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Sechzehntes Kapitel.

»Adieu, Korkfender!« – Die Befreiung. – »Auch Dummheiten können zuweilen einem guten Zweck dienlich sein.« – Abschied von den alten Schiffsgenossen.

 

»Hören Sie zu,« hatte Korkfender zu mir gesagt. »Meine Idee ist die folgende.«

Meine jungen Leser werden sich erinnern, daß der Unterleutnant Korkfender und ich von einigen übelwollenden Subjekten aufgegriffen und in schnöde Gefangenschaft geschleppt worden waren und daß wir hier auf Flucht sannen.

Das Loch, in welches man uns eingesperrt hatte, war ungefähr so groß wie des Stewards Pantry an Bord der »Santissima Trinidad«; es enthielt nur ein einziges Fenster, welches eben noch mit der Hand zu erreichen war. Durch dieses Fenster nun sollte, nach Korkfenders Plan, die Flucht bewerkstelligt werden.

Der Plan aber ging noch weiter. Nach vollbrachter Flucht wollten wir uns eiligst an Bord begeben, dort die Sachlage darstellen, sodann mit bewaffneter Macht zurückkehren und die Piraten aufheben.

Der Plan war gut, hatte aber drei schwache Punkte.

Erstens konnte man ohne Beistand das Fenster nicht erreichen.

Zweitens konnte nur einer sich durch die Öffnung quetschen, der andere mußte, weil ihm die Hilfe fehlte, im Loche zurückbleiben.

Drittens waren die Piraten in unmittelbarster Nähe.

Ich machte in höflichster Bescheidenheit meinen Herrn Leidensgefährten auf diese schwachen Punkte seines Planes aufmerksam, und nach einigen unverblümten Redensarten, die Frechheit des »dummen, neugebackenen Kadetten« betreffend, ließ derselbe sich auch herab, meine Bedenken in Betracht zu ziehen.

»Dann müssen Sie also allein auskneifen, Lubau,« sagte er schließlich. »Ich helfe Ihnen durch das Loch. Wenn Sie draußen sind, dann rennen Sie wie unsinnig nach dem Hafen und an Bord. Dort erzählen Sie dem Kapitän, daß ich hier im Arrest sitze und auch was Sie über Alvarado und den ›Luzifer‹ gehört haben. Das gescheiteste wäre, wenn Ihr Onkel sich sogleich auf die Jagd nach dem Schoner machte und sich um mich weiter nicht kümmerte. Na, er wird das Interesse des Dienstes schon wahrnehmen. Sind Sie fertig?«

»Ja,« antwortete ich zögernd. »Ich möchte Sie aber nicht allein hier lassen. Ich kann's nicht übers Herz bringen.«

»Renommieren Sie doch nicht, Kleiner! Seekadetten haben keine Herzen. Und bilden Sie sich vielleicht ein, daß ich mir eine solche Aussicht auf Beförderung aus der Nase gehen lassen sollte?«

Ich sah ihn erstaunt an.

»Eine Aussicht auf Beförderung?« fragte ich. »Wo ist denn hier eine Aussicht auf Beförderung?«

»Dieser Kadett ist blind wie eine Eule bei Tage! Merken Sie auf, Grützkopf. Wenn ich Sie rette, Sie, den Neffen meines gestrengen Kapitäns, so kann der Alte nicht umhin, mich in seinem Rapport zur Beförderung vorzuschlagen. Unterleutnant Korkfender hat sich eine hochherzige, edelmütige, brave, aufopfernde That zu schulden kommen lassen, oder wie das Gewäsch lauten wird – selbstverständlich lauter Blech und Blödsinn, da ich nur mein eigenes Interesse im Auge habe und nur von diesem Standpunkte aus das Dienstinteresse auffasse. Verstanden?«

Er kniff mit einer abscheulichen Grimasse sein Monokel ins Auge und starrte mich an.

»Entschuldigen Sie,« antwortete ich, »aber verstanden habe ich so gut wie nichts.«

»Schadet nicht, war auch von Ihnen nicht zu verlangen. Ich errette Sie und damit basta! Kommen Sie her. Setzen Sie Ihren Fuß auf meine Hand. Nun hinauf auf meine Schultern. So. Kommen Sie durch?«

»Ja,« flüsterte ich. »Es ist aber hoch, und wenn ich mich fallen lasse, wird's einen Bums geben.«

»Das müssen wir riskieren. Ein Kinderspiel war die Sache ja von vornherein nicht. Adieu. Kommen Sie bald wieder und holen Sie mich aus diesem Wespennest heraus.«

»Adieu, Korkfender!« flüsterte ich zurück. »Mein Gott, wenn Ihnen nun etwas zustoßen sollte! Kommen Sie, ich will versuchen, Sie heraufzuziehen!«

»Sehen Sie denn nicht, daß das Fensterloch für mich viel zu eng ist? Machen Sie, daß Sie fortkommen! Dank für die gute Absicht. Beeilen Sie sich, es ist bereits finster!«

Ich sah, daß er seinen Kopf darauf gesetzt hatte, mich entwischen zu lassen und glaubte auch, daß die Öffnung für ihn nicht weit genug war. Ich versuchte also, meine Beine zuerst hinaus zu zwängen; es gelang. Ich schob mich langsam weiter hindurch, überlegte, wie ich mich fallen lassen sollte, und ließ dann los. Glücklich langte ich unten an. Ich war frei.

Unter möglichster Vermeidung jeden Geräusches schlich ich aus dem Bereich des Hauses. Die Nacht war finster und klar, und als ich den Hügel hinabeilte, sah ich im Hafen die Lichter der Schiffe. In der Stadt war alles dunkel.

Während meines eiligen Laufes überlegte ich, wie ich um diese späte Stunde noch an Bord gelangen könnte. Ich hatte bereits die engen Gassen der Stadt erreicht. Da vernahm ich plötzlich den dumpfen Ton vieler Schritte. Das waren die schweren Tritte von Europäern, wenigstens von Weißen. Laternen leuchteten in kurzer Entfernung vor mir auf, dann sah ich Waffen blitzen. Ich wußte nicht, ob ich fliehen oder bleiben sollte. Als ich aber gewahrte, daß die Schar von einem Seeoffizier geführt wurde, da kam mir die Überzeugung, daß dieselbe von Kapitän Deinhard, meinem Onkel, ausgesendet worden war, um Korkfender und mich zu suchen.

Ich blieb in der Mitte der Gasse stehen; man sah mich und rief mich an. Ich antwortete und war im nächsten Augenblick von dem Offizier erkannt.

»Hallo, Jungster Wort aus dem Englischen ( youngster); Bezeichnung der jüngeren Kadetten in der deutschen Marine., also Sie sind's?« rief er mir entgegen. »Sie haben uns in diesem Neste schön herumpatschen lassen! Warten Sie, der Alte wird Ihnen dafür ein paar Dutzend zudiktieren. Wo aber ist Unterleutnant Korkfender?«

»Der sitzt gefangen in einem Hause dort oben auf dem Berge. Wir sind da blos ein bischen umherspaziert –«

»Wo Sie absolut nichts zu suchen hatten. Der Alte schnaubt Wut, sage ich Ihnen. Ich möchte nicht in Korkfenders Haut stecken, und Ihnen, nun, Ihnen wird er die Haut vom Leibe hauen lassen.«

»Das wird er nicht thun. Unterleutnant Korkfender hat sich für mich aufgeopfert und mir davongeholfen. Kommen Sie, Sie müssen ihn befreien, Herr Leutnant.«

Ich führte die Patrouille den Hügel hinauf. In der Spelunke brannte noch Licht.

Der Leutnant verlor keinen Augenblick Zeit. Schnell postierte er seine Leute rings um das Haus, und dann schlug er mit dem Säbelgriff laut gegen die Thür.

Ein Schwarzer öffnete, fuhr aber zurück, als er die Uniformen erkannte. Er stotterte auf spanisch die Frage heraus, was man so spät noch hier wolle.

Statt jeder Antwort stieß ihn der Leutnant zur Seite und drang in das Innere, gefolgt von mir und drei Matrosen. Die beiden Männer, welche ich am Nachmittage belauscht hatte, traten uns entgegen.

»Was soll das heißen?« fragte der eine in zornigem Ton. »Wie darf man sich unterstehen, hier einzudringen?«

»Wir suchen einen Offizier von Seiner brasilianischen Majestät Korvette ›Santissima Trinidad‹, der hier in diesem Hause gewaltsam und widerrechtlich zurückgehalten wird. Gebt ihn sofort gutwillig heraus oder fürchtet die Folgen!«

»Welche Folgen?« entgegnete der Mann höhnisch, indem er seinem Genossen einen verstohlenen Wink gab, der jedoch von dem Leutnant bemerkt wurde. Der andere näherte sich einer Seitenthür.

»Nicht vom Flecke!« donnerte der Leutnant. »Das Haus ist umstellt, und meine Leute würden sich nicht das geringste Gewissen daraus machen, euch über den Haufen zu schießen. Wollt ihr den Offizier herausgeben? Er hat kein Unrecht begangen.«

»Wir wissen von keinem Offizier. Ein paar junge Menschen sind hier gewesen, die haben wir aber wieder fortgeschickt, da wir sie hier nicht brauchen konnten.«

»Das ist eine Lüge!« rief ich, aus der Gruppe der Matrosen vortretend. »Ihr habt uns in einen engen Raum eingesperrt, aus dem ich jedoch entkommen bin. Der Unterleutnant ist noch immer hier. Ihr gehört zu den Chonos-Piraten und seid Verbündete des Schurken Alvarado!«

Der Mann, der sich vorher der Thür genähert hatte, zog schnell wie der Blitz ein kleines Pistol hervor und feuerte dasselbe gegen mich ab.

Zufällig aber war ich, nachdem ich geredet hatte, wieder einen Schritt zurückgetreten, und so fuhr die Kugel, ohne mich zu treffen, in die Holzwand.

Jetzt erhob sich ein wildes Getümmel. Die beiden Banditen versuchten durch die Fenster zu entweichen, wurden hieran aber durch die Matrosen gehindert, die mit geschwungenen Säbeln über sie herfielen, so daß die Kerle gar bald am Boden lagen.

Das Kampfgeschrei hatte auch die draußen stehenden Mannschaften hereingelockt, während zugleich einige wildblickende schwarze und gelbe Gesellen, die Dienerschaft der Banditen, von der Veranda her durch die Fenster hereinsprangen und Miene machten, den Überwältigten mit ihren langen Messern zu Hilfe zu kommen.

Die Matrosen, an Zahl und Bewaffnung dem Piratengesindel weit überlegen, brannten darauf, die Sippschaft vom Erdboden zu vertilgen, der Leutnant aber gebot ihnen Einhalt, und zugleich befahl er den Farbigen, die Waffen niederzulegen. Die Kerle, welche sahen, daß ihre Herren bereits blutend und von zwei Matrosen bewacht in einer Ecke lagen, gaben ihre Kampfgelüste auf und ließen sich von unseren Mannschaften widerstandslos entwaffnen und zur Thür hinausbugsieren.

Die Thür von Korkfenders Gefängnis war bald gefunden und eingestoßen.

»Aha,« sagte der unverwüstliche junge Offizier, mit eingeklemmtem Monokel uns entgegentretend, »ich konnte mir beinahe denken, daß sich hier etwas ereignete, als ich diesen gottlosen Lärm hörte. Sie haben die Schurken hoffentlich doch gehängt, Leutnant Witt?«

»Ich werde mich schön hüten,« entgegnete der Leutnant, »verwundet aber sind sie. Ich habe übrigens so meine Zweifel darüber, ob wir zu solchem Vorgehen überhaupt berechtigt waren. Sie und dieser Lubau geraten in ein Privathaus und belauschen hier – unabsichtlich, wie ich zugeben will – die Insassen. Diese verbitten sich das auf ihre Art, und das Ding endet in einer allgemeinen Holzerei, bei der wir leicht hätten schlimm wegkommen können.«

»Kapitän Deinhard wird uns die Leviten lesen, fürchte ich,« bemerkte Korkfender. »Was aber diese Piraten anlangt, so bin ich darüber vollständig ruhig. Nach unseren Instruktionen ist jeder Seeräuber des Chonos-Archipel, dessen wir habhaft werden können, dem Strick verfallen.«

»Das ist schon richtig, aber sind's denn auch Seeräuber? Allerdings, der Kerl schoß zuerst. Bedenklich scheint mir die Sache aber doch. Na, denn helpt dat nich,« schloß Leutnant Witt seine Zweifel.

Wir begaben uns mit Korkfender in das Zimmer zurück, wo der Kampf stattgefunden hatte.

Auf dem Tische lagen noch immer die Papiere.

»Lassen Sie uns die Schriftstücke da durchsehen, vielleicht geben die uns einige Aufschlüsse,« sagte Korkfender.

Leutnant Witt nahm die Papiere auf und untersuchte dieselben beim Scheine einer Laterne, die ein Matrose hielt. Der Inhalt war teils in englischer, teils in spanischer Sprache abgefaßt. Sie enthielten in der That wertvolle Informationen für uns. Man ersah daraus den ganzen Operationsplan, wie er von Alvarado für das Piratengeschwader des Archipels vorgeschrieben war, und auch einige der Schlupfwinkel, in denen sich die Seeräuber längs der Küste, bis hinunter zur Magelhaens-Straße, zu verstecken pflegten, waren genau darin angegeben.

Das war eine wichtige Entdeckung.

Auch die Instruktionen der brasilianischen Kreuzer waren den Piraten ebenso genau bekannt, wie den Kommandanten der Schiffe selber.

Leutnant Witt steckte die Papiere hochbefriedigt in die Tasche.

»Auch Dummheiten können zuweilen einem guten Zweck dienlich sein,« sagte er zu Korkfender. »Sie und der Kadett da mußten in eine alberne Klemme geraten, damit Seiner Majestät Dienst dadurch gefördert werde. Ich denke, daß der Kapitän diesmal ein Auge zudrücken wird. Nun vorwärts, an Bord! Die Kerle hier lassen wir liegen. Wozu sollen wir sie erst mit uns schleppen.«

Wir verließen mit der Patrouille das Haus und gingen zum Hafen hinab, wo die Pinnaß bereit lag.

»Euch wird's gut gehen,« raunte uns der Kadett in dem Boote schadenfroh zu, derselbe, mit dem ich zuerst jene etwas gewaltsame Bekanntschaft gemacht. »Nicht für ganz Valparaiso möchte ich mit euch tauschen.«

Die Pinnaß schoß über das dunkle Wasser hinaus, der Korvette zu. Wir kletterten an Deck, und zwei Minuten später erhielten wir den Befehl, zum Kapitän in die Kajüte zu kommen.

Onkel Konstantin empfing uns mit einem sarkastischen Lächeln, hörte aber bald sehr ernsthaft zu, als ich berichtete, wie Korkfender mir zur Flucht verhalf, während er selber in den Händen der Banditen zurückblieb. Beim Durchlesen der Papiere legte er sein Gesicht in schwere Falten und befahl uns dann, unsere Hängematten aufzusuchen.

Am nächsten Tage entwickelte sich ein reges Leben an Bord. Die Korvette wurde zu einer neuen Kreuzfahrt fertig gemacht.

Mein Onkel ließ den Kapitän Dickson und den Steuermann Schomerus zu sich bitten und hatte mit den beiden eine lange Unterredung. Dickson hatte sich durch eine günstige Gelegenheit in den Besitz einer kleinen aber äußerst tüchtigen Brigg zu setzen gewußt, mit welcher er Kauffahrtei zu treiben beabsichtigte, welcher friedfertige Vorsatz ihn aber nicht abgehalten hatte, das Fahrzeug schwer zu bewaffnen. Seine alte Mannschaft blieb ihm treu, und auch Lambertus dachte nicht daran, sich von seinem langjährigen Freunde und Schiffsgenossen zu trennen.

»Ich muß Geld verdienen, um den Schaden wieder zu kurieren,« sagte Kapitän Dickson zu mir, »außerdem aber lebt mein Feind noch, an dem ich Rache zu nehmen habe. Wie ist's, Heinrich, wollen Sie Ihr Glück noch einmal mit mir versuchen? Von Glück konnte allerdings bisher nicht die Rede sein – den ›Perseus‹ haben wir verloren, und an die Jagd quer über das trockene Land, hinter dem Seeräuber, der gar nicht vorhanden war, mag ich gar nicht denken – ich kann's Ihnen daher nicht verargen, wenn Sie vorziehen sollten, an Bord dieser Korvette und bei Ihrem Onkel zu bleiben.«

»Ich ginge von Herzen gern wieder mit Ihnen, Kapitän Dickson, aber mein Onkel hat mich, wie ich glaube, schon in die Schiffsliste eintragen lassen, und so muß ich wohl bei ihm bleiben,« antwortete ich.

» Very well, dann ist dies also erledigt,« sagte Dickson. »Sie werden's hier auch eher zu etwas bringen, als bei mir. – Kapitän Deinhard, ich habe die Ehre, mich Ihnen zu empfehlen.«

Wir verließen mit einander die Kajüte.

Lambertus machte seine Reverenz, dann richtete er sein einsames Auge fest auf mich und flüsterte mir zu, während wir an Deck gingen:

»Heinrich, vergessen Sie den armen Willy Arnold nicht! Vergessen Sie ihn nicht; ich werde ihn auch nicht vergessen.«

Eine heiße Röte stieg mir ins Gesicht. Während der letzten Ereignisse hatte ich thatsächlich keinen Gedanken für den Freund gehabt.

»Ich danke Ihnen, Lambertus,« antwortete ich, dem alten Seemann die Hand drückend. »Ich danke Ihnen für die Mahnung. Ich werde Willy nicht vergessen, und wenn wir den ›Luzifer‹ treffen, sollen Sie davon hören. Wie heißt Ihr neues Schiff, Kapitän Dickson?«

»Der ›Arnold‹,« antwortete der Schiffer. »Der Name soll mich täglich an meinen alten Freund und an die Schuld, die ich abzutragen habe, erinnern. But now farewell, boy. Sie sind jetzt an Bord eines Man-of-war und ein Seekadett, wie ich höre.«

»Hat Kapitän Deinhard Ihnen dies erzählt?«

» Yes, Sir. Er hat übernommen für Sie zu sorgen und Sie auszubilden, und er war recht zufrieden, als ich ihm sagte, daß Sie bei mir bereits so viel Navigation und praktischen Dienst erlernt hätten, daß Sie zur Not schon ein Schiff führen könnten. Sie sind jetzt über neunzehn Jahre alt und ein stattlicher und kräftiger junger Mann. Halten Sie sich brav und tüchtig, damit Ihr Onkel bei Ihnen auf seine Kosten kommt. Good bye, shipmate – wir sehen uns eines schönen Tages wieder.«

Noch einmal schüttelten wir uns die Hände, noch einmal ermahnte mich der gute, alte Lambertus, den Jugendfreund nicht zu vergessen, und dann gingen die trefflichen Männer an Land. Mit ihrem Abschied kam die reichhaltigste Episode meines Lebens zu ihrem Abschluß. Vom Boote aus rief mir der alte Klaus noch sein Lebewohl zu. Mir aber war zu Mute, als thäte ich ein Unrecht, die erprobten Freunde im Stich zu lassen und an Bord der Korvette zu bleiben.

Ich hatte jedoch nicht lange Zeit, meinen wehmütigen Empfindungen nachzuhängen. Der erste Offizier kam und befahl mir, den Zahlmeister an Land zu begleiten und mich dort mit einer Seekiste und den nötigen Uniform- und Ausrüstungsstücken zu versehen. Der Schiffsschneider sollte dann ein übriges thun, um auch äußerlich ein würdiges Mitglied der Kadettenmesse aus mir zu machen.

Es stellte sich heraus, daß einer der Leutnants wegen Krankheit in seine Heimat, Buenos Aires, entlassen werden mußte. Durch das hierdurch bedingte Aufrücken der Junioren wurde für mich eine Stelle in der Kadettenmesse offiziell frei, so daß ich nicht als Überzähliger einzutreten brauchte. Unterleutnant Korkfender avancierte zum dienstthuenden Leutnant, eine Beförderung, die allerdings erst der Bestätigung seitens der Admiralität bedurfte.


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