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IV. Die Freunde

Vier Tage nach jenen unglücklichen Begebenheiten im Theater kehrte Joseph Fredersdorf mit seinem Freunde Lupinus wieder von seiner geheimnisvollen und allen, selbst Eckhof unbekannten Reise nach Halle zurück. Die beiden Freunde hatten kaum den Wagen verlassen, als sie sofort Arm in Arm sich in die Wohnung Eckhofs begaben.

Sie fanden ihn zu Hause, und Fredersdorf sah an dem bleichen Gesicht, den matten, glanzlosen Augen seines »Herrn und Meisters«, daß Eckhofs zartes und leicht gereiztes Gemüt empfindlich von den Begebenheiten der letzten Tage getroffen sei.

Ich bringe Ihnen da einen neuen Jünger, mein Meister, sagte Fredersdorf, auf Lupinus deutend, welcher hoch errötend und mit niedergeschlagenen Augen dem Schauspieler sich näherte.

Eckhof lächelte traurig. Einen neuen Jünger, welcher unter meiner Anleitung die Schule der Schmerzen und der Demütigungen nach allen Klassen und Graden durchmachen will?

Einen Jünger, welcher bis jetzt die Zierde und der Glanz der Halleschen Universität gewesen ist, erwiderte Fredersdorf, welcher aber jetzt um deinetwillen alles aufgeben und verlassen will, um dir zu folgen, dir anzuhangen und einer der unsrigen zu werden. Mit einem Wort, ich bringe dir den jungen Studenten Lupinus, welcher seine Doktorwürde, seine Gelehrsamkeit, seinen zukünftigen Ruhm, seine reichen Arzthonorare, kurz alles, was er bis jetzt gewollt hat, im Stiche läßt, einzig und allein, um dein Schüler, um ein Schauspieler zu werden.

Du bist gut und zartfühlend, wie immer, Joseph, sagte Eckhof sanft. Du weißt, daß ich da in meinem Herzen eine Wunde habe, welche brennt und schmerzt, und du willst sie mit dem Balsam deiner Freundschaft und deiner Scherze kühlen.

Aber ich rede gar nicht im Scherz, sondern im vollen Ernst. Wahrhaftig, sollte man nicht meinen, ihr zwei wäret ein paar schüchterne Liebesleute, welche nicht den Mut haben, an ihr eigenes Glück zu glauben? Eckhof will es durchaus nicht glauben, daß der gelehrte Student Lupinus zu ihm kommt, um sein Schüler zu werden, und Lupinus steht da just wie ein junges Mädchen, welches eine Liebeserklärung empfangen hat und nicht wagt, ja zu sagen. So reden Sie doch, Lupinus, so sagen Sie doch diesem Zweifler hier, daß Sie freiwillig kommen, daß ich Sie nicht zum Komödianten gepreßt habe, wie weiland Friedrich Wilhelm seine großen Soldaten pressen und anwerben ließ. Freilich, Mühe genug hat es gekostet, Ihnen das Geständnis zu entlocken, und aus halben Worten, aus unterdrückten Seufzern, aus Ihrem Erröten und Erblassen und Ihrer glühenden Ekstase für Eckhof mußte ich das Rätsel, welches da in Ihrer Brust lag, deuten und auflösen. Aber jetzt, da es einmal gelöst ist, fassen Sie Mut, junger Mann, und lüften Sie ein wenig den Schleier, welcher Ihr Inneres bedeckt.

Aber Lupinus blieb stumm, nur seine heftig wogende Brust, seine zuckenden Mienen verrieten die glühende Aufregung, welche in seinem Innern tobte.

Eckhof hatte Mitleid mit dieser sichtbaren Schüchternheit des jungen Gelehrten. Er näherte sich ihm und legte seine Hand sanft auf des Studenten Schulter. Seine Augen, welche vorher trübe gewesen, glänzten jetzt vor Teilnahme und Mitgefühl.

Aber diese Berührung machte Lupinus zusammenschaudern, und unter den auf ihm ruhenden Blicken Eckhofs erblaßte er.

Sie wollen also wirklich Schauspieler werden? fragte Eckhof.

Ein Zittern durchflog des jungen Mannes Glieder. Gleich der Somnambulen, welche von dem Willen ihres Magnetiseurs ihre Befehle empfängt, fand Lupinus jetzt plötzlich die Kraft zur Antwort auf Eckhofs Frage.

Ja, sagte er leise, ja, ich will Schauspieler werden. Ich habe es längst gewollt, mit diesem Wollen gekämpft und es, wie ich glaubte, bezwungen. Aber es ist alles umsonst gewesen, umsonst, daß ich mich in Büchern und Studien vergrub, umsonst, daß ich meine Sehnsucht, das Theater zu besuchen, überwand, und daheim in meinem öden und einsamen Gemach blieb, wenn die andern Studenten mit lautem Jubel an meinen Fenstern vorüberstürmten, um nach dem Theater zu gehen. Jetzt gebe ich den Kampf auf, und da mein Kopf mich verläßt, folge ich meinem Herzen, komme ich zu Ihnen, Herr Eckhof, um zu Ihnen zu sagen: nehmen Sie mich an zu Ihrem Schüler, seien Sie mein Herr und Meister, machen Sie aus mir einen neuen Menschen, einen glücklichen, befriedigten Menschen. Ich kann das nur werden, indem ich der heiligsten der Künste, indem ich der Poesie mein ganzes Leben zum Opfer darbringe, ich kann es nur sein, indem ich Schauspieler werde, lassen Sie mich also Schauspieler werden!

Ah, er denkt und spricht, wie ich gesprochen habe, als ich denselben Entschluß faßte, sagte Eckhof leise in sich hinein, und dann sich an Lupinus wendend, welcher atemlos, mit von Tränen umdüsterten Augen seiner Antwort entgegenharrte, fuhr er fort: Sie wollen Schauspieler werden? Das heißt, Sie wollen die Schmach, die Demütigung und Entwürdigung eines verachteten, verhöhnten Lebens annehmen? Sie wollen sich freiwillig ausstoßen aus den Reihen der Privilegierten und Geachteten, um zu den Parias zu gehören, zu den recht- und schutzlosen Zigeunern, welche heimatslos wandern von Ort zu Ort, und nirgends eine Stätte finden, wo sie ausruhen können, wo man sie anerkennt, wenigstens in der Würde ihres Menschentums, wenn nicht in der Würde ihres Künstlertums? Nein, nein, niemand soll Schauspieler werden, wenn ich es vermag ihn daran zu hindern, niemand soll dieses juwelenfunkelnde Tor durchschreiten, welches ihn von der übrigen Menschheit trennt, und hinter welchem, statt des erwarteten Glückes, ihn nur die Enttäuschung, der Überdruß, die Schmach und der Menschenhaß in ihre Arme nehmen, um ihn auf dornenvollen Pfaden zu einem ruhmlosen Tode zu schleppen. Hüten Sie sich, ein Schauspieler zu werden, denn das heißt, die ganze Menschheit wider sich und vielleicht nicht einmal Gott für sich zu haben, da Gott es zugibt, daß sogar, wenn wir sterben, die Kirche uns ihre Tröstungen, und wenn wir tot sind, ein ehrliches Begräbnis versagen kann. Sie vermeinen, der Schauspieler sei ein Künstler? Ich habe das auch gesagt, lange Jahre hindurch, dann aber ist die Übersättigung gekommen, oder wenn Sie wollen, die Erkenntnis, und jetzt will ich Ihnen ein Geheimnis sagen, ein Geheimnis, welches mein Herz erstarren macht und mich mit namenlosen Qualen martert: der Schauspieler ist kein Künstler, sondern nur ein Scharlatan der Kunst, nur der Affe eines Künstlers, aber nicht er selber. Er schafft nicht, er reproduziert nur, und je mehr Affennatur er in sich hat, je besser er es versteht, der Natur und der Wahrheit ihr Wesen abzulauschen, um das als Larve über seine eigene Fratze aufzusetzen, ein desto besserer Schauspieler wird er sein. Oh, oh, was alles hatte ich mir nicht erhofft und erträumt von dieser edlen und erhabenen Wirksamkeit eines Schauspielers! Wie dachte ich die Jugend zu begeistern, und allen diesen kalten, nüchternen, zerarbeiteten, zerrechneten und zerfetzten Menschenmassen einen Funken der Begeisterung einzublasen für ihre edelsten Seelen, für die Dichter und deren unsterbliche Werke! Wie dachte ich nicht Hand in Hand zu gehen mit der Wissenschaft und Gelehrsamkeit, um mit ihnen vereint ein neues Menschengeschlecht zu bilden, eine neue Welt der Gedanken, der Kunst, der Schönheit zu begründen! Aber es ist alles umsonst gewesen, alles vergeblich! Mein Paradies ist in Staub zerfallen, und ich sitze traurig wie einst Jeremia auf den Trümmern meines Jerusalems!

Er schwieg, und ganz überwältigt von den leidenschaftlichen und traurigen Gefühlen, welche sein Herz marterten, sank er auf einen Stuhl nieder und bedeckte laut ächzend sein Gesicht mit seinen Händen.

Jetzt, rief Joseph Fredersdorf fast unwillig, jetzt bist du ungerecht, Eckhof, ungerecht gegen dich selbst und gegen die Menschheit! Du schmähst deine eigenen Triumphe, und du schmähst die Menschen, welche dir diese Triumphe bereitet haben. Du schmähst vor allen Dingen die Jugend, welche dir überall freudig entgegenjauchzt, und dich erkennt und liebt als das, was du in Wahrheit bist, als einen Künstler von Gottes Gnaden, als den von Gott berufenen Apostel einer neuen Kunst, deren eigentlicher Begründer und Prophet du in Deutschland geworden bist. Warum schiltst du also die Menschen und warum schiltst du dich selber? Jung, wie du bist, hast du schon einen berühmten Namen dir erworben! Aber der Ruhm ist nicht bloß die natürliche Folge des Verdienstes, sondern er ist noch eine besondere Gunst der Götter. Niemand wird durch sich selber berühmt, sondern nur durch die Menschen. Wenn du also der große, der berühmte Künstler Eckhof bist, so schuldest du das zwar erstens dir, doch zweitens auch deinem Publikum, welches dir ein offenes und dankbares Herz entgegengetragen hat.

Es ist wahr, ich mag unrecht haben, erwiderte Eckhof trübe, aber was willst du, Freund! Wenn man von den Menschen immer verfolgt, immer gelästert, immer aus seiner Ruhe und seinem Frieden zu neuem Wandern und neuem Streiten aufgehetzt wird, so muß man wohl zuletzt mißmutig werden und sich selber und sein eigenes Tun verwünschen und an seinem eigenen Beruf verzweifeln. Müssen wir nicht jetzt wie gehetzte Hirsche dieser wider uns heulenden und belfernden Meute der gelehrten Herren Professoren entfliehen und dieser Stadt den Rücken wenden, die ich mit so großen Hoffnungen, mit so freudig stolzen Aussichten betreten habe? Muß ich nicht schamvoll errötend die Augen niederschlagen, wenn die Menschen mich fragen, warum ich Halle, den Sitz der Musen, der Gelehrsamkeit und Wissenschaft verlassen will? Oder willst du, daß ich ihnen sage, daß die Gelehrsamkeit und die Wissenschaft mich als einen Ausgestoßenen und Verpesteten verachtet habe, dessen Berührung schändet, dessen Nähe Unehre bringt, daß sie mich verfolgt haben wie einen Übeltäter und Verbrecher, und daß niemand da war, mich in meinem guten Recht zu schützen, daß es für den Schauspieler kein Gesetz, keine Genugtuung gibt, daß er ganz rechtlos, ganz verlassen ist?

Wer weiß, ob das so ist! sagte Joseph, einen lächelnden Blick des Einverständnisses auf Lupinus werfend, dessen Augen mit einem schwärmerischen, begeisterten Ausdruck auf dem Antlitz Eckhofs ruhten. Wer weiß, ob die Schauspieler doch nicht zuletzt noch diesen anmaßenden und aufgeblasenen Professoren gegenüber eine Genugtuung empfangen.

Vorläufig hat uns die Obrigkeit das Schauspielhaus geschlossen und die Darstellungen untersagt, bis das Generaldirektorium in Berlin entschieden hat, ob nach dem neulichen Theaterskandal überhaupt weitergespielt werden soll!

Das Generaldirektorium wird befehlen, daß weitergespielt werden soll, sagte Joseph Fredersdorf.

Eckhof lachte laut, aber es war ein trauriges, schneidendes Lachen des Hohns.

Lieber Freund, sagte er, dann würde es ja Gerechtigkeit auch für die Unterdrückten und Geschmähten auf Erden geben.

Die gibt es auch, Eckhof, nur muß man sie an der rechten Stelle suchen.

Wo ist diese?

Beim König!

Ah, beim König! Das mag für dich wahr sein, weil dein Bruder des Königs Kammerdiener ist, aber es ist nicht wahr für mich, nicht wahr für den deutschen Schauspieler, nicht wahr für uns, welche das stolze, schöne und auf seine Intelligenz so eitle Berlin verlassen mußten, weil wir mit den fremden Künstlern nicht rivalisieren, weil wir nicht die Schuhputzer der Franzosen sein konnten. Nein, nein, für den armen deutschen Schauspieler gibt es auch beim König keine Gerechtigkeit.

Jetzt, mein Freund, wirst du ungerecht. Der König ist viel zu edel und vorurteilsfrei, um nicht klar zu sehen, trotz des Bücherstaubes, den ihm die gelehrten Herren Professoren in die Augen streuen möchten. Der König weiß überdies, daß sie es waren, welche den neulichen Skandal angezettelt haben, und er ist erzürnt darüber.

Wer hat dir das gesagt?

Der König selber!

Du warst beim König?

Ich war beim König. Du siehst also, es ist nicht bloß gut für mich, daß mein Bruder der Kämmerer des Königs ist, sondern auch gut für dich! Ja, ich war beim König und habe ihm diese ganze erbärmliche Intrige der Herren Professoren enthüllt. Er hätte vielleicht dem leichtfertigen, kleinen Schauspieler Joseph Fredersdorf nicht geglaubt, aber ich hatte einen ernsten, gewichtigen Zeugen mit mir, welcher meine Worte bestätigte, und dem König das ganze Komplott enthüllte.

Und wer war dieser Zeuge?

Dieser da! rief Joseph, indem er Lupinus sanft vorwärts zog.

Über Eckhofs Antlitz flog ein Strahl der Freude, Oh, sagte er, und ich beklage mich noch, ich murre noch mit dem Geschick, ich, welcher Freunde hat, die ihn nicht bloß lieben mit Worten, sondern auch mit Taten, Freunde, welche für ihn handeln, indes er verzagt und mißmutig die Hände in den Schoß legt, und mit dem Geschick grollt, statt ihm mutig und gewaffnet entgegenzutreten, verzeihe mir, Joseph, verzeihen auch Sie mir, mein junger Freund, den ich so rauh und egoistisch von mir gewiesen habe, verzeiht mir, ihr beide, meine Kampfgenossen, meine Brüder, kommt in meine Arme und sagt mir, daß ihr dem armen Eckhof seine Kleinmütigkeit und Verzagtheit vergeben und vergessen wollt!

Er breitete seine Arme aus, und Joseph Fredersdorf warf sich mit lauten Ausrufen innigster Liebe an seine Brust.

Und Sie, mein Freund, kommen Sie nicht in meine Arme? Zürnen Sie mir also wirklich, weil ich Sie vorher zurückgewiesen? fragte Eckhof ganz traurig den jungen Lupinus, der bleich und mit niedergeschlagenen Augen dastand.

Joseph aber sprang zu ihm hin, und ihn mit kräftiger Hand vorwärts und in Eckhofs Arme schiebend, sagte er: habe ich nicht wieder recht? Seid ihr nicht beide wie zwei Liebesleute, wobei Lupinus wirklich die schüchterne Jungfrau vorstellen muß, und wahrhaftig, Eckhof, ich wünschte dir, es wäre so, Lupinus könnte sich für dich in eine Jungfrau verwandeln, und du könntest ihn heiraten. Denn ich glaube, du wirst niemals ein Weib finden, welches dich zärtlicher und schwärmerischer liebt, als wie es der gelehrte Lupinus tut.

Hörte Lupinus die Worte seines übermütigen Freundes, und war es deshalb, daß er erbleichte und ganz überwältigt und zitternd sein Haupt an Eckhofs Schulter lehnte, und dort ruhte mit geschlossenen Augen? Oder war es, weil Eckhof ihn so fest an sein Herz gedrückt und einen so glühenden Kuß auf seine Wangen gepreßt hatte?

Liebe mich, liebe mich, mein junger, teurer Freund, sagte Eckhof sanft und leise, und wenn du dich für mich nicht in ein Weib verwandeln kannst, so liebe mich als deinen treuesten und dankbarsten Freund. Lege den Balsam deiner jungen und schwärmerischen Freundschaft auf mein armes gequältes Herz, und lehre es wieder sanft und glücklich sein. Oh, die Freundschaft ist das heiligste und reinste Geschenk der Götter, es ist die geläuterte, geschlechtlose Liebe der Seelen. Laß mich derselben teilhaftig werden, mein Pylades, und bleibe mir treu in Liebe und Freundschaft, wie ich dir treu bleiben will mein Leben lang!

Ich will dir treu bleiben, solang ich lebe, treu bis über das Grab hinaus, flüsterte Lupinus so leise, daß nur Eckhofs Ohren es vernehmen konnten.

Nun, und mich vergeßt ihr ganz, ihr schwärmerischen Seelen, rief Joseph mit heiterem Lachen. Flüstert und säuselt da, wie ein junges Ehepaar am Lendemain, und bedenkt gar nicht, daß ich eigentlich der Hohepriester bin, welcher diese eure Seelenehe eingesegnet hat. Laßt uns jetzt ein wenig vernünftig sprechen, und vor allen Dingen, Eckhof, entscheide du jetzt über die Zukunft unseres Freundes. Soll er, gleich mir, seine Studien aufgeben und ein Schauspieler werden? Wobei ich dir jedoch bemerken muß, daß ich ein sehr fauler Student war, und er ein sehr fleißiger ist, daß die Herren der Wissenschaft mich für ein ganz nichtsnutziges Subjekt, in puncto Gelehrsamkeit, erklärten, während sie den Lupinus da als ein Wunder von Kenntnis und Fleiß preisen. Soll er das alles hinwerfen und dir nachfolgen?

Nein, das soll er nicht, das darf er nicht, rief Eckhof lebhaft.

Sie wollen mich also doch verbannen und von sich stoßen? fragte Lupinus traurig.

Ich will dich nicht verbannen, Freund, aber ich will vernünftig und besonnen – und vielleicht auch ein wenig egoistisch sein. Dich jetzt der Universität entziehen, würde heißen, den Philistern und Professoren eine neue Waffe gegen mich in die Hand geben, sie würden Zeter schreien und sagen, daß ich die jungen Studenten verführe und mit listigen Gaukelkünsten umstricke, daß ich sie verlocke, wie die Schlange im Paradiese, und für meine Kunst Proselyten mache, während doch der König das Proselytenmachen streng untersagt hat. Und dann wissen wir noch nicht, ob Lupinus Talent und Berufung zu unserer Kunst hat, denn die Liebe zur Kunst ist noch nicht der Beruf dazu, und man kann ein großer Gelehrter sein, ohne doch das Talent zu haben, ein Künstler zu sein. Bleibe also vorläufig deinen Studien und deinem Beruf getreu, mein Lupinus; erst wenn ich dich genau geprüft habe, erst wenn du ganz in der Stille neben deinen Studien her das Noviziat, welches ich dir auf ein Jahr feststelle, überstanden hast, erst dann wollen wir darüber entscheiden, ob wir vor dem Altare der Kunst dir deinen Zopf der Gelehrsamkeit abschneiden und dich schmücken wollen mit dem heiligen Schleier des Künstlertums!

So sei es, sagte Lupinus feierlich. Ich will tun, wie Eckhof gesagt hat. Ich will mir erst das Doktordiplom verdienen, und dann soll Eckhof über meine Zukunft entscheiden, er allein und niemand sonst!

So sei es, und dabei bleibe es! rief Joseph fröhlich, und nun kommt und laßt uns mit einem Glase Champagner anstoßen auf die Zukunft, nicht bloß auf die deinige, Freund Lupinus, sondern auch auf die der Herren Professoren, welche jetzt mit so stolzer Zuversicht der Entscheidung des Generaldirektoriums entgegenharren!


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