
      In Nürnbergs Lager ließ der schwedische König
      Den Ruhm – in Lützens Ebenen das Leben.
      Doch wer erstaunte nicht, als Herzog Friedland
      Nach diesem großen Tag wie ein Besiegter
      Nach Böheim floh, vom Kriegesschauplatz schwand,
      Indeß der junge weimarische Held
      Ins Frankenland unaufgehalten drang,
      Bis an die Donau reißend Bahn sich machte
      Und stand mit einem Mal vor Regensburg,
      Zum Schrecken aller gut kathol'schen Christen.
      Da rief der Bayern wohlverdienter Fürst
      Um schnelle Hilf' in seiner höchsten Noth, –
      Es schickt der Kaiser sieben Reitende
      An Herzog Friedland ab mit dieser Bitte
      Und fleht, wo er als Herr befehlen kann.
      Umsonst! Es hört in diesem Augenblick
      Der Herzog nur den alten Haß und Groll,
      Gibt das gemeine Beste preis, die Rachgier
      An einem alten Feinde zu vergnügen.
      Und so fällt Regensburg!
Wallenstein.
      Von welcher Zeit ist denn die Rede, Max?
      Ich hab' gar kein Gedächtnis mehr.
Max.                                                     Er meint,
      Wie wir in Schlesien waren.
Wallenstein.                               So! so! so!
      Was aber hatten wir denn dort zu thun?
Max.
      Die Schweden draus zu schlagen und die Sachsen.
Wallenstein.
      Recht! Ueber der Beschreibung da vergess' ich
      Den ganzen Krieg – (Zu Questenberg.)
                                    Nur weiter fortgefahren!
Questenberg.
      Am Oderstrom vielleicht gewann man wieder,
      Was an der Donau schimpflich ward verloren.
      Erstaunenswerthe Dinge hoffte man
      Auf dieser Kriegesbühne zu erleben,
      Wo Friedland in Person zu Felde zog,
      Der Nebenbuhler Gustavs einen – Thurn
      Und einen Arnheim vor sich fand. Und wirklich
      Gerieth man nahe gnug hier an einander,
      Doch, um als Freund, als Gast sich zu bewirthen.
      Ganz Deutschland seufzte unter Kriegeslast,
      Doch Friede war's im Wallenstein'schen Lager.
Wallenstein.
      Manch blutig Treffen wird um nichts gefochten,
      Weil einen Sieg der junge Feldherr braucht.
      Ein Vortheil des bewährten Feldherrn ist's,
      Daß er nicht nöthig hat, zu schlagen, um
      Der Welt zu zeigen, er versteh' zu siegen.
      Mir konnt' es wenig helfen, meines Glücks
      Mich über einen Arnheim zu bedienen;
      Viel nützte Deutschland meine Mäßigung,
      Wär' mir's geglückt, das Bündniß zwischen Sachsen
      Und Schweden, das verderbliche, zu lösen.
Questenberg.
      Es glückte aber nicht, und so begann
      Aufs neu das blut'ge Kriegesspiel. Hier endlich
      Rechtfertigte der Fürst den alten Ruhm.
      Auf Steinau's Feldern streckt das schwedische Heer
      Die Waffen, ohne Schwertstrich überwunden –
      Und hier, mit Andern, lieferte des Himmels
      Gerechtigkeit den alten Aufruhrstifter,
      Die fluchbeladne Fackel dieses Kriegs,
      Matthias Thurn, des Rächers Händen aus.
      – Doch in großmüth'ge Hand war er gefallen,
      Statt Strafe fand er Lohn, und reich beschenkt
      Entließ der Fürst den Erzfeind seines Kaisers.
Wallenstein (lacht).
      Ich weiß, ich weiß – Sie hatten schon in Wien
      Die Fenster, die Balcons voraus gemiethet,
      Ihr auf dem Armensünderkarrn zu sehn –
      Die Schlacht hätt' ich mit Schimpf verlieren mögen,
      Doch das vergeben mir die Wiener nicht,
      Daß ich um ein Spektakel sie betrog.
Questenberg.
      Befreit war Schlesien, und Alles rief
      Den Herzog nun ins hartbedrängte Bayern.
      Er setzt auch wirklich sich in Marsch – gemächlich
      Durchzieht er Böheim auf dem längsten Wege;
      Doch, eh er noch den Feind gesehen, wendet
      Er schleunig um, bezieht sein Winterlager, drückt
      Des Kaisers Länder mit des Kaisers Heer.
Wallenstein.
      Das Heer war zum Erbarmen, jede Nothdurft, jede
      Bequemlichkeit gebrach – der Winter kam.
      Was denkt die Majestät von ihren Truppen?
      Sind wir nicht Menschen? Nicht der Kält' und Nässe,
      Nicht jeder Nothdurft sterblich unterworfen?
      Fluchwürdig Schicksal des Soldaten! Wo
      Er hinkommt, flieht man vor ihm – wo er weggeht,
      Verwünscht man ihn! Er muß sich Alles nehmen;
      Man gibt ihm nichts, und Jeglichem gezwungen
      Zu nehmen, ist er Jeglichem ein Gräuel.
      Hier stehen meine Generals. Caraffa!
      Graf Deodati! Buttler! Sagt es ihm,
      Wie lang der Sold den Truppen ausgeblieben?
Buttler.
      Ein Jahr schon fehlt die Löhnung.
Wallenstein.                                       Und sein Sold
      Muß dem Soldaten werden; darnach heißt er!
Questenberg.
      Das klingt ganz anders, als der Fürst von Friedland
      Vor acht, neun Jahren sich vernehmen ließ.
Wallenstein.
      Ja, meine Schuld ist es, weiß wohl, ich selbst
      Hab' mir den Kaiser so verwöhnt. Da! Vor neun Jahren,
      Beim Dänenkriege, stellt' ich eine Macht ihm auf
      Von vierzigtausend Köpfen oder fünfzig,
      Die aus dem eignen Säckel keinen Deut
      Ihm kostete – Durch Sachsens Kreise zog
      Die Kriegesfurie, bis an die Scheeren
      Des Belts den Schrecken seines Namens tragend.
      Da war noch eine Zeit! Im ganzen Kaiserstaate
      Kein Nam' geehrt, gefeiert, wie der meine,
      Und Albrecht Wallenstein, so hieß
      Der dritte Edelstein in seiner Krone!
      Doch auf dem Regensburger Fürstentag,
      Da brach es auf! Da lag es kund und offen,
      Aus welchem Beutel ich gewirthschaft't hatte.
      Und was war nun mein Dank dafür, daß ich,
      Ein treuer Fürstenknecht, der Völker Fluch
      Auf mich gebürdet – diesen Krieg, der nur
Ihn groß gemacht, die Fürsten zahlen lassen?
      Was? Aufgeopfert wurd' ich ihren Klagen,
      – Abgesetzt wurd' ich.
Questenberg.                     Eure Gnaden weiß,
      Wie sehr auf jenem unglücksvollen Reichstag
      Die Freiheit ihm gemangelt.
Wallenstein.                             Tod und Teufel!
      Ich hatte, was ihm Freiheit schaffen konnte.
      – Nein, Herr! Seitdem es mir so schlecht bekam,
      Dem Thron zu dienen und des Reiches Kosten,
      Hab' ich vom Reich ganz anders denken lernen.
      Vom Kaiser freilich hab' ich diesen Stab;
      Doch führ' ich jetzt ihn als des Reiches Feldherr,
      Zur Wohlfahrt Aller, zu der Ganzen Heil,
      Und nicht mehr zur Vergrößerung des Einen!
      Zur Sache doch. Was ist's das man von mir begehrt?
Questenberg.
      Fürs Erste wollen Seine Majestät,
      Daß die Armee ohn' Aufschub Böhmen räume.
Wallenstein.
      In dieser Jahrszeit? Und wohin will man,
      Daß wir uns wenden?
Questenberg.                   Dahin, wo der Feind ist.
      Denn seine Majestät will Regensburg
      Vor Ostern noch vom Feind gesäubert sehn,
      Daß länger nicht im Dome lutherisch
      Gepredigt werde – ketzerischer Gräul
      Des Festes reine Feier nicht besudle.
Wallenstein.
      Kann das geschehen, meine Generals?
Illo.
      Es ist nicht möglich.
Buttler. Es kann nicht geschehn.
Questenberg.
      Der Kaiser hat auch schon dem Oberst Suys
      Befehl geschickt, nach Bayern vorzurücken.
Wallenstein.
      Was that der Suys?
Questenberg.                 Was er schuldig war.
      Er rückte vor.
Wallenstein.         Er rückte vor! Und ich,
      Sein Chef, gab ihm Befehl, ausdrücklichen,
      Nicht von dem Platz zu weichen! Steht es so
      Um mein Kommando? Das ist der Gehorsam,
      Den man mir schuldig, ohne den kein Kriegsstand
      Zu denken ist? Sie, meine Generale,
      Seien Richter! Was verdient der Officier,
      Der eidvergessen seine Order bricht?
Illo.
      Den Tod!
Wallenstein (da die Uebrigen bedenklich schweigen, mit erhöhter
          Stimme).
                        Graf Piccolomini, was hat er
      Verdient?
Max (nach einer langen Pause).
                        Nach des Gesetzes Wort – den Tod!
Isolani.
      Den Tod!
Buttler. Den Tod nach Kriegesrecht!
(Questenberg steht auf. Wallenstein folgt, es erheben sich Alle.)
Wallenstein.
      Dazu verdammt ihn das Gesetz, nicht ich!
      Und wenn ich ihn begnadige, geschieht's
      Aus schuld'ger Achtung gegen meinen Kaiser.
Questenberg.
      Wenn's so steht, hab' ich hier nichts mehr zu sagen.
Wallenstein.
      Nur auf Bedingung nahm ich dies Kommando;
      Und gleich die erste war, daß mir zum Nachtheil
      Kein Menschenkind, auch selbst der Kaiser nicht,
      Bei der Armee zu sagen haben sollte.
      Wenn für den Ausgang ich mit meiner Ehre
      Und meinem Kopf soll haften, muß ich Herr
      Darüber sein. Was machte diesen Gustav
      Unwiderstehlich, unbesiegt auf Erden?
      Dies: daß er König was in seinem Heer!
      Ein König aber, einer, der es ist,
      Ward nie besiegt, noch, als durch seines Gleichen –
      Jedoch zur Sach'! Das Beste soll noch kommen.
Questenberg.
      Der Kardinal-Infant wird mit dem Frühjahr
      Aus Mailand rücken und ein spanisch Heer
      Durch Deutschland nach den Niederlanden führen.
      Damit er sicher seinen Weg verfolge,
      Will der Monarch, daß hier aus der Armee
      Acht Regimenter ihn zu Pferd begleiten.
Wallenstein.
      Ich merk', ich merk' – Acht Regimenter – Wohl,
      Wohl ausersonnen, Pater Lamormain!
      Wär' der Gedank' nicht so verwünscht gescheit,
      Man wär' versucht, ihn herzlich dumm zu nennen.
      Achttausend Pferde! Ja, ja! es ist richtig,
      Ich seh' es kommen.
Questenberg.                   Es ist nichts dahinter
      Zu sehn. Die Klugheit räth's, die Noth gebeut's.
Wallenstein.
      Wie, mein Herr Abgesandter? Ich soll's wohl
      Nicht merken, daß man's müde ist, die Macht,
      Des Schwertes Griff in meiner Hand zu sehn?
      Daß man begierig diesen Vorwand hascht,
      Den span'schen Namen braucht, mein Volk zu mindern,
      Ins Reich zu führen eine neue Macht,
      Die mir nicht untergeben sei. Mich so
      Gerad bei Seit' zu werfen, dazu bin ich
      Euch noch zu mächtig. Mein Vertrag erheischt's,
      Daß alle Kaiserheere mir gehorchen,
      So weit die deutsche Sprach' geredet wird.
      Von span'schen Truppen aber und Infanten,
      Die durch das Reich als Gäste wandernd ziehn,
      Steht im Vertrage nichts – Da kommt man denn
      So in der Stille hinter ihm herum,
      Macht mich erst schwächer, dann entbehrlich, bis
      Man kürzeren Proceß kann mit mir machen.
      – Wozu die krummen Wege, Herr Minister?
      Gerad heraus! Den Kaiser drückt das Pactum
      Mit mir. Er möchte gerne, daß ich ginge.
      Ich will ihm den Gefallen thun; das war
      Beschloßne Sache, Herr, noch eh Sie kamen.
(Es entsteht eine Bewegung unter den Generalen, welche immer
      zunimmt.)
Es thut mir leid um meine Obersten;
      Noch seh ich nicht, wie sie zu ihren vorgeschoßnen Geldern,
      Zum wohlverdienten Lohne kommen werden.
      Neu Regiment bringt neue Menschen auf,
      Und früheres Verdienst veraltet schnell.
      Es dienen viel Ausländische im Heer,
      Und war der Mann nur sonsten brav und tüchtig,
      Ich pflegte eben nicht nach seinem Stammbaum,
      Noch seinem Katechismus viel zu fragen.
      Das wird auch anders werden künftighin!
      Nur – mich geht's nichts mehr an. (Er setzt sich.)
Max.                                                     Da sei Gott für,
      Daß es bis dahin kommen soll! – Die ganze
      Armee wird furchtbar gährend sich erheben –
      Der Kaiser wird mißbraucht, es kann nicht sein.
Isolani.
      Es kann nicht sein, denn Alles ging zu Trümmern.
Wallenstein.
      Das wird es, treuer Isolan. Zu Trümmern
      Wird Alles gehn, was wir bedächtig bauten.
      Deßwegen aber find't sich doch ein Feldherr,
      Und auch ein Kriegsherr läuft noch wohl dem Kaiser
      Zusammen, wenn die Trommel wird geschlagen.
Max (geschäftig, leidenschaftlich von Einem zum Andern gehend und
          sie besänftigend).
      Hör' mich, mein Feldherr! Hört mich, Obersten!
      Laß dich beschwören, Fürst! Beschließe nichts,
      Bis wir zusammen Rath gehalten, dir
      Vorstellungen gethan – Kommt, meine Freunde!
      Ich hoff', es ist noch Alles herzustellen.
Terzky.
      Kommt, kommt! im Vorsaal treffen wir die Andern.
(Gehen.)
Buttler (zu Questenberg).
      Wenn guter Rath Gehör bei Ihnen findet,
      Vermeiden Sie's, in diesen ersten Stunden
      Sich öffentlich zu zeigen, schwerlich möchte Sie
      Der goldne Schlüssel vor Mißhandlung schützen.
(Laute Bewegung draußen.)
Wallenstein.
      Der Rath ist gut – Octavio, du wirst
      Für unsers Gastes Sicherheit mit haften.
      Gehaben Sie sich wohl, von Questenberg!
          (Als Dieser reden will.)
      Nichts, nichts von dem verhaßten Gegenstand!
      Sie thaten Ihre Schuldigkeit. Ich weiß
      Den Mann von seinem Amt zu unterscheiden.
(Indem Questenberg mit dem Octavio abgehen will, dringen
Götz, Tiefenbach, Colalto herein, denen noch mehrere
      Kommandeurs folgen.
Götz.
      Wo ist er, der uns unsern General –
Tiefenbach (zugleich).
      Was müssen wir erfahren, du willst uns –
Colalto (zugleich).
      Wir wollen mit dir leben, mit dir sterben.
Wallenstein (mit Ansehen, indem er auf Illo zeigt).
      Hier der Feldmarschall weiß um meinen Willen.
          (Geht ab.)