Frederic Mistral
Mirèio
Frederic Mistral

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Namenserklärungen

A

Aalenkönigin, prov. Rèino di pougau. Pougau bedeutet wörtlich: Aal, bildlich: schlankes junges Mädchen.

Agrioutat. Getränk aus mit Zucker und Sauerkirschen versetztem Kornbranntwein.

Aigo-Morto. Spätlat. Aquae mortuae, Hafenstädtchen im Westen der Camargoinsel. Aigo-Morto und die beiden Marktflecken Aubaroun und Faraman umgeben landeinwärts in einem weiten Bogen Li-Santo, den Wallfahrtsort der heiligen Marien am Meere.

Aiòli (aus ai, Knoblauch und òli, Öl), eine Art von Mayonnaise aus den genannten Hauptbestandteilen mit Eigelb und Gewürz. Das Aiòli ist, als Zugericht, eine besondere Lieblingsspeise der Provenzalen.

Alàri = Alarich. Überbleibsel aus der Gotenzeit.

Alis = Alix.

Alpinen, prov. Aupiho. Spätlat. Alpilla. Höhenzug im Nordosten von Arles, zwischen Rhone und Durance.

Althen, Johann, ein Armenier, der im XVIII. Jahrhundert den Anbau der Krappwurzel in der Provence eingeführt hat. 1850 wurde ihm auf dem Domfelsen von Avignon ein Denkmal errichtet. Der Krappbau, zur Zeit der Handlung des Gedichtes eine wichtige Quelle des provenzalischen Volkswohlstandes, mußte in den siebziger Jahren, infolge der Erfindung des künstlichen Alizarin, gänzlich eingestellt werden.

Ambroi und Ambròsi = Ambrosius. Beide Formen werden nebeneinander gebraucht.

Andreloun. Diminutivform für Andreas.

Antèume und Ansèume = Anselm. Parallelformen.

Antico, lis, s. Lis-Antico.

Arcolo. Prov. Form für Arcole (Schlacht vom 15.–17. November 1796).

Argèns, lat. Argenteus fluvius, Flüßchen im Departement Var. Es entspringt in der Nähe der Magdalenenhöhle bei Sant-Maximin und ergießt sich in den Golf von Fréjus.

At, lat. Apta Julia, Städtchen im Departement Vaucluse, mit römischen Überresten und alter Kathedrale.

Aurano, weibliche Form von Auran, ein in der Provence häufiger Familienname.

Azalaïs = Adelheid.

B

Baiardo = die Rotbraune. In der Provence benennt man die Maultiere gewöhnlich nach ihrer Farbe. Die gebräuchlichen Bezeichnungen sind: Blanquet, Blanqueto, der, die Weiße; Mouret, Moureto, der, die Schwarze; lou, la brunèu, der, die Braune; Baiard, Baiardo, der, die Rotbraune; Roubin, Roubino, der, die Hellbraune; Falet, Faleto, der, die Falbe.

Barbentane. Dorf in der Nähe von Avignon, mit Resten schöner mittelalterlicher Bauten; spätlat. Barbentana.

Bärenhans ( Jan de l'Ourse), ein Held der provenzalischen Spinnstubengeschichten, dem man eine Menge von Kraftstücken und Großtaten zuschreibt. Sohn einer Hirtin und eines Bären, der jene entführt hatte. Auf seinen Zügen begleiteten ihn zwei Abenteurer von fabelhafter Körperkraft, Bergeversetzer und Mühlstein geheißen.

Baumo. Dorf im Departement Vaucluse, dessen Weinhalden einen besonders geschätzten Muskateller erzeugen.

Baus-Maniero, steiler Felsen im Norden der Ruinen von Li-Baus

Bausset s. Sankt Gentus von Bausset.

Boui-abaisso. Provenzalische Fischsuppe. Das Wort ist zusammengesetzt aus boui = er kocht (nämlich der Suppentopf) und abaisso = nimm ihn herunter (nämlich vom Feuer), weil das Gericht nur einmal aufkochen darf.

C

Camargo. (Wahrscheinlich vom altprovenzalischen camp marca = Grenzfeld; die Herleitung von Caji Marii ager ist unsicher.) Name des großen, ungefähr 75000 Hektar umfassenden Alluvialdeltas, das die Zweiteilung der Rhone bei Arles verursacht hat. Seine endlosen Horizonte, die feierliche Stille seiner ununterbrochenen Ebenen, sein seltsamer Gras- und Pflanzenwuchs, seine Luftspiegelungen, stehenden Süß- und Salzgewässer, zahllosen Insektenschwärme und großen Herden wilder Pferde und Stiere setzen den Reisenden in Erstaunen und erwecken die Vorstellung der südamerikanischen Pampas.

Capoteich. Prov. lou trau de la Capo, ein ehemals tiefer, jetzt ausgetrockneter Tümpel in der Camargo.

Castihoun, der Freiherr. Ein Vetter unseres wilden Jägers; nach der prov. Sage ein Baron oder Fürst, der an einem hohen Feiertage, mitten in der Messe, benachrichtigt wurde, daß ein großer Eber an der Kirche vorüberlaufe. Als leidenschaftlicher Jäger kümmerte er sich nicht weiter um die heilige Handlung, ergriff einen Spieß und setzte dem Wilde nach. Seitdem ist er verdammt, in Ewigkeit durch die Lüfte zu jagen.

Condamine, vom lat. Condominium, heißt ein Stadtteil von Tarascon. Man findet diese Bezeichnung, aus der Zeit des Mitbesitzes von Adel und Geistlichkeit an den Städtegebieten, in vielen Städten Südfrankreichs, u. a. auch bei Monaco, wo die Verbindung zwischen Residenz und Spielhölle jenen Namen führt.

Cordohöhle. Ein halbe Stunde östlich von Arles erheben sich zwei niedere Hügel, die vor Zeiten nur einen einzigen gebildet haben, heute aber durch einen Moorgrund getrennt sind. Auf dem felsigen Gipfel der kleineren Erhöhung befinden sich, zwischen riesigen Steinblöcken, Spuren einer künstlichen Aushöhlung, der man keltischen Ursprung zuschreibt. Die Sarazenen sollen auf diesem Hügel ein befestigtes Lager aufgeschlagen und dasselbe in Erinnerung an Cordova Cordo genannt haben. Wunderbare Überlieferungen haften an dem Orte. Hier hauste die Schlangenfee, eine Art provenzalischer Melusine; vorzüglich aber gilt er für den Sitz der Goldenen Ziege, welche den Menschen verborgene Schätze heben läßt, aber inmitten ihrer Reichtümer die derselben Unwürdigen mit unheilbarer Traurigkeit schlägt.

Der andere, größere Hügel trägt den fast römischen Namen Mount-Majour. Hier liegen die riesenhaften Trümmer der ehemals berühmten Abtei gleichen Namens. Die Grotte von Cordo wird auch, gleich derjenigen von Li-Baus, Feenhöhle, prov. trau die Fado genannt, und nach dem Volksglauben sollen die beiden Höhlen unterirdisch miteinander verbunden sein.

Crau. La Crau (nach Mistral vom gr. κραυρος = dürr, hart, campus lapideus der Römer) heißt die weite, kieselreiche Ebene südöstlich von Arles. Sie wird im Norden vom Höhenzug der Alpinen, im Süden durch das Meer, östlich durch den Teich von Martegue und westlich durch die Rhone begrenzt. Man hat sie das steinige Arabien Frankreichs genannt. Der Craponnekanal durchschneidet ihren oberen Teil und verleiht ihm durch ein Netz von Bewässerungen stellenweise große Fruchtbarkeit. – Körtings Lateinischromanisches Wörterbuch 2. Aufl. gibt folgende Etymologie (2580): »kelt. Stamm, crauc-, crôc, kegelförmiger Haufe. (Vgl. kymr. crug »cippus, tumulus«, corn. cruc »a hillock, a mound, a barrow«, bret. krugell »monceau, tas«, ir. cruac »a rick, a heap«, gäl. cruach »a stack of hay«); auf diesen Stamm gehen vielleicht zurück prov. Crau, Name eines Kieselfeldes bei Arles, crauc, steinig, unfruchtbar.«

Cri, korrumpierte Form von Cyriacus. Lou Cri kann auch heißen: »der Windhund«.

Cueisso s. Jan Cueisso.

D

Dìo, die schöne Gräfin. Berühmte Dichterin der Mitte des XII. Jahrhunderts. Ihre erhalten gebliebenen Gesänge zeichnen sich durch leidenschaftlichen Schwung und große Innigkeit aus.

Dreizink. Die Roß- und Stierhirten der Camargo tragen als Waffe und Treiberstachel einen langen eschenen Speer mit eisernem dreizinkigem Aufsatze.

E

Entressèner Teich ( lou clar d'Entressèn) in der Crau, südöstlich von Arles.

Esperit-Fantasti. Wörtlich: der wunderliche Geist. Ein Mittelding zwischen Heinzelmännchen und Kobold. Je nach Laune und Umständen ist der Esperit-Fantasti bald hilfreich, bald boshaft.

Esterel, prov. Esteréu, waldiges Küstengebirge im Departement Var, zwischen Frèjus und Cannes.

Estoubloun, spätlat. Stoblonum, Schloß und Dorf bei Font-Vièo, an der Grenze der Departements Basses-Alpes und Bouches-du-Rhóne.

F

Falet s. Baiardo.

Faneto von Gantelm. Estefaneto (Stephanette), abgekürzt Faneto, aus dem edlen Hause der Gantèume, um 1340 Königin des Minnehofes von Schloß Roumanin bei Saint-Remy in der Provence.

Der Tradition zufolge waren die Liebes- oder Minnehöfe poetische Schiedsgerichte, in denen die edelsten, schönsten und sangeskundigsten Damen über Liebeshändel und Fragen der höfischen Sitte das Urteil sprachen und den besten provenzalischen Dichterleistungen Preise zuerkannten. Petrarcas Laura soll die Nichte Fanetos von Gantelm und Mitglied des Areopags von Roumanin gewesen sein.

Auf die nach dem Grundsatze: »Quod non est in actis, non est in mundo« verneinte Frage, ob es überhaupt jemals Liebeshöfe gegeben habe, einzutreten, ist hier nicht der Ort.

Feenhöhle. Jules Canonge gibt in seiner Geschichte der Stadt Li-Baus (s. d. und Cordohöhle) folgende Beschreibung der Örtlichkeit:

»In der Tiefe einer trichterförmigen Schlucht, die man passend ›die Hölle‹ benannt hat, bin ich in die Feengrotte hinabgestiegen; aber anstatt der anmutigen Spukgestalten, mit denen meine Einbildungskraft sie bevölkert hatte, fand ich nur übereinandergeschichtete Felsblöcke, Wölbungen, unter denen man hindurchkriechen muß und finstere, von Fledermäusen bewohnte Abgründe. Nirgends habe ich in so merkwürdiger Weise durch- und übereinander geworfene Felsen gesehen, wie im Zugang zu jener Höhle; sie recken sich auf, sie senken sich herab, sie ragen ins Leere wie riesiges Gebälke, wie luftige Gärten, die da und dort einen dürftigen Pflanzenwuchs tragen; sie öffnen sich zu Gassen, wie jener Felsblock in den Pyrenäen, den das Schwert Rolands gespalten« . . .

Und Mistral fügt hinzu:

»Wenn man Dantes Beschreibung der Hölle mit diesem zyklopischen, phantastischen Landschaftsbilde vergleicht, so gelangt man zu der Überzeugung, daß der große Florentiner die Provence bereist und den Felsenkessel von Li-Baus gesehen haben muß. Er mag an den Abhängen des Höllentals ausgeruht und, von ihrer trostlosen Größe betroffen, zum ersten Umriß seines Inferno angeregt worden sein. Alles spricht für diese Annahme, die Benennung der Örtlichkeit selbst, Infer, ihre trichterförmige Gestalt, wie sie Dante seiner Hölle gegeben hat, die großen, unregelmäßigen, die abwärts führenden Stufen bildenden Felsbrüche:

An eines hohen Ufers ober'm Saume,
Das Felsentrümmer bilden ohne Zahl.«

Endlich auch der provenzalische Name dieser Abstürze, li baus , aus dem, nach Mistral, der Dichter die italienischen Wörter balzo und balza gebildet haben soll, um mit ihnen die Steilränder seines schauerlichen Trichters zu bezeichnen. Nach Diez ist das provenzalische Wort aus dem entsprechenden italienischen, und nicht umgekehrt, entstanden. (Vgl. Li-Baus.) Ein Aufenthalt des Großen Florentiners in der Provence ist übrigens nirgendwo beglaubigt.

Feliber, prov. felibre, heißen die Vertreter der sprachlichen und dichterischen Auferstehung der Provence. Sie gaben sich diesen Namen auf den Vorschlag Mistrals, der das Wort in einer alten provenzalischen Legende in der Bedeutung von Schriftkundiger gefunden hatte. Die darüber aufgestellten zahlreichen hebräischen, griechischen und lateinischen Etymologien hat Mistral in seinem Tresor dóu Felibrige zur Auswahl der Fachgelehrten aufgezählt.

Vom Stammwort Felibre abgeleitet sind: Felibrige, s. m. Felibertum, und Felibrado, s. f. festliche Versammlung der Feliber.

Ferigoulowein, prov. Ferigoulet, ausgezeichnete Sorte, die auf den Hügeln von Gravesoun, eine halbe Stunde von Mistrals Heimatsort Maiano, gedeiht. Ferigoulo bedeutet provenzalisch Thymian. Der Ferigoulet wird so genannt, weil er in angenehmer Weise an den Duft jener Pflanze erinnert.

Ferrado, von fer, Eisen, nennt man das von den Herdenbesitzern der Camargo alljährlich vorgenommene Brandzeichnen der Tiere, eine Arbeit, die in der Gegend von Arles unter großen Feierlichkeiten verrichtet wird. Man treibt alle jährigen Stiere und Kühe auf einen umzäunten Platz zusammen, wirft sie einzeln nieder und brennt ihnen mit einem glühenden Eisen das Zeichen des Besitzers ein.

Font-dóu-Rèi, wörtlich: Königsquelle.

Font-Vièio, spätlat. Fons Vetula, Dorf zwischen Arles und Li-Baus. Hier hat Alphonse Daudet einen Teil seiner Kindheit verlebt. Seine Lettres de mon moulin sind in Erinnerung an die Mühle von Font-Vièio verfaßt.

G

Gantelm s. Faneto.

Goldene Ziege, prov. Cabro d'or. Gespenstische Hüterin eines Schatzes, den die Sarazenen unter einem der vielen alten Denkmäler der Provence vergraben haben sollen. Sie ist wahrscheinlich ein Anklang an den alttestamentarischen Bericht vom goldenen Kalbe. Die Sage von einem verborgenen und durch ein abenteuerliches Tier bewachten Schatze ist sehr verbreitet und allein in der Provence an die Ruinen von Mount-Majour, an das Mausoleum von Saint-Remy (Lis Antico), an die Grotte von Cordo und an die Felsen von Li-Baus geknüpft.

Gòut s. Laurèns.

Grand-Clar, ehemals ein großer Teich in der Nähe von Mount-Majour. Vor einigen Jahrzehnten ist er künstlich trocken gelegt worden.

H

Höllental s. Feenhöhle.

Hörnerlämmchen, prov. agneloun banet., 85 u. ff. Eine Schafgattung mit gehörnten Lämmern ist auch in der Provence heimisch.

I

If. Insel und Schloß im Hafen von Marseille, früher Staatsgefängnis.

J

Jan Cueisso, Giovanni di Cossa, neapolitanischer Edelmann im Gefolge des Königs René, von diesem zum Großseneschall der Provence ernannt, gestorben 1476. Jan Cueisso ist in Tarascon, wo man ihm die Erbauung des Glockenturmes der Marthakirche zuschreibt, eine sehr volkstümliche Persönlichkeit. Sein Grabmal, mit liegender Kolossalstatue, befindet sich an der zur Krypta genannter Kirche führenden Treppe.

Jano-Mario = Johanna-Maria.

K

Kadis, prov. cadis, grober Wollenstoff, eine Art Loden.

Kompostella. San Jago de Compostela, berühmter Wallfahrtsort mit dem Grabe des heiligen Jakobus. »Die heiligste Stätte der spanischen Christenheit.«

Krabbenfresser ( ardea viridis, Lin.). In den Rhoneniederungen heimische Strandläuferart.

L

La-Cióutat, schöngelegenes Hafenstädtchen, südöstlich von Marseille.

Lagadigadèu. Ritornell eines dem König René zugeschriebenen Volksliedes, das in Tarascon beim Feste der Tarasko gesungen wird. Artikulierter Jubelruf, etwa wie: Heissa juchhei!

Laurèns = Lorenz, aus Gòut, Dorf im Departement Vaucluse, Stammsitz einer der berühmtesten provenzalischen Adelsfamilien, die ihre Herkunft von unsern deutschen Wülfingen (Wolf, Welf, Guelf, Goult, Gòut) ableitet.

Laureto Diminutivform von Laura.

Leberoun = lat. Luerio, onis. Bergkette auf dem rechten Ufer der Durance, im Departement Vaucluse.

Li-Baus, vom lat. balteus, balteum, Rand, Absturz, Zirkusstufe, heißt die heute in Trümmern liegende ehemalige Residenz des gleichnamigen provenzalischen Fürstengeschlechts. Jules Canonge, in seiner oben (s.  Feenhöhle) angeführten Histoire de la ville des Baux, beschreibt die Örtlichkeit wie folgt:

»Drei Wegstunden von Arles, an einer Krümmung des Talweges, erschloß sich plötzlich, vom Rande eines steilen Felsens sich erhebend, meinem überraschten Blicke eine Reihe von gewaltigen Türmen und Mauern, wie ich ähnliches nie gesehen hatte, es sei denn auf zeichnerischen Wiedergaben der fabelhaften Gesichte des Ariost. Mein Erstaunen wuchs noch, als ich eine Anhöhe erstiegen hatte, von der aus die ganze Ausdehnung der Ruinen übersehen werden kann. Es war ein Bild trostloser Erhabenheit, wie es etwa beim Lesen der alttestamentarischen Propheten vor uns aufsteigt, eine zum Monolithen erstarrte Stadt.

Die ersten Bewohner dieses Felsens hatten sich ihre Zufluchtsstätten in seine Wände gehöhlt; die neue Bauart wurde von den Nachfolgenden gut befunden, denn die Felsmasse war mächtig und fest. Bald erwuchs aus ihr eine Stadt, wie unter dem Meißel des Künstlers ein Steinbild entsteht: eine großartige Anlage mit Festungswerken und Palästen, Kapellen und Herbergen, eine Stadt, die für die Ewigkeit gebaut zu sein schien. Ihr Herrschgebiet erstreckte sich weit in die Lande hinaus; glänzende Waffentaten eroberten ihr einen Platz in der Geschichte. Aber sie war darum nicht dauernder als viele andere, minder trotzig gebaute.«

Die Handlung des Gedichtes beginnt am Fuße dieser Ruinen.

Lis-Antico. Eine Viertelstunde von Saint-Remy, hart am Fuße der Alpinen, erheben sich nebeneinander zwei schöne römische Denkmäler. – Das eine ist ein Triumphbogen, das andere ein prachtvolles Mausoleum in drei Geschossen, mit reichem Bildwerk geschmückt und von einer zierlichen offenen Rotunde überragt. Zehn korinthische Säulen tragen den konischen Dachaufsatz und schließen zwei togenumhüllte – also nicht kriegerisch gekleidete – Statuen ein, die im Volksmunde li generau, die Feldherren, heißen. Die beiden Monumente sind die letzten Spuren der im V. Jahrhundert durch die Westgoten zerstörten massilischen Niederlassung Glanum Livii.

Li-Santo, die Heiligen (Frauen),

M

Magali und Magari, Zusammenziehungen von Margarido = Margarethe. Der Gedanke, der Goethes »Liebhaber in allen Gestalten« zu Grunde liegt, ist im Magaliliede in anmutigster Weise ausgesponnen.

Magalouno, uraltes Städtchen an der Küste des Departements Hérault, mit Resten eines Klosters, dessen Gründung der neapolitanischen Königstochter Magelone, der Heldin des berühmten gleichnamigen Volksromans, zugeschrieben wird. Ihr Grabmal und das ihres Gemahls, Peter von Provence, befinden sich in einer Kapelle der Domkirche.

Magnanarellen (prov. Magnanarello, von magnan, Seidenwurm), werden die mit der Wartung und Aufzucht der Seidenwürmer betrauten Mädchen genannt.

Marran, spanisch Marrano, Nachkomme von Mauren, Unterscheidungsname für Männer mit besonders dunkler Hautfarbe.

Mirèio. Der Dichter entlehnte den Namen seiner Heldin einer in seiner engeren Heimat gangbaren Redensart: Semblo la bello Mirèio (sie gleicht der schönen M.), die sich zur Zeit ihrer Entstehung auf irgend ein seiner Schönheit wegen berühmt gewesenes junges Mädchen bezogen haben muß.

Mirèio ist, nach Mistral, die provenzalische Form des jüdischen Frauennamens Miriam. Hiernach würde von den beiden provenzalischen Frauennamen Mirèio und Mario der erste fast unmittelbar, der andere über die Brücke des Lateinischen, vom hebräischen Miriam kommen.

Mistral und Mistrau, ital. Maestrale, d. h. Haupt- oder Meisterwind, nennt man an der ganzen Nordküste des mittelländischen Meeres den im unteren Rhonetal besonders häufigen und heftigen Nordweststurm.

Mount-de-Vergue, lat. mons Avenicus.

Mount-Majour, lat. Mons Major, ehemalige Benediktinerabtei in der Nähe von Arles. Vgl. Cordohöhle und Goldene Ziege.

Mount-Ventour s. Ventour.

Moureto s. Baiardo.

Mouriés, spätlat. Moresium, Dorf in der Crau am Südabhange der Alpinen.

N

Noro, Abkürzung von Leounoro = Leonore.

Not, Abkürzung von Estienot, prov. Diminutivform für Stephan.

Nourado, Abkürzung von Ounourado = Honorate.

O

Olymp, prov. Oulimpe, hoher Berg auf der Grenze der Departements Var und Bouches-du-Rhône, südlich von der Bahnlinie Aix-Brignoles.

Ourrias, korrumpierte Form von Eleazar.

P

Pèire = Peter.

Pèiro-Malo, spätlat. Petra Mala, Felsengasse in den Alpinen zwischen Maussane und Saint-Remy.

Peyronelle, prov. Peirounello, Schäferlied aus dem XIV. Jahrhundert. Canta la Peirounello bedeutet heute überhaupt: ein fröhliches Stücklein singen, vergnügt sein.

Prat, vom lat. pratum, Wiese, heißt das Grundstück, auf welchem die (einst berühmte) Messe von Beaucaire abgehalten wird.

Q

Queiras, lat. Castrum quadratum, Tal im Departement der Hautes-Alpes, mit Überresten römischer Befestigungen.

R

Ramoun = Raimund, ein in Erinnerung an die Dynastie der Grafen Raimund von Toulouse in der Provence sehr volkstümlicher Name.

Rudel, prov. rodo. Die Camargopferde wurden bis vor wenigen Jahrzehnten in der ganzen Provence zum Ausstampfen des Getreides verwendet. Man nahm dazu in der Regel sechs Paare auf eine Tenne und nannte eine solche Abteilung rodo.

S

Sambü. Weiler im Gebiete von Arles auf der Insel Camargo.

Sambüco. Waldiges Gebirge, östlich von Aix in der Provence. Der über dasselbe führende Paß war früher von den Reisenden als Schlupfwinkel von Räubern gefürchtet.

Sankt-Blasius, prov. Sant-Blàsi, ehemals ein Frauenkloster in Arles.

Sankt-Euchar, prov. Sant Ouquèri oder Euquèri, ehemalige Einsiedelei bei Beaumont im Departement Vaucluse.

Sankt-Gentus, der Einsiedler von Bausset, ein junger Landmann, der zu Anfang des XI. Jahrhunderts gelebt und sich als Eremit in die Grotte von Bausset (Vaucluse) zurückgezogen haben soll. Seine Klause und der Wunderbrunnen, der, nach der Sage, infolge des Eindrückens seiner Finger in den Felsen aus dem Gestein hervorgesprudelt sei, sind noch heute das Ziel zahlreicher Pilgerzüge.

Sanktiner, prov. li Santen, werden die Bewohner von Li-Santo, der Stätte der Heiligen Frauen, genannt.

Sant-Chamas. Städtchen in schöner Lage am Teich von Berre in der Crau.

Santo-Baumo, wörtlich die »heilige Höhle« (im Felsen von Sant-Pieloun, inmitten eines Gebirgswaldes im Departement Var), in die sich, der Sage nach, die heilige Magdalena zurückzog, um ihrer Buße obzuliegen. Berühmter Wallfahrtsort. Vgl. Uvèuno.

Sant-Pieloun, s. vorstehend.

Sant-Roumiè, spätlat. Villa Sancti Remigii, franz. Saint Remy-de-Provence, reizend gelegenes Städtchen am Fuße der Alpinen, inmitten weitberühmter Blumensamengärtnereien. Geburtsort der Feliber Joseph Roumanille und Marius Girard. Vgl. über die Provence im allgemeinen und Saint-Remy im besonderen Moritz Hartmanns »Tagebuch aus Languedoc und Provence«.

Seloun, röm. Salonum, Städtchen in der Crau, Geburtsort des Ingenieurs Craponne und des Feliber Crousillat.

Séuvo-Riau, lat. Silva Regalis, Wald von Schirmpinien in der kleinen Camargo.

Siegesberg, prov. Mount Santo-Ventùri, östlich von Aix ( Aquæ Sextiæ), steile Anhöhe, deren Namen man von dem großen Siege ( Ventùri) herleitete, den in ihrer Nähe Marius (102 v. Chr.) über die Teutonen erfocht.

Sivèstre = Sylvester.

Sóuvage, vom lat. silvaticus. Weite, einsame Sumpfgegend, auf den Karten die kleine Camargo genannt, im Osten begrenzt durch die kleine Rhone, die sie von der großen Camargo trennt, im Süden durch das Mittelmeer, westlich und nördlich durch die sogenannte tote Rhone und den Kanal von Aigo-Morto. Hier hausen hauptsächlich die wilden schwarzen Stiere.

Sufrèn, der Ballivus, prov. lou Baile Sufrèn, Peter Andreas, Herr von Saint-Tropez, Vizeadmiral unter Ludwig XV. und Ludwig XVI., berühmter Seemann, geboren 1729 zu Saint-Cannat im jetzigen Departement der Rhonemündungen, kämpfte ruhmvoll gegen die Engländer in den indischen Gewässern, starb zu Paris 1788. Den Titel Ballivus führte er als Kapitelmitglied des Johanniterordens.

T

Tarasco, der Sage nach ein drachenartiges Ungeheuer, das die Ufer der Rhone heimsuchte und durch die heilige Martha gebändigt wurde. Alljährlich am Feste der genannten Heiligen wurde in Tarascon ein riesengroßes Abbild des Drachens in feierlichem Umzuge durch die Straßen der Stadt getragen. Man beging den Tag mit allerlei Volksspielen, u. a. dem »Halmbartschwingen«, bei dem die Kunst darin besteht, eine Pike oder Fahne möglichst hoch in die Luft zu werfen und geschickt am Stiele wieder aufzufangen.

Tarascoritter, prov. Tarascaire, heißen die durch Wahl bestellten Träger und Begleiter des Tarasco im feierlichen Umzuge. Man sucht dazu die schönsten und gewandtesten Burschen aus.

Tavèn, korrumpierte Form von Katharina.

Tortillade, prov. Tourtihado, kranzförmiges Kuchengebäck aus feinem Teige mit Zucker, Eiern und Anis.

Touloubro, Flüßchen in der Crau bei Crousillat.

Trenco-Taio, von trenca, trennen und taia, schneiden, Vorstadt von Arles auf dem rechten Ufer der Rhone im Gebiete der Camargo, an der Stelle, wo die Gabelung des Flusses diese Insel vom Festlande abtrennt.

Trevaresso. Bergkette zwischen der Touloubro, der Durance und dem Craponnekanal.

U

Uvèuno, spätlat. Huvelna, Flüßchen, das bei der heiligen Höhle (Santo-Baumo) entspringt und sich bei Marseille, am Ende der berühmten Promenade des Prado, ins Meer ergießt.

Eine poetische Legende schreibt seinen Ursprung den Reuetränen der heiligen Magdalena zu.

V

Vacarés. Großer Teich in der Camargo. Der Name ist gebildet aus Vaco, Kuh und dem Suffixe arés, eine Ansammlung oder Vereinigung gleichartiger Gegenstände bezeichnend, hier einen Ort, an dem sich eine große Zahl von Kühen befindet. In gleicher Weise ist aus vigno, Rebe, barco, Schiff, paumo, Palme, ribo, Ufer, vignarés, Weinberg, barcarés, Flotte, paumarés, Verzeichnis der Preisgekrönten, ribeirés, Ufergegend gebildet worden.

Valabrego, spätlat. Volubrica oder Volobrica, Dorf am linken Ufer der Rhone zwischen Avignon und Tarascon.

Vau-Cluso, lat. Vallis Clausa. Grotte, in welcher die Quelle entspringt, die dem Departement den Namen gegeben hat. Petrarca soll hier während seines Aufenthaltes in Avignon, 1337, einen Teil seiner Sonette an Laura gedichtet haben. Am Eingang der zur Grotte führenden Schlucht einige mit Petrarca- und Lauraerinnerungen geschmückte Wirtshäuser.

Vence, prov. Vènço, das Vintium Nerusiorum der Römer, Städtchen im äußersten östlichen Grenzgebiet der provenzalischen Sprache.

Ventour, spätlat. Mons Ventosus, hoher Berg, 48 km nordöstlich von Avignon. Er erhebt sich, weithin sichtbar, steil und einsam aus der Ebene bis zu ungefähr 1900 m üb. M. Sein zerklüfteter Gipfel ist während der Hälfte des Jahres mit Schnee bedeckt. Den Nordostwind nennt man in Avignon und Umgegend la ventoureso.

Veran, mit der Diminutivform:

Veranet, entsprechen den spätlateinischen Mannsnamen Veranus oder Verannius.

Vincèn = Vinzenz. Vincèn kommt auch als Familienname vor.

Vinceneto, weibliche Diminutivform des Vorstehenden.

Vióulano und Vióulando = Jolanthe.

Z

Zeto, Abkürzung von Tereseto, Diminutivform von Therese.

Zéu, Abkürzung von Isèut = Isolde.

Ziege, die goldene, s. Goldene Ziege.

Zürgelhof. Der Name lautet provenzalisch: Lou Mas di Falabrego. Falabrego heißt die Frucht des provenzalisch falabreguié benannten Zürgelbaumes ( Celtis australis Linn.), einer großen, feinästigen, in der Provence heimischen Ulmenart. – Mas, spätlat. mansus, ländliche Wohnung, Meierei.


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