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XIII.

Feiertagsabend.

Sternhell und mild und windstill ist die Nacht,
Und ruhig über Gärten, ruhig über
Den Dächern steht der Mond, und zeigt das ferne
Gebirg in reinem Glanz. – Geliebteste!
Nun schweigt der Pfad, und durch die Fenster blinkt
Mit kargem Flackerschein die nächt'ge Lampe:
Du schlummerst! Sanft und leicht umfängt der Schlaf
In stiller Kammer dich, und sorglos ruhst du,
Nicht wissend, ach, nicht ahnend, welche Wunde
Du mir geöffnet mitten in der Brust!
Du schläfst; doch ich erhebe mich, den Aether
Zu grüßen, der dem Aug' so mild erscheint,
Und die Natur, die ew'ge, allgewalt'ge,
Die mich zum Leid erschuf. »Dir«, sprach sie, »sei
Versagt die Hoffnung, selbst die Hoffnung; dir
Erglänz' im Auge nur die Schmerzesthräne!«

Ein Festtag wars, und von Zerstreuungen
Ausruhst du nun, und denkst vielleicht im Traum,
Wie Vielen heute du gefielst, wie Viele
Dir selbst gefielen; meiner ach – wie hofft' ichs? –
Gedenkst du nicht. Ich frag' indeß, wie lang
Noch währen soll dieß Dasein. Auf den Boden
Hinwerf' ich mich und jammre laut. O Tage
Des Unheils in so früher Jugend! – Horch!
Unfern erschallt am Weg der einsame
Gesang des Manns, der heimkehrt spät am Abend,
Nachdem er sich vergnügt, zur niedren Hütte.
Und schmerzlich schnürt sich mir das Herz zusammen,
Denk' ich, daß Alles so vorübergeht
Und keine Spur zurückläßt. Sieh, dahin
Ist nun der Festtag, und dem Festtag folgt
Der Werktag: jedes menschliche Begegniß
Entführt die Zeit. Wo blieb der Lärm der Völker
Des Alterthums? Wo blieb der Kriegsruf
Der hochberühmten Ahnen, wo das Reich
Des stolzen Roms, die Waffen, das Getümmel,
Das brausend über Meer und Länder scholl?
Verstummt ist Alles und es ruht die Welt,
Und keine Rede geht von ihnen mehr.
In meiner Jugend schon, in jener Zeit,
Wo man ersehnt den Festtag – ach, wenn er
Vorüber war, da lag ich traurig, wach,
Auf meinem Lager; und in später Nacht,
Wenn draußen fern ein Lied ich so vernahm
Verklingend allgemach, da schnürte schon,
Wie jetzt, sich mir das tiefste Herz zusammen.

*


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