Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Fünftes Kapitel.
Die Prinzessin Uranow

Jedermann in Paris kannte mit mehr oder weniger Genauigkeit die Lebensgeschichte der Prinzessin Uranow – eine Geschichte, die in ihren Thatsachen so sensationell war, daß die Uebertreibung kaum noch etwas daran vergrößern konnte.

Die Prinzessin entstammte einer alten Familie, die früher in ihrer Heimat fürstlichen Rang gehabt, unter russischer Herrschaft aber verarmt und gesunken war. Im Alter von 17 Jahren heiratete das junge, auffallend schöne Mädchen den alten aber unermeßlich reichen Prinzen Uranow und alle Berichte stimmten darin überein, daß sie diesem alten Herrn eine unvergleichlich treue Gattin und sorgsame Pflegerin gewesen. Ein Jahr nach ihrer Verheiratung fand sich die Prinzessin Uranow als Witwe, jung, reich, schön und unabhängig, und der erste Gebrauch, den sie von ihrer neuen Freiheit machte (nachdem sie dem ältlichen Gentleman, der sie so wohl versorgt, ein schönes granitnes Grabdenkmal errichtet hatte), war, daß sie eine Entdeckungsreise in die weite Welt unternahm. Daß eine so begehrenswerte Frau nicht lange einsam trauern konnte, »und daß Aspiranten für die Succession des verstorbenen Prinzen Uranow« sich einstellten, sobald der Anstand es zuließ, und vielleicht noch früher, war zu erwarten. Aber die Nachricht von ihrer plötzlichen Verbindung mit dem Grafen Ladislaus Ponetzki, einem verarmten polnischen Flüchtling, überraschte denn doch jedermann und wurde hohen Orts in St. Petersburg ihr auch sehr übel vermerkt.

Dieser Ponetzki scheint ein Abenteurer von der Klasse gewesen zu sein, wie sie in den Reihen patriotischer Verschwörer so häufig vorkommen. Möglich, daß er seiner Frau die Wahrheit sagte, wenn er behauptete, er sei mit Leib und Seele an gewisse geheime Gesellschaften gebunden, und seine häufigen Angriffe auf ihre Börse würden ihm von einer Seite geboten, der er keinen Ungehorsam entgegenzusetzen wage. Unglücklicherweise hatte er aber auch andere Gewohnheiten, die durch keine Theorie äußerer Beeinflussung entschuldigt werden konnten. Die arme Prinzessin, die von diesem Mann ihr Herz im Sturm hatte erobern lassen, hatte eine böse Zeit mit ihm und brauchte nicht lange, um ihre Wahl zu bereuen. Zum Glück aber konnte ihr zweiter Mann sie kaum länger quälen als der erste. Die Polizei nämlich fing ihn eines Nachts in den Straßen Warschaus auf und schickte ihn ohne Besinnen nach Sibirien. Als er auf dem Wege dorthin zu entkommen suchte, wurde er erschossen.

Die Gräfin Ponetzki, die nun zum zweitenmal Witwe war, beeilte sich, zu Füßen des Zaren um Verzeihung zu flehen und zu beteuern, daß ihre Loyalität durch den unglücklichen Verbrecher, der nicht mehr existierte, keinen Augenblick erschüttert worden sei. Sie war schön, hatte viel leiden müssen, verstand das Bitten vortrefflich – und erhielt Verzeihung. Als Vincenz Gervis, damals seit zwei Jahren verwitwet, als Botschaftsrat an den russischen Hof geschickt wurde und mit seinen zwei Kindern auf seinem Posten anlangte, fand er die Prinzessin Uranow (sie hatte nach ihrer Rückkehr den Namen ihres ersten Mannes wieder angenommen) in großem Glanz am Hofe zu St. Petersburg lebend. Sie stand bei der kaiserlichen Familie in hohem Ansehen und macht ein glänzendes Haus.

Zu jener Zeit genoß Gervis den Ruf, einer der bestechendsten Männer in ganz Europa zu sein. Er war nicht mehr jung, war auch niemals schön gewesen; doch war er höchst gescheit und hatte die seltene Gabe, immer das rechte Ding zu der rechten Person sagen zu können. Außerdem war ihm von seiner ersten Frau ein Vermögen geblieben, und er lebte in weit behaglicheren Verhältnissen, als die große Menge der Diplomaten. Schon dieser Umstand gab ihm einen gewissen Rückhalt, dessen Vorteile er vollkommen einsah. Kurz, er hatte keine großen Schwierigkeiten, die Prinzessin zum drittenmale in die Ehe zu führen. Das neuverheiratete Paar lebte in vollkommenster Freundschaft und gegenseitiger Hingebung mehr als zwölf Monate zusammen. Nach dieser Zeit verließ Gervis den diplomatischen Dienst und unternahm mit seiner Frau eine Reise durch Deutschland und die Schweiz. Auf dieser Reise fand infolge irgend einer Katastrophe ein Bruch zwischen den beiden Gatten statt. Wie oder wann derselbe sich zutrug, oder welcher Natur er war, das blieb immer ein Rätsel; denn keine der Parteien gab jemals eine Erklärung darüber, und die beiden Kinder Claud und Genoveva waren unter Fräulein Potts Aufsicht direkt von St. Petersburg nach Paris geschickt worden, konnten also auch nicht als Zeugen ausgefragt werden.

Im Frühling hatte die Familie Gervis ihren Haushalt in Rußland abgebrochen, im Herbst schlug die Prinzessin Uranow ihr Heim in einer geräumigen Beletage des Boulevard Malesherbes auf, die sie seitdem bewohnte. Ihr Gatte ließ sich in dem darüberliegenden Stockwerk häuslich nieder. In dieser seltsamen Weise setzten sie von da ab ihr Leben fort, unterhielten ihren Haushalt getrennt unter demselben Dach, kamen gelegentlich auf kalt höflichem Fuße zusammen, zeigten sich auch von Zeit zu Zeit zusammen öffentlich in der Welt, versuchten aber nie, weder durch Wort noch durch Handlung die leiseste Kontrolle über einander auszuüben. Die Kinder bildeten das verbindende Glied zwischen dem ersten und dem zweiten Stockwerk, sie verbrachten soviel Zeit in dem einen als in dem anderen Hausstand, wendeten aber wohl den Hauptteil ihrer Zärtlichkeit der jungen, schönen, eleganten Stiefmutter zu, die mit ihnen spielte, sie auf ihren Spazierfahrten mitnahm und ihnen Spielzeug und Bonbons ohne Ende gab, sich auch außerdem selbst so kindisch benahm, daß die Kinder sich mit ihr auf gleicher Stufe fühlten und sie nie anders als Varinka anredeten; so lautete nämlich der Vorname der Prinzessin.

So ging das Verhältnis eine Zeitlang ziemlich glatt, und wenn die Kinder immer hätten Kinder bleiben können, so hätte die Spaltung im Haushalt ganz gemütlich bemäntelt werden können. Als aber im Laufe der Zeit Claud nach Eton geschickt wurde und Genoveva mit andern Mädchen ihres Alters Umgang bekam, da war es unvermeidlich, daß sie den Bruch bemerken, und vielleicht noch unvermeidlicher, daß sie sich auf die Seite des einen oder anderen stellen mußten. Bei Claud äußerte sich kein sehr starkes Gefühl, außer, daß die beiden Menschen, die er liebte, sich miteinander versöhnen müßten. Mit zunehmenden Jahren aber wurde er mehr und mehr seines Vaters Freund und Gefährte, und die Frauen mußten einsehen lernen, daß bittere Reden über das Haupt der Familie in seiner Gegenwart nicht angebracht waren. Charakter und Umstände trieben Genoveva zu einer weit heftigeren Parteinahme. Zärtlich von Natur, aber etwas zurückhaltend und etwas zu empfindlich, liebte sie Varinkas verschwenderische Liebkosungen und Schmeichelnamen ebensosehr, als sie ihres Vaters kaltes Lächeln und sarkastische Höflichkeit fürchtete. Die Mutter erdrückte sie mit Küssen nach einer Trennung von vierundzwanzig Stunden; der Vater begrüßte sie nach einer mehrmonatlichen Reise mit einem kühlen Kopfnicken. Zur Zeit, wo unsere Geschichte zu spielen anfängt, war Genoveva, wie ich fürchte, nicht sehr weit davon entfernt, dem Vater den Haß zurückzugeben, den sie bei ihm voraussetzte. Fräulein Potts, die ihren Brotherrn für durch und durch schlecht hielt, für selbstsüchtig, herzlos und grausam, war zum großen Teil schuld an diesem unerquicklichen Zustand; doch wurzelte des Mädchens Antipathie eher in Mitleiden mit Varinka, als in der Empfindlichkeit über ihre eigene Zurücksetzung.

Die Prinzessin Uranow nämlich zeigte oft ein furchtbares Entsetzen vor ihrem Gatten, ein Entsetzen, welches sich Genoveva nur mit geheimen Mißhandlungen erklären konnte, da es sich so völlig von dem sonstigen Benehmen der heiteren kleinen Frau unterschied. Manchmal ließ Gervis mitten in ihr geläufiges Schnattern hinein eine scheinbar unschuldige Bemerkung fallen, und vor seinen gedämpften, bedächtigen Tönen erweiterten sich sofort die Augen der jungen Frau, ihr Wortfluß erstarb auf ihren Lippen, sie sah ihren Gatten an wie das Vöglein die Schlange, während er sie unter seinen halbgeschlossenen Augenlidern hervor mit unergründlichem Ausdruck beobachtete. Völlig vorurteilsfreie Zuschauer wären auf die Vermutung gekommen, die Dame habe ein böses Gewissen; Genoveva brannte vor Unwillen, weil sie alles, was sie sah, auf Rechnung einer bloß physischen Furcht schrieb. Dies war auch der Eindruck, den Varinka hervorbringen wollte. »Der Abscheuliche! Er hat mich geschlagen!« schluchzte sie eines Tages, als Genoveva sie in einem Thränenstrom fand, und das Mädchen glaubte ihr und vergaß die Anklage gegen ihren Vater nie wieder, obgleich dieselbe völlig aus der Luft gegriffen war und sie sich der Wahrnehmung nicht verschließen konnte, daß ihre Stiefmutter gewohnheitsmäßig und unheilbar am Lügen krankte. Sie war nicht die einzige, deren unparteiisches Urteil durch die kleine Prinzessin getrübt worden war. Alle Welt stimmte darin überein, Varinka reizend zu finden. Niemand dachte daran, sie nach dem gewöhnlichen Maßstabe zu messen. Sie war geboren, um ein verzogenes Kind zu sein, und als ein verzogenes Kind wurde sie denn auch von jedermann behandelt, mit der alleinigen Ausnahme ihres Gatten. Im Alter von zweiunddreißig Jahren war sie noch so schön und so frisch und so kindisch wie nur je. Zeit und Erfahrung hatten auf ihren rosigen Wangen keine Spuren hinterlassen; innerlich und äußerlich verriet kein Symptom, daß die Jugend von ihr fliehe, und wer die zierliche Gestalt, der trotz aller Zartheit eine weiche Fülle nicht fehlte, mit den goldenen Locken und den offenen blauen Augen bewunderte, sei es nun, daß sie sich in der elegantesten und kostbarsten Balltoilette in der großen Welt zeigte, sei es, daß sie im eng anliegenden blauen Reitkleide auf feurigem Renner durch das Bois de Boulogne sprengte, der mußte sie für ein von der Welt noch gänzlich unberührtes junges Mädchen von achtzehn Jahren halten. Sie führte ein lustiges Leben in der lustigsten aller modernen Städte; sie hatte so viele Bewunderer, wie eine Frau sich nur wünschen konnte, und wenn es in ihrem Leben dunkle Flecken gab, so hielt sie dieselben sorgfältig verborgen.

So beschaffen war die Dame, welche Genoveva in Southlands willkommen hieß, und zwar mit einer solchen Ueberschwenglichkeit, daß die nüchterne englische Dienerschaft mit offenem Munde wie eingewurzelt stehen blieb.

»Komm hinauf zu mir!« rief sie nach dem ersten Ausbruch des Jubels. »Komm sogleich! Ich habe dir tausenderlei zu erzählen!« Und sobald sie sich eingeschlossen und eingeriegelt in ihrem Zimmer befanden, warf Varinka sich auf ein Sofa und machte ihren Gefühlen in einem Seufzer Luft, der zugleich ein Gähnen war.

»Endlich!« rief sie aus. »Noch eine Woche von diesem Leben, und ich hätte mich entschieden im Meere ersäuft!«

»Arme Varinka! Es war also sehr schlimm?«

»Schlimm ist gar nichts. Es war unerträglich, o! völlig unerträglich! Stelle dir doch nur die Lage vor! Denkst du, ich wäre je darauf eingegangen, wenn ich im voraus gewußt hätte, wie das werden sollte? Denkst du, er wäre je darauf eingegangen? Der unglückliche Claud mit seinen absurden Ideen ist schuld an allem! Enfin! da es doch nun vorüber ist!«

»Hat er – hat er dich unglücklich gemacht?« fragte Genoveva mit Beziehung. Wenn diese beiden nämlich von Herrn Gervis senior sprachen, so bedienten sie sich, um ihn zu bezeichnen, unwandelbar des persönlichen Fürworts.

Die Prinzessin brach in ein schrilles Lachen aus.

»Unglücklich? Es fragt sich, was du unglücklich nennst! Er hat sich sehr gut benommen. Auch ich – on ne peut mieux. Aber was für ein Leben – mon Dieu! mon Dieu! was für ein Leben! Siehst du uns nicht tête-à-tête bei Tische sitzen, er am einen Ende der langen Tafel, ich am anderen, beide vollkommen schweigsam, und dazu drei Dienstboten, die von einem zum anderen starren? Es gab Augenblicke, wo ich vor Lachen hätte aufkreischen mögen, nur fürchtete ich mich, und das ließ mich meine Haltung bewahren. Du kennst ja seine grausig höfliche Manier, die einem das Mark in den Knochen erstarrt: ›Wann wünschen Sie heute den Wagen? Es ist Zeit Lady Jones' Besuch zu erwidern, und mit Ihrer Erlaubnis werde ich Sie begleiten.‹« Hier ahmte die Prinzessin höchst gelungen ihres Gatten gezogene Aussprache und Manieren nach. »Ich antwortete: ›Bitte legen Sie sich kein Opfer auf; ich bin imstande, Mylady allein zu besuchen.‹ ›Brauchen Sie doch nicht ein so häßliches Wort wie Opfer,‹ sagte er mit der Miene eines Märtyrers, ›die Pflicht, einen ceremoniösen Besuch abzustatten, wird mehr als angenehm durch den Reiz Ihrer Gesellschaft.‹ Dann fahren wir davon in einer großen Kutsche, durch die staubigen Chausseen und Straßen. Manchmal macht er mich auf die landschaftlichen Schönheiten aufmerksam, gewöhnlich aber liegt er mit geschlossenen Augen in seiner Ecke und sagt nichts. Währenddem bemächtigt der Teufel sich meiner armen Nerven und gibt mir die wunderbarsten Ideen ein. Ich sehne mich nach einer Handlung der Verzweiflung, ihn zu kitzeln oder ihm den Hut vom Kopf zu schnippen. Dann kommt der Besuch. O, diese Engländer! Man muß sie in ihren Landhäusern sehen, um zu verstehen, wie stupide und linkisch sie sein können! Er liebt sie. Er sieht sie für gute Leute an, amüsant in ihrer Weise. Ich aber nehme an, daß er so etwas nur sagt, um mich zu ärgern. Zwei von ihnen werden heute hier dinieren, ein Herr Flemyng und seine Tochter. Sie ist nicht übel, ein hübsches, kluges, elegantes Mädchen, die einzige Engländerin hier, die keine ganze Barbarin ist. Er ist ein Savant, ein Philosoph mit weißem Haar, der nur immer redet, redet, redet! Ich verstehe ihn nicht und höre ihm auch gar nicht zu. Nun, wenigstens ist das Ende von dem allen nah, und ich werde mich nicht sobald wieder in diesem Lande blicken lassen, das verspreche ich dir. Kannst du übermorgen fertig sein?«

»Natürlich, ich kann fertig sein, wenn ich gehen soll,« antwortete Genoveva etwas abwesend. Sie stand am Fenster, betrachtete eine der lieblichsten Gegenden von England und hatte vielleicht Varinkas Skizze gar nicht mit Aufmerksamkeit verfolgt.

»Wenn du gehen sollst!« stieß die Prinzessin hervor, sprang von ihrem Sofa auf und schoß zornig auf die Sprecherin zu. »Du sprichst, als ob du lieber nicht gehen möchtest. O, ich verstehe, du bist wie die übrigen, du bist meiner überdrüssig und suchst mich los zu werden. Du hast auch ganz recht. Verlaß mich nur! Du verlässest damit nur eine äußerst unglückliche Frau, die denen, welche sie liebt, nie Glück gebracht hat. Aber ich hielt dich für beständiger, Genoveva!«

Damit verbarg die Dame das Gesicht in den Händen und schluchzte.

Sanft zog Genoveva diese runden, juwelengeschmückten Finger von den Augen ihrer schönen Stiefmutter hinweg und nahm sie zwischen ihre eigenen, die größer waren, aber, wie manche Leute meinten, schönere Formen hatten. Sie war an solche Gefühlsergüsse gewöhnt, und wußte, daß – trotz allen Schluchzens – wirkliche Thränen in den Augen der Prinzessin nicht vorhanden waren.

»Wie kannst du solchen Unsinn reden, Varinka!« sagte sie. »Mein Heim ist doch immer bei dir gewesen und wird es immer sein. Welche andere Heimat sollte ich haben?«

Die Prinzessin war sehr schnell befriedigt und stürmte unter vielen Liebkosungen dann weiter in ihrer Rede fort: »Ich bitte tausendmal um Verzeihung, daß ich an dir gezweifelt habe. Es war thöricht von mir, es war sündhaft; aber meine Nerven sind außer Rand und Band. Höre,« fuhr sie mit geheimnisvoll gedämpfter Stimme fort, »ich denke, er hat einen Plan mit dir.«

»Einen Plan mit mir? das wäre etwas Neues. Im allgemeinen bezweifle ich, ob er sich meiner Existenz bewußt ist, wenn ich nicht gerade im Zimmer bin.«

»Ah bah! er vergißt dich weniger, als du denkst. Vor kurzem erschreckte er mich durch die plötzliche Frage, ob ich schon eine Partie für dich gefunden habe. Als ich antwortete, du seiest noch zu jung und ich habe noch nicht im Traum daran gedacht, da meinte er: ›Das ist gut, denn ich hätte zu ihrer Heirat mit einem Franzosen meine Einwilligung nicht gegeben.‹«

Genoveva lachte. »Ist das alles?« fragte sie.

»Es ist alles, was er zu der Zeit sagte; da es aber von ihm kommt, so liegt sehr viel darin. Nachher erkundigte er sich, ob mir viel daran liege, dich nach Trouville mitzunehmen. Ich bin überzeugt, daß er dich an einen Engländer verheiraten will, und wahrscheinlich (denn du weißt, er spricht nie über etwas, ehe er sich selbst ganz darüber klar ist) hat er sich auch schon für eine bestimmte Person entschieden. Der junge Mann, der die Jachtfahrt mitgemacht hat, ist ja wohl reich und von vornehmer Geburt? Die ganze Geschichte wird eben nur eingefädelt, mir zum Trotz. Er weiß sehr wohl, daß ich – ah!«

Dieser scharfe Ausruf wurde der Prinzessin erpreßt durch eine gewisse Veränderung, die sie auf dem Gesicht ihrer Gefährtin bemerkte. Das Tageslicht schwand schnell dahin; es konnte aber kein Zweifel sein, daß das junge Mädchen errötete und ein Lächeln zu unterdrücken suchte, aber ohne Erfolg. Die Prinzessin sah es und sprang wie gewöhnlich zu Schlußfolgerungen über.

»Da, es ist also, wie ich argwöhnte! Er war es, der diese Meerfahrt ins Werk setzte. Er hat dir eine Falle gelegt, und du bist schon hineingegangen! Nein, nein, antworte mir gar nicht erst, ich sehe schon, wie die Dinge liegen. Du hast dich in den ersten Mann verliebt, der dir den Hof gemacht hat. Und ich werde nun allein in die Welt hinausgestoßen! War je ein Mensch so unglücklich wie ich?«

Genoveva lachte hell auf. »War je ein Mensch so unvernünftig? solltest du sagen. Wenn ich an einen Engländer oder an sonst jemanden verheiratet werden soll, so jedenfalls nicht an Sir Frederick Croft, der zwar ein recht angenehmer junger Mann ist, der mich aber gar nicht begehren wird. Weißt du denn nicht, daß er unsere Jachtfahrt nur mitgemacht hat, weil er in eine Dame sterblich verliebt ist, von der seine Freunde ihn gern losmachen wollen? Du brauchst dich nicht zu ängstigen, Varinka, der Preis ist nicht für mich.«

»Warum bist du denn so rot geworden?« fragte Varinka argwöhnisch.

»Ich bin gar nicht rot geworden.«

Mit dieser kühnen Lüge des jungen Mädchens fand die Unterhaltung ein Ende, denn der Schall einer entfernten Glocke wurde hörbar, und die Prinzessin eilte nach der Thür zu, indem sie erklärte: »Das ist ihre Manier, zum Mittagessen zu rufen. Komm geschwind; wenn wir ihn warten lassen, wird er wütend.«

Wenn Herr Gervis wirklich jemals »wütend« war, wie seine Frau es behauptete, so ließ er ganz gewiß seine Wut nicht in der gewöhnlichen Weise merken. Im Gegenteil, niemand konnte sanftmütiger aussehen als er, da die Damen in das Zimmer traten. Er saß auf einem niedrigen Armstuhl, drehte einen Daumen um den anderen und lauschte mit achtungsvoller Aufmerksamkeit auf einen ehrwürdig aussehenden Gentleman mit einem frischen roten Gesicht, wallenden weißen Locken und einem ebensolchen Backenbarte, der, eine seiner fetten Hände in der Weste, mit der anderen den Takt zu seinen Perioden schlagend, eine dem Anschein nach wohleinstudierte Rede hielt, freilich vor einem einzigen Zuhörer. Der Redner brach ab, um seine Wirtin und Genoveva zu begrüßen, nahm aber dann seinen Faden wieder auf.

»Ja, mein lieber Herr Gervis, eine Erziehung, wie sie jetzt angestrebt wird, wird diesem Lande zum Fluch werden, nicht zum Segen. Man sagt mit Recht, daß wenig Wissen gefährlich ist. Ich möchte sagen, gefährlich in mehr als einer Hinsicht. Solange die arbeitenden Klassen völlig unwissend bleiben, werden sie ihr Los als eine Notwendigkeit hinnehmen und sich von den an Einsicht ihnen Ueberlegenen willig leiten lassen. Lehre man aber den Arbeiter lesen und überlasse ihn sich selber, was wird das Ergebnis sein? Statt Bücher zu lesen, die sein Verständnis erschließen würden, nimmt er die schändlichen Zeitungen vor, deren einzige Mission ist, ihn unzufrieden zu machen. Das Wissen ist wie eine Nessel. Rührt man nur daran, so sticht sie einen, greift man sie dagegen fest und voll an, so – so – hm –«

»So kann man Salat davon machen,« schlug Gervis vor.

»Ganz recht. Das war genau der Vergleich, den ich anwenden wollte. Von den ältesten Zeiten an war es eine Notwendigkeit des socialen Lebens, daß die roheren Arten der Handarbeit von Unwissenden verrichtet werden mußten. Besteht man nun darauf, diese Leute gegen ihren Willen zu Gebildeten zu machen, so wird das Ende sein, daß man (unter anderen Unannehmlichkeiten) keine Ackerbauer und Feldarbeiter behalten wird.«

Genoveva hörte mit einigem Interesse dem schönen alten Herrn zu, der seine Meinung mit so sonorer Entschiedenheit aussprach. Die Sache selbst, die er behandelte, fesselte sie weniger als die Art seiner Behandlung, in Verbindung mit seiner mächtigen Stirn und seinem wehenden weißen Haar. Sie hatte den Eindruck, einem Manne von Gelehrsamkeit und Erfahrung gegenüberzustehen. Das war auch in der That der Ruf, den Herr Flemyng unter seinen Nachbarn genoß. Auch bei ihnen waren die kluge Stirn und die Silberlocken nicht ohne Wirkung gewesen. Ein Landedelmann, der nie ein Pferd bestiegen, noch einen Schuß abgefeuert hatte, mußte diesen guten Leuten schon als ein Phänomen erscheinen; da nun Herr Flemyng nicht aussah, wie ein Schwachsinniger, so mußte man ihn eben für ein Genie erklären. Die unwidersprechliche Thatsache, daß er den größten Teil seiner Zeit in seiner Bibliothek zubrachte, schien diese Ansicht zu bestätigen. Frau Knowles freilich hatte ihn »den größten Narren« genannt, »der je auf zwei Füßen gestanden hat«. Aber Frau Knowles ward selbst für eine sehr überlegene Frau gehalten und mochte einen etwaigen Nebenbuhler nicht ohne Eifersucht beurteilen, um so mehr, da ihre Urteile stets mehr bissig als gerecht waren.

Bei Tische saß Genoveva neben dem Weisen, der sich nach kurzer Zeit herabließ, sie direkt anzureden.

»Sie haben, wie ich höre, Ihr ganzes Leben außerhalb Englands zugebracht, Fräulein Gervis. Wie gefällt Ihnen denn nun England, da Sie es doch ganz vom Standpunkt eines Ausländers ansehen müssen?«

»Ich bin eine Engländerin, wenn ich auch nicht in England erzogen worden bin,« antwortete sie, da denn doch irgend eine Antwort von ihr erwartet wurde.

»So ist's recht, so ist's recht. Ich für meine Person bin ein Kosmopolit. So sehr ich die Privilegien britischer Unterthanen schätze, so kann ich doch nicht umhin, anzuerkennen, daß die Franzosen uns in manchen Stücken voraus sind, wie die Deutschen in anderen und die Italiener wieder in anderen. Der Patriotismus besteht darin, daß man seinem Vaterlande dient, nicht daß man es auf Kosten der übrigen civilisierten Welt in den Himmel hebt.«

»Ich habe mich längst für einen Patrioten gehalten,« sagte Herr Gervis vom anderen Ende der Tafel, »jetzt bin ich überzeugt davon. Sie haben eine so klare Weise, die Dinge zu behandeln, Herr Flemyng.«

Herr Flemyng lächelte wohlgefällig. »Fräulein Gervis hat aber meine Frage noch nicht beantwortet,« sagte er.

»Erste Eindrücke lassen sich schwer in Worte fassen, und wenn sie auch in Worte gefaßt werden, sind sie doch unzuverlässig,« bemerkte Fräulein Potts mit feierlicher Stimme, zum erstenmale auch ein Wort zur Unterhaltung beitragend.

Herr Flemyng setzte einen goldgefaßten Kneifer auf die Nase und maß die Sprecherin in aller Muße von oben bis unten. Personen in der Stellung dieses Fräulein Potts, dachte er, sollten nicht so bereit sein, sich in die Unterhaltung zu drängen. Nach einer Pause sagte er mit einem gönnerhaften Zunicken: »Sehr wahr, sehr wahr!« und wandte sich dann der Prinzessin zu, die hinter ihrem Fächer gähnte.

»Was Sie anbelangt, gnädige Prinzessin, so fürchte ich, wir werden Sie niemals naturalisieren. Paris besitzt eine Anziehungskraft, mit der wir die unsere nicht messen können. Wie ich zu meinem Leidwesen höre, wollen Sie uns schon in einigen Tagen verlassen.«

»Sehr liebenswürdig von Ihnen, daß Sie darüber Leid empfinden,« versetzte Varinka. »Auch mir thut es leid, so angenehme Bekannte verlassen zu müssen. Aber ich habe meine kleine Villa in Trouville. Da sie nun einmal dort ist, so muß ich sie doch auch benutzen.«

»Selbstverständlich. Eine höchst interessante Nachbarschaft, die von Trouville. Haben Sie sich je mit Geologie beschäftigt? Ich kenne keinen Distrikt, der so reich an Fossilien wäre wie die Küste der Normandie und der Bretagne.«

Herr Flemyng hatte über das angeregte Thema sehr viel zu sagen und sagte es mit aller Ausführlichkeit, während die Prinzessin unverhohlen gähnte und gegen Genoveva Grimassen der verzweifeltsten Langeweile machte. Vier von den sieben Tischgästen fanden das Mahl sehr wenig ergötzlich, die übrigen drei amüsierten sich außerordentlich. Flemyng war immer glücklich, solange er ununterbrochen deklamieren durfte, seine Tochter aber und Claud, die ihre Bekanntschaft mit großem Vergnügen erneuert hatten, beklagten sich durchaus nicht über den sonoren Strom seiner Worte, unter deren Schutz sie, unbelauscht von anderen, ihre eigenen Bemerkungen austauschen konnten.

»Nun, wie haben Sie sich denn amüsiert, seitdem wir uns zuletzt gesehen haben?« war die erste Frage der jungen Dame. »Noch ein paar Balkonscenen? Sie wissen doch wahrscheinlich, daß man sich hier in den letzten vierzehn Tagen von nichts unterhalten hat, als von Ihrer Entführung des jungen Croft. Sie haben sich damit eine Freundin und eine Feindin gemacht. Lady Croft würde für Sie durch Feuer und Wasser gehen, Frau Lambert dagegen wird sich schwerlich eher zufrieden geben, als bis sie Ihr Blut hat. Ein Glück für Sie, daß sie selbst plötzlich verduftet ist, wie man sagt, ohne ihre Rechnungen bezahlt zu haben. Was hätten Sie angefangen, wenn sie eine Anklage wegen gebrochenen Eheversprechens erhoben hätte, und Sie als Augenzeuge einer gewissen interessanten Episode vorgefordert worden wären?«

»Sie wären dann auch vorgefordert worden,« bemerkte Claud.

»Das mag wohl sein. Aber was hätten wir sagen sollen? Ist es sehr unrecht, in einer guten Sache einen Meineid zu schwören? Was meinen Sie?«

»Sehr unrecht, sollte ich denken. Es steht darauf Zuchthausstrafe mit Zwangsarbeit, die Ihnen wohl nicht sehr gefallen würde.«

»Die Aussicht hätte ich dann schon auf mich genommen. Unter allen Umständen hätte mich nichts dazu bewegen können, die Wahrheit zu sagen.«

»Croft kann von Glück sagen, daß er eine so mutige Stütze in Ihnen gefunden hat,« sagte Claud Gervis.

»O, das würde ich für jeden anderen auch thun. Wenn man etwas gesehen hat, das zu sehen man keinen Beruf hat, so ist doch das Geringste, was man thun kann, daß man sich stellt, als habe man nichts gesehen. Uebrigens habe ich auch für Freddy Croft ein besonderes Interesse. Er und ich, wir sind sehr alte Freunde. Wer ist denn seine neueste Flamme? Ihre Schwester?«

»Genoveva? O bewahre, nicht daß ich wüßte. Wie konnten Sie nur auf einen solchen Gedanken kommen?« fragte Claud in mißvergnügtem Ton.

»Seien Sie doch nicht gleich so böse! Ich hatte nicht die Absicht, impertinent zu sein. Und ich weiß, Brüder halten es nie für möglich, daß sich jemand in ihre Schwestern verlieben kann. Ich fragte nur, weil Freddy eben nicht Freddy ist, wenn er nicht bis über die Ohren in jemanden verliebt wäre. Da nun an Bord Ihrer Jacht nur zwei Damen waren, so setzte ich voraus, daß er die wählte, die mir am fähigsten schien, ihn anzuziehen. Vielleicht aber ist er den Reizen der Gouvernante zum Opfer gefallen.«

»Vielleicht ja. Fräulein Potts ist gerade nicht schön von Ansehen; aber sie besitzt alle Tugenden. Ich kenne keinen Menschen, der an moralischer Schönheit ihr gleichkäme.«

»Und Ihre Schwester – besitzt sie diese moralische Schönheit auch? Sie hat ein reizendes Gesicht. Ich bin neugierig, ob sie mich zu ihrer Freundin annehmen wird.«

Claud meinte, er könne es sich nicht vorstellen, daß irgend jemand Fräulein Flemyngs Freundschaft zurückweisen könnte.

»Und dennoch – so seltsam es scheint – es hat sich schon so etwas ereignet. Mit einem Mann kann ich in der Regel ganz gut fertig werden, wenn er nur ein Gentleman ist: bei Mädchen habe ich nicht so viel Glück. Vielleicht kommt das daher, weil ich Männer so viel besser leiden kann als Frauen. Das klingt vielleicht nicht gut; aber es ist wahr, und ich bestrebe mich immer, die Wahrheit zu sagen. So gebe ich mir auch nie Mühe, meine Gefühle gegen Kinder zu verbergen – ich kann sie nämlich nicht ausstehen.«

»Ich glaube nicht, daß das Ihr Ernst ist.«

»Ja, es ist mein Ernst, sonst könnten Sie sicher sein, daß ich es nicht sagte. Nichts setzt einen in den Augen der Leute so herunter, wie dieses Geständnis. Sie z. B. können es gar nicht über sich gewinnen, an eine so unnatürliche Herzlosigkeit zu glauben. Trotzdem meine ich, daß, wenn Sie die volle Wahrheit sagen wollten, Sie selbst von Kindern nicht sehr eingenommen sind.«

»Vermutlich zweifeln Sie an meiner Aufrichtigkeit, wenn ich sage, daß dies dennoch der Fall ist.«

»Nein, ich will mir an Ihrem Worte genügen lassen. Höchst wahrscheinlich haben Sie aber nicht viel mit Ihnen zu thun gehabt. Sie wissen nicht, was es bedeutet, sieben kleine Geschwister zu haben, die es sich zum Lebenszweck gesetzt, Sie durch ihre Unarten um Ihren Verstand zu bringen. Ich mißhandle und prügle sie nicht, sie hassen mich also nicht, im Gegenteil, sie sind mir, glaube ich, sogar zugethan, und ich habe die gebührende schwesterliche Zuneigung zu ihnen, solange es sich um die einzelnen Individuen handelt. Als ein Ganzes halte ich sie geradezu für abscheulich. Sie müssen uns einmal mit Ihrer Schwester in unserem baufälligen, alten Hause besuchen und Ball mit uns spielen, dann wird Ihre Liebe für Kinder auf die Probe gestellt werden. Wenn Sie in Ihrer Unerfahrenheit ihnen so entgegenkommen, daß die kleinen Strolche ihre anfängliche Schüchternheit überwinden, so werden sie sich auch gleich wie ein Bienenschwarm an Sie hängen, Ihr Haar in Unordnung bringen, Ihren Hut herunterreißen und mit Ihrem Stock davonlaufen; das Ende vom Liede wird sein, daß Sie Ihre gute Laune verlieren werden. Ich muß Sie darauf vorbereiten, da ich nicht die mindeste Gewalt über die Unholde habe. So, jetzt wissen Sie, was Sie zu erwarten haben.«

»Ich glaube, ich kann versprechen, meine gute Laune nicht zu verlieren,« lachte Claud. »Sie sind also die älteste von der Familie?«

»Augenblicklich nehme ich diese erhabene Stellung zu Hause ein. Ich habe drei ältere Brüder, die alle zur See sind und alle im Dienst fremder Mächte. Die übrigen werden ihrem Beispiele folgen, wenn sie nicht etwas Besseres finden sollten. Es ist der billigste Beruf für einen jungen Mann, wenigstens der am wenigsten zu Grunde richtende. Ich muß dabei bemerken, daß wir schrecklich schlecht stehen und fast arm sind. Sie haben gewiß schon die Beobachtung gemacht, daß Leute mit großer Familie es stets sind.«

»Sie haben nicht gerade die äußeren Zeichen einer absoluten Armut an sich,« bemerkte Claud heiter mit einem Seitenblick auf die Toilette seiner Nachbarin, die wirklich ein Muster von Eleganz war. »Eine relative Armut sehe ich, das gestehe ich ein, gar nicht für ein Unglück an.«

»O, wirklich? Es scheint, als gehe unser Geschmack in mehr als einem Punkt auseinander. Sie lieben Kinder und ein beschränktes Einkommen; ich liebe Unabhängigkeit und Reichtum. Wie jammerschade, daß wir nicht unsere Rollen vertauschen können.«

Diese letzten Worte fielen gerade in eine Pause der allgemeinen Unterhaltung und erreichten so das Ohr des Philosophen an der anderen Seite der Tafel.

»Ah, die alte Geschichte!« sagte er mit dem mitleidigen Lächeln eines über die menschlichen Schwachheiten Erhabenen. »Jeder hält seines Nachbars Los für glücklicher als sein eigenes. Ihr lieben jungen Leute, glaubt mir, wenn ihr den gewünschten Tausch eingegangen wäret, so würdet ihr sehen, daß ihr einen sehr schlechten Handel gemacht habt, und würdet euch bald in den vorigen Zustand zurückwünschen, den Gewohnheit und Erziehung euch erträglich gestalteten. Sie erinnern sich an Horazens Satire:

Qui fit, Maecenas, ut nemo quam sibi sortem
Seu ratio dederit, seu fors objecerit –.
«

Aber Herr Flemyng konnte seinen Vers nicht zu Ende bringen; denn ehe er soweit gekommen war, stand die Prinzessin ohne alle Ceremonie auf und schritt der Thür zu.

»Der schreckliche Mensch ist imstande, ein ganzes lateinisches Gedicht herzusagen, ohne Atem zu schöpfen,« flüsterte sie ihrer Stieftochter zu, indem sie dieselbe sanft mit sich aus dem Zimmer zog.



 << zurück weiter >>