Balduin Möllhausen
Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas – Band 2
Balduin Möllhausen

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Sechsunddreißigstes Kapitel

Ankunft am Walnut Creek – Das Blockhaus – Gezähmte Büffel – Büffelherden – Lager an der Mündung des Walnut Creek – Büffeljagd – Der nächtliche Gewittersturm – Fortsetzung der Reise – Büffeljagden – Lager am Cow Creek – Der angeschwollene Strom hindert an der Weiterreise – Die Rollkäfer – Ankunft der Post – Die Post der Vereinigten Staaten – Die letzte Büffeljagd – Übergang über den Cow Creek

Nach einem Marsch von dreißig Meilen gelangten wir an den Walnut Creek, ein Flüßchen, das im Charakter und in seiner Größe dem Coon Creek vollständig ähnlich ist. Ich erblickte dieselben malerischen Baumgruppen, dieselbe Verschiedenheit der Baumarten, dasselbe kräftige, dunkle Grün und dieselben abschüssigen, lehmigen Ufer. Wir gingen durch den Fluß, und uns an diesem hinunter dem Arkansas zuwendend, erreichten wir nach kurzer Zeit die Blockhütte des Pelztauschers. Der Eigentümer des Handelspostens war, wie uns einige dort hausende junge Leute mitteilten, an den Missouri gereist, um das gewonnene Pelzwerk zu verwerten und gleichzeitig neue Waren herbeizuschaffen. Zum Schutz seines Eigentums, zu dem namentlich eine schöne Viehherde gehörte, hatte er sechs junge Amerikaner und Vincenti zurückgelassen, und diese führten allem Anschein nach ein überaus glückliches und sorgenfreies Leben. Die Eingeborenen, denen ein Tauschhändler an jenem Punkt willkommen war, trieben nämlich ihre Belästigungen nur bis zu einem gewissen Grad, und an Lebensmitteln konnte es ihnen auch nicht fehlen, da zu dem Mehlvorrat, den die Blockhütte barg, nie Mangel an frischem Fleisch eintreten konnte. Der östliche Winkel zwischen dem Walnut Creek und dem Arkansas war ja ständig von Büffeln belebt, und es bedurfte nur einer geringen Mühe, von einem schnellen Pferd herab den einen oder den anderen von ihnen zu erlegen.

Nahe bei der Blockhütte, auf dem Ufer des Flüßchens, beschlossen wir also zu übernachten und begaben uns alsbald zu den jungen Leuten, die uns zwar keine gewählte Gesellschaft, aber doch immerhin eine interessante Unterhaltung gewährten. Auch fanden wir dort Gelegenheit, unsere Stiefel, die nicht mehr zusammenhalten wollten, durch weiche indianische Mokassins zu ersetzen, und wir erhielten einen schlechten Whisky zum Kauf, der mich zu dem Verdacht führte, daß den Indianern hier für ihr Pelzwerk oft etwas Aufregenderes als die gewöhnlichen Tauschartikel bezahlt wurde. Ganz sicher fühlten sich die Bewohner des Handelspostens indessen nicht, und besonders die Wintermonate flößten ihnen große Sorge ein, zu welcher Zeit sie zahlreichen Besuch von Eingeborenen erhielten, die lediglich dorthin kamen, um sich durchfüttern zu lassen, und die nicht zurückgewiesen werden durften, wenn man es sich nicht mit dem ganzen Stamm verderben wollte.

Ich kann nicht leugnen, daß ich seit meiner Bekanntschaft mit dem Fernen Westen gewissermaßen ein Verehrer des abenteuerlichen Lebens der Pelzjäger und Pelztauscher gewesen bin, und zwar in so hohem Grad, daß es keine geringfügigen Umstände erforderte, mich von dem Entschluß abzubringen, mein ganzes Leben in den romantischen, verlockenden Urwildnissen zuzubringen. Nirgends fühlte ich mich behaglicher als in den Blockhäusern am oberen Missouri und in den Rocky Mountains und nirgends fröhlicher als in der Gesellschaft weißer Jäger, mochten auch sonst Verhältnisse der widrigsten Art auf mich einstürmen und mich von allen Seiten bedrohen. Hier nun, in dem Handelsposten am Walnut Creek, war es anders, und wenn ich auch den Grund dafür nicht anzugeben vermag, so fühlte ich doch heraus, daß manches nicht so war, wie es hätte sein sollen, und daß dieses Etablissement nicht in die Reihe der Handelsposten der American Fur Company gebracht werden konnte, von der, mögen auch sonst gerechte Vorwürfe diese treffen, die Eingeborenen stets nach gewissen Prinzipien behandelt werden und wo militärische Ordnung den Mangel des Gesetzes teilweise ausfüllt.

Viel Freude gewährten mir sechs gezähmte Büffel, die gegen Abend mit dem übrigen Rindvieh der von starken Palisaden hergestellten Einfriedung zugetrieben wurden. Obgleich noch nicht ausgewachsen, waren sie doch stattliche Tiere und unterschieden sich in ihrem Wesen und Benehmen nicht im geringsten von ihren scheckigen Kameraden, die eine besondere Freundschaft für sie gefaßt zu haben schienen. Auffallen mußte, daß die gezähmten Büffel sich nie den zahlreichen Herden der wilden zugesellten, die täglich in ihrer Nähe weideten, und dies bestärkte mich in der Meinung, daß der nordamerikanische Bison – wie er richtiger genannt wird – sich ebensogut zum Haustier eignet wie das Schaf oder das gewöhnliche Rindvieh.

Diese Büffel waren als Kälber, nachdem man die Mutter bei ihnen totgeschossen hatte, mit geringer Mühe eingefangen und dem übrigen Rindvieh beigefügt worden, und die jungen Tiere hatten von der ersten Stunde an weder Unruhe noch Abneigung gezeigt, sich von Menschen treiben oder leiten zu lassen. Ihre Bestimmung war, an den Missouri geführt und dort verkauft zu werden, und man betrachtete dort den Büffelhandel als einen Erwerbszweig, der wohl einige Aufmerksamkeit verdiente. Leider wird der den zivilisierten Gegenden zugeführte Bison nur zu Schlachtvieh verwendet und pfundweise zu sehr hohen Preisen an Leute verkauft, die den Geschmack des weltberühmten Fleisches kennenlernen wollen. Der augenblickliche Gewinn gestattet also nicht, daß man sich in Amerika mit der eigentlichen Bisonzucht befaßt, doch habe ich allmählich die Überzeugung gewonnen, daß der Bison bei einigermaßen sorgfältiger Pflege nicht nur leicht zu zähmen ist, sondern sich auch akklimatisiert und dessen Einführung in Europa weniger mühevoll und mehr gewinnbringend sein würde, als man im ersten Augenblick vermuten möchte.

Es war schon zu spät, um an diesem Tag noch eine Jagd zu beginnen, ich unterhielt mich daher bis zum Abend damit, die fernen Herden durch das Fernrohr zu beobachten, und ergötzte mich an dem harmlosen Treiben der riesenhaften zottigen Tiere, die gesättigt dem Wasser zuschritten oder wiederkäuend gemächlich umherlagen. Die langbärtigen, kraftvollen Gestalten hatten durchgehends ein überaus ernstes Ansehen; um so komischer nahm es sich daher aus, wenn einzelne wie im jugendlichen Übermut mit ungraziösen Bewegungen umhersprangen oder sich im Kampfspiel gegenseitig mit ihren stumpfen Hörnern anfielen. Die Greise der Gesellschaft blickten gleichgültig zu dem jungen Volk hinüber, die Kühe putzten und leckten ihre rotbraunen Kälber, und auf den gekrümmten Rücken von allen ließen sich Flüge der zutraulichen Kuhvögel nieder, um die Brut giftiger Fliegen aus dem zottigen Pelz zu entfernen. – Die scheidende Sonne beleuchtete ein Bild des tiefsten Friedens, ein Bild des Friedens, auf dem nur der Mensch fehlte, um es zu stören; denn nur des bloßen Anblicks eines solchen hätte es bedurft, um die Herden erschreckt davonfliehen zu machen und mithin auch die reizenden Vögel zu verscheuchen.

In der Frühe des 9. Juli entdeckten wir zu unserem größten Verdruß, daß eins der Reittiere unter dem Schutz der Dunkelheit im Schatten der Bäume davongeschlichen war. Genaue Nachforschungen ergaben, daß es den Weg zurück eingeschlagen hatte, und wir veranlaßten sogleich einen der jungen Leute des Blockhauses, dem Flüchtling nachzureiten und ihn schleunigst wieder herbeizuschaffen. Wir selbst begaben uns an die zwei Meilen entfernte Mündung des Walnut Creek, um dort, auf dem grasigen Ufer des Arkansas, den folgenden Tag und die Rückkehr des entflohenen Maultiers zu erwarten.

Die Hitze war drückend, und vergeblich suchten wir uns im Schatten des Wagens und des Zeltes der Sonnenglut zu entziehen; wir vergaßen fast, daß wir uns in der Büffelregion befanden, und waren daher nicht wenig überrascht, als wir plötzlich in der Mitte des Arkansas neun mächtige Stiere gewahrten, die schwerfällig den Strom durchwateten. Nach der Richtung zu schließen, in der sie sich bewegten, mußten sie eine kurze Strecke unterhalb unseres Lagers das Ufer erreichen, und ich beeilte mich daher, sie an jener Stelle mit meiner Büchse zu empfangen, während der Doktor und Peacock die beiden Pferde sattelten und sich zur Verfolgung bereithielten. Wir hatten sie indessen etwas zu spät bemerkt, denn noch befand ich mich nicht in geeigneter Schußweite, als der vorderste aufs Ufer sprang und das Wasser aus seinem Pelz schüttelte. Ihm nach folgten die anderen, und sich umschauend gestatteten sie mir nicht, die Entfernung, die mich noch von ihnen trennte, zu verringern. Als sie dann den Wagen und die Maultiere erblickten, wurden sie unruhig, und sich zur Flucht vorbereitend, reckten sie die kurzen Schweifchen empor; ich lag indes im Gras und hatte mir den feistesten zum Ziel für meine Kugel ausgewählt, und in dem Augenblick, als der vorderste sich in Galopp setzte, gab ich Feuer. Schwer getroffen sank das Tier auf die Knie, doch sich schnell wieder aufraffend gesellte es sich seinen Kameraden zu, die wie rasend über die Wiesen dahineilten.

Sowie der Schuß gefallen war, verließen der Doktor und Peacock zu Pferd das Lager, und in der einen Hand den Revolver, in der anderen die Peitsche schwingend jagten sie den flüchtigen Büffeln nach. Eine Schwellung des Bodens entzog sie samt ihrer Beute bald meinen Blicken, doch belehrten mich die rasch aufeinander abgefeuerten Schüsse, daß sie die kleine Herde eingeholt und zerstreut hatten.

Ich war im Begriff, meine Büchse wieder zu laden, als ich durch unseren Koch auf einen versprengten Büffel aufmerksam gemacht wurde, der in gerader Richtung auf das Lager zueilte. Wigham, den die Neugierde ebenfalls hinausgetrieben hatte, befand sich zwischen mir und dem heranstürmenden Stier, und ich rief ihm zu, denselben dem Fluß zuzujagen, so daß er genötigt gewesen wäre, mir gerade entgegenzulaufen. Doch Wigham, unser getreuer Irländer, war anderer Meinung; in der Absicht, den Anblick seiner Person dem erschreckten Tier, das ihm über alle Beschreibung fürchterlich erschien, zu entziehen, legte er sich auf den Boden und verbarg sich, so gut es gehen wollte, in dem niedrigen Gras.

Unglücklicherweise befand er sich aber genau in der Richtung, die der Büffel eingeschlagen hatte, und in Todesangst sah er denselben auf sein Versteck losstürmen, aus dem er sich nicht herauswagte, aus Besorgnis, von der scheinbar wütenden Bestie verfolgt und eingeholt zu werden. Als der Stier aber nur noch ungefähr zwanzig Schritt von ihm entfernt war, konnte er den furchtbaren Anblick nicht länger ertragen; er glaubte sich entdeckt, sah sich im Geist schon von den dicken Hörnern und schweren Hufen zermalmt, und indem er seine ganze Kraft zu einem letzten Rettungsversuch zusammennahm, sprang er auf und eilte spornstreichs dem Lager zu.

Kaum aber sah der Büffel eine menschliche Gestalt vor sich aus dem Gras auftauchen, als er, nicht weniger erschreckt, zur Seite sprang und in weitem Bogen um den Irländer herumgaloppierte. Trotzdem ich mich im vollen Lauf dem Büffel zu nähern suchte, entging mir doch nicht das unbeschreiblich komische Bild, in dem der Mensch und der Büffel sich gegenseitig ängstigten und voreinander flohen. Deutlich sehe ich in der Erinnerung den getreuen Wigham vor mir, wie er in der einen Hand seinen Revolver, in der anderen seinen Hut hielt, wie die langen gelben, vor Schreck gesträubten Haare sein gerötetes Gesicht ähnlich einem Heiligenschein umgaben und wie er seine korpulente Gestalt zu Sprüngen zwang, auf die eine Antilope hätte stolz sein können.

In guter Schußweite stürmte der Büffel bei mir vorüber, und ich verfehlte nicht, meine Büchse auf ihn abzufeuern. Mit lautem Krachen bahnte sich die Kugel ihren Weg durch das Schulterblatt, das Tier sank zusammen, erhob sich indessen wieder und eilte halb schwimmend, halb watend durch den Arkansas, auf dessen jenseitigem Ufer es sterbend zusammenbrach. Ich wandte mich jetzt dem vor Schreck noch immer sprachlosen Wigham zu und überhäufte ihn mit Vorwürfen, weil er nicht meinem Wunsch gemäß den fliehenden Büffel dem Strom zugetrieben hatte, in welchem Fall es ein Leichtes für mich gewesen wäre, das Tier wenige Schritte vor unserem Zelt zu töten. Doch Wigham, der die Feigheit der fliehenden Büffel nicht kannte, erwiderte, daß er es für keinen Spaß halte, von einer so schrecklichen Bestie angegriffen und verfolgt zu werden, und daß er sich für alles Gold Kaliforniens und für alle Büffelzungen der Prärie nicht in den Kampf mit einem solchen einlassen möge.

Der gefallene Stier wurde den Wölfen, die von allen Seiten herbeieilten, nicht weiter streitig gemacht, denn es verspürte keiner von uns große Lust, durch den trügerischen Strom zu setzen; übrigens erhielten wir so viel Fleisch von dem zuerst geschossenen und von einem zweiten, den der Doktor und Peacock mit ihren Revolvern erlegten, daß wir für den Rest der Reise genug gehabt hätten, wenn es nicht durch den Einfluß der glühenden Sonnenhitze zu schnell verdorben wäre.

Recht behaglich fühlten wir uns bei dem Luxus, mit dem unsere Küche jetzt ausgestattet war, und unsere Zufriedenheit wurde gesteigert, als der abgesandte Bote kurz vor Abend mit dem entflohenen Maultier bei uns eintraf. Unserer Weiterreise stand also kein Hindernis mehr entgegen, doch blickten wir nicht ohne Besorgnis auf den nordwestlichen Horizont, an dem die scheidende Sonne sich hinter schweren Gewitterwolken verbarg, die drohend mit rasender Schnelligkeit emporstiegen und beim Einbruch der Nacht den ganzen Himmel in einen schwarzen, feuersprühenden Schleier verhüllten. – Als wir uns zur Ruhe begaben, rasselten die ersten Regentropfen auf die straff gespannten Zeltwände, und dumpf, ohne Pausen, rollte der Donner, während das elektrische Feuer die ganze Umgebung magisch erhellte und nur auf Augenblicke in schwarze, undurchdringliche Finsternis zurücksinken ließ. Das gleichmäßig zunehmende Getöse und die drückende Atmosphäre hinderten uns indessen nicht einzuschlafen, und erst um die Mitternachtsstunde, als der Regen sich in einen Wolkenbruch verwandelt hatte und die Erde unter dem Krachen der heftigen Donnerschläge bebte, fuhren wir empor und gewahrten, daß die Zeltpflöcke sich in dem aufgeweichten Boden lösten und das Wasser unter uns durch- und teilweise in unsere Betten hineinrieselte. Wir eilten sogleich hinaus, um das Zusammenbrechen des Zeltes zu verhüten, und nur mit knapper Not gelang es uns, die durch die Nässe schwer gewordene Leinwand wieder straff zu spannen, wodurch zwar die Feuchtigkeit von oben abgehalten, dagegen das Steigen des Wassers auf dem Boden nicht verhütet wurde. Um die Decken vom gänzlichen Durchnässen zu retten, rollten wir diese zusammen und legten sie auf die herbeigeschafften Feldstühle; wir selbst nahmen dann auf den erhöhten Sitzen Platz, und die Füße zu uns heraufziehend, beobachteten wir das Wasser, das im Gras stieg und für den Rest der Nacht jeden Gedanken an Ruhe unmöglich machte.

Bis zum Anbrach des Tages tobte das Wetter mit ungebrochener Wut fort, und wie im endlosen Kampf schienen die erzürnten Elemente gleichsam um die Oberherrschaft zu ringen. Zahlreiche Gewitter hatten sich von allen Seiten über der Mündung des Walnut Creek zusammengezogen; Blitze schleudernd stürmten sie aufeinander ein, und wo eins zurückwich, da geschah es, wie um neue Kräfte zu sammeln und mit verdoppelter Gewalt in den Kampf zurückzustürzen. Die Dunkelheit war vollständig verdrängt, in bläulichem Licht schwamm die ganze Atmosphäre, weiße Zickzacklinien durchschnitten unausgesetzt die niederströmenden Wassermassen, gewundene Feuersäulen verbanden sekundenlang das hängende Gewölk mit dem zitternden Erdboden, dazu rollte der Donner auf betäubende Weise, und rasch aufeinander krachten die scharfen, durchdringenden Schläge, wenn der Blitz sich zischend ins schäumende Wasser senkte, den Baum spaltete oder die Erde tief aufwühlte. Ängstlich drängten sich die Maultiere wie schutzsuchend zu uns heran; doch welchen Schutz konnten wir gewähren, die wir selbst durchnäßt, auf sumpfig gewordenem Boden vergeblich nach einer Lagerstätte umherforschten?

Wie gern vergißt aber der Mensch unbequeme Lagen, wenn es ihm dafür vergönnt ist, sein Wissen und seine Erfahrungen im Reich der Natur zu erweitern! Ist es doch, als wenn diese zu solcher Stunde den geheimsten Teil ihres Buches vor ihm aufschlägt, um ihn eine Seite in demselben lesen zu lassen; im lautesten Donner, in den hellsten Blitzen verkündigt sie ihre weisen Gesetze und erweckt innige Verehrung, ja kindliche Liebe bei ihren warmen Anhängern, wenn sie den Tieren und krankhaften Gemütern Schrecken einflößt.

Als am 10. Juli die Morgendämmerung der Tageshelle wich, zerteilten sich die Gewitter, schwere Wolken bedeckten indessen noch immer den Himmel, und aus denselben ergoß sich unausgesetzt ein heftiger Regen. Wo sich unser Lager befand, war der Boden nicht nur aufgeweicht, sondern auch teilweise mit Wasser bedeckt; wir hielten es daher nicht für ratsam, noch länger hierzubleiben, und nachdem wir mit einem kärglichen Mahl vorliebgenommen hatten, beeilten wir uns, den sumpfigen Winkel zu verlassen und ihn mit der höher gelegenen Ebene zu vertauschen.

Ehe wir aufbrachen, kam noch einer der jungen Tauschhändler zu uns; er war krank und suchte Rat und Hilfe bei unserem Doktor. Ich erfuhr bei dieser Gelegenheit, daß es am vorhergehenden Tag zu ernstlichen Reibungen zwischen den Komantschen und den Osagen gekommen war, und daß letztere unbemerkt in einige abgesonderte Zelte der Komantschen gedrungen seien, dort zwei Weiber lebendig skalpiert, einige Männer erschlagen und mehrere Weiber und Kinder gefangen mit fortgeführt hätten. Auch teilte er uns mit, daß ein Mexikaner, der, um Büffel zu jagen, dem Train, zu dem er gehörte, vorausgeeilt war, am Cow Creek auf der Straße von einem Osagen erschossen worden sei, und er riet uns, in den nächsten Tagen auf unserer Hut zu sein. Wir dankten dem jungen Menschen, obgleich unsere Wachsamkeit nicht mehr verschärft werden konnte, und langsam zogen wir dann durch die grasreiche Ebene, in der die Wagenräder tief einschnitten und die Tiere bis über die Fesselgelenke durchtraten. Wir erreichten indessen bald die feste Straße auf der Höhe, und Peitsche und Sporen anwendend, vergrößerten wir die Schnelligkeit unserer Reise bis zu drei Meilen in der Stunde.

Um die Mittagszeit befanden wir uns zwischen einer Reihe sandiger Hügel, und da der Regen nachgelassen hatte, rasteten wir hier eine Stunde. Wir waren eben im Begriff, unsere Reise wieder fortzusetzen, als ich einer Herde Büffel ansichtig wurde, die ruhig in einer kesselförmigen Senkung des Bodens zwischen den Hügeln weidete. Während nun Peacock und der Doktor die gewöhnlich leergehenden Pferde sattelten, ritt ich in weitem Bogen um die Herde herum, um womöglich einen aus ihrer Mitte zu erlegen und die übrigen der Straße zuzutreiben, wo dann von meinen Gefährten die Hetzjagd aufgenommen werden sollte. Alles ging nach Wunsch, ich ließ mein Tier zurück und gelangte unbemerkt bis an den Rand des kleinen Tals. Leider befand sich die Herde immer noch zu weit von mir entfernt, als daß ich mit Sicherheit auf Erfolg hätte rechnen können; ich gab indessen dreimal hintereinander Feuer, und dreimal zuckte ein Büffel schmerzhaft zusammen, ehe er sich langsam zu seinen abwärts weidenden Gefährten begab. Da die Schützen unterdessen ihre Posten eingenommen hatten, so bestieg ich mein Tier und verfolgte sodann die fliehende Herde bis über den Weg, wo die Jagd sogleich von dem Doktor, Peacock und Egloffstein fortgesetzt wurde. Es war ein interessantes Schauspiel, die Reiter zu beobachten, wie sie die Herde voneinander trennten, abwechselnd an einen einzelnen Büffel heransprengten und in vollem Rennen Schuß auf Schuß aus ihren Revolvern auf denselben feuerten, bis das erschöpfte, aus vielen Wunden blutende Tier endlich sterbend zusammenbrach.

Ich hatte mir den angeschossenen Stier zu meiner Beute ausersehen, und ermattet, wie er schon war, wurde es meinem Tier nicht schwer, gleichen Schritt mit ihm zu halten; ich ritt so dicht an ihn heran, daß das Feuer meines Revolvers seine Wolle versengte, doch bedurfte es noch mehrerer Schüsse, bis das grimmige Tier sich stellte und es mir gestattete, seinem Leben ein Ende zu machen.

Die Jagd hatte uns weit voneinander getrennt, feiner, aber sehr dichter Regen verhüllte die ganze Landschaft, und erst nach einigem Umherirren trafen wir wieder bei dem Wagen zusammen, der ungestört seine alte Richtung verfolgt hatte. Es regnete ununterbrochen bis gegen Abend, als wir uns aber nach einem Marsch von siebenundzwanzig Meilen angesichts des Cow Creek befanden, klarte es im Westen auf, und die scheidende Sonne spiegelte sich in den zahllosen Regentropfen, welche die gebogenen Grashalme beschwerten oder als letzte Spende der abwärts eilenden Wolken aus der abgekühlten Atmosphäre niedersanken.

Die Dämmerung war schon eingetreten, als wir auf dem grünen Ufer des Flüßchens anhielten und zur Errichtung des Lagers schritten. Naß waren der Boden, das Gras und die grünen Eschen am Ufer; naß waren das Zelt, die Decken und unsere Kleidungsstücke; es blieb uns also keine große Wahl – wir breiteten die Feldbetten auf feuchtem Rasen aus und wärmten die Füße an dem spärlichen Feuer aus Büffeldung, über dem frisches, saftiges Fleisch schmorte. Ein siedend heißer Grog brachte das Blut in Wallung, und naß, wie wir waren, krochen wir dann zwischen die nassen Decken, wo wir uns nur rührten, um die Wache zu übernehmen und fröstelnd eine Stunde das Lager zu umkreisen.

Das Zelt dampfte unter den Strahlen der Sonne, als wir uns am 11. Juli um unseren Tisch versammelten, und da der Cow Creek, der für gewöhnlich kaum einen bis zwei Fuß tiefes Wasser führte, bis zu sechzehn Fuß Höhe angeschwollen war und wir ihn also nicht überschreiten konnten, so war der helle Sonnenschein uns doppelt willkommen, um die genäßten Gegenstände auf dem grünen Rasen zum Trocknen ausbreiten zu können. Die Atmosphäre war drückend heiß, sichtbar entstieg die Feuchtigkeit als Dampf dem Boden, und nicht länger vermochten wir das Fleisch zu halten, das wir vom Walnut Creek aus mitgeführt hatten. Uns daher auf das beschränkend, was wir am vorhergehenden Tag erbeutet hatten, warfen wir das ältere fort; als aber die höher steigende Sonne dasselbe in den Zustand der Gährung versetzte, da zogen aus allen Richtungen Tausende und aber Tausende grüner und roter Goldkäfer herbei, um das verwesende Fleisch zur Nahrung für ihre Brut zu sichern. Es war ein Brummen und Gesumme, als wenn wir von Bienenschwärmen umgeben gewesen wären; haufenweise umlagerten die schillernden Insekten die übelriechenden Fleischklumpen, und um das Zelt und den Wagen hatte sich ein dicker Kreis dieser unbeholfenen Tiere gebildet, die im heftigen Flug an der straff gespannten Leinwand angeprallt und rücklings auf den Boden gefallen waren. Nie erblickte ich Käfer in solchen Massen wie an jenem Morgen, und es hatte fast den Anschein, als ob die schwerfälligen, aber prachtvoll beschwingten Tiere aus meilenweitem Umkreis herbeigezogen wären.

Besonders zahlreich vertreten fand ich den jedem Präriewanderer bekannten Rollkäfer, an dessen merkwürdigen Manieren ich mich so vielfach auf meinen Reisen ergötzte. Diese Insekten von der Größe der gewöhnlichen Mistkäfer bilden nämlich einzeln oder zu zweien aus Dung und anderen verwesenden Stoffen regelmäßige runde Kugeln von der Größe eines kleinen Taubeneis. Ist eine solche fertig, so spannen sie sich vor, und zwar so, daß, wenn dieses Eigentum eines einzelnen Herrn ist, dieser rückwärts auf den vier Vorderfüßen gehend mit den beiden Hinterfüßen die Kugel nach vorn rollt, und wenn zwei sich in den Besitz des kleinen Kunstwerks teilen, der zweite sich auf die andere Seite vorspannt und die Last nach sich zieht. So schaffen die fleißigen Tierchen ihren Schatz oft weite Strecken fort, vergraben ihn zusammen mit ihrer Brut an einem sicheren Ort und fliegen davon, um neuen Vorrat auszumeißeln und nach einer andern Richtung hinzurollen.

Auf Wegen, wo Vieh getrieben worden ist, findet man diese merkwürdigen Käfer am häufigsten und man sieht sie dann rastlos ihre Kugeln den Wagengleisen nachrollen, bis sie endlich eine Stelle entdecken, an der sie ihre Last aus der für sie gewiß fürchterlichen Schlucht hinauswinden können. Oft bin ich abgestiegen und habe den eifrigen Arbeitern einen Weg gebahnt, um sie nicht von den Wagenrädern zermalmen zu lassen, oft aber auch habe ich sie ringsum mit einem Erdwall umgeben, um sie zur Aufbietung ihrer ganzen Kräfte zu zwingen. In letzterem Fall verließ das Tierchen seine Kugel, eilte spornstreichs an den Abhängen umher, forschte nach der geeignetsten Ausgangsstelle, begab sich zu seiner Ladung zurück, und die beschwerliche Arbeit des Hebens und Schiebens begann. Nun aber wußte ich nicht, worüber ich mehr erstaunen sollte, ob über die Kraft des kleinen Tieres, das die glatte Kugel bergan schob und dabei im Gleichgewicht hielt, oder über seine Ausdauer, wenn, an einem Absatz angekommen, die Kugel seinen Krallen entglitt und zusammen mit ihm wieder in die Tiefe hinabrollte und dieses dann seine Arbeit unverdrossen von neuem begann. Bis zu sechzigmal ließ ich einst einen solchen Käfer seine Kugel vergeblich nach der Höhe hinaufrollen, doch erreichte ich nicht, daß er sein Eigentum aufgab und davonflog, denn meine Geduld war der seinigen nicht gewachsen; ich öffnete ihm daher ein bequemes Tor, sah noch, wie er gleichsam im Triumph sich hinter die Kugel spannte und mit ungeschwächter Kraft seine Last von dannen schob.

Im Laufe des Vormittags langte die Post der Vereinigten Staaten am Cow Creek an; diese hatte den Missouri erst acht Tage früher verlassen, und ihre Führer waren unangenehm berührt, als sie sich plötzlich durch das angeschwollene Flüßchen in ihrer fluchtähnlichen Reise aufgehalten sahen. Die Führer sind nämlich kontraktlich verpflichtet, die Reise durch die Steppen in einem gewissen Zeitraum zurückzulegen, und es werden nur wirklich unübersteigliche Hindernisse als Entschuldigung für versäumte Zeit angenommen, wogegen sie in anderen Fällen Geldabzüge zu gewärtigen haben. Das Postwesen befindet sich in den Vereinigten Staaten fast ausschließlich in den Händen von Privatpersonen, und diese beziehen von der Regierung bedeutende Summen für die schnelle und sichere Beförderung von Briefen und Personen; auch haben sie zugleich das Recht, auf den Routen zwischen dem Missouri und der Südsee, wo die Straßen zeitweise sehr unsicher sind, von einem Militärposten bis zum anderen Eskorten zu requirieren, die dann gezwungen sind, gleichen Schritt mit der kleinen Karawane zu halten.

Die Postkarawane besteht gewöhnlich aus einem bis sechs leichten Reisewagen, je nachdem, wie viele Passagiere sich zur Reise gemeldet haben; jeder Wagen ist mit vier oder sechs der besten Maultiere bespannt, führt aber die doppelte Zahl bei sich, damit die Tiere von vier zu vier Stunden abgelöst werden können; und da der größte Teil der Fracht aus schwerem, nahrhaftem Futterkorn besteht, die Tiere also nicht aufs Gras allein angewiesen sind, so werden ihnen von vierundzwanzig Stunden auch nur sechs, höchstens acht zur Ruhe vergönnt. Bei jedem Wagen befinden sich außer dem Fuhrmann noch zwei berittene Treiber, von denen der eine die leer gehenden Tiere zu überwachen hat, während der andere bald auf der einen, bald auf der anderen Seite des Wagens reitet und mittels einer langen Peitsche die Zugtiere in schneller Bewegung hält. Und so eilt denn die Post mit der Geschwindigkeit von durchschnittlich vier Meilen in der Stunde über die endlosen Ebenen dahin; und versehen mit den ausgesuchtesten Tieren, wird es ihr nicht schwer, täglich fünfzig bis siebzig Meilen zurückzulegen und in der unglaublich kurzen Zeit von achtzehn Tagen vom Missouri nach Santa Fé oder zurück zu gelangen.

Mehrfach zur nächtlichen Stunde, wenn ich das Lager umkreiste und kein anderes Geräusch als das tiefe Atmen ruhender Menschen und Tiere die Stille unterbrach, schallte es aus der Ferne zu mir herüber wie das unheimliche Getöse einer gespenstischen, wilden Jagd. Deutlicher vernahm ich allmählich aufmunternde Rufe, Peitschengeknall, Stampfen von Hufen und Wagengerassel. Ich versuchte die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen, doch nur einzelne Funken entdeckte ich, welche eisenbeschlagene Hufe den Kieseln im Weg entlockten oder vom Luftzug den glimmenden Pfeifen entführt wurden. Allmählich traten die unbestimmten Umrisse von Wagen, Reitern und Tieren hervor, und herbei rasselte die flüchtige Karawane. Plötzlich, in Schußweite vom Lager, hielt sie an, ich vernahm das Knacken von Pistolenhähnen und zugleich den Ruf: »Wer lagert da?«

»Regierungstrain!« war die Antwort.

»Die Post!« schallte es zurück, die Peitschen knallten, die Ketten und Ringe an den Geschirren klirrten, und mit lautem »Hallo!« trabte sie vorbei, die »Vereinigte-Staaten-Post.« Ein Reiter trennte sich vom Zug, richtete an mich einige Fragen mit Bezug auf die Straße oder die Eingeborenen, gab mir flüchtig Auskunft über das, was ich zu wissen wünschte, spornte sein Tier an, und dahin galoppierte er den Wagen und Reitern nach, die schon in der Dunkelheit verschwunden waren, deren Getöse aber noch aus weiter Ferne hörbar war, als ich ins Zelt kroch, um meine Ablösung zu wecken.

Eine solche Karawane war also zur frühen Morgenstunde am Cow Creek angekommen und lagerte uns fast gegenüber. Wir begrüßten uns mit den Leuten, die diese begleiteten, doch störte der schäumende Strom zu sehr unsere Unterhaltung, als daß wir sie lange hätten pflegen mögen, und der Schatten der Wagen und Zelte war jedem willkommener als die sonnigen, gegen jede Luftströmung geschützten Ufer. Wir hatten übrigens erfahren, daß wir auf unserer ferneren Reise keine Büffel mehr finden würden, und da ich westlich von uns noch mehrere Herden erblickte, die grasend langsam gegen Norden wanderten, so unternahm ich gegen Abend noch einen Versuch, um – wie ich wohl mit Recht annehmen konnte – meine Büffeljagden für dieses Leben zu beschließen und vielleicht wie die Indianer auf eine Fortsetzung derselben in den seligen Jagdgefilden zu hoffen.

Schon während des Nachmittags hatte ich gegen zwanzig prächtige Stiere durchs Fernrohr beobachtet, die sich kaum merklich in der angegebenen Richtung fortbewegten. Nach meiner Berechnung mußten sie kurz vor Sonnenuntergang die Straße an einer Stelle überschreiten, wo ich am vorhergehenden Tag einige vom Regen aufgewühlte Furchen entdeckt hatte, die sich vortrefflich zu Verstecken eigneten. Ich begab mich also rechtzeitig auf den Weg, und zwei Stunden vor Einbruch der Nacht befand ich mich etwa drei Meilen vom Lager und beobachtete von meinem Hinterhalt aus die langbärtige Gesellschaft, die in meinem Blickfeld weidete. Eine Stunde verging, und noch immer waren die Büffel eine Viertelmeile von mir entfernt; die Sonne neigte sich der Ebene zu, doch die Büffel beschleunigten nicht ihre Schritte. Ich sah endlich ein, daß ich bis in die Nacht hinein, vielleicht auch bis zum folgenden Morgen auf ihre Ankunft würde harren müssen, und beschloß daher, sie in offenem Feld anzugreifen. Ich schob Revolver und Messer auf den Rücken, nahm die Büchse in die linke Hand, und mich ins Gras streckend, begann ich die langweilige Arbeit des Kriechens auf einem Boden, der so eben war wie ein Tisch und wo kein Stein, kein Strauch mir Gelegenheit bot, mich, ohne bemerkt zu werden, ausruhen zu können.

Der Wind war mir günstig, und die Sonne berührte eben den westlichen Horizont, als ich mich in Schußweite von einem Stier befand, der mich aufmerksam betrachtete und, durch das lange Haupthaar geblendet, wahrscheinlich für einen Wolf hielt. Unglücklicherweise hatte er mir den Kopf und die Brust zugewandt, und ich mußte also längere Zeit harren, ehe ich imstande war, der Kugel eine tödliche Richtung zu geben. Auf den Schuß machte der Büffel eine krampfhafte Bewegung, doch ohne zu wanken schritt er zu seinen Gefährten, und nur an der Unruhe, mit der er sich zwischen diesen umherdrängte, erkannte ich, daß er wirklich schwer verwundet war. Wie bei allem Rindvieh, brachte auch hier der Geruch des Blutes, das reichlich aus der Wunde quoll, die ganze Herde in wutähnliche Aufregung; mit hohlem, unheimlichem Gebrüll senkten die erbitterten Tiere die buschigen Köpfe, und wo das Blut den Boden gerötet hatte, da wühlten sie den Rasen mit ihren kurzen Hörnern auf, und mit den schweren Hufen scharrend, schleuderten sie Erde und Rasen hoch empor.

Ich benutzte die allgemeine Verwirrung, um schleunigst meine Büchse wieder zu laden und noch näher heranzukriechen, und als ein feister Stier mir dann die breite Seite wies, nahm ich vorsichtig mein Ziel und gab zum zweitenmal Feuer. Doch auch dieser stürzte nicht gleich zusammen, sondern zwischen seinen Kameraden umherschreitend, trug er durch seinen Blutverlust dazu bei, die ganze Herde, die nur aus Stieren bestand, in die grimmigste Wut zu versetzen. Zufrieden mit dem Erfolg meiner Jagd, denn die beiden Verwundeten vermochten sich kaum noch aufrecht zu halten, gebrauchte ich weniger Vorsicht, und um beim Laden in meinen Bewegungen nicht behindert zu sein, richtete ich mich auf die Knie. Plötzlich, wie auf ein gegebenes Zeichen, hoben alle ihre Köpfe empor und betrachteten mich unter den buschigen Mähnen hervor einige Sekunden lang sehr aufmerksam.

Ich kann nicht leugnen, daß es mir gar nicht gefiel, als ich die ganze Gesellschaft in gemessenem Schritt schnaubend auf mich zukommen sah, doch war es augenscheinlich, daß sie mich noch immer nicht für einen Menschen, sondern für einen Wolf hielten und ihre Wut an dem so verhaßten Feind auszulassen gedachten. Ich sprang daher auf und schwenkte, um sie zurückzuscheuchen, meinen Hut; doch diese Bewegung hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung, denn die Tiere begannen sich aneinanderzudrängen, und indem sie ihre Schritte beschleunigten, näherten sie sich mir mit allen Zeichen unfreundlicher Absichten.

Es blieb mir jetzt nur noch ein einziges, aber sicheres Mittel, mich den drohenden Hufen und Hörnern zu entziehen, und ich zögerte keinen Augenblick mit dessen Ausführung: ich eilte nämlich, so schnell ich nur zu laufen vermochte, in westlicher Richtung um die Herde herum, und als die vordersten derselben kaum noch dreißig Schritt entfernt von mir waren, befand ich mich in derselben Linie mit ihnen und dem Nordwestwind, der leise über die Ebene strich. Kaum witterten aber die Büffel die Nähe eines Menschen, als sie, von jähem Schrecken ergriffen, in wilder Flucht unaufhaltsam davoneilten und mir abermals Gelegenheit gaben, einen erfolgreichen Schuß zu tun.

Die drei Verwundeten trennten sich sogleich von der Herde, und nur eine kurze Strecke von mir stürzte einer derselben zu Boden. Ich ging sogleich hin, machte mit meinem langen Messer seinen Leiden ein Ende, schnitt ihm die Zunge heraus, und als ich mich dann aufrichtete und nach den Flüchtlingen ausschaute, erblickte ich in der Entfernung von einer Meile nur noch die beiden anderen Verwundeten, von denen der eine sterbend auf der Seite lag, während der andere wie sinnend dabeistand.

Die Dämmerung, die schnell in Dunkelheit überging, hielt mich indessen ab, mich noch weiter zu entfernen, und nicht ohne eine Anwandlung von Reue, im Jagdeifer wegen einer einzigen Zunge drei der stattlichsten Büffel der Prärie getötet zu haben, wandte ich mich dem Cow Creek zu. Die Nacht war sternenklar, aber dunkel, die Lagerfeuer bezeichneten mir die Richtung, und auf das leiseste Geräusch in meiner Umgebung lauschend, eilte ich an der Stelle vorbei, wo wenige Tage vorher der Mexikaner durch eine feindliche Kugel sein Leben verlor und wo ihn seine Freunde dann eingescharrt hatten.

Am 12. Juli in der Frühe war unser erster Gang nach der Furt; wir trafen hier mit der Begleitung der Post zusammen, und gemeinschaftlich untersuchten wir die Tiefe des Stroms, der schon bedeutend gefallen war, aber den Durchgang noch immer nicht gestattete. Erst gegen Mittag unternahm es die Post, den Weg zu eröffnen, sie gelangte glücklich zu uns herüber; ihr nach folgte Bent, der im Lauf des Vormittags mit einigen leichten Wagen dort eingetroffen war; und als dann das letzte seiner Pferde nach dem rechten Ufer hinaufstieg, zogen wir nach dem linken hinüber, wo wir mit verdoppelter Eile unsere Reise fortsetzten.


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