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Sechstes Kapitel.

Der Leuchtturm von Eddystone und seine Geschichte. – Der Lotse kommt an Bord. – Lotsengebühren. – Hafengebühren. – Der Hafen von Plymouth. – Salutieren der englischen Flagge und des Admirals. – Der Piquet-Offizier. – Landurlaub. – Dienstunbrauchbar. – Die Stadt Plymouth. – Spaziergang der Schiffsjungen. – Verlesung der Kriegsartikel. – Das Essen an Bord. – Die Köche. – Die Verpflegungs-Kommission. – Die zwölf Verpflegungsbezirke. – Verpflegungsämter. – In der Proviant-Last. – Das Brot an Bord. – Die Fleisch-Last. – Frisches Fleisch. – Lebende Tiere. – Die Tagesrationen. – Feine Menus. – »Kabelgarn«. – Labskausch. – In der Kombüse. – Die Essenprobe. – Der Kommandant examiniert den Koch. – Essenausgabe. – Die Speisereste.


Am nächsten Morgen taucht der Leuchtturm von Eddystone im Kanal auf und Kadetten und Schiffsjungen werden versammelt, um Belehrung über dieses denkwürdige Bauwerk zu erhalten. Der Leuchtturm von Eddystone ist nicht nur wichtig für die Schiffahrt, weil nachts sein Licht weit hinaus in die See reicht, um die Schiffe vor den gefährlichen Riffen zu warnen, welche das Fahrwasser in der Nähe des Leuchtturms versperren, sondern ist auch ein leuchtendes Beispiel dafür, wie menschliche Zähigkeit, Energie und Erfindungsgabe über die rohesten Naturkräfte siegen.

Der Name Eddystone bedeutet wörtlich übersetzt: Wirbelstein oder Wirbelfelsen, denn wegen der Riffe, die dort in dem engen Fahrwasser liegen, bildet die See gefährliche Wirbel. Das Schiff, das in diese hineinkam, war gewöhnlich verloren, und im Laufe der Jahrhunderte sind tausende von Schiffen und viele tausende von Menschenleben jenem Wirbelfelsen zum Opfer gefallen.

Im Jahre 1696 erbaute auf Spekulation ein Brauer aus Plymouth auf einem der Felsenriffe einen hölzernen Leuchtturm. Innerhalb zweier Jahre war das Bauwerk vollendet und im Jahre 1698 brannte, achtzehn Meter hoch über dem Felsen, zum ersten Male das Leuchtfeuer.

Die Erbauer von Leuchttürmen hatten in England früher das Recht, von den Schiffen, die in den Bereich des Leuchtturms kamen, Abgaben zu erheben, und die Aussicht auf diesen Gewinn hatte den Brauer zum Bau des Leuchtturms veranlaßt. Es stellte sich aber bald heraus, daß der Leuchtturm zu niedrig war. Wenn die vom Sturme getriebenen Wellen mit furchtbarer Wucht an die Riffe anprallten, dann überfluteten sie sehr oft die Laterne des Leuchtturms.

Der kühne Erbauer erhöhte deshalb den Turm auf sechsunddreißig Meter. Um den Fuß des Turmes gegen die Fluten zu schützen, wurde er mit einem Mauerring, der fast anderthalb Meter stark war, umgeben. Fünf Jahre hatte dieser neue Turm gestanden. An einem stürmischen Novemberabend des Jahres 1703 befand sich der Erbauer mit einer Anzahl von Leuten im Leuchtturm, um einige Reparaturen vorzunehmen. In der Nacht wuchs der Sturm zum Orkan und als der Morgen heraufkam, war der Leuchtturm verschwunden, und die Menschen, die sich in ihm aufgehalten hatten, waren ertrunken.

Drei Jahre lang blieb der Wirbelfelsen ohne Leuchtturm, dann entschloß sich ein spekulativer Seidenweber aus Plymouth, wiederum einen hölzernen Leuchtturm zu errichten. Am 28. Juli 1708 brannte das Feuer zum ersten Male auf dem neuen Turme, der bis zum Jahre 1755 der Schiffahrt große Dienste leistete, bis er in jenem Jahre Feuer fing und von demselben in wenigen Stunden verzehrt wurde.

Der englische Ingenieur Smeaton beschloß darauf, einen steinernen Turm auf der bisherigen Stelle zu erbauen. 1757 begannen die Arbeiten und nach zwei Jahren waren sie vollendet. Zwanzig Meter hoch war das gewaltige Bauwerk, welches in sorgfältigster Weise gefügt war. Die einzelnen Steine hatte man mit eisernen Dübeln verbunden. Der Leuchtturm war der Stolz der Engländer, aber nachdem er mehr als hundert Jahre der furchtbaren Wucht der gegen ihn anprallenden Wogen widerstanden hatte, begann der Bau Spuren des Verfalls zu zeigen. So beschloß man denn im Jahre 1878, den vierten Leuchtturm zu erbauen, und zwar nicht auf der Stelle, auf welchem früher der Turm gestanden hatte, sondern vierzig Meter vom alten Turme entfernt, auf einem Riff, das mehr Sicherheit für das Fundament bot, das aber bei schweren Stürmen fünf Meter tief unter Wasser stand.

Mit einem Aufwand von fünfviertel Millionen wurde in fünf Jahren das neue Bauwerk vollendet, und am 18. Juni 1880 brannte zum ersten Male das Licht, feierlich entzündet durch den Herzog von Edinburg, auf dem Turme. Durch besondere Verbindung der Steine dieses Turmes glaubt man ihn so fest gemacht zu haben, daß er jahrhundertelang den Wellen widerstehen kann. Eine Zeitlang standen die beiden Leuchttürme nebeneinander, dann wurde der obere Teil des alten Bauwerks abgebrochen und auf dem hohen Strandufer von Plymouth als ein Ehrendenkmal für den berühmten Erbauer Smeaton aufgestellt. Man erblickt jetzt neben dem neuen Turme, der bisher allem Wogenprall widerstanden hat, noch den unteren Teil des alten Bauwerks.

Kurze Zeit darauf, nachdem die »Moltke« den Leuchtturm von Edystone passiert hatte, setzte sie im Vortopp das Lotsensignal. Ein großes Segelboot, das in der Nähe kreuzte, näherte sich sofort der »Moltke«, um den Lotsen an Bord zu bringen. Da die See sehr unruhig war, konnte der Lotsenkutter nicht bis dicht an das Schiff heran. Es wurde vom Deck der »Moltke« ein Tau auf den Kutter geworfen, und einer der Lotsen, die sich auf dem Kutter befanden, band sich das Tau um den Leib. Dann befestigte er auf dem Rücken seinen wasserdichten Kleidersack, sprang in die See und wurde mit dem Tau bis an die Schiffswand herangezogen. Dann stemmte er sich energisch mit den Füßen gegen die Schiffswand, um nicht von den Wogen gegen dieselbe geworfen und schwer verletzt zu werden. Endlich gelang es ihm, eine der Sprossen der sogenannten Jakobsleiter oder des Seefallreeps zu packen, die an der Außenwand der Schiffe bis zum Deck emporführen.

Es sind dies ungefähr vierzig Zentimeter lange Rundeisen, die trittartig übereinander in die Bordwand eingelassen sind. Man muß ein sehr gewandter Kletterer sein, um trotz der Schwankungen des Schiffes glücklich hinaufzukommen. Der Lotse übernahm das Kommando und die Führung des Schiffes in den Hafen von Plymouth hinein.

Es besteht fast in allen Häfen und Küstengewässern der Lotsenzwang, das heißt, die Schiffe, welche in die betreffenden Häfen einlaufen wollen, müssen einen Lotsen an Bord nehmen, um sicher an den Bestimmungsort gebracht zu werden. Die Lotsen rekrutieren sich aus alten Seeleuten, meist früheren Schiffskapitänen, und sind natürlich nicht nur mit der Schiffsführung, sondern auch mit den Verhältnissen von Flut und Wassertiefe genau vertraut. Sie wissen, wo sich Untiefen, Riffe und andere gefährliche Stellen unter Wasser befinden. Natürlich müssen die Schiffe dafür bezahlen, daß sie einen Lotsen benützen, und zwar an den Staat oder die Hafenverwaltung, von welchen die Lotsen bezahlt und die Lotsenschiffe unterhalten werden. Die Bezahlung ist nicht billig, sie beträgt bei einem großen Schiffe mehrere hundert Mark. Ebenso hat das Schiff, wenn es in den Hafen kommt, Abgaben zu bezahlen, die sich nach dem Tonnengehalt des Schiffes richten. Diese Abgaben sind durchaus gerechtfertigt, denn der Staat oder die Stadtverwaltung, welche den Hafen unterhalten, müssen jährlich Millionen dafür aufwenden, um den Schiffen einen gesicherten Ankerplatz zu bieten. Die Hafenverwaltungen müssen auch Leuchttürme und Seezeichen aller Art, welche die Ansteuerung des Hafens erleichtern, erbauen und erhalten, sie müssen Krane und Lagerschuppen aufstellen, damit die Kauffahrteifahrer ein- und ausladen können. Es müssen Quais angelegt werden, Schwimmdocks, Trockendocks. Es muß den Schiffen Gelegenheit geboten werden, frisches Wasser, Proviant, Kohlen zu übernehmen, Kompasse und Uhren zu regeln, kurzum, es sind eine Menge sehr kostspieliger Einrichtungen in der Hafenstadt für die ein- und ausgehenden Schiffe notwendig, und es ist daher nur recht und billig, daß die Schiffe, welche diese Vorteile genießen, auch dafür bezahlen.

Die weite Bai von Plymouth (sprich Plimöfs) öffnete sich vor der anfahrenden »Moltke«. Mitten in der Bai, rechts und links breite Fahrwasser lassend, sah man den gewaltigen, aus riesenhaften Steinen hergestellten Damm, einen Wellenbrecher, welcher verhindert, daß die Wellen von der See her in den Vorhafen mit aller Gewalt hineinschlagen. Achtundzwanzig Jahre, von 1812 bis 1840, wurde mit einem Kostenaufwand von dreißig Millionen Mark dieser Wellenbrecher gebaut. An ihm vorbei gelangte man in den sogenannten Vorhafen. Rechts und links sah man gewaltige Festungswerke, ebenso einige Forts, die auf einer der Inseln lagen. Ist doch Plymouth einer der größten Kriegshäfen des gewaltigen englischen Inselreiches, das die größte Flotte der Welt unterhält.

Die Forts, welche auf der Landseite Plymouth decken, sind mit 900 Kanonen besetzt und bedürfen zu ihrer Verteidigung 15 000 Mann. Über hundert Schiffe können nebeneinander in dem Hafen ankern, und gewaltige Docks, Vorratsmagazine, Fabriken und Werften stehen hier der englischen Marine zur Verfügung. Mehrere Flüsse münden in die Bai von Plymouth. Wenn man in dieselbe hineinfährt, sieht man links die Hafenanlage von Hamoaze, welche die Mündung des Flusses Tamer bildet, rechts die Mündung des Plym, Catwater genannt. Die einheimischen und fremden Kriegsschiffe, welche den Hafen aufsuchen, liegen in Hamoaze.

Von dem Lotsen geführt ging die »Moltke« in den Kriegshafen und warf hier Anker. Dann feuerte sie achtundzwanzig Schuß zu Ehren der englischen Nationalflagge ab, welche sie dabei im Großtopp gesetzt hatte.

Von der Zitadelle aus wurden die achtundzwanzig Schuß zu Ehren der deutschen Nationalflagge erwidert. Kurze Zeit darauf feuerte die »Moltke« elf Schuß zu Ehren der Admiralsflagge des Kommandanten von Plymouth. Dieses Salutieren gehört zu der Schiffsetikette, deren wiederholt Erwähnung getan wurde. Es wird zwar unnützerweise viel Pulver bei diesem Salutschießen verknallt, aber das gehört nun einmal zur internationalen Höflichkeit, und wie wir sehen werden, steckt ein tieferer Sinn in dieser knallenden Ehrenbezeugung.

Sobald die »Moltke« den Salut für die Landesflagge gefeuert hatte, löste sich vom Hafenwachtschiff ein Kutter los, der einen englischen Offizier an Bord der »Moltke« brachte. Es war dies ein sogenannter Piquet-Offizier, der im Namen des Hafenkommandanten seinen Besuch machte, sich nach dem Namen des Schiffes, der Herkunft, dem Namen des Kapitäns, der Besatzung erkundigte und dann fragte, ob das Schiff oder die Besatzung irgendwelcher Hilfe bedürfe.

Seine Frage wurde verneint. Man teilte dem Piquet-Offizier mit, daß die »Moltke« erst wenige Tage von Kiel her unterwegs sei und daß sie nur wünsche, das verletzte Vorgeschirr im Hafen zu reparieren. Der Piquet-Offizier entfernte sich. Unmittelbar darauf begab sich ein älterer Offizier der »Moltke« nach dem Wachtschiffe, um den Gegenbesuch zu machen und um gleichzeitig die Erlaubnis zu erbitten, im Hafen ankern und den erlittenen Verlust des Vorgeschirrs ersetzen zu können. Der Kommandant der »Moltke« aber begab sich in seiner Gig an Land, um dem Admiral, der zugleich der Kommandant von Plymouth war, seine Visite zu machen.

Alle diese Besuche sind genau vorgeschrieben und gehören zur Schiffsetikette. Die Offiziere, Kadetten und Mannschaften, soweit sie dienstfrei waren, erhielten Erlaubnis, an Land zu gehen. Schiffsjungen werden niemals einzeln beurlaubt, sondern werden in Abteilungen, geleitet von Vorgesetzten, an Land gebracht. Die Schiffsjungen sind eben Kinder, welche man nicht sich selbst überlassen kann, dann aber neigen sie, besonders bei der ersten großen Fahrt und wenn man einen fremden Hafen angelaufen hat, sehr leicht zum Desertieren und laufen gern davon. Unter diesen jungen Leuten befinden sich solche, die schon manchen dummen Streich gemacht haben, und manchem dieser Herren schmeckt das Schiffsleben nicht besonders gut, er hat sich eben die Sache ganz anders gedacht: sehr romantisch, lustig und angenehm, so eine Art beständigen Feiertages oder Landpartie.

Wer nicht Schiffsjunge bleiben will, wird nicht mit Gewalt zurückgehalten, aber er kann erst nach der ersten Reise entlassen werden. Zeigen sich die Schiffsjungen unterwegs widerspenstig oder unfähig zum Dienst, so können sie, ebenso wie die Kadetten, nach der Rückkehr von der ersten großen Auslandsreise als unfähig für den Seedienst erklärt werden. Will der Schiffsjunge auf eigenen Wunsch entlassen werden, so haben seine Angehörigen mit fünfundvierzig Mark für jeden Monat, den er bei der Marine verbracht hat, die erwachsenen Unkosten zu ersetzen. Entläßt aber die Marine den Schiffsjungen wegen Unfähigkeit, so ist für die bisherige Zeit seines Aufenthalts nichts zu bezahlen.

Plymouth ist eine freundliche und angenehme Stadt mit einem außerordentlich lebhaften Verkehr in den Häfen und in den Straßen. Der Ort macht auf die jungen Seeleute auch deshalb einen besonderen Eindruck, weil er die erste ausländische Stadt ist, wo sie anlegen, und weil sie hier nach den ersten Tagen der Seefahrt wieder festen Boden unter den Füßen haben.

Plymouth besteht eigentlich aus drei Städten, die jetzt allerdings vollständig miteinander verbunden sind, nämlich aus dem eigentlichen Plymouth, aus Devonport und Stonehouse. Die älteste Stadt ist Plymouth, sie hat daher auch enge und steile Straßen, die sich zum Teil an den Felsen empor ziehen. Devonport hat das große Arsenal, in welchem gegen fünftausend Menschen beschäftigt sind, es hat auch die große Kaserne und die Gebäulichkeiten der Marineverwaltung. Stonehouse, der neueste Stadtteil, liegt zwischen den beiden älteren Stadtteilen. Er enthält die großen Anlagen für die Verproviantierung der Kriegsschiffe. Berühmt ist der im Vorhafen liegende Berg Edgecumbe mit einem prachtvollen Park, welcher dem Lord Edgecumbe gehört.

Nach diesem Park wurde von den Schiffsjungen auf Kosten des Kommandos ein Ausflug veranstaltet, bei welchem einige Offiziere und Deckoffiziere die Begleiter und Führer machten. Die Schiffsjungen wurden in Booten an Land gebracht, sie machten einen Spaziergang in den Park, verzehrten dort ihr mitgenommenes Frühstück, wurden dann durch die Stadt geführt, in einer Brauerei mit Speise und Trank erquickt und dann wieder an Bord geschafft. Die Kadetten richteten in den Vorräten der Konditoreien von Plymouth große Verwüstungen an, und die Mannschaften trafen sich an Land mit der Besatzung des deutschen Kriegsschiffes »Prinzeß Wilhelm«. Dieser Kreuzer kehrte aus Ostasien nach der Heimat zurück und Plymouth war der letzte Hafen, den er anlief.

Am 13. Juli morgens ging die »Moltke«, nachdem alle Reparaturen beendet, frische Vorräte von Proviant, Kohlen und Wasser eingenommen waren, wieder in See.

Das sogenannte Galoper-Feuerschiff wurde passiert, und an Bord fand eine eigentümliche Feier statt. Das Schiff verließ nach den gesetzlichen Bestimmungen jetzt die »heimischen Gewässer« und mußte als »alleinsegelndes in Dienst befindliches Kriegsschiff« betrachtet werden. Von dem Augenblick, in dem das Galoper-Feuerschiff passiert war, traten die Kriegsartikel in Kraft. Die gesamte Besatzung mit Ausnahme der Schiffsjungen wurde aufgepfiffen und auf Deck aufgestellt. Die Offiziere traten bei ihren Divisionen an, der Kapitän rief die Besatzung achter aus und der Adjutant verlas die Kriegsartikel.

Manchem jungen Matrosen wurde gruselig, als er von den strengen Strafen hörte, die auf Vergehen im Dienst gesetzt sind. Wird doch scherzhafter Weise behauptet, die geringste Strafe, welche die Kriegsartikel androhen, sei die Todesstrafe.

Der Kommandant wendete sich mit einer Ansprache an die Mannschaft, in der er sie darauf aufmerksam machte, daß von jetzt ab alle Vergehen, besonders auf Wache und gegen die Schiffdisziplin, viel strenger geahndet werden müßten, als in den heimischen Gewässern. Er sprach die Hoffnung aus, die Mannschaft würde unter den Kriegsartikeln mit dem gleichen Eifer ihren Dienst tun, wie bisher, und zu Beschwerden und Strafen keine Veranlassung geben.

Die Schiffsjungen, welche nicht als Soldaten, sondern als militärische Schüler betrachtet wurden, hatten während dieser Feierlichkeit Instruktion und das einzig Interessante an dem Tage war für sie das Kommando »Backen und Banken«, das am Mittag ertönte, denn es winkten ihnen allerlei Genüsse beim Essen, da die Köche in der Lage gewesen waren, im Hafen von Plymouth gut einzukaufen.

Es dürfte an der Zeit sein, hier etwas über das Essen an Bord der deutschen Kriegsschiffe zu sagen. Hat doch das Essen auf den Kriegsschiffen in vielerlei Beziehung eine außerordentliche Bedeutung. Der Beruf, die Arbeit, die der Seemann zu verrichten hat, sind anstrengend und nehmen seine ganzen Körperkräfte in Anspruch. Die Seeluft zehrt bekanntlich und erzeugt auch bei dem Binnenländer schon nach kurzem Aufenthalt an der Küste oder auf See einen wahren Heißhunger. Schon um den Hunger der Mannschaft an Bord zu stillen, muß also reichlich gekocht werden. Das Essen muß aber auch gut und kräftig sein, um die Leute leistungsfähig zu erhalten. Auf einem Schulschiff spielt das Essen aber auch deshalb eine große Rolle, weil ja die Kadetten und Schiffsjungen junge Leute in der Entwicklung sind, die noch wachsen und Kräfte brauchen, da sie sehr stark angestrengt werden. Ferner ist in der Monotonie des Schiffslebens das Essen eine der angenehmsten Abwechselungen, und deshalb wird man es begreiflich finden, daß kein Kommando mit solcher Freude aufgenommen und mit solcher Freude ausgeführt wird, wie »Backen und Banken«.

Der Kommandant hat einen eigenen Koch und führt eigene Küche, ebenso haben die Offiziersmesse, die Kadettenmesse und die Deckoffiziersmesse eigene Köche. Für die Matrosen kochen Mannschaften, die schon an Land längere Zeit gekocht haben und denen man gewöhnlich privatim wenigstens Unterricht im Kochen gegeben hat. Noch fehlt in der deutschen Marine ein besonderes Kochlehrinstitut, wie es die englische Marine zur Ausbildung von Schiffsköchen seit Jahren eingerichtet hat.

Da aber auf den deutschen Kriegsschiffen meist mit Dampfkochapparaten die Speisen zubereitet werden, kommt die Kunstfertigkeit des Koches nicht mehr so sehr in Betracht. Die Hauptsache bei dieser Art des Kochens ist, die Apparate sorgfältig zu überwachen.

Die Mannschaftsköche sind also Matrosen oder Maate. Die Köche in den verschiedenen Messen sind engagierte Privatleute, die aber, solange sie an Bord des Schiffes sind, vollkommen der Schiffsdisziplin unterstehen.

Die Verpflegung der Mannschaften wird vom Kommandanten des Schiffes und von der Verpflegungskommission geregelt. Die letztere besteht aus Offizieren, dem Arzt, dem Zahlmeister und aus einer Anzahl von Matrosen, die von der Mannschaft frei gewählt sind. Diese Verpflegungskommission verfügt über bestimmte Gelder, welche vom Staate im voraus gezahlt werden. Die gesetzliche Vorschrift unterscheidet zwölf Verpflegungsbezirke. Der erste ist die Heimat. Für ein Schiff, das in den heimischen Gewässern sich aufhält, gibt es einen täglichen Verpflegungszuschuß von 75 Pfennigen pro Mann. Der zweite Bezirk umfaßt die Stationen des Mittelländischen Meeres. Er hat eine Abzweigung, den Bezirk 2 a, nämlich Konstantinopel, wo beständig ein deutsches Kriegsschiff (seit vielen Jahren die »Loreley«) stationiert ist. Der dritte Bezirk umfaßt die ganze Westküste von Afrika und die Kapkolonie, der vierte Ostafrika, der fünfte Australien, der sechste die Südsee, der siebente China, und hier gibt es wieder eine Unterabteilung 7 a, Japan, wo für Mann und Tag ein Verpflegungsgeld von 85 Pfennigen gezahlt wird. Im sechsten Bezirk, in der Südsee, beträgt auf deutschen Kriegsschiffen der Zuschuß täglich 1,07 Mark, weil die Beschaffung von Lebensmitteln viel schwieriger und teurer ist, und in Kamerun, wo die Verpflegungsverhältnisse noch ungünstiger sind, beträgt der Zuschuß sogar täglich 1,20 Mark.

Der achte Verpflegungsbezirk ist die Westküste Nordamerikas; dann folgen die Westküste Südamerikas, die Ostküste Südamerikas, Westindien, die Südostküste Nordamerikas und endlich als zwölfter Bezirk die Hauptstädte der Vereinigten Staaten von Washington und Neuyork bis Boston.

Damit die Schiffe möglichst billig einkaufen, hat die deutsche Marine in Kiel und Wilhelmshaven Verpflegungsämter eingerichtet, welche den notwendigen Proviant im Großen einkaufen und zum Selbstkostenpreis an die Schiffe abgeben. Für diejenigen Bestandteile des Proviants, welche die Verpflegungsämter selbst nicht führen, sind besondere Verträge mit gewissen Lieferanten abgeschlossen worden. Von den Verpflegungsämtern und diesen bestimmten Lieferanten hat also die Verpflegungskommission einzukaufen, und sie hat dabei darauf zu achten, daß möglichst viel Abwechselung in die Kost kommt und daß vor allem die tägliche Nahrung einen bestimmten, wissenschaftlich begründeten Nährwert hat.

Wenn wir uns einen Begriff davon machen wollen, was ein Kriegsschiff an Proviant mitzunehmen hat, müssen wir uns einmal mit dem ersten Offizier, dem Zahlmeister und dem Detail-Deckoffizier in die Proviantlasten begeben, um zu sehen, was man denn als Rohmaterial für die Bereitung der Speisen vorrätig hat.

Daß in den Proviantlasten die denkbar größte Sauberkeit herrscht, ist selbstverständlich. Wir glauben uns in das Lager eines großen Kaufmannsgeschäfts versetzt, so viel Kisten, Fässer und Säcke sehen wir aufgestapelt. Prüfen wir die Aufschriften der Fässer und greifen wir auch hin und wieder einmal in eine Kiste oder in ein Faß hinein, nachdem sie geöffnet sind, um uns von dem Werte der hier enthaltenen Proviantvorräte zu überzeugen. Jedes der Fässer, die da in langen Reihen an der Bordwand stehen, enthält je 50 Kilo Backpflaumen. Jene Fässer an der gegenüberliegenden Seite enthalten ein Gericht, das an Bord sehr gern gegessen wird und Abwechselung in die Speisen bringt, nämlich Sauerkraut, und zwar sind Fässer zu 25, 50 und 100 Kilo vorhanden. Jene Säcke enthalten weiße Bohnen zu 50 Kilo und Reis und Erbsen in denselben Quantitäten. In Säcken zu 50 Kilo finden wir Salz, Weizenmehl, Zucker, Kaffee und Weizenhartbrot aufgestapelt.

Weizenhartbrot ist ein kakesartiger Zwieback, wie ihn auch die Landarmee bei der sogenannten eisernen Ration führt. Am besten genießt man das Hartbrot, wenn es aufgeweicht wird, also in Tee oder Kaffee, und da es tadellos in Qualität ist, gibt es eine sehr nahrhafte Speise. Selbst auf den Segelschiffen sind heutzutage die Zeiten vorüber, wo dieses Hartbrot, der sogenannte Schiffszwieback, von Würmern wimmelte und man erst eine Viertelstunde den Zwieback auf den Tisch klopfen mußte, um wenigstens den größeren Teil des Ungeziefers durch diese Manipulation herauszutreiben. Solch minderwertiges Hartbrot läßt sich heutzutage kein Matrose mehr auf einem Segelschiff der Handelsflotte gefallen, und wagt der Kapitän den Leuten solches Essen vorzusetzen, so werden sie sicher beim nächsten deutschen Konsul sich mit Erfolg über den Schiffsführer beschweren.

Die meisten der deutschen Kriegsschiffe sind mit Vorrichtungen zum Backen frischen Brotes versehen, und für die Besatzung eines Schiffes, das lange Zeit unterwegs ist, bietet es hohen Genuß, hin und wieder frisches Brot zu erhalten. In den Hafenstädten wird auch Gebäck von Land an Bord genommen, sogenanntes Weißbrot, nur um den Mannschaften auch in dieser Beziehung eine Abwechselung im Essen zu bieten.

Die größte Zahl der Kisten in der Proviantlast enthält Blechdosen verschiedener Form und Gewichtes. Kakao wird in Blechdosen zu 2½ Kilo, Pflaumenmus in Blechdosen zu 6½ Kilo aufbewahrt, Tee in Kisten von 30 Kilo, gedörrtes Gemüse in Blechkisten von 5 Kilo. Unter den gedörrten Gemüsen findet man grüne Bohnen, Grünkohl, Möhren oder Mohrrüben und Weißkohl. Dann gibt es noch ein Gemisch von allen möglichen gedörrten Gemüsen, das den originellen Namen »buntes Huhn« führt und an Bord sehr gern gegessen wird. Die Kartoffellast, welche im Vorderteil des Schiffes im Bug untergebracht ist, enthält mehrere tausend Kilo frischer Kartoffeln. Es sind außerdem aber gedörrte Kartoffeln vorhanden, die man in der Weise herstellte, daß die besten Kartoffeln geschält und in Scheiben geschnitten wurden. Durch trockene Hitze entzog man dann den Scheiben das Wasser. 25 Kilo solcher ausgetrockneter Kartoffelscheiben werden in eine Blechbüchse gepackt und eine Anzahl von Blechbüchsen kommt wieder in eine Holzkiste.

Der nächste Raum der Proviantlast ist die sogenannte Fleischlast. Wir sehen hier eine große Anzahl von Fässern zu 50 und 100 Kilo, welche gepökeltes Rind- und Schweinefleisch enthalten. Besonders auf den Schulschiffen, welche manchmal wochenlang segeln, ist das Pökelfleisch nicht zu entbehren. Es gibt aber einen gewaltigen Unterschied auch im Pökelfleisch, und auf den deutschen Kriegsschiffen wird nur frische Ware bester Qualität verwendet. Die Verpflegungsämter kaufen nicht mehr, als sie bedürfen, sie haben also nicht Vorräte von Pökelfleisch, welches fünf bis sechs Jahre im Pökel liegt, wie man solches in den Vorratsschuppen der Kaufleute in den großen Hafenstädten findet, welche die Handelsschiffe verproviantieren. Nach fünf bis sechs Jahren wird solch altes Pökelfleisch wieder dadurch verjüngt, daß man die Pökelbrühe frisch aufkocht, neues Salz hinzusetzt, diese Brühe wieder über das Fleisch gießt und die Fässer neu verschließt. So ist es auf den Segelschiffen manchmal möglich, daß die Leute Pökelfleisch bekommen, das zehn bis zwölf Jahre im Salz gelegen hat. Solches Fleisch ist sehr schwer verdaulich, sieht aus wie Mahagoniholz und schmeckt auch ähnlich. Zwischen diesem alten, eigentlich für die menschliche Nahrung kaum noch geeigneten Pökelfleisch und dem frischen Pökelfleisch, wie es die Verpflegungsämter der deutschen Marine mitgeben, ist ein ganz gewaltiger Unterschied.

Die Fleischlast enthält tausende von Büchsen präserviertes Fleisch, das ja auch unter dem Namen »Cornedbeef« an Land bekannt ist; ferner präservierten Lachs, gedörrtes Hammelfleisch und präserviertes Rindfleisch. Wenn es die Witterungsverhältnisse irgend erlauben, befindet sich in der Fleischlast auch frisches Fleisch. Es werden ganze Rinderviertel, ganze Schweine, Hammel und Kälber an Bord genommen, und man erhält die Fleischlast in möglichst gleichmäßiger Temperatur. Auf den neueren Kriegsschiffen können sogar die Fleischlasten durch besondere Kühlapparate auf niedriger Temperatur erhalten werden. Man nimmt auch lebende Kühe und Schweine mit, um sie unterwegs zu schlachten, aber man kommt mehr und mehr davon ab, lebendes Viehzeug mit an Bord zu nehmen, weil durch die Tiere doch sehr viel Unreinlichkeit entsteht. Immerhin gibt es auf den Schulschiffen, wie wir weiter unten sehen werden, zeitweise Menagerien von lebendem Getier, von denen sich der Laie gar keine Vorstellung macht.

Wir wissen also jetzt ungefähr, aus welchem Rohmaterial das Essen hergestellt wird. Sehen wir nun zu, was die Speiserolle vorschreibt.

Der Mann hat täglich zu Mittag zu erhalten:

400 g Rindfleisch und dazu 1500 g frische Kartoffeln, oder
250 g frisches Schweinefleisch, 250 g Weizenmehl, 100 g Backpflaumen, 30 g Zucker und 0,03 Liter Essig, oder
250 g gesalzenes Schweinefleisch, 150 g Erbsen und 250 g Sauerkohl, oder
400 g präservierten Lachs, 200 g gedörrte Kartoffel und 0,05 Liter Essig, oder
250 g Büchsenfleisch, 300 g Erbsen und 25 g Butter, oder
340 g präserviertes Hammelfleisch, 40 g gedörrten Weißkohl und 750 g frische Kartoffeln.

Bei dieser Kost kann der Mann bestehen, selbst wenn er die schwerste Arbeit zu verrichten hat, besonders, da er auch zu anderen Tageszeiten reichliche Verpflegung erhält. Die Speiserolle schreibt nämlich vor, daß dem Mann außerdem täglich zu geben sind:

Zum ersten Frühstück 15 g Kaffee und 20 g Zucker,
zum Abendbrot 3 g Tee und 20 g Zucker,
außerdem als Tagesration 500 g hartes oder 700 g frisches Brot, dazu 65 g Butter und 15 g Salz.

Die Lieblingsgerichte der Matrosen sind Klöße mit Backobst, Erbsen mit Speck, Königsberger Klops mit Kartoffeln und Heringssauce, gepökelte Eisbeine mit Sauerkohl und Kartoffeln, Wiener Wurst mit Sauerkohl und Kartoffeln. Wiener und Frankfurter Wurst wird natürlich als Konserve in Blechdosen mitgenommen.

So reichlich und abwechselungsreich die Verpflegungskommission das Essen für die Mannschaften bemißt, so vorsichtig wirtschaftet sie, und ist deshalb im stande, Ersparnisse zu machen, welche aber laut Verfügung unter allen Umständen den Mannschaften zugute kommen müssen. Diese Ersparnisse verwendet man zur Beschaffung von Extraverpflegung und besonderen Genußmitteln, bestehend in Schokolade, Kakao, Limonade und Bier. Außerdem aber werden die Ersparnisse dazu gebraucht, um an gewissen hohen Festtagen ganz großartige Mittagessen herzustellen. Je nach dem Ort, an dem man sich befindet, gibt es an den Festtagen des Jahres, Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Neujahr, am Geburtstag des Kaisers und der Kaiserin, dann bei anderen Festlichkeiten auch für die Mannschaften Mahlzeiten die geradezu als vortrefflich und glänzend bezeichnet werden müssen. Ein Menü zum Beispiel lautet: Grünkernsuppe, Gänsebraten mit Kartoffeln und Ananas-Kompot in Weißwein. Allerdings wurde dieses Mittagessen in Yokohama gereicht. Am Ostersonntag im Hafen von Hongkong gab es auf einem deutschen Kriegsschiff zum Frühstück: Kaffee mit Zucker, etwas Kuchen und bunte Eier; zum Mittag Suppe, gebratenes Huhn, geschnittene Bohnen mit Kartoffeln und Pflaumenkompott, nachmittags als Extra-Verpflegung Kakao und Kuchen, zum Abendbrot endlich Tee, Zucker, frisches Brot mit Butter, Frankfurter Würstchen und Exportbier.

Der Binnenländer aber, der diese Zeilen liest, möge es sich gesagt sein lassen, daß ein solches Extra-Essen jährlich kaum ein halbes dutzendmal vorkommt. Nur Sonntags erhalten die Mannschaften regelmäßig sowohl in den heimischen Gewässern als unterwegs zum Abendbrot außer Tee, Zucker, Brot und Butter noch etwas extra, seien dies Pellkartoffeln mit Salzhering und Lagerbier, oder gebratenes Hackfleisch mit Kartoffeln und Bier. Ein sehr häufig an Bord vorkommendes Gericht ist Labskausch. Es ist dies ein Gemisch verschiedener kleingeschnittener Fleischarten, unter denen sich auch Pökelfleisch befinden muß. Die Mannschaften nennen allerdings dieses Gericht despektierlich »Kabelgarn«, aber mit Salzgurken zum Beispiel oder Sauerkohl gibt es ein ganz vortreffliches Essen.

Betreten wir jetzt die Kombüse, die Küche, und sehen wir uns einmal in derselben um. Vor allem fällt uns die Sauberkeit auf, mit welcher auch die strengste Hausfrau zufrieden sein würde. Der Koch und seine Gehilfen tragen schneeweiße Anzüge mit weißen Mützen. In den Kesseln, die von den Gehilfen des Kochs überwacht werden, brodelt es vielversprechend.

Die modernen Schiffe haben, wie bereits erwähnt, Dampfkochapparate, deren Deckel vermittels Ketten, die über Rollen an der Decke gehen, gehoben werden können. Allein der Dampfkochapparat, in dem das frische Fleisch zubereitet wird, ist so groß, daß zwei Mann bequem in demselben Platz fänden. Wird Pökelfleisch in dem Dampfkochapparat und in dem großen Kessel der Kombüse gekocht, so bringt jede Backschaft das am Tage vorher empfangene Netz mit dem Pökelfleisch, das während der ganzen Nacht in Süßwasser gelegen hat, dem Koch. An jedem Netz befindet sich ein hölzernes Täfelchen, in welches die Nummer der Backschaft eingeschnitten ist. Das Pökelfleisch wird im Netz gekocht, damit jede Backschaft bei der Verteilung des Essens das ihr gehörige Fleischquantum erhält.

Heut gibt es frisches Rindfleisch, es gibt auch frisches Gemüse und Kartoffeln. Das frische Rindfleisch wird in möglichst großen Stücken gekocht, und die Gabel, die der Koch benützt, um dieses große Fleischstück zu dirigieren, ist fast mannshoch. Lange, scharfe, sehr saubere Messer liegen auf den Tischen zur Benützung bereit. Schwere, mit Rändern versehene Bretter liegen auf dem Verteilungstisch, und daneben die ganz aus Eisen gearbeiteten riesigen Küchen-Hackmesser, jedes einzelne groß und scharf genug, um einem Ochsen damit den Kopf abzuschlagen. Ruderähnliche Schaufeln dienen zum Umrühren der Kartoffeln und des Gemüses in den Kesseln.

Das gesamte Küchengeschirr besteht aus verzinktem Eisen, nur einzelne Pützen sind aus Holz gefertigt und mit soliden Eisen- oder Messingreifen beschlagen.

Revidiert wird die Küche täglich mehrmals, und zwar durch den Stabswachtmeister, den Arzt, den ersten Offizier, ganz überraschend hin und wieder einmal auch durch den Kommandanten. Kurz bevor das Kommando »Backen und Banken!« gegeben wird, macht der Koch die Essenprobe zurecht. Der Kommandant, der erste Offizier, der Arzt und der wachhabende Offizier müssen Proben des Essens erhalten. Auf einer Holz- oder Metallplatte wird auf je zwei Tellern sauber Fleisch, Gemüse und Kartoffeln angerichtet, und nun begeben sich die Maate des Kochs zum Wachtoffizier, zum Arzt und zum ersten Offizier. Der Koch selbst trägt die Probe zum Kommandanten. Er läßt sich durch den Posten, der vor der Wohnung des Kommandanten steht, melden, und dann steht der Koch mit seiner Platte im Arbeitszimmer des Kapitäns zur See.

»Stellen Sie das Essen da hin!« befiehlt der Kommandant, und der Koch gehorcht, um sich dann in straffer militärischer Haltung neben dem Schreibtisch des Kommandanten aufzustellen. Der Kommandant nimmt die auf der präsentierten Platte bereitliegenden Messer und Gabel und beginnt zu essen. Er nimmt nicht nur etwa ein Kosthäppchen, sondern – wie es seine Pflicht ist – kostet er gründlich und energisch. In begreiflicher Spannung steht der Koch neben dem Schiffsgewaltigen.

»Das Essen ist gut, Koch, ich bin mit Ihnen zufrieden,« sagt der Kommandant, und das Gesicht des Kochs glänzt vor Freude. Das ist heut ein Ehren- und Festtag für ihn, und wir fürchten, er wird ihn sogar etwas zu energisch feiern. Der Kommandant stellt aber dann noch einige sachverständige Fragen an den Koch, über das, was die Leute gern essen und warum die Leute dies oder jenes nicht so gern mögen, er fragt nach der Zubereitung, nach dem Küchenzettel für die nächsten Tage. Er läßt sich vom Koch erzählen, wie er gewisse Speisen zubereitet, kurzum der Koch hat vor dem Kommandanten ein sehr strenges Examen zu bestehen. Ist der Kaiser an Bord, so erhält auch er jedesmal, bevor das Essen ausgegeben wird, eine Probe desselben, und gewöhnlich schmeckt dem Kaiser die kräftige Schiffskost so gut, daß er die ihm vorgesetzte Probe bis aus den letzten Rest verzehrt.

Zur Essensausgabe erscheinen die Backschaften (wir wissen, daß dies bestimmte Mitglieder jeder Back sind) mit ihren viereckigen, verzinnten Eßeimern in der Küche, um Fleisch, Gemüse und Kartoffeln zu holen. Der Stabswachtmeister, sehr oft auch der erste Offizier, sind bei der Verteilung des Essens zugegen. Der Koch holt mit der riesigen Fleischgabel das frische Fleisch aus dem Kessel oder aus dem Dampfkochapparat heraus, haut die auf jede Back entfallenden Stücke ab, wiegt sie vor den Augen der Vorgesetzten jeder Backschaft zu und tut dann das Fleisch in die Fleischback. Mit großen Schöpfkellen, deren Inhalt je eine Portion darstellt, werden Kartoffeln und Gemüse in die Gemüseback getan.

Wir wissen bereits, daß der Name »Back« auf den Schiffen ein sehr häufig verwendeter ist, nirgends aber wird er mehr gebraucht, als bei den Apparaten, deren man für das Essen bedarf. Es gibt eine Fleischback, eine Gemüseback, eine Kartoffelback, eine Pfefferback, eine Salzback. Außerdem hat jede Backschaft einen großen Teekessel, in welchem Kaffee oder Tee empfangen wird.

Die Backschaften bringen das Essen an jede einzelne Back, an deren Schmalseite gewöhnlich der Backs-Älteste, der Unteroffizier, sitzt. Der Backs-Älteste verteilt das Fleisch. Er legt auch Fleisch für die Leute zurück, die auf Wache sind. Dann beginnt das Essen, und man kann versichert sein, daß von den Portionen, welche die Leute erhalten, nichts übrig bleibt. Es kommt sehr selten vor, daß einmal eine Speise nicht gut zubereitet wäre. Das bemerken aber bei der Essensprobe schon sämtliche Vorgesetzten, und der Koch bekommt dann einen gewaltigen Rüffel und womöglich eine Arreststrafe, die er allerdings erst zu verbüßen hat, wenn er an Land kommt. Da der Koch Zulage erhält, da er auch manche Vorteile als Chef der Küche hat, so ist es ihm natürlich nicht gleichgiltig, wenn er etwa als unbrauchbar für den Küchendienst erklärt und wieder in die Front zurückgestellt wird.

Der Mann, der die Backschaft hat, reinigt auch nach dem Essen das gesamte Geschirr. Die Mannschaften essen aus ihren Blechnäpfen. Jeder Mann hat einen Blechnapf, Kumm genannt, und Ebenso einen Blechbecher, welch letzteren er zum Kaffee- oder Teetrinken benützt. Das gesamte Backsgeschirr und die Geschirre jedes einzelnen Mannes sind an jeder Back entweder an der Wand oder auf dem hoch geklappten Tische angebracht. Sie werden auf ihre Reinlichkeit natürlich immer wieder von den Vorgesetzten sorgfältig revidiert.

Man sieht, die Kost und Verpflegung sind auf einem deutschen Kriegsschiffe sehr gut und kräftig, kommen aber die Mannschaften an Land, so freuen sie sich doch, einmal wieder etwas anderes genießen zu können als an Bord, und die Leibgerichte der Mannschaften sind dann: Bratkartoffeln, Schinken, Eier, frisches Gemüse und Obst, auch Filet-Beefsteak ist für diejenigen, welche genügend Geld zur Verfügung haben, eine große Delikatesse.

Es wird jeden Tag reichlich gekocht, so daß gewöhnlich die Backschaft noch zum zweiten Male gerufen werden kann, um noch Essen für diejenigen Leute zu holen, welche an der ersten Portion nicht genug haben. Reste von Fleisch können immer verwendet werden, mit Rücksicht auf die Reinlichkeit aber können zum Beispiel die Überbleibsel von Gemüse oder Kartoffeln nicht verwahrt werden, weil unmittelbar nach dem Essen die Küche wieder in sauberen Zustand versetzt werden muß. Die Reste des oft sehr guten Essens werden daher über Bord geworfen, und dies hat zur Folge, daß eine Menge von Fischen dem Schiffe nachzieht. Um diese Speisereste ins Meer zu schütten, ist ein besonderer Schlot vorhanden, damit beim Überbordwerfen nicht etwa Speisereste an der Bordwand hängen bleiben.


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