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Elftes Kapitel.

Wieder in See. – »Meuterei an Bord!« – Die Zündschnur in der Pulverkammer. – Nächtlicher Überfall. – Die Piraten. – Schiffbruch.

 

Kapitän Dickson hatte beschlossen zunächst Valparaiso anzulaufen, woselbst er, wenn nicht den Räuber selber, so doch eine zuverlässige Spur von demselben zu finden hoffte.

»Also hört, Leute!« so redete er die achter dem Großmast versammelte Mannschaft an. »Wir dampfen von hier nach dem Chonos-Archipel und von dort die Küste entlang bis nach Tierra del Fuego. Irgendwo in den Küstenlöchern oder auf den Inseln muß der Flibustier seinen Schlupfwinkel haben. Die Kreuzer von Peru, von Chile und Brasilien sind gleichfalls hinter dem Halunken und dem übrigen Piratengelichter her; ich hoffe aber, daß es uns vorbehalten sein möge, ihn zu fassen und unseren armen Schiffsmaaten, den jungen Arnold, endlich seinen Klauen wieder zu entreißen.«

Die Matrosen und an ihrer Spitze Klaus, der Bootsmann, gaben ihre freudige Zustimmung in einem lauten Hoch auf den Kapitän zu erkennen, und dann ging jeder an seine Arbeit.

Ich schrieb einen langen Brief an meine Eltern, dem ich alle die Aufzeichnungen beifügte, die ich während der langen Reise quer durch Südamerika gemacht hatte; das gab ein tüchtiges Paket, welches der Kapitän seinen Korrespondenzen beifügte und mit an Land zur Post nahm.

Am Nachmittag des nächsten Tages gingen wir in See, und zum erstenmal seit langen Monaten atmete ich wieder mit Entzücken den frischen, salzigen Hauch des freien, gewaltigen Weltmeeres.

Als am nächsten Morgen die Sonne aufging, hatten wir die schneebedeckten Gipfel der Anden aus dem Gesichte verloren. Der Tag war wunderschön, eine muntere, leichte Brise wehte aus Westen, und die glitzernde, blaue Oberfläche der See hob sich träge in der langen Dünung, die in südlicher Richtung über den Ocean rollte.

Um acht Uhr, gerade als die Leute zur Kombüse gingen, um sich ihren Kaffee zu holen, wurden wir auf ein Schiff aufmerksam, welches vor uns segelte, bei unserem Näherkommen aber die Großraa backbraßte und beidrehte, als ob es uns erwarten wolle. Es war eine Bark, und nun gewahrten wir auch, daß sie ein Notsignal an der Gaffel wehen hatte.

Kapitän Dickson bedeutete dem Mann am Ruder, auf das Schiff abzuhalten. Als wir demselben aufliefen, erschien ein Mann auf der Regeling hinter den Besahnswanten; er hielt sich mit der Rechten an der Parduhne fest und schien auf den Zeitpunkt zu warten, uns anrufen zu können.

Der »Perseus« brauste heran.

Kapitän Dickson, der Steuermann und ich standen auf der Brücke.

»Stopp!« rief der Kapitän durch das Sprachrohr hinab in den Maschinenraum.

Die Schraube stellte ihre Umdrehungen ein.

»Rückwärts!« rief der Kapitän.

Die Schraube durchwühlte jetzt tosend in entgegengesetzter Richtung das Wasser.

»Stopp!«

Das Getöse schwieg und der Dampfer lag regungslos, etwa zwei Schiffslängen von der Bark entfernt.

»Bark ahoy!« rief der Kapitän hinüber. »Was soll das Notsignal bedeuten?«

»Meuterei an Bord!« antwortete der Mann, der drüben auf der Regeling stand. »Meine Leute verweigern die Arbeit. Ich brauche Beistand.«

Das Wort Meuterei hat überall einen unangenehmen und unheimlichen Klang, nirgends aber klingt es unheimlicher, als auf See. Es beschwört sofort allerlei schreckliche Vorstellungen herauf, von Mord und Totschlag, von wüstem Kampfgetümmel, von Flüchen und Lästerungen, von krachenden Schüssen, blitzenden Dolchen und dergleichen mehr.

Vom Vorderteil der Bark starrte eine Reihe von Gesichtern zu uns herüber; das mußte die aufrührerische Mannschaft sein.

»Lassen Sie die Jolle zu Wasser bringen, Lambertus,« sagte der Kapitän, »nehmen Sie sechs Mann mit und sehen Sie zu, was an Bord der Bark los ist und ob wir dem Schiffer helfen können. Sie mögen den Steuermann begleiten, Heinrich; Sie hören und sehen etwas Neues da drüben, und Gefahr ist nicht dabei.«

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen; ich ging mit dem guten Bertus, der sich seine neue Piejacke angezogen und die Sonntagsmütze mit dem schneeweißen Überzug aufgesetzt hatte, hinab ins Boot, und zwei Minuten später kletterten wir über die Regeling der Bark, gefolgt von vier unserer Matrosen.

Der Steuermann wurde von dem Manne empfangen, der auf den Anruf des »Perseus« geantwortet hatte. Der Mann war der Kapitän der Bark selber; er trug einen blauen Flanellrock und einen schmalrandigen Strohhut, auf seinem braunen Gesichte lag Ärger, Mißlaunigkeit und Zorn, und seine kleinen, blauen, tiefliegenden Augen funkelten unruhig und verbissen. Nicht weit von ihm auf dem Achterdeck stand sein Steuermann, die übrige Besatzung aber, vierzehn an der Zahl, befand sich vorn; die Leute standen teils gegen das Ankerspill, teils gegen die Regeling gelehnt, die meisten schauten achteraus, kein Auge von dem Kapitän verwendend, finsteren Trotz auf den Gesichtern sowohl, wie auch in ihrer ganzen Haltung.

Keine andere Menschenklasse besitzt die Fähigkeit, in ihre äußere Haltung soviel sprechenden und unverkennbaren Ausdruck zu legen, wie Janmaat. Sein Gang allein schon vermag dem Widersacher Verachtung und Herausforderung entgegenzuschleudern, die am Leibe herabhängenden Arme vermögen deutlicher als hundert gesprochene Worte meuterische Absichten und Drohungen aller Art kund zu geben, und wenn Unzufriedenheit in seinem Innern wühlt, dann kann er jeden Teil seines Körpers zum beredten Herold derselben machen.

Ein Blick auf die Mannschaft der Bark genügte, um zu erkennen, daß dieselbe rebelliert hatte. Die Scheidenmesser an den Hüften, viele mit auf der Brust weit offenen Hemden, die segeltuchenen Hosen in den Stiefelschäften, den dicken Tabakklumpen in der Backe, die Arme lässig hängen lassend oder aber zornig gekreuzt, einige mit zottigen Bärten, andere glattwangig, noch andere mit wirrem, langem Haar, das ihnen über die Augen fiel und das sie ab und zu mit heftiger Kopfbewegung zurückwarfen – so standen sie, das leibhafte Bild einer Revolte, während ihre Schatten auf dem Deck sich verlängerten oder verkürzten, je nachdem das Schiff sich hob oder senkte, und über ihnen schlugen und knatterten die Segel, wie gelegentliche Gewehrsalven.

»Was haben die Leute?« fragte Lambertus Schomerus, sein scharfes Auge erst in den Kapitän und dann in die hervorragenderen Persönlichkeiten der Meuterer hineinschraubend. »Was wollen sie von Ihnen?«

»Das will ich Ihnen sagen,« entgegnete der Schiffer. »Das Schiff hier ist in Danzig zu Hause. Ich komme jetzt von Callao und will ums Kap Horn nach Sankt Thomas. Sehen Sie den Mann da, beim Krahnbalken? Das ist der Anführer. Heute Morgen, gegen sechs Glasen, kommt er mit alle Mann achteraus und sagt, die Bark wäre nicht mehr seetüchtig und sie wollten keine Hand mehr rühren und ich sollte in den nächsten Hafen laufen. Das war die erste Lüge; das Schiff hält so dicht wie 'ne Flasche. Dann sagt' er, die Hälfte der Leute wären keine Seeleute, die paar Matrosen, die darunter wären, müßten alle Arbeit thun, und das wäre zuviel. Das ist die zweite Lüge. Dann sagt' er, der Proviant wäre schlecht und nicht zu genießen, und wenn er über Bord geworfen würde, dann müßten alle Fische davon krepieren. Das ist die dritte Lüge. Der da, das ist der Mann, der mit der roten Kappe, Karl Matthias heißt er.«

Er deutete mit einer wütenden Gebärde nach vorn.

Die Seeleute hatten ihn unverwandt beobachtet, und jetzt spuckten einige von ihnen verächtlich über die Regeling ins Wasser.

»Heda, Leute,« rief der alte Schomerus, »kommt einmal alle achteraus!«

Die Angerufenen zögerten eine Weile, unschlüssig, ob sie dem Befehle eines Fremden gehorchen sollten, oder nicht; als aber der Mann, den der Schiffer als den Anführer bezeichnet hatte, sich langsam in Bewegung setzte, da folgten auch die andern, und der ganze Haufe kam bis dicht an die Treppe, die zum Achterdeck heraufführte.

Schomerus nahm seinen Stand oben an der Treppe.

»Hört, Leute,« sagte er, »warum weigert ihr euch, die Schiffsarbeit zu thun? Wißt ihr nicht, daß daraus nichts Gutes entstehen kann? Das Fahrzeug kann doch ohne euch nicht von der Stelle kommen – wie?«

Der Mann mit der roten Kappe, ein verwegen aussehender Gesell, der aber trotzdem den Stempel eines echten, entschlossenen und erfahrenen Matrosen trug, kam einen Schritt vor und sagte:

»Sie kommen von dem Dampfer da drüben, vielleicht aber verstehen Sie auch etwas davon, was an Bord von 'nem Segelschiff zu thun ist. Die Bark hier ist ein Schiff von 730 Tonnen. Sechs Mann in der Wacht sind nicht zuviel als Bedienung für solch' einen Kasten. Wenn aber drei von den sechsen dumme Jungens und Landratten sind, dann bleiben nur noch drei Mann für die Schiffsarbeit. Hier hinter mir stehen drei Mann von der Backbordwacht, die können Ihnen sagen, ob es sich so verhält, oder nicht. Sie sind als Vollmatrosen an Bord gekommen, können aber kaum Jungensarbeit verrichten. Martin, Peter, Driskoll, habe ich recht oder habe ich gelogen?«

»Du hast recht,« antworteten die drei.

»Ihr faulen Schurken!« schrie der Schiffer und schüttelte wütend die geballte Faust gegen die Leute, »meint ihr, ich könnte nicht unterscheiden, ob sich ein Mann von der Arbeit drückt oder ob er seine Arbeit nicht versteht? Ihr –«

»Jetzt rede ich mit den Leuten,« unterbrach ihn der alte Schomerus kurz. »Wenn das nicht in Ruhe geschehen kann, dann gehe ich wieder von Bord. – Was habt ihr davon, wenn ihr meutert?« wendete er sich wieder an den Mann mit der roten Kappe. »Ihr seid hier auf hoher See. Ihr könnt die Schiffsarbeit nicht liegen lassen, wenn ihr nicht ersaufen wollt. Die Landratten unter euch werden schon Hand anlegen müssen, wenn ihr nur hinterher seid. Guter Wille reicht weit, Leute.«

Ein Dutzend Stimmen antwortete auf einmal, und während einiger Augenblicke war das laute, zornige Getöse fast betäubend.

»Ruhe!« donnerte der Mann mit der roten Kappe, gegen seine Genossen gewendet. »Ich habe zu antworten! – Sagen wir zum Beispiel, der Klüver soll festgemacht werden. Peter und Driskoll werden rausgeschickt. Nachher kommt der Steuermann und sieht, daß das Segel nicht ordentlich festgemacht ist, und nun schickt er mich und noch 'nen andern raus, und wir thun dieselbe Arbeit nochmal. Und so ist's immer. Das ist zuviel. Wir lassen uns das nicht mehr gefallen. Als wir anmusterten, da glaubten wir, daß wir in 'ne richtige Schiffsbesatzung und nicht in 'ne Bande von Schneidern und Schustern hineinkommen würden. Der Kapitän hat uns hintergangen. Wir wollen Hand anlegen, das Schiff in den nächsten Hafen zu bringen, aber weiter nicht.«

Wieder wollte der Schiffer zornig ausbrechen, Schomerus aber unterbrach ihn nochmals mit der Drohung, sofort die Bark zu verlassen.

»Habt ihr sonst noch über etwas zu klagen, Leute?«

»Ja, ja! Der Kasten ist leck! Pump, pump geht's in einem fort, morgens, mittags und abends!«

»Das Schiff ist zu tief geladen, jede See geht drüber weg, bei schlechtem Wetter sind wir mehr unter als über Wasser!«

»Das Brot ist voller Maden und Würmer!«

»Und das Fleisch! Wenn Sie ein Bulle wären, so könnten Sie mit Ihren Hörnern da nicht durchstoßen!«

So riefen die Leute in wirrem Durcheinander.

»Das sind lauter Lügen,« nahm jetzt der Steuermann der Bark das Wort, wenn auch nur mit unterdrückter Stimme. »Der Proviant ist nicht schlechter und nicht besser, wie er gewöhnlich auf See zu sein pflegt, und das Schiff wird zweimal täglich lenzgepumpt. Die Leute sind unzufrieden, weil einige von ihnen als Seeleute untauglich sind und weil die andern deswegen mehr Arbeit verrichten müssen.«

»Laut reden, Stüermann!« rief einer aus der Schar. »Wer's ehrlich mit uns meint, der kann uns auch hören lassen, was er über uns spricht!«

»Zeigt doch dem fremden Herrn das Futter, womit wir uns bei Kräften erhalten sollen!« rief ein anderer.

Zwei der Leute rannten nach vorn und verschwanden im Logis. Gleich darauf kamen sie zurück, der eine mit einem Stück Salzfleisch in einer Blechschüssel, der andere mit einer Handvoll Hartbrot.

»Erst müssen Sie dran riechen!« erscholl es von verschiedenen Seiten, als Schomerus die Schüssel in die Hand nahm. Er schnüffelte und schnüffelte und sagte dann, daß er nichts Unrechtes daran finden könne.

»Da sehen Sie's!« fiel der Schiffer wieder ein, der nur mit Mühe seine kochende Wut bemeisterte. »Wenn's die feinste, frisch gebratene Hammel- oder Kalbskeule wäre, die man überhaupt für Geld kaufen könnte, die Schurken würden doch sagen, daß sie stänke!«

»Nehmen Sie's nicht übel, Herr,« sagte der Mann mit der roten Kappe zu Schomerus, »Ihre Nase ist vielleicht nicht recht in Ordnung. Aber schneiden Sie einen Span ab und stecken Sie den in den Mund und sagen Sie dann dem Kapitän Ihre Meinung.«

Damit schwang er sein verdächtig aussehendes Scheidenmesser empor und reichte den schwarzen Griff desselben dem Steuermann Schomerus, der ein Stückchen von dem Fleisch abfiedelte und zwischen die Zähne nahm. Während er darauf herumkaute beobachteten ihn alle Mann mit gespannter Aufmerksamkeit. Nach längerem vergeblichem Bemühen nahm er das Stück Mahagoni mit den Fingern wieder aus dem Munde und warf es über Bord.

»Da kaue ich ebenso gern ein Stück von der Parduhne da,« sagte er zu dem Kapitän, der vor Ingrimm die Zähne fletschte.

Ein Gemurmel triumphierender Befriedigung wurde aus dem Haufen der Seeleute hörbar, und verschiedene Stimmen erhoben sich und dankten Lambertus dafür, daß er ein Wort für sie gesprochen.

»Und sehen Sie sich noch eine von diesen Beschüten (Bisquits) an, wenn Sie so gut sein wollen,« sagte der Rädelsführer. »Ich nenne die Dinger Beschüten, weil sie diesem Nahrungsartikel ähnlich sehen, der Bäcker aber wüßte vielleicht einen anderen Namen dafür.«

»Ich gebe zu,« unterbrach der Kapitän, sich mühsam bemeisternd, »daß unser Schiffsbrot nicht so ist, wie es sein sollte, obgleich ich oft schon zehnmal schlechteres Zeug habe essen müssen. Das ist aber nicht meine Schuld, dafür müssen sich die Leute bei dem Rheder bedanken. Das Fleisch jedoch ist gut genug. Die Leute sind in Callao an Bord gekommen, und erst heute, nachdem wir sieben Tage in See sind, entdecken sie, daß der Proviant nicht nach ihrem Geschmack ist.«

»Das verhält sich anders, Kapitän,« entgegnete der Rädelsführer. »Gleich am ersten Tage, als wir uns das Futter holten, wurde gemurrt; wir beklagten uns aber nicht bei Ihnen, weil wir hofften, daß im nächsten Fasse besseres Fleisch sein würde. Der schlechte Proviant allein aber ist's nicht, den hätten wir uns schon noch gefallen lassen; es kommt eben eins zum andern. Zuerst das nichtswürdige Futter; dann die Hälfte der Mannschaft Schachschneider und Landlubber, die keine Arbeit verstehen und nicht wissen, was im Schiff vorn und was hinten ist; dann Ihre Mode, auf uns zu fluchen und zu schimpfen, weil wir nicht mehr thun können, als zwei Arme und zwei Beine fertig kriegen; und schließlich die Plage, daß alle Nasen lang »alle Mann« gerufen werden, wo auf jedem anderen Fahrzeug die eine Wache über und über genug ist.«

Der Kapitän schnellte sich auf dem Absatz herum und ging einige Schritte nach hinten; dann kam er wieder zurück. Es schien, als ob er seiner Erregung noch nicht zutraute, den gerechtfertigten Beschwerden des Matrosen maßvoll zu antworten.

»Ich habe nicht mehr lange Zeit, Leute,« rief Lambertus, »ich muß wieder an Bord des ›Perseus‹, möchte aber gern eure Angelegenheit geordnet wissen. Vorhin sagte einer, daß die Bark leck sei. Verhält sich das so?«

»Davon will ich nicht reden,« erwiderte der Wortführer. »Wir pumpen das Schiff zweimal lenz (aus), morgens und abends, das ist alles.«

»Das ist kein Grund zur Klage. Ihr habt ferner gehört, was der Kapitän über die Beschüten gesagt hat. Das Brot hat der Rheder an Bord geschickt, er kann also nicht dafür, wenn's nicht gut ist. Das Fleisch ist schlecht und hart, es müßte aber noch ein ganz Teil schlechter und härter sein, ehe ich, wenn ich an euerer Stelle wäre, deswegen meuterte und mich den Gefahren aussetzte, die auf See daraus entstehen müssen, und den Strafen, die an Land darauf gesetzt sind.«

»Wir pfeifen auf die Gefahren und auf die Strafen!« schrie eine Stimme aus dem Haufen. »Wir sind Seeleute und keine Hunde! Wir verlangen unser Recht, und wenn wir deswegen hängen sollen, dann her mit dem Galgen! Das Maul aber halten wir nicht mehr!«

»Ich wollt' ich könnt' euch alle am Galgen sehen!« murmelte der Schiffer in unterdrücktem Grimm.

»Wenn ihr mir da von den Schachschneidern und Landlubbern unter euch erzählt, um deren willen ihr doppelte Arbeit habt,« fuhr Lambertus fort, »so sehe ich nicht ein, wie ihr das Ding dadurch bessern wollt, daß ihr hier mitten im Ocean backbraßt und dem Schiff die Fahrt nehmt. Es wäre doch sicherlich klüger, wenn ihr im Gegenteil machtet, daß ihr so schnell als möglich die Reise zu Ende bringt. Warum versuchen die Lubber nicht, ihre Schuldigkeit zu thun? Die notwendigste Arbeit ist bald gelernt, und wenn ihr sie gehörig anleitet, dann werden sie euch bald die doppelte Arbeit abnehmen können.«

»Das habe ich den Leuten auch schon gesagt,« rief der Kapitän. »Oder ist das vielleicht nicht wahr, Matthias?«

»Gesagt haben Sie das wohl, aber wie?« antwortete der Mann. »Geflucht haben Sie und geschimpft und getobt, daß einem davon die Haare vom Kopfe fliegen konnten. Wenn Sie mit einem nicht reden können ohne zu fluchen und zu schimpfen, dann können Sie Ihr Reden nur ganz aufstecken! Seeleute sind Menschen wie andere Menschen auch, und wir verlangen eine menschliche und vernünftige Behandlung; ich sage es nochmal, ich rühre keine Hand mehr für einen Mann, der mich verflucht und mich beschimpft, als wenn ich das Schwein eines besoffenen Bauern wäre!«

Der Schiffer biß sich auf die Lippen, erwiderte aber kein Wort.

Lambertus Schomerus begann seine Geduld zu verlieren.

»Ihr seht nun, Leute,« sagte er, »wie die Sache liegt. Der Schiffer will nicht zurück und ihr wollt nicht vorwärts. Wenn das so bleibt, dann wird eure Bark schließlich zum »Fliegenden Holländer« werden. Das Gescheiteste ist, man verträgt sich. Ich bin noch einmal so alt wie der Älteste von euch, ihr könnt daher auf mein Wort etwas geben. Ich meine hierbei auch Sie, Kapitän. Sie werden die Leute ruhiger und anständiger behandeln, und ihr, Leute, ihr werdet eure Arbeit wieder aufnehmen. Diejenigen, die von der Arbeit noch wenig verstehen, werden sich Mühe geben und ihr Bestes thun, ihren Schiffsmaaten zu helfen. Der Proviant ist schlecht, wenn aber nur genug davon da ist, dann hat's keine Not. Ich bin schon schlechter gefahren, das könnt ihr mir glauben. Nun, was sagt ihr?«

Eine heftige Debatte erhob sich. Schließlich wurde der Beschluß gefaßt, daß alle Mann sich in das Logis zurückziehen und dort den Vorschlag erwägen sollten, und Schomerus erklärte sich bereit, auf die Entscheidung noch zehn Minuten zu warten.

Ein gutes und vernünftiges Wort wirkt bei Janmaat Wunder, noch mehr aber wirkt ein Zugeständnis, und sei es das geringste, von seiten des Kapitäns. Nach Ablauf der zehn Minuten kamen die Leute wieder achteraus und sagten, daß sie bereit wären, die Arbeit wieder aufzunehmen, wenn der Kapitän versprechen wollte, sie nicht mehr so unwürdig zu schimpfen, wenn sie nicht mehr arbeiteten, als ihr Wissen und ihre Kräfte zuließen. Lambertus überhob den Schiffer der Antwort, indem er an seiner Stelle und in seinem Namen die Zusage gab und die Überzeugung aussprach, daß der Schiffer sein Versprechen halten würde.

Nachdem die Meuterei auf diese Weise geschlichtet war, gingen wir wieder in unser Boot und an Bord des »Perseus«, der nun ohne weiteren Aufenthalt seine Fahrt fortsetzte.

Die Bark aber braßte wieder voll, und wir sahen bald die Mannschaft so behende wie Känguruhs an Deck und im Takelwerk herumspringen. –

Der Stille Ocean, der diesen Namen eigentlich ganz mit Unrecht trägt, hatte es bis jetzt sehr gnädig mit uns gemeint, und so erreichten wir, vom besten Wetter begünstigt, nach einigen weiteren Tagen ruhigster Fahrt, die Höhe der Juan Fernandez-Inseln. Hier wimmelten Meer und Luft von Seevögeln, zur großen Freude unseres Doktors, der nicht nur ein leidenschaftlicher Jäger, sondern auch ein eifriger Sammler von allem Getier war, welches ihm neu und merkwürdig erschien. Der Anblick der zahllosen Vogelscharen veranlaßte ihn, eiligst seine Flinte heraufzuholen und dann den Bootsmann Klaus zu bitten, ihm etwas Pulver aus dem Magazin zu bringen, da seine eigene Munition zu Ende gegangen war.

Da Klaus jedoch gerade eine dringende Arbeit im Vortopp zu besorgen hatte, schickte der Kapitän den Steuermann an seiner Stelle hinunter, und ich begleitete meinen Freund Bertus, um mich in dem sogenannten Magazin, einer engen Kammer neben der Segelkoje, umzusehen.

Lambertus ging vor mir. Er schloß die Thür auf, schob sie zurück und schickte sich eben an, den kleinen Raum zu betreten, als er plötzlich zurückfuhr, die Thür wieder zuwarf und, mich beinahe über den Haufen rennend, in überstürzter Hast an Deck eilte.

»Kapitän,« rief er, »wir haben Verräterei an Bord! Kommen Sie schnell hinunter in die Munitionskammer!«

»Was?« fragte der Kapitän erschrocken. »Verräterei? Wo? Wer?«

»Kommen Sie nur und sehen Sie selber,« fuhr der Steuermann aufgeregt fort. »Auch Sie, Herr Doktor, bitte, kommen Sie mit!«

Die Schlüssel der Pulverkammer rasselten und klapperten in seiner bebenden Hand, und sein weit geöffnetes Auge wanderte von dem einen zum andern.

Der Kapitän machte sich auf den Weg, kopfschüttelnd und mit ernster Miene, sonst aber ganz ruhig. Der Steuermann eilte ihm voran, der Doktor und ich kletterten zuletzt durch die Luke hinab. Lambertus öffnete die Kammer so vorsichtig, als ob er fürchtete, daß dieselbe explodieren könne, dann deutete er, ohne einzutreten, auf eine mit Pulver eingeriebene Zündschnur, die wie eine dünne, schwarze Schlange am Boden lag und in das offene Spundloch eines der Pulverfässer hineinführte.

Der Doktor wurde totenbleich bei dieser Entdeckung. Er war sonst, wie ich bereits wahrgenommen, ein Mann, dem man niemals seine Empfindungen, selbst die heiteren nicht, anzusehen vermochte. Bei dieser Gelegenheit aber verlor er gänzlich seinen Gleichmut.

»Diese teuflischen Schurken!« murmelte er. »Aufhängen wäre noch zu gelinde für sie!«

Der Kapitän sagte nichts als »Jesus Christus!« zweimal hinter einander. Dann sah er Lambertus an, dann den Doktor und dann mich. Dann bückte er sich, zog langsam die Zündschnur aus dem Fäßchen, wickelte sie zusammen und steckte sie in die Tasche. Kein Wort verriet seine Gedanken; er untersuchte mit Hilfe der Kugellaterne, die Lambertus ihm hineinreichte, sorgfältig das ganze Magazin, steckte die Munition für den Doktor zu sich, schloß die Thür bedächtig zu und stieg langsam an Deck.

»Kommen Sie mit mir in die Kajüte, alle drei,« sagte er, als wir wieder im hellen Tageslichte standen. »Und kein Wort davon, zu niemand, wenn ich bitten darf. Verstanden, Heinrich? Kein Wort, sonst –«

Sein Gesichtsausdruck sagte mir genug. Er brauchte die Drohung nicht zu beenden.

Wir gingen in die Kajüte hinab.

»Nun Bertus, wer kann das gewesen sein?« fragte er hier den Steuermann.

»Bis jetzt weiß ich's noch nicht. Noch ist mir alles unklar.«

»Und was meinen Sie, Doktor?«

»Leichter wär's, zu sagen, wer's nicht gethan hat,« erwiderte Doktor Mertens.

»Hm; nun, wer hat's denn nicht gethan?«

»Sie nicht, ich nicht, keiner von uns vieren. Ebensowenig der Bootsmann und die Maschinenleute, wenn ich ein Menschenkenner bin. Es war einer von den Leuten, die Sie in Arica an Bord nahmen, vielleicht der Spanier, der ja wohl mit dem Piratenwesen so gut Bescheid weiß!«

»Der Daza? Meinen Sie? Ich glaub's nicht. Ich habe einen andern in Verdacht, den –«

Der Kapitän unterbrach sich, schaute nach der Treppe und hinauf nach dem offenen Oberlicht, während Lambertus sein funkelndes Auge in höchster Spannung auf ihn richtete.

»Den Agenten, der in Arica uns die Nachrichten über Alvarado gegeben hat. Ich erinnere mich, ihn vor unserer Abfahrt im Schiffe herumschnüffeln und auch vor dem offenen Magazin gesehen zu haben. Ist er keinem von Ihnen aufgefallen, wie? Nicht einmal Ihnen, Bertus, der Sie doch die Menschen durch und durch sehen mit ihrem Kieker? Und auch Ihnen nicht, Heinrich? Und Sie hatten doch besonders die Weisung, alles scharf zu beobachten, was an Bord um Sie her vorging?«

Ich entgegnete, daß ich den Agenten wohl beobachtet und auch bemerkt hatte, daß er unter Deck herumstöberte. Ich hatte das aber für eine von seinen Funktionen gehalten. Im Magazin jedoch konnte er, meiner Meinung nach, kaum gewesen sein, dazu mußte es ihm an Zeit gefehlt haben.

»Lieber Heinrich, Sie glauben nicht, was so ein Schurke alles thun kann, wenn er sich etwas vorgenommen hat. Der Mensch kam mir von vorn herein viel zu aufdringlich und dienstbereit vor und war auch, wie mir jetzt klar wird, auffällig genau von Alvarados Schritten und Absichten unterrichtet. Er mußte mit demselben verkehrt haben, und war dies der Fall, dann hatte er auch von der ›Medusa‹ und dem ›Perseus‹ dies oder jenes vernommen. Spitzbuben vertrauen einander sehr schnell. Vielleicht hatte ihm Alvarado sogar eine Belohnung versprochen, wenn er dem ›Perseus‹, der mit Sicherheit in diesen Gewässern zu erwarten war, gelegentlich einen Knüppel zwischen die, Beine würfe. Und jetzt, wo ich darüber nachdenke, halte ich es auch für möglich, daß der Mensch, der Daza, ebenfalls irgendwie an dem Komplott beteiligt sein kann. Beim Himmel! Wenn nicht soviel Zeit dabei drauf ginge, ich wendete um und lief nach Arica zurück, bloß um die Sache festzustellen und dann den Schuft von Agenten lebendig zu schinden!«

»Sind Sie so fest von der Richtigkeit Ihrer Ansicht überzeugt?«

»Ja, wenigstens beinahe. Wer ist sonst noch, außer Klaus, in der Munitionskammer gewesen? Dem alten Klaus aber traue ich wie mir selber. Ob wir die Leute achteraus rufen und mit ihnen reden?«

»Das würde ich in Ihrer Stelle noch nicht thun, Kapitän Dickson,« sagte Lambertus. »Lassen Sie uns vorläufig nur die Augen offen halten, so kommen wir wohl am besten dahinter. Wenigstens wäre dies mein Rat.«

Der Kapitän besann sich einen Augenblick, und dann entgegnete er:

»Gut. Reden wir zunächst nicht mehr davon. Verstanden, Heinrich? – Sie sollten sich übrigens ein wenig eifriger an Ihre Navigationsstudien machen, Sie haben während unserer brasilianischen Irrfahrt viel schöne Zeit verloren. Auf das Magazin werde ich jetzt persönlich achten. Sie aber lernen gefälligst, was Sie irgend lernen können, so lange Sie noch Gelegenheit dazu haben.«

»Da hören Sie's, Heinz,« bemerkte Lambertus. »Nichts für ungut, aber Sie lungern mir viel zu oft müßig an Deck und vorn bei den Leuten herum. Ich werde Ihnen die Längen- und Breitenberechnung abhören, wenn ich Zeit habe.«

»Das ist recht, Bertus,« sagte der Kapitän. »Jetzt wieder an Deck, meine Herren. Sie, Heinrich, aber stecken Ihre Nase in die Bücher.«

Ich folgte dem Befehl und zog mich in die Kammer zurück, die ich einst mit Willy Arnold geteilt hatte. Jetzt hauste ich einsam und allein in dem kleinen Raume; Willy befand sich in der Gewalt des Seeräubers Alvarado, an Bord des »Perseus« aber, den sonst des Freundes heiteres Lachen und seine lustigen Scherze vom Heck bis zum Buge erfüllt hatten, schlich düster und verborgen der tückische Verrat umher. Ein fürchterliches Verhängnis war durch einen Zufall abgewendet worden, so wenigstens meinte ich damals. Heute weiß ich, daß es unter dem Regiment der göttlichen Vorsehung keine Zufälligkeiten giebt. Wir werden geleitet durch eine niemals irrende Hand, das Schiff unseres Lebens wird durch die unzähligen Klippen und Sandbänke, die seinen Pfad hemmen, von dem großen Rudersmanne geführt, auf den wir unseren Glauben und unser Vertrauen gesetzt haben. So lange wir Ihm das Steuer überlassen, werden wir gut segeln. Stellen wir uns aber selber ans Ruder, so geraten wir in Gefahren, aus denen uns auch immer wieder nur Er befreien kann. –

Von der Entdeckung der Zündschnur in der Pulverkammer erfuhr die Mannschaft kein Wort; das Thun und Treiben eines jeden der neu angeworbenen Leute aber wurde im geheimen der schärfsten Beobachtung unterworfen.

Um die Mitte des Monat März kam die große, gebirgige Insel Chiloe in Sicht. Wir steuerten längs der Küste dahin, zumeist unter Segel, da wir die Kohlen schonen mußten. Die Insel ist üppig bewaldet und gewährt mit ihren schneebedeckten Bergketten einen herrlichen Anblick. Am südlichen Ende derselben angelangt, steuerten wir östlich in den Corcovado-Golf hinein und gingen gegen Abend bei einem kleinen, mit dichtem, grünem Walde bedeckten Felseneiland zu Anker. Wir lagen hier in einer engen Bucht völlig geschützt gegen jeden Wind und dabei so nahe am Lande, daß die rauschenden Baumzweige unsere Wanten streiften und über das Deck hereinragten. Wir hielten das kleine Eiland für unbewohnt, was sich jedoch als ein Irrtum erweisen sollte.

Ehe wir im vorigen Jahre Hamburg verlassen hatten, war Kapitän Dickson bestrebt gewesen, möglichst genaue Informationen über das Piratenwesen im Chonos-Archipel einzuziehen. Überhaupt hatten wir alle uns selbstverständlich im höchsten Maße dafür interessiert. Wir wußten, daß vor zwei Jahren die spanische Brigg »Esmeralda« im Corcovado-Golf von drei Piratenschonern angegriffen und genommen worden war. Nach der Schilderung Kapitän Dicksons waren die Schoner, mit der schwarzen Flagge an der Gaffel und wimmelnd voll von Leuten, während einer Windstille und um Mitternacht, mit Hilfe von langen Rudern, herangekommen und hatten die Brigg nach kurzer Gegenwehr überwältigt. Im Golf von Ancud, der nördlichen Fortsetzung des Corcovado-Golfes, hatten die Boote des chilenischen Kriegsschiffes »Don Gomez« sich mit ganzen Schwärmen dieser Flibustier herumgeschlagen. Auch war uns bekannt, daß die peruanische Korvette »Huascar«, das englische Kanonenboot »Diana« und der »Abraham Lincoln«, ein Kanonenboot der Vereinigten Staaten, in dieser Gegend herumkreuzten und eine internationale Jagd auf die gemeingefährlichen Seeräuber im Gange erhielten; außerdem war uns in Arica mitgeteilt worden, daß die »Santissima Trinidad«, welche mein Onkel Konstantin Deinhard kommandierte, sich seit dem Ende des vergangenen Jahres ebenfalls von ihrer Station bei Fernando Noronha nach der Westküste von Süd-Amerika begeben habe. Die Seeräuber waren in letzter Zeit außerordentlich verwegen geworden, auch hatte ihre Zahl so zugenommen, daß im Golf von Penas, südlich vom Chonos-Archipel, eine ganze Flottille von fünfzehn Piratenfahrzeugen gesehen worden war.

Wenn nun auch dieses Räubervolk zum größten Teil nur aus Indianern, Negern und sonstigem farbigen Gesindel bestand und schon aus diesem Grunde, abgesehen von seiner mangelhaften Bewaffnung und lockeren Disziplin, keinen Vergleich mit einer weißen Schiffsbesatzung auszuhalten vermochte, so konnte eine Begegnung mit mehreren Piratenfahrzeugen zugleich, darunter vielleicht gar der berühmte schnellsegelnde Schoner Alvarados selber, für den »Perseus« doch sehr ernst und blutig werden. Kapitän Dickson aber hatte zu seiner Mannschaft das beste Vertrauen. Dieselbe bestand, mit den in Arica angemusterten achtzehn Amerikanern, jetzt aus vierzig Köpfen, lauter tüchtige, willige und handfeste Seeleute, die es schon mit einer dreifachen Übermacht aufnehmen konnten.

Mir klopfte das Herz, wenn ich daran dachte, was die nächste Zukunft bringen konnte, ja, bringen mußte. Während der ganzen Fahrt von Arica bis hierher hatten die Leute sich täglich im Schießen nach Brettstücken und Flaschen üben müssen, die unter den Raaen aufgehängt worden waren, auch mit den vier Geschützen war häufig manövriert worden, so daß alles vorbereitet war, sowohl zu einem Angriff auf das Fahrzeug des kühnen Freibeuters, als auch auf die Bekämpfung und Abwehr mehrerer feindlicher Schiffe zugleich.

»Seit Alvarado sich als ein regelrechter Flibustier entpuppt hat,« meinte Kapitän Dickson, »haben wir die doppelte Pflicht, ihn mit allen Mitteln unschädlich zu machen zu suchen, und außerdem verdienen wir uns den Dank der Küstenstaaten, und jedenfalls auch eine Belohnung, wenn wir ihn oder einige von seinen Diebsgesellen dingfest machen. Im übrigen aber werden wir, wenn es gilt, fechten bis auf den letzten Mann!«

Wir lagen bei unserem Eiland wie in Abrahams Schoß. Nichts regte sich ringsumher. Die Vegetation war von fast tropischer Üppigkeit, so daß sich jeder Feind darin sicher verbergen konnte. Wir hatten aber allen Grund zu der Annahme, daß die Insel unbewohnt sei. Die Nacht kam, und wir setzten die Ankerwacht.

Trotz der tiefen Stille, die nur gelegentlich von dem schrillen Rufe eines Vogels unterbrochen wurde, schien der Kapitän dem Frieden nicht recht zu trauen, denn nachdem er einige Male an Deck gekommen war und sowohl die See, wie auch den die Bucht rings umgebenden schwarzen Wald scharf gemustert hatte, beschloß er, in eigener Person die ganze Nacht an Deck zu bleiben.

Auch ich konnte in meiner Kammer keinen Schlaf erlangen. Die Stille bedrückte und ängstigte mich. Wenn ich einen Blick aus meinem Fensterchen warf, hatte ich dicht vor mir die nachtschwarzen Waldgründe, gewiß ein seltener Anblick für einen, der in einer Schiffskoje liegt. Die Sache wurde mir von Minute zu Minute unheimlicher. Meine innerliche Beklemmung nahm so zu, daß ich endlich die Empfindung, es stünde uns allen ein Unglück oder eine Gefahr bevor, nicht mehr abschütteln konnte. Ich verließ meine Koje und schlüpfte barfuß an Deck. Die Sterne flimmerten hell, ohne indessen das Nachtdunkel erleuchten zu können.

Die hohe, dunkle Gestalt des Kapitäns stand auf der Landseite an die Regeling gelehnt; entweder lauschte er, oder war in Nachdenken versunken. Ich wollte mich ihm nähern, da gewahrte ich, wie sich flach an Deck ein schwarzer Gegenstand bewegte.

Was war das? Ein Mensch? Wie sollte der aber vom Ufer herübergekommen sein? Horch! Was war das? In den Ästen und Zweigen der dunklen Bäume rauschte und knackte es leise. Ich blickte empor; ein zweiter dunkler Gegenstand ließ sich von einem der überhängenden Äste an Deck herab! Hier kroch er auf allen vieren weiter, langsam, vorsichtig, unhörbar! Wieder raschelte es, und noch eine solche unheimliche, lebendige Frucht fiel von dem Baume auf den Dampfer hernieder.

Die Piraten! Das war mein erster Gedanke und sogleich versuchte ich, das Schiff zu alarmieren. Es blieb aber bei dem Versuch, denn die Zunge klebte mir am Gaumen, ich vermochte keinen Laut auszustoßen, und wenn es mein Leben gegolten hätte.

Immer mehr Piraten! Drei, vier, fünf, sechs!

Jetzt endlich stieß ich einen Schrei aus, der selbst die Sieben Schläfer hätte erwecken müssen. Kein Wort brachte ich hervor, aber ich schrie, daß es tief aus dem Walde widerhallte.

Der Kapitän fuhr herum und gewahrte den gegen ihn heranschleichenden Feind. Er zog seinen Revolver und feuerte. Schon kamen auch aus dem Logis die Mannschaften herausgepoltert. Die Eindringlinge sprangen auf und stießen ein markdurchbohrendes Kriegsgeheul aus. Es waren nackte, wilde Gestalten, mit zottigen, fliegenden Haaren, die jetzt wie die Teufel auf die andringenden Matrosen zusprangen, die im ersten Augenblick unwillkürlich vor diesen heulenden und kreischenden Schreckbildern zurückwichen

Ich rannte in die Kajüte hinunter, um meinen Revolver zu holen. Lambertus war bereits an Deck; der Doktor kam, nur halb bekleidet und die Flinte in der Hand, soeben aus seiner Kammer.

»Die Wilden!« rief ich ihm zu, und dann eilte ich wieder hinauf, von dem Doktor auf dem Fuße gefolgt.

Wir trafen die Perseusleute mit den Wilden im wütendsten Handgemenge, Pistolenschüsse, Flüche, Geheul, dumpfe Schläge und wildes Gestampf erfüllten die Nacht mit wirrem Tosen; aber nicht lange. Nach zwei Minuten war der Kampf beendet, so daß wir gar keine Gelegenheit fanden, einen Schuß abzugeben.

Die Wilden lagen alle erschlagen an Deck, die meisten mit zertrümmerten Schädeln, da Janmaat sich im Handgemenge am liebsten eines eisernen Koffeynagels oder eines Marlspiekers bedient, welche nützlichen und friedlichen Geräte dann allerdings in seiner Faust zu den fürchterlichsten Waffen werden.

Ich zählte, ich zählte noch einmal – fünf Leichen, nicht mehr. Wo war denn der sechste Wilde geblieben, den ich zuerst gegen den Kapitän heranschleichen gesehen hatte?

Kapitän Dickson hatte auf ihn gefeuert, ihn vielleicht getötet; allein er war nicht mehr vorhanden. Ich wußte ganz genau, daß ich vorher sechs Feinde gezählt hatte. Fünf lagen an Deck, starr und tot; der sechste war verschwunden.

Das war seltsam!

Von unseren Leuten hatten drei ziemlich schwere Verwundungen davongetragen. Einer davon war der Spanier, der in Arica an Bord gekommen war, und dieser hatte merkwürdigerweise eine Schußwunde in der Schulter.

Wer mochte auf ihn geschossen haben?

Die Wilden, wie sich später herausstellte, Patagonier vom Stamme der Tehuelchen, hatten nur kurze Lanzen und an Riemen befestigte Eisenkugeln, Bolas genannt, bei sich geführt; von ihrer Seite also konnte der Schuß nicht abgegeben sein. Vielleicht konnte das Kaliber der Kugel Aufschluß geben.

Lambertus schüttelte gedankenvoll den Kopf, als er später mit zusammengekniffenen Lippen und weit geöffnetem Auge dem Doktor zuschaute, der die Wunde des spanischen Matrosen sondierte und dann die Kugel herauszog.

Dieselbe paßte genau zu dem Revolver Kapitän Dicksons.

*

Die Leichen der Tehuelchen wurden über Bord geworfen und die Decksplanken von den blutigen Spuren des Kampfes gereinigt. Über den Zweck, den die Indianer bei ihrem Überfall verfolgt hatten, sind wir uns nie klar geworden. Der Kapitän meinte, daß dieselben von einem Piratenfahrzeug auf der unbewohnten Insel ausgesetzt sein mochten; das Eiland bot ihnen sicherlich nur wenig Mittel für ihren Lebensunterhalt, und so hatten sie wohl in ihrer Not und Unerfahrenheit den verzweifelten Entschluß gefaßt, sich des Fahrzeugs zu bemächtigen, das so unerwartet in ihren Bereich gekommen war, um auf diese Weise das heimatliche Festland wieder zu erreichen. Die Körper der armen Teufel waren, nach des Doktors Ausspruch, auch außerordentlich mager und abgezehrt, so daß des Kapitäns Annahme sehr wohl richtig sein konnte.

Bei Tagesanbruch verließen wir die Insel und segelten in südlicher Richtung dem Chonos-Archipel zu. Die Sonne war kaum aufgegangen, als der Ausguckmann eine ganze Flottille von kleinen Fahrzeugen verkündete, die sich von Westen her unter vollen Segeln eilig näherte.

Kapitän Dickson stieg in die Wanten hinauf und betrachtete die herankommenden Fahrzeuge durch den Kieker.

An Deck geriet inzwischen alles in Bewegung. Lambertus und Klaus besichtigten jedes einzelne Geschütz und die dazu gehörige Munition. Die Leute versammelten sich auf dem vorderen Deck und auf der Back, sogar die Maschinisten und Heizer kamen herauf, um einen Blick auf den Feind zu werfen. Johannsen hatte auf Befehl des Kapitäns die Feuer unter dem Kessel wieder anmachen lassen.

»Sollen wir mit den Kerlen anbinden, Kapitän?« fragte Lambertus; »oder steuern wir sachte unsern, Kurs weiter?«

»Vorläufig wollen wir so thun, als ob sie gar nicht da wären,« erwiderte der Kapitän. »Wir sind ja nicht hergekommen, um uns ausschließlich mit Piraten herumzubalgen. Natürlich wollen wir den Alvarado suchen. Unter denen dort aber ist er nicht. Sein Schoner ist nicht zu verkennen. Das da sind elende Küstenkriecher, Fischersmacken und dergleichen Gelichter, voll von Piraten natürlich, sonst säßen sie nicht so dicht zusammen.«

Lambertus starrte den Schiffer an.

»Und da sollen wir so zahm vorbeisegeln, ohne der Bande einen Schuß zukommen zu lassen?« fragte er.

»Wenn sie uns nicht zu nahe kommen, ja.«

»Hm,« brummte Lambertus, »dann wird's nicht viel Spaß hier unten geben.«

»Nein, namentlich nicht, wenn die Piraten uns zuviel werden und uns fangen sollten, mein lieber Bertus. Wenn es sein muß, werden wir uns mit ihnen schlagen, sonst nicht, denn ich will mein Fahrzeug und das Leben meiner Leute nicht aus bloßem Sport in Gefahr bringen.«

Lambertus machte ein Gesicht, als ob er sich des Vorwurfs, der in dem Tone und den Worten des Kapitäns lag, schäme. Er schob die Mütze ins Genick und wendete sich zur Seite.

Der Kapitän aber fuhr fort:

»Die Gelegenheit, uns mit den Seeräubern zu messen, entgeht uns nicht. Wir müssen aber weiter denken, vor allem an den jungen Arnold. Bis wir ihn wieder an Bord haben, wollen wir unsere Kräfte und unser Pulver möglichst sparen. Außerdem denke ich demnächst in Valparaiso binnen zu laufen. Wir hören da eher etwas, wie hier zwischen den unbewohnten Inseln. Erfahren wir dort nichts, dann laufen wir nach Süden und suchen die Magelhaens-Straße und die Tierra del Fuego ab. Dort, in den einsamen Küstenwildnissen, werden wir mehr von den Flibustiern hören und sehen, als uns lieb sein wird. Vorläufig aber gedenke ich das Geschmeiß so lange als möglich unbeachtet zu lassen. Greift man mich aber an, dann ändert sich die Sache.«

Der »Perseus« hatte jetzt wieder Dampf auf und fuhr nunmehr ruhig und mit halber Kraft seines Weges, die Flottille der Piraten weder aufsuchend noch vermeidend. Alle Mann waren klar zum Gefecht und lungerten erwartungsvoll an Deck umher; die Flottille der Smacken und Kutter aber hielt sich in respektvoller Entfernung. Wir zählten darunter fünf größere, zweimastige Fahrzeuge von spanischer Bauart mit großen, sogenannten lateinischen, Segeln; dieselben waren außerordentlich breit, dabei aber scharf am Buge und augenscheinlich sehr gewandt und schnell in allen ihren Bewegungen. Die Bemannung eines jeden derselben mußte sich, nach oberflächlicher Schätzung, auf mindestens fünfzig Köpfe belaufen. Es war uns bekannt, daß diese Fahrzeuge sich bei schwachem Winde großer Ruder bedienen, um vorwärts zu kommen, wie dies im Mittelalter die Galeeren zu thun pflegten. Vor dem stolz und gelassen einherziehenden »Perseus« aber schienen sie eine gewisse achtungsvolle Zurückhaltung an den Tag zu legen. Sie folgten uns in vorsichtiger Entfernung, als ob sie uns zu beobachten wünschten.

»Wären wir ein einfaches Segelschiff, so hätten wir sie wahrscheinlich schon längst auf dem Halse,« bemerkte der Doktor, der in seiner hellseidenen, leichten Mütze an Deck gekommen war.

» Yes«, sagte der Kapitän. » Certainly. Wie geht es übrigens Ihrem Patienten, dem Spanier, den ich so unabsichtlich verwundete?«

»O,« entgegnete der Doktor, »mit dem hat's keine Gefahr. Sie wissen ja, Kapitän, wer hängen soll, der kann dem Strick nicht entlaufen. Er ist übrigens ein ganz undankbarer Hund, denn wenn ich seine Wunde untersuche und den Verband erneuere, dann flucht und räsonniert er auf mich wie ein Heide.«

»Vielleicht gehen Sie nicht zart genug mit ihm um,« lächelte der Schiffer.

Der Doktor zuckte die Achseln.

»Das will ich wohl zugeben,« sagte er. »Ich habe den Schuft im Verdacht –«

»Still!« warnte der Schiffer. »Davon später. Alles zu seiner Zeit.«

Da es mir schien, daß Kapitän Dickson durch meine Gegenwart zu dieser Äußerung bewogen worden war, wendete ich mich ab und schaute nach vorn. Da entdeckte mein schweifender Blick weit voraus auf der sonnenglitzernden See einige schwarze Punkte. Ich griff nach dem Fernrohr, welches innerhalb der Kajütskappe in seinen Klampen lag. Richtig. Dort zeigten sich vier weitere Fahrzeuge vom Schlage der Piratenkutter, die uns direkt in den Weg kamen. Sie schienen sich mit der hinter uns hersegelnden Flottille verständigen zu wollen, denn ich bemerkte, daß gegenseitig Signale ausgetauscht wurden. Wenn beide Geschwader sich zu einem Angriff auf uns vereinigten, dann konnte die Sache sehr ernst werden.

»Wir wollen ruhig unter halbem Dampf weiter laufen,« sagte der Kapitän. »Die Brise frischt auf, und wenn die Halunken mit uns anbinden wollen, dann können sie uns bequem auflaufen.«

Der Wind war thatsächlich stärker geworden, ja, noch mehr, eine schwarze Wolke zeigte sich luvwärts, ein Zeichen, daß wir demnächst eine Bö zu erwarten haben würden. Niemand aber achtete darauf, die Piratenflottille hinter uns behielt ihren Abstand, während die Fahrzeuge vorn näher und näher herankamen. Nach einer Weile wendeten sie und lagen von uns ab, dann gingen sie wieder über Stag, und so kreuzten sie heran, sich stets höchst geschickt außer Schußweite haltend, aber jeden Augenblick bereit, über uns herzufallen. Lambertus drängte den Kapitän unaufhörlich, auf die Piraten Jagd zu machen, und auch der alte Bootsmann stimmte dem bei. Der Schiffer aber blieb fest.

So verging der Tag; der »Perseus« dampfte langsam seinen Kurs, und die Seeräuber hielten sich in vorsichtiger Entfernung. Gegen Abend jedoch änderte Kapitän Dickson seine Ansicht; er gab dem Zureden seiner beiden Offiziere nach und hielt urplötzlich schnurstracks auf die in Lee herumplänkelnden Kutter ab, die sofort wendeten und vor dem Winde so schnell sie konnten davoneilten.

»Voll Dampf!« rief der Kapitän durchs Sprachrohr hinab. »Wir müssen dem albernen Treiben ein Ende machen.«

Die Schraube verdoppelte ihre Umdrehungen; das Kielwasser wirbelte in rollenden Schaumhügeln achteraus, und am Buge schäumte das Wasser hoch auf. Dicke, schwarze Rauchwolken wälzten sich aus dem Schornstein und verdüsterten den Himmel noch mehr, an dem die dunkle Wolke sich bereits über den ganzen Süden und Westen ausgebreitet hatte. Die See fing an hohl zu gehen. Die Piratenjagd begann.

Die Wellen brachen sich allenthalben in weißen Schaumkappen. Über dem Backbordbuge erschienen sie besonders kurz und stoßend. Die Freibeuterfahrzeuge flohen unter allen Segeln, dabei einen auffällig wechselnden und gewundenen Kurs steuernd. Der »Perseus« folgte ihnen hartnäckig. Lambertus ging hinunter und sah in die Karte.

»Jetzt gilt's die Augen aufhalten,« sagte er, als er wieder an Deck kam, »wir können sonst leicht zu dicht unter Land geraten, und vor den Inseln dort unten liegen zahlreiche Riffe.«

Der Kapitän ließ den Ausguck verdoppeln und sendete außerdem einige Leute hinauf auf die Bramraae, um von dort aus auf die Farbe des Wassers zu achten, die über flachem Grunde heller werden mußte. Die spitzen Klippen sind bei unruhiger See schwer zu erkennen, Bänke dagegen machen sich schon von weitem bemerkbar.

»Wir müssen's aufgeben,« sagte der Schiffer nach einer Weile. »Ich wollte, ich hätte mich von euch nicht beschwatzen lassen, Steuermann. Die Nacht kommt, und jetzt wird es uns schwer werden, die Riffe zu vermeiden.«

»Dann lassen Sie uns wenigstens das lange Drehgeschütz hinter den Kerlen herfeuern,« erwiderte Lambertus. »Die Leute sind schon ganz ungeduldig geworden.«

Nach einigem Zögern gab der Kapitän seine Zustimmung, und gleich darauf entlud sich das Geschütz gegen den nächsten Zweimaster, der neben seinen Segeln auch alle Ruder ausgelegt hatte, um dem gefürchteten Dampfer zu entgehen. Das Fahrzeug war vielleicht eine halbe Seemeile von uns entfernt. Die Kugel schlug diesseits von ihm auf dem Wasser auf und that dann noch drei weite Sätze, bis sie jenseits des Zweimasters und in der Nähe eines entfernteren Kutters versank.

Zugleich mit dem Knall des Schusses machte sich ein seltsames, scharrendes, knirschendes Geräusch bemerkbar, auf welches aber kaum jemand achtete. Kaum aber hatten wir das Geschoß über das Wasser schnellen und versinken sehen, da erhielt der »Perseus« einen Stoß, der uns alle an Deck niederwarf. Noch ein Stoß, dann ein fürchterlicher Schlag gegen das Vorschiff – der Fockmast schwankte krachend hin und her – der Schornstein fiel auf die Seite, und aus der Öffnung brachen Dampf und Rauch in dichten Massen hervor. Die Maschine wurde sofort gestoppt – Verwirrung herrschte einen Augenblick unumschränkt vom Buge bis zum Heck.

»Hinunter in den Raum, Zimmermann!« rief der Kapitän. »Sehet zu, wie weit das Schiff beschädigt ist. – Boote klar zum Aussetzen, Steuermann! – Dampf ablassen, Johannsen! – Schaffen Sie Waffen, Munition und Proviant in die Boote, Lambertus! – Packt eure Sachen zusammen, Leute, und vergesset die Säbel und Pistolen nicht! Mit dem ›Perseus‹ ist's zu Ende!«

Die Befehle des Schiffers wurden in Ruhe und Ordnung ausgeführt. Der Zimmermann kam wieder an Deck und meldete, daß im Buge ein Loch sei, so groß wie ein Scheunenthor, durch welches ein spitzer Fels hereinragte. An ein Sinken des Schiffes war vorläufig nicht zu denken, es war aber möglich, daß es während der Nacht, wenn die Flut stieg, aufgehoben werden konnte, so daß es dann vom Felsen herabgleiten mußte. Die Boote wurden daher sorgfältig in Bereitschaft gesetzt, als die einzige Zuflucht, die uns noch blieb.

Welch' eine plötzliche, unerwartete Veränderung!

Die Piratenfahrzeuge umschwärmten uns von allen Seiten; außer ihnen waren noch einige Eilande in Sicht. Die Finsternis der Nacht näherte sich unaufhaltsam; dasselbe thaten die Seeräuber.

Und der »Perseus« war ein hilfloses Wrack!


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