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Wolfdietrich in Jerusalem

Wolfdietrich besteht 500 Heiden. Vor Konstantinopel hilft ihm ein Zwerg. Er hört aus der Ferne seine Dienstmannen klagen. Er will zu Schiffe Italien erreichen, wird aber nach Palästina verschlagen, wo er mit den Heiden streitet.

 

on dannen ritt geschwinde der Held Wolfdietrich hehr
Zwischen dem Ungerreiche und anderseits dem Meer
Durch Holz und Heide weiter in seinem großen Harm.
Am vierten Morgen kam er denn an Sankt Georgs Arm. Dardanellen.
Da blickte um sich der Degen und sah da manchen Mann:
Fünfhundert Heiden jagten ihm nach aus einem Tann.
»O weh,« sprach da Wolfdietrich, »wollen mich die bestehn,
So bin ich Streites müde, ans Leben wird mirs gehn.«
Bis Wolfdietrich der Degen das Wort zu Ende sprach,
Ein gar verwegner Heide ihn mit dem Speere stach,
So daß der werte Fürste im Angesicht der Scharen
Beinahe aus dem Sattel zur Erde wäre gefahren.
Das Roß nahm er beim Zaume und warf es gegen den Mann,
Er schlug ihms Haupt herunter, der Degen lobesan.
Da nun die Heiden sahen, ihr Hauptmann läge tot,
Bedrangen sie Wolfdietrich; das schuf ihm große Not.
Fünfhundert Heiden mußte er auf dem Plan bestehn,
Allein mit seinen Feinden mußte der Held umgehn.
Sie wehrten ihm die Reise mit Schwertern auf den Tod.
Der Streit war hart und hitzig, das ganze Feld ward rot
Von vieler Heiden Blute und durch des Helden Hand;
Zweihundert Heiden fällte er nieder auf das Land.
Das trieb er all des Tages, bis er kaum konnte stehn,
Und schon die klare Sonne zu siedeln wollte gehn.
Da mocht sich nimmer fristen der Held in solchem Harm,
Er hub sich schnell zu flüchten hin in Sankt Jörgen Arm.
Er sprengte in das Wasser, bald konnt' er nimmer stehn,
Das Roß begann zu sinken und fast zu Grund zu gehn.
»Ach reicher Gott vom Himmel, muß sterben ich am Ort,
So berate bei den Griechen meine eilf Mannen dort!«

Da rief ein wildes Zwerglein jenseits an dem Gestade:
»Wolfdietrich, werter Fürste, geh hier die seichten Pfade!
Ergreifen dich die Wogen, so mußt du liegen tot.«
So half ihm da der Kleine aus Jammer und aus Not;
Mit einem kleinen Schifflein war er gar schnell bereit,
Damit kam er zu Hilfe dem Fürsten noch zur Zeit.
Er half wohl in das Schifflein dem auserwählten Mann,
Das Roß zog er beim Zaume durch all die Wogen dann.
Er führte ihn mit Treuen über das Wasser breit,
So brachte er zu Lande den Fürsten nach dem Leid.
Da saß Wolfdietrich wieder bei einer Steineswand;
Daß er zu Griechenland wäre, das war ihm unbekannt.
Er trocknete sein Geschmeide, die Brünne war ihm naß.
Wohl auf sein Roß der werte mit neuem Mute saß.
Er sprach zum kleinen Zwerge: »Nun sage mir geschwind,
Was Herren auf der Feste hiebei behauset sind?«
Da sprach das wilde Zwerglein: »Das kann ich dir wohl sagen,
Daß deine beiden Brüder allhier die Krone tragen.
Dort liegt Konstantinopel, das dir dein Vater hat
Zu Erb und Eigen gegeben, das Land mitsamt der Stadt.
Dort kannst du auch gefangen deine Dienstmannen sehn,
Je zwei zusammen geschmiedet, so müssen Nachts sie gehn
Ringsum auf jener Mauer; Schildwächter müssen sie sein.
Ergriffen sie dich selber, du müßtest verloren sein.«
Da sprach der Held Wolfdietrich, der edle Fürste so:
»Ach reicher Gott vom Himmel, soll ich je werden froh,
So müßte ich erlösen meine Dienstmannen, traun!
Wie gern erlebt ich dieses, sie wieder frei zu schaun!«

So ritt er mit dem Zwerge bis an des Schlosses Graben,
Da hört' er Meister Berchtung gar jämmerlich also klagen:
»O weh, mein Herr Wolfdietrich, so bist du leider tot,
Sonst würdest du uns helfen aus unsrer großen Not.
Maria, Gottes Mutter, wüßten wir doch die Mär,
Ob unser guter Herre noch bei dem Leben wär,
So hätt' ein Ende wahrlich mein großes Ungemach.
Es ist jetzt im eilften Jahre, daß ich nicht mit ihm sprach.«
Da Wolfdietrich der treue, des Meisters Klage vernahm,
Da saß er von dem Rosse, der Degen lobesam;
Ihm war der Sinn geschwunden, er legte sich auf die Erde.
Da sprach das gute Zwerglein: »Du bist hier in Gefährde.
Deine Brüder haben zu Hute zweihundert Ritter gar
Gesetzet vor die Feste; werden sie dein gewahr,
Sie lassen mit dem Leben dich kommen kaum von dannen,
Und henken an die Zinne all deine eilf Dienstmannen.«
Da Wolfdietrich die Rede des Zwergelein vernahm,
Da kehrt er zu dem Rosse, der Degen lobesam,
Saß auf und dankte dem Zwerge; es nahte gen dem Tag,
Da hörten seine Diener oben der Hufe Schlag.
Da hob der Held die Hände und rief: »Ich bin noch nicht tot!
Hilf mir und meinen Dienern, o Gott, aus dieser Not!«
Da sprach der junge Hache: »Hörst du das, Herebrand?
Es ist der üble Teufel wohl vor die Burg gerannt.
Ich hörte eine Stimme, die klang gar sicherlich,
Als ob es wäre die Stimme des Herrn Wolfdieterich.
Er klagte laut und schmerzlich, er wäre noch nicht tot,
Und daß Gott seinen Dienern und ihm hülf' aus der Not.
Ist's unser Herr gewesen, so nimmt ein Ende das Leid,
Darin wir sind gewesen so lange schwere Zeit.
Doch ist er schon gestorben, so habe allerwege
Herr Gott des Herren Seele in seiner treuen Pflege!«
Da lachten sich einander die Helden an, und so
Wurden in ihren Banden sie doch ein wenig froh.

Wolfdietrich mußte reiten des Nachts; des Tages Schein
Durft' er da nicht erwarten, wollt er ganz sicher sein.
Von seinen feigen Brüdern befürchtete er den Tod.
Das Land war doch sein Eigen; es war eine große Not.
Zum zweitenmal verließ er die Heimat allzuhand,
Der edle Ritter wollte dahin ins römische Land.
So schiffte denn Wolfdietrich über die wilde See;
Nach seinen eilf Dienstmannen war ihm gar angst und weh.
Oft wand er seine Hände, befahl dem treuen Gott
Die eilf getreuen Mannen in ihrer großen Not.
Da fingen starke Winde an gegen das Schiff zu wehn,
Da mußte man geschwinde ans Land her wieder gehn.

Wolfdieterich der kühne aus seinem Schiffe trat,
Er ritt hin in der Grüne gar einen engen Pfad,
Indes er seinen Marner Seemann, Mariner. im Schiffe ließ zurück.
Er ritt dort in der Wildnis dahin ein weites Stück,
Bis daß er sich verirrte und nicht die See mehr sah.
Ein ungetaufter Valand ging zu dem Kiele da;
Der Marner war entschlafen, das sag' ich euch fürwahr;
Der ungeheure Riese ergriff ihn bei dem Haar,
Er schwang mit beiden Händen über den Rücken ihn
Und trug ihn ohne Säumen zu dem Gebirge hin.
Nun höret von dem Riesen, wie wild er war gethan,
Des Teufels Eidgenosse, ich sag's euch wahrlich an.
Sein Antlitz war der Länge wohl eine Elle breit,
Gelb waren ihm die Augen und wie ein Kessel weit.
Die Nase war geschaffen krumm wie ein Widdershorn.
Von diesem Waldesaffen ward mannig Held verlorn.
Das Haar auf seinem Haupte war weiß gleich einem Schwan,
Schwarz war ihm sonst sein Antlitz, dem ungetauften Mann,
Sein Maul von großer Weite mit manchem Eberzahn,
Wie Eselsohren waren ihm seine Ohren gethan.
Er trug von Bärenhäuten ängstliche Kleider an:
So greulich war beschaffen der ungetaufte Mann.
Indessen sann Wolfdietrich auf seine Wiederkehr.
Eine Hütte sah er rauchen; er ging auf diese her.
Darein war grade gegangen der riesige Valand;
Den Marner wollt er braten beim Feuer allzuhand.
Als er den edlen Helden nun kommen sah heran,
Mit einem großen Kolben lief er ihn schleunig an.
Er wollte Wolfdietrichen mit unversühntem Haß
Zur Erde niederschlagen. Der Grieche war nicht laß,
An Gott vom Himmelreiche gedachte da der Held.
So lief er an den Riesen vorm Hause auf dem Feld.

Der Riese ließ da fallen, wie wir nun hören sagen,
Den ungefügen Kolben, den er bisher getragen.
Er wollte mit den Armen ihn gern bezwungen han,
Ab schlug ihm beide Hände der Degen lobesan.
Der ungetaufte Valand fiel nieder auf den Klee,
Ihm thaten beide Stümpfe gar aus der Maßen weh.
Er stieß sie alle beide in seinen weiten Mund;
Des lachte auf der Heide Wolfdietrich all zur Stund.
Das Lachen schuf viel Aerger dem Riesen grämelich.
Er sprang auf von der Erde; dem Ritter lobelich
Stieß er mit einem Stumpfe einen ängstlichen Stoß,
Daß ihm das Blut aus Munde und aus der Nase schoß.
Erst ward von Schulden zornig der Grieche tugendlich;
Er faßte sich zusammen, der edle Wolfdietrich,
Und gab ihm zu den Brüsten, dem ungetauften Mann,
So schweren Schlag, daß jener tot hinfiel auf den Plan.

Wolfdietrich ging alsbalde zum Kiele unverwandt,
Wo er des Marners Knaben alleinzig drinnen fand.
In viel sehnender Schwere war da gar sicherlich
Das jugendliche Herze des edlen Wolfdietrich
So hart und stark befangen. Er wollte von hinnen sein
Ueber die See gefahren, das schuf ihm große Pein.
Er sprach: »Mein Trautgeselle, hast du gesehen schier,
Wie man die Kiele richte? Bescheide des mich hier!«
Der Knabe sprach: »Ja, Herre; willst du nur folgen mir,
So magst du wohl genesen; thu, was ich sage dir,
Und laß, mein lieber Herre, das Seil nicht aus der Hand,
Wenn ich dich's ziehen heiße; sei dessen wohl gemahnt!
Willst du dich widersperren, Wolfdietrich, Herre mein,
So müssen wir zusammen des Todes beide sein.«
Nun fuhren sie vom Lande, wie uns die Märe sagt,
In ihrer großen Arbeit blieben sie unverzagt.
Als auf das Meer sie kamen, wie ich euch sagen will,
Sahn sie ein Schiff herkommen mit wilden Heiden viel.
Sie waren Seeräuber, wie wir da hören sagen.
Sie begannen alle gegen Wolfdietrich herzujagen.
Es hub sich in den Zeiten Kummer und Arbeit schwer
Und ängstigliches Streiten dort auf dem wilden Meer.
Mit starken Hornbogen schossen die Heiden so,
Daß Wolfdietrichs Geselle darob ward wenig froh.
Mit wildem Feuer schossen die Heiden gegen den Mann;
Der Kleine hinter dem Großen mit Mühe nur entrann.
Erst ward dem edlen Griechen der Arbeit viel bekannt,
Der Schild fing an zu rauchen und brannte vor der Hand.
Als Wolfdietrich das Feuer empfand, der werte Mann,
Mit Kunst und auch mit Mannheit zu springen er begann
Gegen die Ungetauften wohl neun der Klafter lang;
Zu ihnen auf dem Meere in ihren Kiel er sprang.
Den Kleinen er alleine im andern Schiffe ließ,
Darob der arme Knabe ein laut Geschrei ausstieß:
»Wem willst du mich nun lassen, viel lieber Herre mein?
Muß ich auf diesem Wage allhier verloren sein?«
Die Heiden sah man sinken vor dem viel kühnen Mann.
Das schuf das edle Eisen, das Berchtung lobesan,
Sein Meister ihm gegeben, da er von Griechenland schied.
Die hochgelobte Waffe viel manigen da verschriet.
Der wunderstarke Grieche that so den Heiden weh,
Er warf ihrer wohl vierzig vom Borde in die See.

Da war noch ihrer Einer, der war Gere genannt,
Der nahm aus Not die Taufe und wurde allzuhand
Wolfdieterichs Genosse, er ward seit dieser Frist
Wernher hinfort geheißen und blieb ein guter Christ.
Darnach der Held Wolfdietrich den Knaben zu sich nahm.
So fuhren sie von dannen, die Helden lobesam.
Sie fuhren sehr in Sorge und großem Herzeleid.
Am dritten Morgen waren sie hingetragen weit:
Zu Ackers Accon oder Ptolemaïs. vor die Feste kam hin der Weigand,
Dort bei dem deutschen Hause stieg Wolfdietrich ans Land.
Des Hauses Hauptherre ihm da entgegenkam,
Und er empfing gar schöne den Fürsten lobesam.

In diesen selben Zeiten hatte die Heidenschaft
Mit Streit über die Christen gewonnen Ueberkraft.
Die Herren von der Feste, die hatten da verloren
Eilfhundert von den besten der Brüder auserkoren.
Sie klagten ihm die Schwere und ihren Kummer groß,
Daß sie verloren hätten so manchen Stuhlgenoß.
Die ganze Nacht mit Rede also vollendet ward,
Da weiste man ihn schlafen, den edlen Fürsten zart,
In eine Kemenate, da er sollt' Ruhe haben.
Dem edlen Ritter folgte Wernher mitsamt dem Knaben.
Sie hatten gute Ruhe die Nacht bis an den Tag.
Des Morgens früh der Heiden Sultan vor Ackers lag,
Mit hunderttausend Heiden, die brachte er in das Land.
Da thät man Herrn Wolfdietrich die Märe gleich bekannt.
Nun wappnete sich balde der edle Fürste reich.
Wernher, sein Kampfgeselle, zog auch mit ihm sogleich.
Da nahm der edle Fürste das Banner in die Hand;
Die wilden Sarazenen, die wurden angerannt.
Hei, was da harte Schläge von ihm wurden geschlagen!
Welchen er mocht erlangen, dem maß er's durch den Kragen.
Der Heiden achtzehntausend verdarben ganz und gar
Von Wolfdietrich dem Griechen und von der Brüder Schar.
Die andern wurden ertränket dort in dem wilden Meer,
So wurde gar zertrennet der Heiden mächtig Heer.
Von dannen schied aus Ackers darnach der werte Degen.
Ihm wurde nachgesprochen viel manig guter Segen.
Wohl sieben Tagereisen ritt der Held lobesam,
Bis er zur Stadt Jerusalem ohne Gefährde kam.
Doch dort war zu den Zeiten ringsum das ganze Feld
Belegt zu beiden Seiten mit manigem Gezelt.
Wolfdieterich erstaunte, das Wunder anzusehn,
Er sah ein rotes Banner ob jenem Heere wehn.

Da sprengte auf den Helden der Heide Delfian
Und rief: »Bist du ein Heide oder ein Christenmann?«
Da antwortet Wolfdietrich: »Was fragst du thöricht schier?
Du siehst doch Christenkleider an meinem Leibe hier!«
Da hub sich auf der Heide ein starkes Fechten an,
Davon der Held Wolfdietrich erst rechte Not gewann.
Den kleinen Marner ließ er bei einem Baum zur Zeit.
Ein wilder Heide eilte da grimmig aus dem Streit,
Das Schwert stach er dem Jungen bis in das Herze da,
Daß es der Held Wolfdietrich mit eignen Augen sah.
Dierolt war er geheißen, der so das Kind erschlug.
Der Grieche kam gelaufen, er war zornig genug.
Ihm überliefen die Augen, dem Helden aus Griechenland;
Das Schwert schlug er dem Heiden durch Helm und Haupt zuhand.
Auch Wernher der Getaufte beging da Mordes viel,
Er spaltete viele Helme, verfehlte nie sein Ziel.
Bis auf den dunklen Abend währte des Streites Not,
Da lag dort auf der Heide manch wilder Heide tot.

Mit unverzagtem Mute kehrte Wolfdietrich dann
Ein wenig von der Straße vor einen grünen Tann.
Der Mond, der schien gar lauter, zergangen war der Tag.
Sein lichter Halsberg leuchtete von weitem durch den Hag.
Bis auf den andern Morgen blieb dort der Degen klar,
Daß seiner in dem Walde doch niemand ward gewahr.

Gar schleunig kamen Mären dem König Merzian,
Wie ihm gar großen Schaden ein Christ hatte gethan.
Die Heiden klagten alle, daß dort den Tod davon
Trug Delfian der junge, des Königs Schwestersohn.
Zweitausend Heiden rüsteten sich schleunig aus mit Fleiß,
Sie führten manig Banner zum Streit, braun, rot und weiß.
Sie wurden allzubalde Wolfdieterichs gewahr.
Herr Treferis der Heide zu aller vorderst war;
Er führt in seinen Händen ein Schwert, hieß Beierland.
Vor Zorne sah man rauchen den Halsberg, da er rannt.
Mit seinem Schwerte Beierland gab er nun solchen Schlag,
Daß Herr Wolfdietrich strauchelnd beinah am Boden lag.
Wernher sah dieses Straucheln, da eilt er her mit Fleiß,
Das Haupt von seinem Leibe schwang er dem Trefereis.
Von manchem Sarazenen ward nun gefochten viel,
Dort auf des Waldes Ecke hub sich ein hartes Spiel.
Der Tag verging mit Streite, die Nacht den Sieg gewann;
Da wich Wolfdietrich wieder mit Wernher in den Tann.
Beim Schein des nächsten Morgens säumte Wolfdietrich nit,
Herwieder nach dem Felde der werte Ritter ritt.
Da hub sich wieder Jammer wie an den frühern Tagen,
Bis daß Wernher der gute zu Tode ward geschlagen.
Viel tausend Heiden kamen aufs neue auf die Bahn,
Von gelb und blauer Farbe sah man da manche Fahn.
Schudan, des Königs Bruder, trieb auf dem weiten Feld
Den edelen Wolfdietrich gegen des Königs Zelt,
Bis daß er in die Schnüre mit seinem Rosse kam,
So daß das Roß des Helden zu fallen schier begann
In jene starken Seile; das schuf dem Helden Not.
Der kühne Recke wäre beinah gelegen tot.
Ueber Wolfdietrich fiel da die ganze Heidenschaft;
Den jungen zieren Ritter fingen sie mit Kraft.
Der Fürste ward gebunden, zu groß war ihre Macht,
Und Merzian dem König gefangen hingebracht.
Der sprach: »Wer gab die Kraft dir zu solcher Heldenthat,
Die deine Hand, die arge, an uns begangen hat?
Doch will ich das erdulden, in Treuen, länger kaum!
Ich will dich henken lassen an einen hohen Baum.«

Dies zog sich auf den Abend; der Heide Merzian
Wollte mit seinen Helden zu Tisch und manchem Mann.
Wolfdietrich blieb alleine; ein edler Heide dort
Trat hin zu dem Gefangnen und sprach gütlich das Wort:
»Nun hör', ich bin ein Heide, doch sag' mir, guter Mann,
Wenn ich dich aus dem Zelte fortließe auf den Plan
Mit deinem Roß und Waffen; könntest du dich ernähren?« –
»Ja,« sprach Wolfdietrich freudig, »ich will mich wohl erwehren.«
Da ward er freigelassen. Der heldenkühne Mann
Ritt aber vor den König zuerst, Herrn Merzian,
Der mit der Masseneie noch an dem Tische saß.
Da ward die lichte Heide von Heidenblute naß.

Zur selben Zeit da schaute ein gut getaufter Mann
Von Jerusalems Zinnen hernieder auf den Plan.
Der sah Wolfdietrich streiten; da rief er ihrer mehr.
Es wappneten sich stille fünfhundert Brüder hehr.
Sie drangen aus der Pforte in lichten Ringen so,
Des ward der edle Grieche aus ganzem Herzen froh.
Sie stachen aufeinander mit also großer Kraft,
Daß viele Sättel brachen und dazu mancher Schaft.
Die Schwerter sie da zückten in edler Ritterschaft,
Die Helme sie verrückten mit übergroßer Kraft.
Die Schilde sie zerkloben und das Eisengewand,
Daß viel der Ringe stoben rings um das Nasenband.
Viel manche Heiden fällten alldort die Brüder gut
Auf dem breiten Gefilde wohl in ihr eigen Blut.
Was sie mochten erlangen, die brachten sie in Not,
Es war um sie ergangen, sie mußten liegen tot.
Sie machten eine Räumung, die Brüder lobesan;
Herr Merzian der König mit vieler Müh entrann
Nebst fünfzehn Sarazenen gen Martifel ins Land.
Wolfdietrich mit den Siegern ritt in die Stadt zuhand.
Er that ein reines Opfer am heiligen Grabe dort,
Seine eilf treuen Mannen gab er in Gottes Hort.
Urlaub nahm dann Wolfdietrich der Fürste allzuhand
Von manchem edlen Helden; so schied er aus dem Land.


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