Alain René Lesage
Gil Blas von Santillana
Alain René Lesage

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Vierzehntes Kapitel.

Auf was Art Gil Blas in Kurzem zu einem beträchtlichen Vermögen gelangt, und was für eine hohe Miene er nun annahm.

Ich kriegte dadurch Lust und Liebe zum Dinge, und Scipio, dem ich zehn Pistolen als Mäklergebühren abgab, ward dadurch angefeuert, von neuem zu recognosciren. Was für Talent er dazu hatte, hab' ich bereits rühmlichst erwähnt. Man hätte ihn mit Fug Scipio den Großen nennen können.

Der zweyte Kundmann, den er mir brachte, war ein Buchhändler, der Ritterbücher gedruckt, und sich dadurch, der gesunden Vernunft zum Trotze, reich verlegt hatte. Dieser Mann druckte unlängst einem seiner Collegen ein Werk nach, und man nahm ihm diese Auflage. Für drey hundert Ducaten schafft' ich ihm seine Exemplare wieder, und ersparte ihm eine starke Geldbuße. Obgleich diese Sache den Minister eigentlich nicht anging, so hatte Se. Excellenz doch die Gewogenheit für mich, Dero Ansehen für den Buchhändler zu verwenden.

Nach dem Buchführer fiel mir ein Kaufmann in die Hände. Der Fall war eigentlich der: Ein Corsar aus der Barbarey hatte ein portugiesisches Schiff Prise gemacht, und war in 251 der Folge von einem Caper aus Cadix wieder Prise gemacht worden. Zwey Drittel von den Waaren, womit's beladen war, gehörten einem Lissaboner Handelsmanne, der, weil er selbige vergeblich in Ansprache genommen, sich an den spanischen Hof wandte, um hierselbst einen Fürsprecher zu suchen, der mächtig genug sey, sie ihm wieder herauszuschaffen. Er war so glücklich, in mir einen solchen zu finden. Ich interessirte mich für ihn, und er erhielt, mittelst vierhundert Pistolen, die er dem Herrn Protector zum Präsent machte, seine Sachen wieder zurück.

Mich dünkt, ich höre hier einen von meinen Lesern rufen: »Nur immer zu hübsch Pfeifen geschnitten, da Sie einmahl im Rohre sitzen, Sennor Gil Blas. Sie sind auf gutem Wege. Treiben Sie Ihr Glück so hoch, als Sie nur können.« Das soll zuverläßig geschehen: Wo ich mich nicht irre, kommt mein Bedienter mit einem neu aufgegatterten Herrn Urian her. Ganz recht! Es ist Scipio. Wollen doch hören, was er vorzubringen hat.

Erlauben Sie gnädiger Herr, sagte er, daß ich Ihnen diesen berühmten Oculisten vorstellen darf. Er sucht um ein Privilegium an, seine Medicamenten und Arzneyen zehn Jahre lang in allen Städten der spanischen Monarchie exclusive verkaufen zu dürfen, das will sagen, daß all' seinen Collegen verbothen seyn soll, sich an 252 den Orten niederzulassen, wo er ist. Zur Erkenntlichkeit will er demjenigen, der ihm dieß Privilegium auswirkt, zweyhundert Pistolen geben.

Geht mein Freund, sagt' ich zum Staarstecher, und Pflaster- und Lattwergen-Koch, indem ich mir eine Protectormiene gab, es soll besorgt werden. Einige Tage nachher schickt' ich ihm auch wirklich das Patent zu, ausschließungsweise das Volk in allen Königreichen Spaniens herumzuäffen.

Ich empfand nunmehr die Wahrheit des Sprüchworts: Je mehr man hat, je mehr will man haben; außerdem daß ich immer gieriger wurde, je reicher ich ward, hatte sich das Gnadenpförtchen von Sr. Excellenz auf mein Anklopfen viermahl, wie eben gemeldet, so leicht aufgethan, daß ich kein Bedenken trug, das fünftemahl vor selbiges zu kommen. Es betraf die Statthalterschaft der auf der granadischen Küste gelegnen Stadt Evora für einen Calatraverritter, der mir dafür tausend Pistolen both.

Da mich der Minister auf die Sporteljagd so erpicht sah, fing er an zu lachen: Bey Gott! Freund Gil Blas, Ihr geht rasch zu Werke! Mögt ungemein gern Eurem Nächsten dienen. Hört, wenn bloß von Kleinigkeiten die Red' ist, so will ich gern durch die Finger sehen, kommt's aber auf Statthalterschaften und 253 andre Wichtigkeiten an, so werdet Ihr mit der Hälfte des Profits Euch zu begnügen müssen gefallen lassen. Von der andern sollt' Ihr mir Rechnung ablegen.

Ihr könnt Euch nicht vorstellen, fuhr er fort, was für Aufwand zu machen ich mich genöthigt sehe, noch wie viel Hülfsquellen ich mir öffnen muß, um meinen Posten mit Würde zu behaupten; denn trotz der Larve von Uneigennützigkeit, die ich in den Augen der Welt vornehme, bin ich doch nicht Thor genug, meine Hausangelegenheiten zerrütten zu wollen. Wonach Ihr Euch zu richten habt.

Durch diese Rede benahm mir mein Herr die Furcht ihm lästig zu fallen, oder machte mir vielmehr Lust, oft wieder zur Quelle zurückzukehren, und machte mich dadurch noch hungriger nach Reichthümern, als ich zuvor gewesen war. Ich hätte gern öffentlich mögen bekannt machen lassen, daß jeder, der vom Hofe etwas ausgewirkt wünschte, sich nur an mich wenden möchte. Ich warf mein Netz auf der einen Seite aus, Scipio auf der andern; ich war auf nichts bedacht, als für gute Zahlung Gefälligkeiten zu erzeigen.

Mein Calatraverritter bekam die Statthalterschaft von Evora für tausend Pistolen, und bald darauf verschafft' ich einem St. Jago'sritter eine gleiche Stelle für einen gleichen Preis. Ich begnügte mich nicht damit Gouverneurs zu machen, ich ertheilt' auch Ritterorden, 254 verwandelte einige gute Bürger in schlechte Edelleute mittelst trefflicher Adelsbriefe. Ich wollte auch, daß die Geistlichkeit meine Wohlthaten genießen sollte, deßhalb vergab ich kleine Pfründen, Canonicate, und einige andere geistliche Würden. Was Bißthümer und Erzbißthümer anlangte, so hatte Don Rodriguez de Calderon über selbige zu schalten, wie auch über obrigkeitliche Stellen, Comtureyen und Vicekönigsschaften.

Hieraus nun läßt sich schließen, daß die größern Posten nicht besser besetzt wurden, als die kleinen; denn alle diejenigen, welchen wir die Aemter gaben, womit wir einen so saubern Handel trieben, waren weder die geschicktesten noch die gesittetsten. Wir wußten wohl, daß die Spötter zu Madrid sich hierüber auf unsere Kosten lustig machten; wir glichen aber den Geitzigen, die sich über das Gezisch und Gehöhne des Volks zufrieden geben, wenn sie ihren Mammon wiedersehen.

Isokrates hat Recht, wenn er Zügellosigkeit und Thorheit, unzertrennliche Gefährten der Reichen nennt. Als ich mich Herr von dreyßigtausend Ducaten, und im Stande sah, vielleicht zehnmahl soviel zu verdienen, glaubt' ich eine Figur machen zu müssen, wie es sich für den Vertrauten des Oberstaatsministers ziemte. Ich miethete mir einen Pallast, den ich aufs sauberste möbliren ließ; 255 kaufte mir die Kutsche eines EscribanoEscribano. »Man hat im Deutschen kein völlig gleichgeltendes Wort für den Escribano der Spanier. Der Attorney der Engländer, der Greffier der Franzosen, und der Procurator oder Notar der Deutschen möchte ihm am nächsten kommen. Escribano ist im Spanischen das Genus, welches verschiedene Gerichtsbedienungen unter sich begreift.«, der sie sich aus Prahlery angeschafft hatte, um sie auf Anrathen seines Bäckers sich wieder vom Halse zu schaffen. Auch nahm ich einen Koch und drey Bedienten an; und da es billig ist, seine alten Domestiken zu befördern, so erhob ich Scipio'n zu der dreyfachen Ehre, mein Kammerdiener, mein Secretär und Intendant zu seyn.

Der Minister erlaubte mir, daß meine Leute seine Livrey tragen durften; das stieß vollends dem Faße den Boden auf; schwellte mich ganz übermäßig auf, und das Bißchen Ueberrest von Verstand ging nunmehr völlig in die Bilze. Ich war so thöricht, wie die Schüler des Porcius Latro, die, nachdem sie durch häufiges Kümmeltrinken so blaß geworden waren wie er, sich auch einbildeten, eben so gelehrt zu seyn; es fehlte wenig daran, daß ich mich nicht einen Verwandten des Herzogs von Lerma glaubte. Ich setzte mir in den Kopf, man würde mich dafür, oder für einen seiner 256 natürlichen Söhne ansehen; an welcher Vorstellung ich ungemeines Behagen fand.

Ich nahm mir überdieß vor, so wie Se. Excellenz, auch offne Tafel zu halten. Zu dem Ende trug ich Scipio'n auf, mir einen geschickten Koch auszusuchen, und er schaffte mir einen, der sich vielleicht mit dem Koch des Römers Nomentanus leckerzüngigen Andenkens in Vergleichung setzen ließ. Ich füllte meinen Keller mit köstlichen Weinen an, und nachdem ich mich noch mit allen übrigen Stücken gehörig verproviantirt hatte, begann ich Gäste einzuladen.

Alle Abende, die Gott werden ließ, speisten einige geheime Kanzellisten bey mir, die sich ganz kecklich Staatssecretäre schelten ließen. Ich bewirthete sie mit den ausgesuchtesten Gerichten, und schickte sie stets wohlbezecht nach Hause.

Scipio seiner Seits (denn wie der Herr so der Knecht) hielt in der Küchenstube auf meine Kosten freye Tafel für seine Bekannten. Da ich aber dem Jungen nicht nur gut war, sondern da er mir auch Geld zuschanzen half, so hielt ich es für ganz billig, daß er es wieder verzehren half. Ueberdieß betrachtete ich all dieß Schlampampen als ein junger Mensch, und sah nicht ein, wie nachtheilig es mir war, nahm auf nichts Rücksicht als auf die mir dadurch erwachsende Ehre. Noch ein andrer Grund machte, daß ich mich darum nicht kümmerte; die Pfründen und Aemter trieben immer frisches Wasser auf 257 meine Mühle. Ich sah meine Finanzen von Tag zu Tag zunehmen, und bildete mir ein, einen Nagel in Fortuna's Rad geschlagen zu haben, wie man spricht.

Es fehlte meiner Eitelkeit weiter nichts, als Fabrizen zum Zeugen meiner Herrlichkeit zu haben. Ich zweifelte nicht, daß er bereits aus Andalusien zurückgekehret sey, und mir das Vergnügen der Ueberraschung zu machen, ließ ich ihm ein nahmenloses Billet einhändigen, worin ich ihm sagte: ein edler Sicilier von seinen Freunden erwartete ihn zum Supee. Ich hatt' ihm Tag, Stund' und Ort bezeichnet. Das Rendezvous war bey mir. Nunnez stellte sich ein, und erstaunte ganz außerordentlich, als er fand, daß ich der fremde Herr war, der ihn zum Nachtessen eingeladen habe.

Ja, sagt' ich zu ihm, ich bin der Besitzer dieses Hauses, habe Kutsch' und Pferde, einen guten Tisch, und überdieß den Geldkasten wohl angefüllt. Ist es möglich, rief er mit Lebhaftigkeit aus, daß ich dich so wohlhäbig wieder finde! Wie vielen Dank weiß ich mir, daß ich Dich beym Grafen Galiano anbrachte. Ich sagte Dir's wohl, daß es ein großmüthiger Herr sey, und daß er Dich bald in blühende Umstände setzen würde.

Unstreitig, fuhr er fort, wirst Du meinen Dir ertheilten weisen Rath befolgt seyn, und dem Haushofmeister ein wenig den Zügel haben 258 schießen lassen. Ich wünsche Dir dazu Glück. Nur allein durch Beobachtung dieser Cautel mästen sich die Intendanten in großen Häusern.

Ich ließ Fabrizio'n frohlocken, solang' er wollte, daß er mir den Posten beym Grafen Galiano verschafft habe. Hierauf erzählt' ich ihm, um seine Freude hierüber ein Paar Töne niedriger zu stimmen, wie erkenntlich dieser Herr gegen meine treuen Dienste gewesen war, als ich aber merkte, daß mein Poet während dieser Erzählung in seinem Herzen Palinodie sang, sagt' ich zu ihm:

Ich verzeih' dem Sicilier seine Undankbarkeit. Unter uns gesagt, ich habe sogar Ursache hierüber mehr zufrieden als unzufrieden zu seyn. Hätte der Graf nicht das schlechte Stückchen gemacht, so säß ich jetzt in Sicilien, und lauerte auf eine ungewisse Versorgung, mit Einem Worte, ich wäre nicht der Vertraute des Herzogs von Lerma.

Diese letzten Worte setzten den Nunnez in solche Verwunderung, daß er einige Augenblicke kein Wort hervorbringen konnte. Plötzlich brach er aber das Stillschweigen, und sagte: Hab' ich recht gehört? Sind Sie wirklich der Busenliebling des Oberstaatsministers? Ich bin's, so wie Don Rodriguez de Calderon, und allem Anscheine nach, werde ich es noch hoch bringen. 259 Wahrlich! ich bewundre Sie, Sennor de Santillana, versetzte er. Sie sind fähig allen Aemtern vorzustehen. Wie viele Talente vereinigen Sie in Sich! oder vielmehr um mich eines Ausdrucks aus unserm Klubb zu bedienen, Sie haben den Universalhebel in Sich, das will sagen, Sie sind zu allem geschickt. Uebrigens, Sennor, freu' ich mich über den Wohlstand von Dero Sennoria.

O zum Teufel, unterbrach ich ihn, Herr Nunnez, nichts von all dem Schellenklang! Verbanne den Titelkram, und lebe mit mir auf dem alten vertrauten Fuß. Hast Recht, erwiederte er, ich muß Dich noch immer aus dem gewöhnlichen Gesichtspuncte betrachten, ob Du gleich reich geworden bist. Allein fuhr er fort, ich muß Dir meine Schwäche gestehen: die Bekanntmachung eines so glänzenden Looses verblendete mich ganz. Zum Glück ist meine Verblendung vorüber, und ich seh' nunmehr in Dir bloß meinen Freund, Gil Blas.

Unsere Unterredung wurde durch die Ankunft von drey bis vier Geheime-Kanzellisten unterbrochen. Meine Herren, sagt' ich, indem ich auf Nunnez zeigte, Sie werden mit dem Sennor Don Fabrizio speisen, der Verse macht, die des Königs NumaEr war der Verfasser der dunkeln Feyergesänge, deren oben S. 138. [im zweyten Kapitel] ist gedacht worden. würdig 260 sind, und Prose schreibt, wie man keine mehr schreibt. Zum Unglücke sprach ich mit Leuten, die sich aus der Poesie so wenig machten, daß der Poet darüber erblaßte. Kaum würdigten sie ihn des Ansehens.

So bemüht er auch war durch äusserst sinnreiche Einfälle ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, so glückt' es ihm doch nicht; sie hatten dafür nicht Sinn und Gefühl. Dieß verdroß ihn dermaßen, daß er sich einer dichterischen Freyheit bediente, und plötzlich skisirte. Unsre Geheimkanzellisten wurden seine Entfernung nicht gewahr, und setzten sich zu Tische, ohne sich sogar zu erkundigen, was aus ihm geworden sey.

Eben war ich den folgenden Morgen mit dem Ankleiden fertig geworden, und im Begriff auszugehen, als der Asturische Dichter in mein Zimmer trat. Ich bitte um Verzeihung, mein Freund, sagte er zu mir, daß ich Deine Geheimkanzellisten so vor den Kopf stieß, allein, offenherzig zu sagen, fand ich mich unter ihnen so mißgestellt, daß ich nicht aushalten konnte. Die ekelhaften Geschöpfe mit ihrer Aufgeblasenheit und Steifigkeit! Ich begreife nicht, wie ein so sehr offner Kopf wie Du, so sehr stumpfköpfige Gäste bey sich leiden kann. Ich will Dir statt dieser schwerfälligen Massen recht quecksilberne Geschöpfe herführen. 261

Du wirst mir einen Gefallen erzeigen, antwortete ich, und ich verlasse mich hierin auf Deinen Geschmack. Daran thust Du wohl, versetzt' er, ich verspreche Dir hervorragende Genien und unterhaltende Gesellschafter. Dieses Schrittes geh' ich zu einem Likörhändler, wo sie sich augenblicklich versammeln werden. Ich will sie sogleich in Beschlag nehmen, aus Besorgniß, sie möchten sich wo anders versprechen; denn jedermann drängt sich, sie zum Mittags- oder Abendessen zu haben, so aufgeweckte, muntre Köpfe sind es.

Mit diesen Worten verließ er mich, und den Abend gegen die Tafelzeit fand er sich bloß mit sechs Autoren ein, deren er mir einen nach dem andern vorstellte und herausstrich. Wenn man ihn hörte, übertrafen diese schönen Geister all' diejenigen, die Griechenland und Italien hervorgebracht hatte, und ihre Werke, sagte er, verdienten mit goldnen Buchstaben gedruckt zu werden.

Ich empfing diese Herren sehr verbindlich, ließ es mir äusserst angelegen seyn, sie mit Höflichkeiten zu überhäufen, denn die Autornation ist gemeiniglich eitel und ruhmredig. Ob ich gleich Scipio'n nicht anempfohlen hatte, mehr wie gewöhnlich, zurichten zu lassen, so hatt' er dennoch, da er wußte, was für einen Schlag Leute ich zu bewirthen hatte, die Gänge verstärken lassen. 262

Endlich setzten wir uns insgesammt sehr fröhlich zu Tische. Meine Dichter begannen sich von sich zu unterhalten, und einander zu lobpreisen. Dieser nannte mit stolzer Miene die Titulados und Damen von Stande, deren Augapfel seine Muse war. Jener tadelte eine gewisse Akademie der Wissenschaften, daß sie zwey gewisse Mitglieder gewählt, und gab ganz bescheiden zu verstehen, sie hätte auf ihn reflectiren sollen. Aus den Reden der Uebrigen leuchtete nicht weniger Dünkel hervor.

Mitten beym Supee erdrückten sie mich fast mit ihren Versen und ihrer Prose. Jeder von ihnen recitirten in der Runde, etwas von seinem Machwerke. Der eine brachte ein Sonnet zu Markte, der andre declamirte eine Trauerspielsscene her, der dritte las eine Komödienkritik ab. Der vierte wollte seiner Seits eine Anakreontische Ode vorlesen, die er in schlechte Spanische Verse gedolmetscht hatte, wurd' aber von einem seiner Mitbrüder in Apollo darin unterbrochen, indem ihm dieser sagte, er habe sich eines unschicklichen Ausdrucks bedient. Der Odenübersetzer wollte dieß gar nicht einräumen. Hieraus entstand ein Streit, in welchen sich die schönen Geister insgesammt mischten.

Die Meinungen waren getheilt, die Disputirenden wurden warm, begannen sich herumzuschimpfen, Dieß noch hätte hingehen mögen; allein 263 sie fuhren wüthend auf, und fausteten sich weidlich herum. Scipio, mein Kutscher, meine Lakeyen und ich hatten nicht wenig Mühe, sie auseinander zu bringen. Als sie sich frey und ledig sahen, rannten sie aus meinem Hause, wie aus einer Schenke, ohne sich wegen ihrer Unhöflichkeit im mindesten entschuldigt zu haben.

Nunnez, auf dessen Wort ich mir von dem heutigen Gastgeboth die angenehmsten Vorstellungen gemacht hatte, blieb bey dieser Wort- und Faustbalgerey ganz betäubt. Nun, Freund, sagt' ich, wirst Du mir noch Deine Gäste vorrühmen? Bey meiner Ehre, Du hast mir rechten Hackmack hergebracht. Ich bleibe bey meinen Geheimkanzellisten. Sag mir nichts mehr von Autoren! Ich werde Dir zuverläßig keine andre aufführen, versetzte er, denn die Du jetzt gesehen, waren noch die vernünftigsten. 264

 


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