Jack London
Die Insel Berande
Jack London

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Gogoomy machen Kwaque fertig ganz und gar

Ich möchte wissen, was aus Tudor geworden ist, es ist zwei Monate her, seit er im Busch verschwand. Seit er Binu verlassen hat, haben wir kein Wort mehr von ihm gehört.«

Joan Lackland saß auf ihrem Pferde am Ufer des Balesuna, dort, wo der Mais gesät worden war, und Scheldon, der zu Fuß vom Haus herübergekommen, lehnte sich an die Schulter des Pferdes. »Ja, es ist lange her, daß keine Nachrichten durchgesickert sind«, antwortete er, wobei er sie unter seinem Hutrande hervor scharf beobachtete, um zu sehen, in welchem Maße sie sich um den Goldsucher sorgte. »Aber Tudor wird schon durchkommen. Er hat gleich am Anfang etwas fertiggebracht, das ich weder ihm noch sonst jemand zugetraut hätte. Er hat Binu Charley überredet, mit ihm zu gehen. Und ich wette, daß kein anderer Binu-Kanake je so weit in den Busch gegangen ist, ohne gefressen zu werden. Was Tudor betrifft –«

»Da! Sehen Sie!« rief Joan leise und zeigte auf einen leichten Wirbel auf der andern Seite des schmalen Flusses, wo ein großes Krokodil wie ein schwimmender Baumstamm trieb. »Oh, ich wollte, ich hätte mein Gewehr zur Hand.«

Das Krokodil sank unter und verschwand, kaum das Wasser kräuselnd.

»Heute Morgen war ein Binu-Mann bei mir, um Medizin zu holen«, bemerkte Scheldon. »Möglicherweise war dieses Biest die Ursache. Eine Anzahl Binu-Frauen war im Wasser, und da trat eine direkt auf ein großes Krokodil. Es war dicht am Ufer, und die Bestie warf sie um und packte sie am Bein. Die anderen Weiber packten sie an den Armen und zogen. Und bei dem Hin- und Herzerren büßte sie das Bein ein. Unterhalb des Knies, sagte er. Ich gab ihm eine Anzahl antiseptischer Mittel. Ich glaube, sie wird durchkommen.«

»Ach, diese widerlichen Bestien«, stieß Joan schaudernd hervor. »Ich hasse sie! Ich hasse sie!«

»Und doch tauchen Sie zwischen den Haien«, schalt Scheldon.

»Das sind nur Fischhaie. Und solange die genug Fische haben, sind sie ganz ungefährlich. Sie beißen nur, wenn sie ausgehungert sind.«

Scheldon schauderte innerlich, als er sich ihr zartes Fleisch zwischen den Zähnen eines Hais vorstellte. »Ich möchte trotzdem, daß Sie es nicht täten«, sagte er langsam. »Sie kennen die Gefahr.«

»Aber das ist ja gerade das Schöne dabei«, rief sie. Eine abgedroschene Redensart, daß er sie nicht verlieren möchte, lag ihm auf der Zunge, aber er unterdrückte sie. Er hatte herausgefunden, daß er sie nicht schelten durfte. Es hätte einen taktischen Fehler von nicht geringer Tragweite bedeutet, wenn er sie dauernd oder auch nur gelegentlich an seine Gefühle erinnerte.

»Etwas fürs Gedichtbuch, etwas fürs tägliche Leben und etwas für den Magen des Hais«, lachte er grimmig. Dann fügte er hinzu: »Ich wünschte aber doch, daß ich so gut schwimmen könnte wie Sie. Vielleicht wäre ich dann ebenso zuversichtlich wie Sie.«

»Wissen Sie, ich stelle es mir eigentlich ganz nett vor, mit einem Mann, wie Sie einer zu sein scheinen, verheiratet zu sein«, bemerkte sie in einer ihrer plötzlichen Anwandlungen, die ihn immer wieder in Erstaunen setzten. »Ich glaube, daß Sie zu einem sehr guten Ehemann erzogen werden könnten – nicht zu einem solchen herrschsüchtigen Tyrannen, sondern zu einem, der bedenkt, daß seine Frau ebensogut ein Mensch und ebenso frei ist wie er selber. Wirklich, ich glaube, Sie bessern sich.«

Sie ritt lachend davon und ließ ihn niedergeschlagen zurück. Würde er gedacht haben, daß in ihren Worten eine leise Sprödigkeit, eine weibliche Unruhe und ein weiblicher Versuch zu absichtlicher Verlockung und Ermunterung gelegen hätte, dann wäre er stolz gewesen. Aber er wußte bestimmt, daß der Knabe und nicht die Frau so verwegen gesprochen hatte.

Joan ritt weiter zwischen den Reihen junger Kokospalmen hindurch, sah einen Hornraben, dessen unstetem Flug sie bis zum Hochwald an der Grenze der Plantage folgte, hörte das Gurren wilder Tauben und entdeckte sie etwas tiefer im Walde, verfolgte die frische Fährte eines Wildschweines auf einige Entfernung, ritt dann im Kreise zurück und schlug den schmalen Pfad zum Bungalow ein, der über zwanzig Morgen ungeklärten Graslandes führte. Das Gras reichte ihr bis zur Hüfte und noch höher. Und im Weiterreiten erinnerte sie sich, daß Gogoomy und ein paar andere Leute zum Grasschneiden abgeteilt worden waren. Sie kam an die Stelle, wo sie gearbeitet hatten, sah aber keine Spur von ihnen. Ihr unbeschlagenes Pferd trat geräuschlos auf den weichen, sandigen Boden, und als sie etwas weiter kam, hörte sie Stimmen, die aus dem Grase kamen. Es war Gogoomy, der sprach, und während sie so horchte, packte sie die Zügel fester, und der Zorn wallte in ihr auf.

»Hund er sein im Haus, Nachtzeit er gehen herum«, sagte Gogoomy auf Trepang-Englisch, da er außer zu seinen Stammesgenossen noch zu andern sprach. »Ihr fella Jungens fangen ein fella Schwein, tun kai-kai gehören ihm, an groß fella Fischhaken stecken. Hund er gehen herum, finden kai-kai, ihr fella Jungen fangen Hund genau wie Hai. Hund er gleich fertig. Groß fella Herr schlafen in groß fella Haus. Weiße Mary schlafen außen pickaninny Haus. Ein fella Adamu er bleiben außen um pickaninny Haus. Ihr fella Jungen machen fertig Hund, fertig Adamu, fertig groß fella Herr, fertig weiße Mary, fertig alle zusammen. Viele Musketen er haben, viel Pulver, viel Tomahawks, viel Messer, viel Schweinsfischzähne, viel Tabak, viel Kaliko. Mein Wort, zuviel Massen alles, wir nehmen in Walboot, washee (rudern) wie Hölle. Sonne er kommen auf, wir lang weg zuviel.«

»Mich fangen das Schwein, Sonne er gehen unter«, sagte einer, dessen Fistelstimme Joan als die von Cosse, einem Stammesgenossen Gogoomys, erkannte.

»Mich fangen Hund«, sagte ein anderer.

»Und mich fangen weiße Mary«, rief Gogoomy triumphierend. »Mich fangen Kwaque, er sterben verdammt schnell.«

So viel hörte Joan von dem Mordplan, dann gewann ihr aufsteigender Zorn die Oberhand über ihre Besonnenheit. Sie spornte ihr Pferd an und rief:

»Was Name ihr fella Jungens, he? Was Name?«

Sie sprangen auf, liefen durcheinander, und zu ihrer Überraschung sah Joan, daß sie etwa ein Dutzend vor sich hatte. Als sie die starren Gesichter und die schweren, zwei Fuß langen Hackmesser in ihren Händen erblickte, kam ihr plötzlich zum Bewußtsein, wie unüberlegt sie gehandelt hatte. Wenn sie wenigstens einen Revolver oder ein Gewehr bei sich gehabt hätte, wäre alles gut gewesen. Aber sie war in ihrer Sorglosigkeit unbewaffnet ausgeritten. Sie folgte Gogoomys Blick auf ihre Hüfte und sah das befriedigte Aufblitzen in seinen Augen, als er das Fehlen des schrecklichen männermordenden Revolvers bemerkte. Der erste Artikel im Kodex der Salomoninseln für einen Weißen war, nie vor einem Eingeborenen Furcht zu zeigen, und so versuchte Joan denn, sich auf Reiterart aus der Affäre zu ziehen.

»Zuviel reden ihr fella Jungens«, sagte sie streng. »Zuviel reden, zu wenig arbeiten! Savvee?«

Gogoomy gab keine Antwort, sondern schob sich nur, scheinbar von einem Fuß auf den andern tretend, ein wenig vorwärts. Die andern, die in einem Halbkreis um ihn standen, glitten gleichfalls vorwärts, und die furchtbaren Buschmesser in ihren Händen verrieten ihre Absicht.

»Ihr schneiden Gras!« befahl sie.

Aber Gogoomy schob seinen andern Fuß vor. Joan maß die Entfernung mit den Augen, es war unmöglich, das Pferd herumzuwerfen, wenn sie nicht von hinten niedergemacht werden wollte.

Und in diesem kritischen Augenblick prägte sie ihrem Gedächtnis alle diese Gesichter unvergeßlich ein – einer von ihnen war ein alter Mann mit ausgeweiteten, zerrissenen Ohrläppchen, die ihm bis auf die Brust herabhingen, ein anderer hatte die breite platte Nase eines Afrikaners, und seine wilden Augen waren so unter den herunterhängenden Brauen vergraben, daß nichts als das gelbliche, krank aussehende Weiße zu sehen war, ein dritter war da mit dicken Lippen und lockigem Backenbart; und Gogoomy – nie zuvor war ihr aufgefallen, wie schön Gogoomy in seiner wilden Art war. Im Gegensatz zu seinen Gefährten prägte ihn natürliche Vornehmheit. Die Linien seiner Gestalt waren abgerundeter als die ihren, seine Haut war glatt, gut geölt und frei von jeder Krankheit. Auf seiner Brust hing, an einer Schnur von Schweinsfischzähnen um seinen Hals, ein großer, aus opalisierender Muschelschale geschnitzter Halbmond. Eine Reihe weißer Kaurimuscheln umspannte seine Stirn. In seinem Haar steckte eine einzige weiße Feder. Über der Wade des einen Beines trug er, wie ein Strumpfband, eine Schnur aus weißen Perlen. Das wirkte äußerst stutzerhaft. Eine schmale Schnur um die Hüften vervollständigte sein Kostüm. Dann sah sie einen anderen, alt, runzlig mit gerunzelter Stirn und gerunzeltem Gesicht, das in tierischer Leidenschaft zuckte und arbeitete, wie sie es auf den Gesichtern von Affen beobachtet hatte.

»Gogoomy«, sagte sie scharf. »Du nicht schneiden Gras, mein Wort, ich schlagen Kopf gehören dir.«

Sein Ausdruck wurde eine Spur verächtlicher, aber er antwortete nicht. Stattdessen blickte er verstohlen nach links und nach rechts, um festzustellen, wie weit seine Genossen Joan schon umzingelt hatten, und wieder schob er seinen Fuß, wie zufällig, einige Zoll vor. Joan war sich ihrer verzweifelten Lage voll und ganz bewußt. Es gab nur einen Ausweg: durch! Sie hob drohend die Reitpeitsche, trieb im selben Augenblick beide Sporen ein und lenkte das Pferd direkt auf Gogoomy zu. Das alles war Sache eines Augenblicks. Alle Buschmesser waren erhoben, und alle Schwarzen mit Ausnahme Gogoomys drangen auf sie ein. Gogoomy wich seitwärts aus, um dem Pferde zu entgehen, und schwang sein Buschmesser über sie, das sie, wenn es sie getroffen hätte, in zwei Teile geschnitten haben würde. Sie lehnte sich vornüber, um dem sausenden Messer zu entgehen, das durch ihren Reitrock, die Kante des Sattels und die Satteldecke schnitt und sogar noch in den Rücken des Pferdes drang. Ihre rechte Hand, die sie erhoben hatte, fuhr nieder. Die dünne Peitsche sauste durch die Luft. Joan sah die weißen Striemen quer über dem boshaften hübschen Gesicht, sah im selben Augenblick, wie der Mann mit dem verrunzelten Gesicht überritten vor ihr niederfiel und hörte sein grunzendes, zorniges Geschrei – ganz ähnlich dem eines wilden Affen. Dann war sie frei und schoß auf das Haus zu.

Bei ihrer seemännischen Erfahrung wußte sie Scheldons Entschlossenheit zu würdigen, als sie mit ihren Neuigkeiten bei ihm eindrang. Er sprang von dem Liegestuhl auf, in dem er auf sein Frühstück gewartet hatte, klatschte in die Hände, um die Hausboys herbeizurufen, und während er ihr zuhörte, schnallte er schon seinen Patronengürtel um und spannte seine automatische Pistole.

»Ornfiri,« stieß er seine Befehle hervor, »du fella läuten groß fella Glocke stark fella zuviel. Du hören auf läuten, du legen Sattel auf Pferd. Viaburi, du gehen schnell Haus gehören Seelee, sagen ihm, viel schwarze fella laufen weg, zehn fella zwei fella schwarze fella Jungen.« Er kritzelte etwas auf einen Zettel und gab ihn Lalaperu. »Du gehen schnell Haus gehören weiß fella Herr Boucher.

»Auf diese Weise werden sie von zwei Seiten von der Küste zurückgetrieben,« erklärte er Joan, »und der alte Seelee wird sein ganzes Dorf auf ihre Fährte hetzen.«

Dem Ruf der großen Glocke folgend, trafen als erste Joans Tahitianer ein, und ihre glänzenden Körper und ihr kochender Atem zeigte, daß sie den ganzen Weg gelaufen waren. Einige Gruppen, die sehr weit entfernt waren, mußten zu ihrem Eintreffen fast eine Stunde brauchen.

Scheldon bewaffnete zunächst Joans Seeleute und teilte Munition und Handschellen aus. Adamu-Adam ließ er mit geladenem Gewehr bei den Booten Wache halten, Noah-Noah sollte mit Hilfe Matapuus die Arbeitergruppen bei ihrem Eintreffen in Empfang nehmen, sie hinhalten und darauf achten, daß sie nicht auch vom Aufruhr angesteckt würden. Die andern fünf Tahitianer sollten Joan und Scheldon zu Fuß folgen.

»Ich bin nur froh, daß wir das Arsenal ausgehoben haben«, bemerkte Scheldon, als sie zur Pforte des Grundstücks hinausritten.

Nach etwa hundert Metern stießen sie auf einen Trupp Arbeiter, der hereinkam. Es war die Gruppe Kwaques, aber Scheldon suchte vergeblich nach ihm.

»Was Name das fella Kwaque er nicht bleiben bei euch«, fragte er.

Ein Gewirr aufgeregter Stimmen versuchte die Antwort zu geben.

»Machen Mund zu gehören euch allzusammen«, befahl Scheldon.

Er sprach barsch und übernahm wieder die Rolle des Weißen, der stets streng und herrisch sein muß.

»Hier, du fella Babatani, du sprechen Mund gehören dir.«

Babatani trat mit der ganzen Würde eines aus seinen Gefährten Erwählten vor.

»Gogoomy, er machen fertig Kwaque ganz und gar«, lautete Babatanis Erklärung. »Er nehmen Kopf gehören ihm laufen wie Hölle.«

Mit kurzen Worten und geringer Einbildungskraft beschrieb er den Mord, und Scheldon und Joan ritten weiter. Im Gras, wo Joan überfallen worden war, fanden sie den kleinen, runzligen Mann, den Joan überritten hatte. Er jammerte und stöhnte noch. Das Pferd war ihm auf den Knöchel getreten und hatte ihn vollständig zerquetscht, und nachdem der Mann hundert Meter weit gekrochen war, hatte er sich von der Aussichtslosigkeit seiner Flucht überzeugt. Der letzten Arbeitergruppe, die vom äußersten Ende der Plantage kam, wurde der Auftrag erteilt, ihn ins Haus zu tragen.

Eine Meile weiter, an einer Stelle, wo die Fährte der Ausreißer direkt in den Busch führte, fanden sie die Leiche Kwaques. Zwar war der Kopf abgehackt und fehlte, Scheldon nahm aber bestimmt an, daß es Kwaque war.

Es hatte offenbar einen Kampf gegeben, denn eine Blutspur führte von der Leiche in den dichten Busch. Hier mußten sie ihre Pferde zurücklassen. Papehara wurde zu ihrer Beaufsichtigung zurückgelassen, während Joan, Scheldon und die übrigen Tahitianer zu Fuß weiter vordrangen. Der Weg führte durch eine sumpfige Niederung, die gelegentlich vom Berandefluß überflutet wurde, und hier kreuzten sich die roten Fährten der Mörder mit der eines Krokodils. Sie hatten offenbar das Tier in der Sonne schlafend überrascht und ihre Flucht unterbrochen, um es in Stücke zu hacken. Der Verwundete hatte sich niedergesetzt und gewartet, bis die anderen zum Weitergehen bereit gewesen waren.

Eine Stunde später blieben sie plötzlich an einem Schwarzwildwechsel stehen. Die Blutspur hatte aufgehört.

Die Tahitianer drangen auf beiden Seiten in den Busch ein. Da zeigte ein Schrei von Utami an, daß er einen Fund gemacht hatte. Joan wartete, bis Scheldon zurückkam.

»Es ist Mauko«, sagte er. »Kwaque hat es ihm tüchtig gegeben, und er ist dort hineingekrochen und gestorben. Meinen Sie nicht auch, daß es jetzt genug für Sie ist?«

»Es ist nicht schön«, sagte sie. »Ich werde umkehren und bei den Pferden auf Sie warten.«

»Aber Sie können nicht allein gehen. Nehmen Sie zwei von den Leuten mit.«

»Dann gehe ich weiter mit. Es wäre töricht, die Verfolger zu schwächen, und ich bin nicht müde.«

Die Fährte bog jetzt rechts ab, als ob die Ausreißer ihre Absicht geändert hätten und dem Balesuna zugestrebt wären. Dann aber ging es wieder nach rechts, bis die Spur eine Schleife bildete, deren Schnittpunkt dort zu sein schien, wo sie, am Ende der Plantage, die Pferde zurückgelassen hatten. Als sie ein stilles Dickicht passierten, wo sich nichts als ein sammetartiger Schmetterling von zwölf Zoll Größe regte, hörten sie Schüsse knallen.

»Acht«, zählte Joan. »Es war nur ein Gewehr. Das muß Papehara sein.«

Sie hasteten weiter; als sie aber die Stelle erreichten, waren sie im Zweifel. Die beiden Pferde standen ruhig angebunden da, und Papehara hockte friedlich auf dem Boden. Als sie auf ihn zuschritten, trat Scheldon auf einen Körper, der im Grase lag, und kaum hatte er sein Gleichgewicht wiedergefunden, als seine Augen auf einen zweiten fielen.

Diesen erkannte Joan. Es war Cosse, einer von Gogoomys Stammesgenossen, der, welcher versprochen hatte, bei Sonnenuntergang das Schwein zu fangen, das als Köder für Satan dienen sollte.

»Kein Glück, Missie«, begrüßte Papehara sie, indem er trostlos den Kopf schüttelte. »Treffen nur zwei Jungens. Ich haben gut auf Gogoomy geschossen, aber gefehlt.«

»Aber die hast du getötet,« schalt Joan, »du solltest sie lebendig fangen.«

Der Tahitianer lächelte.

»Wie?« fragte er. »Ich rauchen. Ich denken, Tahiti und Brotfrüchte und hübsche gute Zeit in Bora-Bora. Gerade da, zehn Jungens laufen schnell aus dem Busch vor mir. Jeder Junge haben langes Messer. Gogoomy haben langes Messer eine Hand, Kwaques Kopf andere Hand. Ich nicht warten sie lebendig fangen. Ich schießen wie Hölle. Wie du fangen lebendig zehn Jungens, zehn lange Messer und Kwaques Kopf?«

Die Spuren der Leute, die sich hier nach dem mißglückten Versuch, den Tahitianer zu überraschen, trennten, führten bald wieder zusammen. Die Fährte ging zum Berande-Fluß, den die Ausreißer offenbar in der Absicht, sich in den Mangrovensümpfen auf dem anderen Ufer zu verstecken, überschritten hatten. »Es hat keinen Zweck, weiter zu gehen«, sagte Scheldon. »Seelee wird sie doch mit seinen Leuten herausjagen. Er läßt sie nie durch. Wir brauchen nur die Küste zu bewachen, um zu verhindern, daß sie zur Plantage zurückkommen und Amok laufen. Ah, dacht ich's nicht!«

Im Schatten des Dickichts am andern Ufer glitt ein kleines Kanu den Fluß herab, so lautlos bewegte es sich, daß es fast einer Erscheinung glich. Drei nackte Schwarze tauchten geräuschlos ihre Paddeln ins Wasser. Lange, schlanke, mit knöchernen Widerhaken versehene Wurfspeere lagen auf dem Rande des Kanus, während jedem Manne ein Köcher voll Pfeilen auf dem Rücken hing. Den Augen der Menschenjäger entging nichts. Sie hatten Scheldon und Joan zuerst gesehen, gaben aber kein Zeichen. An der Stelle, wo Gogoomy und seine Leute den Fluß verlassen hatten, hielt das Kanu plötzlich an, drehte sich dann und verschwand im tiefen Dunkel der Mangroven. Ein zweites und drittes Kanu kamen um die Biegung herum, glitten geisterhaft bis an die Stelle, wo die Ausreißer den Fluß überschritten hatten, und verschwanden ebenfalls in den Mangroven.

»Ich hoffe, daß keiner mehr getötet wird«, sagte Joan, als sie ihre Pferde heimwärts lenkten.

»Ich glaube kaum«, versicherte ihr Scheldon. »Der alte Seelee bekommt laut unserem Abkommen nur etwas für lebendige Leute, daher ist er sehr vorsichtig.«

 


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