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Buchschmuck

Voll Ungemach war heut die Welt,
Kein Haus schien fest genug bestellt,
Der Frost, der Regen drang hinein,
Nur unberührt, ein Fels von Stein,
Steht dort das Schloß allein.
Hier duftet in krystallner Schaale
Trotz Winterschnee ein Blüthenflor im Saale;
In falschen Gluthen aufgezogen
Blüht hier die Rose, um den Lenz betrogen. –
Bemüht das Eis des Winters zu verstecken,
Rauscht lebensfroh der Springquell in sein Becken;
Und fremde Vögel dürfen träumen
Von ihrer Heimath unter Palmenbäumen.

Es war schon spät und wieder war die Nacht
Zum Morgen heut herangemacht. –
Die letzten Gäste sind geschieden.
Armin blieb zögernd noch im Saale stehn,
Er frug: »Hast du Sever gesehn?«
Sie lächelte, »den suchst du hier?
Und weißt, er kann den Tanz nicht leiden –
Du bist in meinem Lustrevier!«

»Wie traurig!« rief er, »trennt ihn das von dir?«
Sie nickte. »Nie gelang uns Beiden
Der Tanz, er kann den Takt nicht unterscheiden
Und wurde bös, begann ich dann zu lächeln.
Wie würd' er hier die heiße Stirne fächeln,
Als wäre Arbeit unser Fest. –
Ihn wird kein holdes Lied erwärmen,
Musik bleibt ihm ein nutzlos Lärmen,
Das klugem Worte keine Stelle läßt.«

»Doch früher war es anders«, sprach Armin,
»Ihr lebtet ja wie Blüthen einer Sonne
Von einer Luft, von einer Wonne.«

»Doch war's die rechte nicht für ihn,
Begann sie scheu, mir ahnt' es bald,
Als er zum ersten Mal mich schalt;
Er duldet nur aus Güte mein Vergnügen,
Wie man dem Kinde, das man ungern kränkt,
Im Lieblingsspiele Nachsicht schenkt,
Denn meine Sonne kann ihm nie genügen.
Und weil ich weiß, es wird ihm schwer,
So lieb ich ihn nur deshalb desto mehr.
Komm mit, wir suchen ihn, mit einem Kuß
Dank ich ihm dann des Tages lieblichen Genuß.«

Sie eilte durch die glanzerfüllten Zimmer,
Sein Auge folgte ihres Kleides Schimmer.
Er sah sie den Geliebten finden
Und sah den Kuß die Beiden eng verbinden.

Da ging er fort, zufrieden und erfreut –
Er sah, sie liebten sich noch heut.

Sie saßen in dem Laubgebüsch von Myrthen,
Wo Rosen- und Jasminduft sich verwirrten.
Er küßte sie und sprach zu ihr:
»Simplizitas, gehörst du mir?«

Sie legte dicht ihr Haupt an seine Wange
Und flüsterte mit schmeichelnd süßem Klange:
»Dir ganz allein, wie sollt ich nicht?«

Er sprach: »und doch dein Angesicht
Sieht jeder Andre mehr als ich.«

Sie lächelte, »Das trifft nur dich,
Was lebst du einsam wie die Eule,
Du weißt wie gern ich Freuden mit dir theile –«

Er sah sie düster an und sprach:
»Ich kann dem Schmetterling nicht nach.«
Sie frug: »und willst du ihn verklagen,
Weil er die Sonne sucht in seinen jungen Tagen?«

Er sprach: »Der Eine muß Entbehrung tragen
Und sich des Lebens Schmuck versagen; –
Doch wenn sich unsre Wege scheiden, –
Wer soll des Andern halber leiden.«
Sie zweifelt, ob die Rede ihr gegolten,
So rauh hat er mit ihr noch nie gescholten.

Er aber schloß die Arme um sie her.
»Simplizitas! ich trage es nicht mehr,
Verfinstert ist mir Alles, liebeleer;
Ich kann nicht leben nah und doch getrennt
In dieser Sehnsucht, die mein Herz verbrennt. –
Versuche nur ein einzig Mal,
Ob was mir Freude ist, dir wäre Qual.«
Und feurig fing er an ein edles Leben,
Wo Geist und Herz vereint zum Himmel streben,
Vor ihrer Seele zu entfalten.

Allein! – zum Fliegen fehlen ihr die Schwingen,
Sie sucht umsonst ihm nachzudringen
Und auf der Höhe sich zu halten.

Er merkt es wohl und läßt sie los; –
Da wirft sie sich in seinen Schooß
Und spricht: »Was hast du für Gewinn,
Wenn ich nicht mehr so lustig bin?
Verlieren würd ich meine Wonne,
Und unerreichbar wie die Sonne
Bleibt deine mir. Du fühlst es auch,
O laß mir meinen Frühlingshauch!
Sonst wollt ihr Männer doch allein
Ganz gern die Klugen sein.«

Sie sah so lieblich aus, so demuthsvoll,
Daß ihm das Herz von neuer Liebe schwoll,
Besitzen muß er sie ... ist sie denn nicht sein eigen?
Den rechten Pfad nur will er ihr ja zeigen.

Er sprach: »Befehlen könnt ich, aber laß mich flehn;
Ein Weilchen sollst du meine Wege gehn.
Du schenkst, von keinem Feste unterbrochen,
Mir deine Zeit auf wenig Wochen.
Nie hab ich einen Tag genossen,
Von ferne stand ich einsam und verdrossen.
Du läßt die Gäste gehn, die hier dein Treiben hält,
Vier Wochen bin ich deine ganze Welt.
Nach jener Zeit will ich dich nie beschränken;
Und lernst du nicht auf meine Weise denken,
So magst du mit den Spielereien
Auf immer dann dein kindisch Herz erfreuen.«

Es dunkelte – er sah ihr Antlitz kaum,
Vom Rosen- und Orangenbaum
Durchzog ein schwüler Duft das Zimmer.
Sie aber schwieg – verstummt noch immer –

Da stand er auf und ließ sie stehn.
Sie hört den schweren Schritt ob ihren Häupten gehn,
Er geht und geht und findet keine Rast –
Da schwillt ihr leichtes Herz zur Last.
Und endlich bricht sie von dem dorn'gen Ast
Die Rose ab und geht ihm nach.

Sanft öffnet sie Sever's Gemach –
Es war so still und stumm darin,
Kalt – dunkel – erst im letzten Eckchen fand sie ihn,
Das Angesicht vergraben in den Händen.
Sie sucht sein Haupt sich zuzuwenden
Und spricht: »Hier kommt dein Eigensinn,
Gestrenger Herr, ganz reuemüthig
Und bittet dich, sei wieder gütig,
Ich will ja thun, wie du befohlen;
Will kaum noch lächeln – – nur verstohlen,
Die alten Bücher will ich mit dir lesen,
Damit ich seh, wie dumm ich einst gewesen,
Mit dir allein, an keinen Andren denkend,
Dir meine ganze Seele schenkend. –
Zum Pfande bring ich dir die Rose,
Die arme lächelnde, die lose.
Die eigentlich nur lebt im Thau
Vom Vogelsang, vom Himmelsblau; –
Hier nimm sie hin, sei wieder gut
Und laß sie träumen, wenn sie bei dir ruht,
Vom Sonnenschein – vom frohen Schwarme,
Der sie umgab in goldner Strahlenfluth. –«

Da schloß er sie voll Liebesgluth
So feurig in die festen Arme,
Daß sie erschrocken wiederum erkannte
Die wilde Kraft, die sich die Liebe nannte.
Entblättert sank die Rose ihr zu Füßen,
Er fragte nicht nach ihr, der süßen.
Sie aber sah sie welken, bleichen
Und fing sich an der Blume zu vergleichen.
Der Mond beleuchtete ein heiliges Versprechen;
Er ließ es tausendmal sich wiedersagen
Und sprach: »Wirst du das Wort mir brechen,
So wird es meine Seele nicht ertragen.«

Buchschmuck

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