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Wolfdietrichs Hochzeit

Herzog Gerwart versucht vergebens, den Ruhm Wolfdietrichs zu stehlen. Mit einem geretteten Löwen kommt Wolfdietrich nach Garden und muß sich noch gegen die Burgmannen wehren. Dann geht alles in den Wald. Wolfdietrich tötet die alte Würmin. Alberich bewirtet das Paar. Die Hochzeit wird gefeiert.

 

Da kam der Herzog Gerwart zu Garden eingerannt
Mit achtzig seiner Mannen, es waren Helden zur Hand.
»Gieb Urlaub mir zu Walde, Frau Liebgard wohlgethan!
Mir kam in mein Gemüte, ich will den Wurm bestahn.«
»Nein, bleibe, werter Herzog! Es kam ein Biedermann,
Der kann wohl Würme hauen; er will sie selbst bestahn.«
Er sprach: »Nein, schöne Frau, darum trag' ich dir Haß!
Ich will die Würme hauen und gönn' es niemand baß.«
Urlaub nahm er vom Volke und von der Kaiserin,
Mit seinen achtzig Mannen ritt er zu Walde hin.
Er kam schier vor die Steinwand, wo, wie wir hörten sagen,
Wolfdieterich dem Wurme das Haupt hätt' abgeschlagen.
Er zuckte es gar balde auf zu derselben Stund.
»Heil uns, ihr kühnen Gesellen! Wir sind noch wohl gesund!
Freu dich, mein Herz, die Nebel müssen sich nun heben.
Uns hat heut' Gott die Sonne vorm Morgenstern gegeben!
Nun will ich aber minnen die Kaiserin edel und klar,
Die mich verstoßen wollte von meinem Erbe gar.
Der will ich sicherliche nicht länger Frist mehr geben,
Als bis ich komme zu Lande; so will ich mit ihr leben.
Nun dar, ihr kühnen Gesellen! Nun dar, ihr meine Mannen!
Wir sollen mit einander zum Berge gehn von dannen.
So könnt ihr dann die Wahrheit der Kaiserin wohl sagen,
Daß ich mit meinen Händen die Würme hab' erschlagen.«
Da sprachen alle Mannen: »Wie du willst, soll's geschehn;
Wir wollen mit dir alle gern zu der Höhle gehn.
So können wir die Wahrheit desto baß ihr sagen,
Fragt sie uns auf die Treue, wir wollen den Lug nicht klagen.«

Sie gingen zu dem Berge und ließen die Rosse stehn,
Wenn noch ein Wurm da lebte, um auf die Flucht zu gehn.
Wie sie den Alten sahen im Loche liegen tot,
Sie kehrten zu den Rossen, zu fliehn war ihnen Not.
Da stund allein der Herzog, der tapfere Gerwart,
Eines Löwen Mut gewann er wohl auf derselben Fahrt.
Er trat ein wenig näher, er sah, daß er war tot.
Das Schwert nahm er zu Händen, ihm war zum Wurme not.
Da schlug er auf den Lindwurm gar manchen großen Schlag,
Daß es im Wald ertoste, im Gebirg und in dem Hag.
Das trieb er, bis er meinte, er hätte ihn erschlagen;
Dann fing er an zu rufen: »Kehrt um, ihr bösen Zagen!«
Als nun die Mannen hatten des Herzogs Ruf vernommen,
Da waren sie viel balde herwiederum gekommen.
Da sprach der Herzog Gerwart: »Nun dar, ihr meine Leute!
Wir sollen aus dem Walde nach Garden ziehn noch heute.
O wehe, Gott vom Himmel, wie fest hab' ich gestritten!
Was hab' ich von den Würmen für große Not erlitten!
Lugt her, das ist der Alte, der hieß der Schadesam,
Der uns einst mit Gewalte den Herren Ortnid nahm.
Werden wir jemands inne, der spreche, er habs gethan,
Der muß, kann ich es fügen, den Leib verloren han!
Dazu sollt ihr mir helfen, all meine Mannen und Magen,
So mag ich zu Lambarden desto baß die Krone tragen.
Lobet mich zu Herren die schöne Kaiserin rein,
Und wird mir Kranz und Krone, müßt ihr auch Herren sein!
Drum helft mir schwören, daß ich die Würme hab erschlagen;
So will ich zu Lambarden die Kron' ohn' Sorge tragen.«

Nun waren auch zwei Grafen gekommen in den Tann,
Die sahen wohl die Falschheit, die man allda begann.
Das waren die zwei Grafen Hartmann und Hermann.
Die hatten einst verloren durch ihn an dreißig Mann.
Sie sprachen: »Lieber Herre, erlaß uns diesen Eid!
Wir mögen dir nicht beistehn hier nach Gerechtigkeit.
Es ist ein fremder Ritter vielleicht doch schuldig dran.
Schwüren wir falsche Eide, das wär nicht gut gethan.
Wie sollen wir beschwören, was niemals ward gethan?
Wir wollen eher beide den Urlaub von dir han.«
»So streicht mir aus den Augen!« rief Gerwart, »böse Zagen!
Wenn ich in Ortnids Reiche die Krone werde tragen,
Und mich zu Herrn gelobet die edle Kaiserin rein,
So müßt ihr nah und ferne in meiner Achte sein!«

Auf huben sie das Wurmhaupt und führten es von dannen;
Da ritt der Herzog Gerwart fürbaß mit seinen Mannen.
In zorniglichem Sinne ritt er gar schnell für sich;
Da fand er auf der Straße den edlen Wolfdietrich.
Unter einem Baume fand er den edlen Helden wert,
Der hatte sich gelehnet wohl auf sein gutes Schwert.
Als ihn der Herzog Gerwart zuerst alldort ersah,
Er grüßte ihn gar schöne, so sprach er zu ihm da:
»Ist dir ein Abenteuer geschehn in diesem Wald?«
Da antwortet mit Züchten Wolfdietrich alsobald:
»Nein, mir ist in dem Walde kein Abenteuer geschehn.«
(Er wollte von den Würmen ihm nicht sobald gestehn.)
»Ich schlief unter dem Baume, den ich zur Rast erkoren,
Allerst bin ich erwachet, mein Roß hab ich verloren.«
Da sprach der Herzog Gerwart: »Drum sollst du nicht verzagen!
Roß und reiche Kleider sollst du von mir tragen,
Willst du mir schwören helfen, daß ich die Würme schlug.«
»Was waren das für Würme, daß ich nicht spreche Lug?«
»Ich hör', es ist dir unkund, so will ich dir es sagen.
Der Wurm hat hundert Ritter schon in den Berg getragen.«
»Was ist, das du da führest?« sprach wieder Wolfdietrich.
»Es ist das Haupt des Wurmes.« – »Ja, also dünkt auch mich.
Ich hör' wohl, du erschlugst ihn, o Herzog lobesam.
Wie war zu Mut dir, als er dich in den Zagel nahm,
Und einen toten Löwen auch nahm in seinen Mund?
Ich weist wohl, werter Herzog, dir war groß Jammer kund.
Du wurdest in dem Berge geballt und umgeschlagen.
Wie kamst du von den Jungen? Das sollst du mir auch sagen!«

Da sprach der Herzog Gerwart: »Wie soll ich das vertragen?
Er meint, er sei's, der habe die Würme dort erschlagen.
Wohlan denn, all die Meinen, helft schlagen diesen Mann,
Daß ich baß zu Lambarden die Krone tragen kann!«
Anliefen ihn mit Schwertern die achtzig kühnen Knaben;
Der schlug er fünfundzwanzig, wie wir vernommen haben.
Sobald nur einer wund war, so lief er in den Tann.
Anlief ihn Herzog Gerwart, ein wohlgeruhter Mann.
Er gab da Wolfdietrichen einen ungefügen Schlag,
Daß unter seinem Schilde vor ihm gestreckt er lag.
Ueber ihn aber sprangen die Grafen lobesam,
Sie hielten ihre Schilde, bis er wieder auf kam.
Da schlug er gleich dem Gerwart der tiefen Wunden drei;
Der bot sich ihm zu Füßen, daß er sein Diener sei.
Wolfdietrich sprach: »Ich empfange keinen treulosen Mann.
Woher ihr's habt genommen, führt hin das Haupt alsdann!
Wenn du es fürbaß bringest um einen einzigen Fuß,
So ist's bei meinen Treuen deines Lebens Schluß.
Gieb mir ein Roß, das beste, das bei dir mag bestehn;
Zu schwer ist mein Geschmeide, ich kann darin nicht gehn.
Und gieb mir Trank und Speise, es that mir nie so not.
Ich wollts um ihn verdienen, der mir gäb' Wein und Brot.«

Da trug ihm selbst zu essen der Herzog Herr Gerwart,
Dann stiegen sie zu Rosse wohl an derselben Fahrt.
Das eigne Roß des Herzogs mußte Wolfdietrich han;
Er hielt ihm selbst den Stegreif wie ein dienender Mann.
Da sprach der Held Wolfdietrich, der Degen tugendvoll:
»Werd' ich zu einem Herren, vergelt ich dir das wohl.
Wolltest du mit Lügen das Reich gewonnen han,
O wehe, werter Herzog, das wär' nicht gut gethan!
Schau in den Mund dem Wurme, Gerwart, unselger Mann!
Besieh, ob er die Zunge noch möge drinnen han!«
Er löste ihm den Rachen; als in den Mund er sah,
Und keine Zunge schaute, sprach Herzog Gerwart da:
»Ich wußte nicht bis jetzo, du auserwählter Degen,
Daß ein Tier auf der Erde mocht ohne Zunge leben.«
Da lachte Herr Wolfdietrich; er nahm die Zunge schnell
Und setzte sie dem Wurme ins Maul an ihre Stell'.
»Nun schaue, werter Herzog, du und deine Knaben,
An diesem Zeichen mag ich die Krone gewonnen haben.«
Sie sprachen alle zusammen: »Es mag wohl also sein;
Du hast gar sauer erworben die edle Kaiserin rein.«

Da kam ein edler Ritter zu Garden eingerannt,
Er thät die neue Märe der Kaiserin bekannt:
»Nun dar, du schöne Fraue, gieb mir das Botenbrot!
Es liegen die wilden Würme von einem Ritter tot.«
»Sag an, du werter Ritter, was führte er im Schild?«
»Das kann ich dir nicht sagen, edle Kaiserin mild;
Denn er schlug meinem Herren wohl fünfundzwanzig Mann.
Mich schielt' er an mit Augen, da floh ich in den Tann.
O weh, ich alter Thore! Wer gab mirs in den Sinn,
Daß ich nun sprach von Schielen vor meiner Kaiserin?
Wird das der Herre inne, so muß ich liegen tot.
Frau, willst du mir was geben, so hilf mir aus der Not!«
Sie gab eine Mark Goldes dahin dem kühnen Mann;
Da er empfing die Gabe, da hub er sich hindann.
Er mocht' ein hübscher Ritter dereinst gewesen sein,
Des lachte in dem Herzen die edle Kaiserin rein.

Da kamen die zwei Grafen zu Garden eingerannt.
Sie sagten all die Märe der Kaiserin zuhand:
»Nun dar, du schöne Fraue, gieb uns das Botenbrot!
Es schlug die wilden Würme ein frommer Ritter tot.
Wir kamen zu dem Wurme; das Haupt war abgeschlagen.
Der Herzog Gerwart wollte dich so gewonnen haben.
Da schlug ihm jener Ritter der tiefen Wunden drei;
Er bot sich ihm zu Füßen, daß er sein Diener sei.«
»Gern wüßt' ich,« sprach die Fraue, »ob er wär' wild oder zahm;
Daß ihr zu Hofe kommet ohn' ihn, das schafft mir Gram.
Wer mir nun Bote würde zu dem elenden Mann,
Der sollte hie zu Garden ein Burglehen han.«
Da sprach der Grafe Hartmann: »Die Botschaft nehm' ich an.«
Da sprach zu seinem Bruder der Grafe Hermann:
»Du sollst hie heime bleiben, viellieber Bruder mein.
Warum wolltest du wagen also das Leben dein?
Ich spreche es auf meine Treue, er ist ein kräftger Mann;
Besteht er dich mit Zorne, mußt du verloren han.
Seiner Kraft zu Tervis hatte ich genug,
Als er mir dort im Reiten den Minnepreis enttrug,
Und ich vom eignen Stiche fiel nieder auf den Plan.
Willst du für dich ja sorgen, so bleib von diesem Mann!
Er führte mich am Speere acht Klafter weit zuhand,
Und warf mich vor die Frauen vom Rosse auf den Sand.«

Sie sprach: »Nein, werter Grafe, du sollst mein Bote sein!«
Sie gab ihm einen Falken, die edle Kaiserin rein.
Urlaub nahm da Graf Hartmann und ritt fort in den Tann;
Da fand er vor dem Walde den auserwählten Mann.
Es blickte durch die Bäume Wolfdieterich und sprach:
»Das ist ein Mann des Herzogs, der will mir reiten nach.
Ihn hat die Flucht gereuet, ja das versteh' ich eben;
Er muß von meinen Händen verlieren nun sein Leben.«
Da rannte durch die Bäume Wolfdietrich alsobald,
Er wollte aus dem Sattel ihn werfen mit Gewalt.
Da er ihm kam so nahe, des Falken ward er gewahr,
Den Speer hob er da wieder, der edle Fürste klar.
Also sprach Herr Wolfdietrich, der werte Fürst alsbald:
»Sag an, o werter Helde, was wolltest du im Wald?
Bist du der edle Graf nicht, der jüngst mir Dienst entbot?
So wärs nicht wohl gehandelt, brächt ich dich nun in Not.«
Er sprach: »Viellieber Herre, das thu' ich dir bekannt,
Mich hat die edle Kaiserin Liebgard zu dir gesandt.
Sie nimmt das mächtig Wunder, ob du bist wild oder zahm,
Daß alle zu Hofe kommen ohn' dich, das schafft ihr Gram.«
Er sprach: »Eine alte Würmin, die ist noch unerschlagen;
Ich komme nur gen Garden, wenn ich die Mär kann sagen.«
»Viellieber Herr, das glaubet mir nicht die Fraue mein;
Ich muß andre Wortzeichen ihr geben, Helde rein.«
Da sprach der Fürst Wolfdieterich, der auserwählte Mann:
»Du sollst ein gutes Zeichen für deine Fraue han.
Nun höre, werter Grafe, möcht' ich des sicher sein,
Daß du behalten wolltest an mir die Treue dein,
Ich gebe dir ein Zeichen wohl an die Kaiserin,
Daß du mir desto holder mögst bleiben fernerhin.
Werd' ich zu einem Herren, soll nicht mein Dank verderben.«
Da schwur ihm der Graf Hermann, die Botschaft treu zu werben.
Er sprach: »Vielwerter Grafe, empfange dies Ringelein!
Das ließ mir von der Zinne die edle Kaiserin rein.
Behalt an mir die Treue, das ziemt dir immerhin,
Und auch an deiner Frauen, der edlen Kaiserin!«

Als nun der Grafe Hartmann die Botschaft so vernahm,
Verneigt er sich mit Züchten, gen Garden bald er kam.
Da ihn die Kaiserin Liebgard allerst ankommen sah,
Empfing sie ihn gar schöne, so sprach die Holde da:
»Sag' an, du werter Grafe, du sollst es mir gestehn,
Ob du den edlen Ritter irgend hast gesehn?«
»Ja wahrlich, schöne Frau, ich sah den werten Mann;
Ich will nicht lügen, Botschaft sag ich dir von ihm an.
Ich bezeug' es mit dem Golde, das ich in Händen han,
Das du ihm von der Zinne gabst, Fraue wohlgethan.«
Als da die Kaiserinne das Ringelein ersah,
Begann sie heiß zu weinen; so sprach die Edle da:
»Das ließ ich von der Zinne mit meiner eignen Hand;
Wiegt er es so geringe, daß er mirs hat gesandt?
Ich gelobt ihm, wenn er mich räche an dem Wurme in dem Tann,
So würd' ihm Kreuz und Krone und mein Leib unterthan.
Nun will er leicht mein spotten, der Held, nach kurzer Zeit.
Des klag ich Gott vom Himmel mein großes Herzeleid.
Sag an, du werter Grafe, was entbietet dir der Mann?«
»Er spricht, eine alte Würmin ging' lebend noch im Tann.
Er will nicht eh nach Garden, er hab' sie denn erschlagen,
Und bringe Märe, die man mag singen und auch sagen.«
Da sprach mit lautem Weinen die edle Kaiserin rein:
»Nun geht auch dort im Walde manch Bär und manches Schwein!
Will er den Wald noch räumen, so muß ich lange warten,
Bis mir der Held zuliebe doch endlich kommt nach Garden.«

Nun kam der Herzog Gerwart zu Garden eingerannt:
»Verbind mir, Frau, die Wunden mit deiner weißen Hand!
Die sind mir da zu Walde durch deinen Willen geschlagen.«
»Du streich mir aus den Augen! Du thatst gleich einem Zagen.
Wolltest du mich und die Lande mit Lügen gewonnen han,
Das wär doch einem Herzog lästerlich gethan.
Hätt' er gewußt meinen Willen, der dir die Wunden geschlagen,
Er hätt' dirs Haupt vom Leibe getrennt, das laß dir sagen!«

Da ritt der Herzog Gerwart wohl in sein Land von dannen;
Dort banden ihm die Wunden seine getreuen Mannen.
Indessen ritt Wolfdietrich gegen den Gardensee;
Da fand er einen Löwen in großer Not und Weh.
Den hätte ein Tier bestanden klein wie ein Faserlein;
Das hatt' ihn an den Brüsten gezerrt zu seiner Pein.
Wenn es begann zu saugen das Blut von seinem Herzen,
Begann der wilde Löwe zu brüllen laut vor Schmerzen.
Da sprach der Fürst Wolfdietrich, der auserwählte Mann:
»O weh, du wilder Löwe, wer hat dir was gethan?
Nun helfe ich dir gerne, so viel es mag geschehn,
Doch seh' ich leider niemand mit dir zu Streite gehn.«

Als nun das wilde Tierlein des Herren Rede vernahm,
Da ließ es von dem Löwen und lief den Ritter an.
Wie bald der Held Wolfdietrich da wieder rückwärts sprang!
Das gute Schwert er zückte, die Weile war nicht lang.
Er schlug auf jenes Tierlein, sagt uns die Mär fürwahr;
Er konnte keinen Vorteil gewinnen um ein Haar.
Das Tierlein blies das Feuer mit Kräften auf den Mann,
Daß ihm der Schild entbrannte; er sprang in den See hindann
Und fing sich an zu lassen hernieder in die Flut,
Daß er sich möchte erlöschen, der edle Fürste gut.
Und sein Gesell, der Löwe, der that auch wie der Mann.
Dann kehrte sich der Löwe und wollt das Tierlein fahn.
Das Tier war naß geworden, Wolfdietrich schnitt es entzwei,
Da warf sein Teil der Löwe in den See nahebei.
Noch blies das Haupt sein Feuer, daß all der Wag entbrann;
Da kehrte aus dem Wasser der Löwe und der Mann.
»Nun lösche dich, du Woge! So ist mir auch geschehn.
Brenntest du dreißig Jahre, ich kann dir nicht beistehn.«
Wollt ihr nun gerne hören wie jenes Tier genannt?
Es heißt zu deutsch ein Zunder, in welsch ein Sarabant.
Wollt ihr auch gerne hören, wie das Tier ist gestalt?
Es sind allwegen zweie und werden doch nicht alt.
Wenn sie da trägt die Mutter und ihre Brut gebiert,
So legt der Mann sich vor sie, da isset sie den Wirt.
Wenn dann die jungen Tiere zu Kraft gekommen sind,
So beißen sie die Mutter, sie stirbt so durch ihr Kind.
Es leben dann die Jungen, bis neue Brut begann.
Nun lassen wir die Tiere und sagen von dem Mann.

Er trocknete sein Geschmeide, die Brünne war ihm naß.
Mit Züchten da zu Rosse der Held Wolfdietrich saß.
»Sag an, du wilder Löwe, willst du zu Walde gehn,
Oder geselligliche noch hie bei mir bestehn?«
Da neigte mit dem Haupte der Leu dem werten Mann.
»Ich seh' wohl, wilder Löwe, du nimmst zum Freund mich an.
Und heilt dir nicht die Wunde die edle Kaiserin,
So will ich mit dir wieder zum wilden Walde hin.«

Zu sich nahm er den Löwen und ritt gen Garden dann;
Da rief der biedre Wächter, wie wir vernommen han:
»Was kommt der Burg so nahe? Mag es ein Fremder sein,
So werf ich ihm herunter den allergrößten Stein.«
»Ich bin es,« rief Wolfdieterich, »ich hab' den Wurm erschlagen.
Und bringe einen Leuen; das, Wächter, laß dir sagen!
Der ist gar wund mir worden hie nahe bei dem Graben;
Heilt mir den meine Fraue, so will ich Freude haben.«
Er sprach: »Viellieber Herre, willst du denn nicht herein?«
Da sprach der Held Wolfdietrich: »Das mag mit nichten sein.
Es ist eine alte Würmin im Wald noch unerschlagen.
Ich komme nicht gen Garden, als diese Mär zu sagen.«
Urlaub nahm da Wolfdietrich und kehrte um sofort;
Den Leun, seinen Gesellen, ließ er am Graben dort.
Da ging der gute Wächter von seiner Mauer hin;
Er klopfte an ein Fenster, das hörte die Kaiserin.
»Ich bin es, Frau, der Wächter, und will dir Märe sagen
Von jenem edlen Ritter, der uns den Wurm erschlagen.
Der hat einen wunden Löwen gebracht her an den Graben;
Heilst du dem Leun die Wunde, so will er Freude haben.«

Der Burggraf hatte vernommen den Schall, da er begann.
Er kam hereingedrungen mit siebenhundert Mann.
Da sprach der edle Burggraf: »Du schöne Kaiserin rein,
Mich wundert also sehre, wie du magst munter sein!«
Da sprach die Frau: »Mir träumte, als ich am Bette lag;
Das irrte mich am Schlafe, ich wähnte, es wäre Tag.
Vom Ritter, der die Würme da soll erschlagen haben,
Hat mir geträumt, er brächte einen Löwen an den Graben.
Geht mit mir durch das Wunder, ob es mag Wahrheit sein!«
Da gingen Alt und Junge hin mit der Kaiserin rein.
Sie fanden da den Löwen wohl vor des Schlosses Graben;
Da wollten sie die Hunde auf ihn gehetzet haben,
Da sprach die Frau: »Wer hetzet den edlen Löwen mein,
Des Freund will ich auch nimmer bis an das Ende sein!«
Da hieß sie einen Kolter her aus dem Schlosse tragen;
Den brachten zwölf Jungfrauen, so wie wir hören sagen.
Drauf legte sich der Löwe, sie trugen ihn alsdann
Zur Burg, die edle Liebgard griff selber auch mit an.
Sie bracht' ihn in die Feste und wusch seine Wunde mit Wein;
Zu essen und zu trinken gab ihm die Kaiserin rein
In einer Kemenate, die stund der ihren bei.
Da lag er vor den Leuten, war aller Sorgen frei.

Die Frau stund mit dem Wächter bis an die Mitternacht,
Da kam Wolfdietrich wieder, des Leuen hat er Acht:
»O weh, Geselle Löwe, bist du zum Walde hin?
Ich will stets bei dir bleiben, verschmäht dich die Kaiserin.«
Da rief hinab Frau Liebgard: »Nein, lieber Herre mein;
Die Kaiserin entbietet dir, Herre, froh zu sein.
Sie half zur Nacht den Löwen selbst in die Feste tragen;
Man will auch dich herbergen, also läßt sie dir sagen.
Bist du mir, lieber Herre, denn keiner Weise gut?
Komm doch herein zur Pforte, mein Ritter hochgemut!
Weißt du, was mir versprochen dein rotes Mündelein,
Als du zu Walde rittest: du wollst mein Eigen sein?«
»Sprichst du an meine Treue, du Fraue wohlgethan,
So schließe auf die Pforte und laß mich gehn hinan!«
Der Wächter schloß die Pforte gar heimlich auf und sacht;
Da ward er eingelassen und in den Hof gebracht.
Das Roß empfing der Wächter allda von seiner Hand;
Wie bald dem kühnen Helden die Frau den Helm abband!
Sie führte ihn mit Züchten, den Degen hochgemeit,
In eine Kemenate; Essen war da bereit.
Sie bot ihm oft den Becher, den klaren Wein darin;
Nach jegelichem Trunke küßt' ihn die Kaiserin.

Der Burggraf aber wieder mit seinen Mannen kam;
Er klopfte an das Fenster; Frau Liebgard das vernahm.
Er rief: »Ich bins, der Burggraf! Du brachst die Treue gar;
Es kam zu dir ein Recke; des ward ich wohl gewahr.
Er hat Ortnids Geschmeide und seine Waffen an;
Er hat ihn wohl ermordet darum dort in dem Tann!«

Da schoß die Frau mit Zorne drei Riegel vor das Gaden;
Sie weint' und wand die Hände und schaut des Helden Schaden.
»Ach wollte Gott vom Himmel, daß ich heut' wär ein Mann,
Ich wollte dir dann beistehn so kräftig als ich kann.«
Da sprach der Held Wolfdietrich: »Es soll dir nichts geschehn!
Wo ist mein Freund, der Löwe? den laß hervor nun gehn!«
Da thät sie auf ein Thürlein und ließ den Leun heran.
Er spielte, schlich und schmiegte sich an den werten Mann.
Der sprach: »Geselle Löwe, die Feinde stehn dafür.
Willst du mir nun auch helfen?« Da sprang er an die Thür.

Nun wappnete sich balde der auserwählte Mann,
Das Schwert nahm er zu Handen und schritt zur Thür alsdann.
Die Thür ward aufgehauen, gestoßen und geschlagen;
Es flogen her die Gere, wie wir noch hören sagen.
Da sprang der wilde Löwe zu ihnen auf den Saal,
Viel mehr denn hundert Ritter drückte er hin zuthal.
Wie bald der Held Wolfdietrich da zu dem Löwen sprang!
Er that mit seinem Schwerte gar manchen harten Schwang.
Schier ward da unterdrungen der Fürste lobesan,
Zwischen ihn und den Leuen kamen dreihundert Mann.
Der Leu sah, daß der Herre von ihm gedrungen was;
Erst fing er an zu zeigen all seinen großen Haß.
Er zerrte Stahl und Eisen von manchem werten Mann;
Zweihundert Ritter druckte er gen die Wände an.
Des Burggrafen Schwestersohn war gar ein kühner Held,
Er kam mit einem Tierspieß, der nie das Ziel verfehlt.
Den schoß er gleich dem Löwen zur alten Wunde hinein.
Er mußte davon sterben; das war der Kaiserin Pein.
Da sprach der Held Wolfdietrich in aller seiner Not:
»O weh, Geselle Löwe, bist du erlegen tot,
Das muß er jetzt entgelten, der solches hat gethan!«
Er zog den Spieß aus dem Löwen und warf ihn durch den Mann.
Der Löwe und der Herre die lagen beide tot.
Da kam der Held Wolfdietrich in Jammer und in Not.
Es kämpften auf dem Hause wohl noch dreihundert Mann.
Da mußte er entweichen; zum Hof sprang er alsdann.

Ueber ihn kam nun Einer, der war ein Degen gut,
Der warf mit einem Steine auf seinen Eisenhut,
Davon der werte Fürste unter dem Schild erlag
Und zu denselben Zeiten keiner Kraft mehr pflag.
Ihn schützten die zwei Grafen und dreißig ihrer Mann,
Sie hielten ihre Schilde, bis er sich wieder besann.
Wie nahm das Schwert zu Handen Wolfdieterich alsbald!
Er trieb sie in die Feste hinwieder mit Gewalt.
Da kam die edle Liebgard entgegen ihm gegangen:
»Hör' auf, mein lieber Herre, willst meine Huld empfangen!
Ich ließ durch deine Treue dich ein, lieb' Herre mein.
Schlagst du die unsern alle, wer soll dein Diener sein?«
Dann sprach sie zum Burggrafen: »Nun hast du wohl geseh'n,
Daß diesem edlen Ritter nicht Leides kann gescheh'n.
Drum wollt ihr werden inne, wer diesen Schaden that,
So sammelt eure Mannen und folget meinem Rat,
Und reitet mit dem Ritter hinaus zum finstern Wald.
Hat er den Wurm erschlagen, die Mär' erfahrt ihr bald.
Doch hat er, wie ihr sprechet, ermordet euren Herrn,
So thut ihm, wie ihr wollet, das lasse ich euch gern.
Doch hat er mich gerochen an jenem Wurm, dem alten,
So soll man ihn zu Garden für einen Herren halten!«
Da sprach der Burggraf selber, das solle sein gethan.
Mit sechzig seiner Mannen ritt er fort in den Tann.
Sie wollten alle suchen, aufmerken und erspäh'n,
Ob sie von ihm die Wahrheit im Walde möchten seh'n.

Da rüstete sich selber die edle Kaiserin;
Samt ihren schönen Jungfrau'n ritt sie mit ihnen hin.
Da wollte sie die Wunder gern selber sehen an,
Wer in dem finstern Walde den Schaden hätte gethan.
Das Haupt des Wurmes fanden die Männer in dem Tann;
Da sprach der Markgraf Helmnot, geboren von Tuskan:
»Soll'n wir dem Fremden dienen um dieses Würmelein?
Er hat nicht Erb noch Eigen, wie möcht' er Herr uns sein!«
Da rief die Königinne zu Gott mit lautem Fleh'n:
»Ach reicher Gott vom Himmel, ein Zeichen laß ergeh'n!
Ist noch ein Wurm am Leben, den sende diesem Mann,
Daß man bald inne werde, wer diese That gethan!«
Bis daß die Kaiserinne das Wort zu Ende sprach,
Sah man die Würmin kommen, es war ihr wahrlich jach.
Sie eilte vom Gebirge gar kräftig durch den Tann,
Sie lief unter die Leute, da floh manch' werter Mann.
Die Flucht gaben sie alle, die Rosse keiner nahm.
Wer einen Baum ergriffen und oben darauf kam,
Hätt' ihn um hundert Marke vom Leibe nicht gegeben.
Sie wähnten, von dem Wurme verloren sei ihr Leben.

Da Wolfdietrich der Fürste, des Wurmes sich versann,
Das Schwert nahm er zu Handen und lief den Drachen an.
Er schlug ihm durch die Seite nieder hin zuthal
Eine gar weite Wunde; da hörte man lauten Hall,
Als da die alte Würmin so sehr verschroten was.
Das Blut begann zu fließen nieder in das Gras.
Sie schoß das Feuer mit Kräften auf den biderben Mann.
Daß ihm das Ringlein fehlte, des kam ihm Trauer an.
Sie trieb mit Macht den Helden in ihren Berg hindann,
Da sah sie tot die Jungen und ihren alten Mann.
Sie bellte wie ein Ochse, es bebte Baum und Stein.
Da stund in großen Sorgen Wolfdieterich allein.

Gar laut begann zu rufen die edle Kaiserin rein:
»Wohlauf, du edler Ritter, folge der Lehre mein!
Suche den Schild Herrn Ortnids, den er in Händen trug;
Es liegt ein Stein darinnen, der giebt dir Kraft genug.«
Er ging umher im Berge und suchte immerdar;
Da kam er an die Stätte, wo Kaiser Ortnid war.
Den Schild fand er, den guten, und nahm ihn in die Hand.
Die Sorge vor dem Feuer und Rauche bald verschwand.
Er schwang den Schild mit Kräften, der glänzte wie der Tag.
Da sah er, wo die Würmin ober den Jungen lag.
Er stieß ihr in den Rachen das Schwert gar mutiglich.
Sie fing wohl an zu springen, von dannen er entwich.
Da rief gar laut Frau Liebgard, die edle Kaiserin:
»Wohlauf, du edler Ritter, gieb nicht das Leben hin!
Es müßt mich immer reuen, o Held, dein stolzer Leib.
Gedenk der großen Arbeit, denk an mich armes Weib!«
Da Wolfdietrich die Rede der Kaiserin vernahm,
Das Schwert nahm er zu Handen und lief die Würmin an.
Er gab ihr durch den Rücken so kräftiglichen Schlag,
Daß sie in zweien Stücken tot vor dem Helden lag.
Die Stücke sprangen beide weit auseinander dann,
Aus ihr fielen vier Junge; die grinsten den Herren an.
Er schlug ihnen ab die Häupter, der Degen auserwählt.
Also war wohl gerochen Ortnid, der kühne Held.

Da blies er in ein Hörnlein, das gab gar lauten Schall,
Das hörten auf den Bäumen die Helden überall.
Sie kamen all und schwuren Eide dem Fürsten hehr.
Er sprach: »Geht in die Höhle und tragt den Toten her!«
Der Herzog und der Burggraf, die gingen mit der Schar.
Da wurden sie des Wurmes im Loche dort gewahr.
Sie traten schnell zurücke mit Sorgen alsobald
Und huben sich zu flüchten wohl in den finst'ren Wald.
Wie balde Herr Wolfdietrich da auf dieselben schlug:
»Wie fürchtet ihr die Würme! Das ist ein Ungefug.
Was ihrer war im Berge, die sind nun alle tot;
Euch thut auf dieser Erde kein anderer mehr Not.
Darum geht in die Höhle, tragt her den toten Mann
Und lasset nicht verfaulen die Kleider wonnesam!«
Sie trugen aus dem Berge wohl sechzig tote Frau'n.
Er nahm Ortnids Gebeine und ging vor seine Frau'n:
»Nun luge, schöne Fraue, und schau in Wahrheit an,
Daß hier der Wurm, der wilde, den Schaden hat gethan!«
Sie schaute Ortnids Antlitz, sie kannt' es wie vor Tagen,
Als ihn der Wurm, der wilde, zum Berge hätte getragen.
Als dies die Kaiserin schaute, vor Leide sie nicht sprach,
Sie weinte also sehre, groß war ihr Ungemach.
Sie brach ihr Haar wie Seide aus ihrem Haupte da,
Weil ihr bei ihren Zeiten doch leider nie geschah.
Da sprach der Held Wolfdietrich in tugendlichem Sinn:
»Laß nun dein Weinen stehen, du edele Kaiserin,
Und deine Klage bleiben durch meinen stolzen Leib.
Ich will's um dich verdienen, du kaiserliches Weib.«
Sie wand das Gebein in Tücher, die Fraue wohlgethan;
Aufhuben sie die Toten, und führten sie von dann,
Sie bestatteten sie herrlich auf einem Kirchhof reich.
Also genossen alle Ortnids des Kaisers reich.
Das Volk sich dann von dannen mit großer Klage hub,
Die Frauen und die Mannen, da man die Toten begrub.

Mit sich nahm nun Wolfdietrich die Fraue wohlgethan;
Er wollte sie aus dem Walde herausgeführet han.
Da kam Zwergkönig Alberich, gar wonnesam zu seh'n,
Aus seinem Berg gelaufen und hieß sie stille steh'n.
Der Zwerg fiel ihm zu Füßen und küßte ihm die Hand:
»Siehst du, o Held Wolfdietrich, dies wonnigliche Land?
Das war ehmals mein Eigen und war mir unterthan,
Bis daß es mir Zwerg Billung mit Untreu' abgewann.
Er that's nach Ortnids Tode; da du nun hergekommen,
Das Unrecht all zu rächen, hat er die Flucht genommen.
Willst du die Wirtschaft schauen? Die laß ich gern dich sehn.
Viel Reichtum und auch Würde magst du mir zugestehn.«
Er weiste ihn von dannen und führt ihn an der Hand
In einen Wurzelgarten, wo eine Linde stand.
Als nun der Held Wolfdietrich kam in den Berg gegangen,
Da sah er in dem Berge die schönste Feste prangen.
Wohl mit zweihundert Türmen die schöne Burg da lag.
Die Zinnen auf der Mauer, die glänzten wie der Tag.
Da nahm der Zwerg den Fürsten mit Züchten bei der Hand,
Er weiste ihn zur Stätte, wo ein Ziergarten stand.

Darin war ein Gesiedel von Marmelstein bereit;
Darob stund eine Linde, die war gar grün und breit.
Und bei derselben Linde, da stund ein eherner Mann
Der faßte mit den Händen zwei Blasebälge an.
Auch gingen hundert Röhren zum Baum von Golde fein,
Da saßen auf der Linde wohl hundert Vögelein.
Wenn das Bild die Bälge rührte mit seiner starken Hand,
Da sangen auf der Linde die Vöglein allesamt.
Anderhalb der Linde da stund ein Palas weit,
Darinnen waren gerichtet zu dieser selben Zeit
Wohl an fünfhundert Tische, das sag' ich euch fürwahr,
Ob jedem hundert Zwerge gar zierlich, hold und klar.
Und auf demselben Palas stund noch ein goldner Mann,
Der faßte mit den Händen zwei Gießfässer an.
Das Bild war wohl gewirkt mit starken Listen groß,
Dasselbe hundert Mannen zugleich das Wasser goß.

Sie saßen zu einander nieder auf das Land,
Ein kleines Schlüsselein hatte der Zwerg in seiner Hand.
Da schloß er auf die Linde, das wisset sicherlich:
Da gingen aus der Linde zwölf Maide minniglich,
Je zweie nebeneinander genommen bei der Hand;
Sie hatten an dem Leibe das herrlichste Gewand.
Die Kleider waren Silber und waren reich genug;
Jede ein gold'nes Haarband auf ihrem Haupte trug.
Der Zwerg ließ nun Wolfdietrich auch in die Linde sehn.
Da sah er in der Linde noch eine Ceder stehn.
Der Cederbaum darinnen, der war von Golde rein,
Draus schenkte man dem Herren Moras und guten Wein.
Da sagte zu Wolfdietrich der wonnesame Zwerg:
»Ja, du bist mir zu frommen gekommen in den Berg,
So sollen Land und Leute, die mir mein Vater ließ,
Für immer dir auch dienen, in Treuen sag' ich dies.«
Der Zwerg bracht' ihm zu Handen ein kleines Hörnelein:
»Kommst du über zehn Lande, und sollte Not dir sein,
So blas zu einem Male! Sobald dies ist gethan,
So komm' ich dir zu Hilfe und dazu tausend Mann.«
Auch gab er eine Büchse dem Herren allzuhand:
»Ich will dich wissen lassen, wie es drum ist bewandt.
Wenn dich vertreiben wollten die Fürsten stark und reich,
So nimm aus dieser Büchse fünfhundert Mann sogleich.
Mein Vater der hieß Tarnung und war ein reicher Zwerg,
Zwölfhundert Zwerge dienten dem Herrn und dieser Berg.
Von Gott hatt' er drei Wünsche, der tugendhafte Mann,
Die konnte er in Wahrheit nicht besser legen an,
Als einen an die Linde, den andern an das Land,
Den dritten an das Hörnlein und Büchse allzuhand.
Das Land, die Burg, die Schätze, was mir vom Vater ist,
Sei dir nun unterthänig, weil du mein Retter bist.«

Der Zwerg nahm nun den Fürsten mit seiner treuen Hand,
Er weist ihn vors Gebirge, das war ihm wohlbekannt.
Auf eine breite Straße kam da der edle Mann,
Er kehrte gegen Garden mit der Frau wohlgethan.
Sie kamen also schöne dort auf den Hof geritten,
Sie stiegen von den Rossen nach ritterlichen Sitten,
Sie gingen mit der Kaiserin auf einen weiten Saal,
Da hub sich allenthalben viel Rufen, Sang und Schall.
Die Frau nahm Wolfdietrichen bei ihrer weißen Hand,
Sie that dem reichen Fürsten manch guten Gruß bekannt.
Sie küßte ihn gar gütlich an seinen roten Mund;
Erst ward dem edlen Ritter nun ganze Freude kund.
Es ging nun an den Abend, die Speise war bereit;
Man hieß die Tische richten mit aller Herrlichkeit.
Den Kämmrern und Truchsessen gebot man da fürwahr,
Zu dienen wohl nach Preise dem edlen Fürsten klar.

Dieselbe Nacht mit Freuden darauf ein Ende nahm.
Des Morgens, da es tagte, die Fraue wonnesam
Sandte nach Langobarden und dazu nach Tuskan,
Sie wollte eine Hochzeit dahier zu Garden han.
Helmnot, dem Helden, wurde befohlen diese Fahrt;
Er hatte einst Herrn Ortnid, dem edlen Kaiser zart,
Viel häufig wohlgedienet mit ganzer Ritterschaft.
Ihn sandte nun Frau Liebgard nach großer Heereskraft.
Herr Helmnot that viel gerne, was ihn die Fraue bat,
Er ritt hinweg von Garden manigen engen Pfad.
Da ritt er in den Landen, bis daß der werte Mann
Drei hohe reiche Könige zur Hochgezeit gewann,
Der eine Herr von Spanien, der König Jochfried war.
Der brachte zu der Hochzeit vieler Wigande Schar,
Und manche schöne Fraue brachte er mit sich dar.
Der andre war von Frankreich der König Wandelbar.
Der dritte war von Griechenland der König Friedebold,
Der brachte viel der Helden mit Silber und mit Gold.
Herzoge, Grafen, Fürsten und Freie wie Dienstmannen
Die kamen gen Lambarden, wo sie viel Ehre gewannen.
Helmnot brachte vor Garden wohl dreißigtausend Mann,
Die all die Kaiserinne zur Hochzeit wollte han.

Das war in einem Maien, wie uns die Märe singt,
Wo jegliche Frucht ihre Blüte gegen den Sommer bringt,
Und wo die Blumen dringen durchs Gras so wonnesam,
Allwo die edle Hochzeit hier ihren Anfang nahm.
Das Reich mit Kreuz und Krone empfing Wolfdieterich,
Und auch die Kaiserinne. Ihr Leib so minniglich
Ward ihm allda befohlen und dazu manig Land;
Das diente willigliche mit Ehren seiner Hand.
Dänmark, Heunland, Lambarden, die schworen ihm den Eid.
Die Hochzeit währte lange, es war eine fröhliche Zeit.
Bis an den neunten Morgen fand man da Freuden viel
An Harfen, Geigen, Rotten und mancher Weise Spiel.

Was hülf's, daß ich nun sagte von dieser Hochzeit mehr?
Bald nach dem neunten Morgen zerging die Freude hehr.
Manch Ritter und manch Fraue von dannen Urlaub nahm
Und auch mit ihren Fahnen die Könige lobesam.
So schieden sich von Garden die Fürsten auserwählt.
Die edle Kaiserinne und Wolfdietrich der Held
Besaßen nun mit Minnen das wonnigliche Land.
Ortnid, der reiche Kaiser, aus ihrem Herzen schwand.


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