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Viertes Kapitel

Fertig zur Abfahrt. – »Los von der Boje!« – Abschied von Kiel. – In der Holtenauer Schleuße. – Im Kanal. – Rollen-Exerzieren. – Einteilung der Besatzung. – »Schotten dicht!« – »Feuer im Mittelschiff!« – Die Backsrolle. – Manöver-Rollen. – Berge-Rolle. – In der Elbe. – Das Depeschenboot. – Seeleute und Maschinisten. – Klampe und Hebel im Streit. – Die Radattel. – Die alten Holztröge. – Zimmermanns-Maat Pittmann. – Ankermanöver. – Vorbereitungen zur Kaiserbesichtigung. – »Die Hohenzollern ist in Sicht!« – »Klar zum Salut!« – »Zum Paradieren enter auf!« – Der Kaiser kommt an Bord. – Die Abschiedsrede des Kaisers. – »Glückliche Reise!« – »Hiev rund!« – In offener See.


Es war am 4. Juli 1899. Nicht nur auf den Kriegsschiffen im Kieler Hafen, sondern auch in der Stadt wußte man es genau, daß um neun Uhr die »Moltke« die Auslandsreise antreten würde. Um acht Uhr hatte auf der »Moltke« wie üblich die Flaggenparade stattgefunden, dann war die Dampfbarkasse noch einmal an Land gegangen und die Postordonnanz hatte vom Postamt die letzten Briefe, die für die Offiziere und die Mannschaften eingegangen waren, abgeholt. Der Kanallotse kam an Bord, um das Schiff durch den Kaiser Wilhelm-Kanal bis nach der Elbe zu führen.

Über Nacht hatte die »Moltke« plötzlich einen Schornstein bekommen, den man bisher nicht gesehen hatte. Bei den Schulschiffen läßt sich der Schornstein, wenn er nicht gebraucht wird, herunterlassen, er schiebt sich ineinander wie die Teile eines Fernrohrs. Aus dem Schornstein, an dessen äußeres gelbes Gewand die Malersmaate noch die letzte Hand legten, quollen leichte Rauchwolken. Seit dem Abend vorher war Feuer unter einzelnen Kesseln, um das Wasser in denselben langsam anzuwärmen.

Die Barkasse kam mit den Postsachen von Land zurück. Alle Boote wurden geheißt und seefest auf ihren Lagern und in den Davits befestigt. Die Backspieren wurden beigeklappt und an der Schiffswand befestigt. Der »Blaue Peter« wurde eingezogen, und kurz vor neun Uhr erschien der Kommandant auf der Brücke, wo neben dem Kanallotsen auch der Wacht- und Navigationsoffizier bereit standen. Auf dem Oberdeck traten die Matrosen, Schiffsjungen und Kadetten mit den Offizieren an. Von Land her ertönten die neun Schläge einer Uhr.

»Los von der Boje!« ertönte das Kommando.

Die Drahttrosse, welche den Bug des Schiffes bisher mit dem gewaltigen Ringe der schwimmenden eisernen Boje verbunden hatte, wurde gelöst und an Bord genommen. Der Maschinen-Telegraph sprang mit lautem Glockenschlag an.

»Langsame Fahrt!« befahl er der Maschine, und langsam begann sich die Schraube der »Moltke« zu drehen. Dem Ruder gehorchend wendete sich das Schiff ab von der Boje und nahm seinen Weg hinüber nach der Schleuse von Holtenau, die nur wenige hundert Meter von dem bisherigen Liegeplatz des Schiffes entfernt war.

Die Musikkapelle begann das Scheidelied zu spielen, mit dem jedes Schiff den Hafen verläßt, die Melodie des alten Volksliedes »Muß i denn, muß i denn zum Städtele 'naus«. Vom Ufer her, wo dichte Scharen des Publikums standen, ertönte lautes Hurrarufen. Die Mannschaften der »Moltke« enterten hinauf in die Marsen und in die Wanten. Auf allen anderen Kriegsschiffen, an denen man vorbeikam, ruhte die Arbeit. Ein kurzes Hornsignal ertönte und aus den Kehlen der zurückbleibenden Mannschaften drang das dreifache Hurra, das den Abschied für die »Moltke« bildete. Natürlich beantwortete die Besatzung des hinausgehenden Schiffes die Verabschiedungshurras ebenso kräftig, und unter den Klängen der Musikkapelle und unter den brausenden Rufen fuhr die »Moltke« langsam bis zur Schleuse von Holtenau.

Hier hatten sich noch Hunderte von Menschen aufgestellt, insbesondere die näheren Verwandten und Bekannten der Schiffsbesatzung. Niemand durfte mehr von Bord gehen, aber da es eine ganze Zeit dauerte, bis die »Moltke« die große Schiffskammer verlassen und langsam in den Kanal einfahren konnte, war eine Unterhaltung und Verbindung von Deck zum Land sehr leicht möglich.

Wie viele Grüße wurden nicht gewechselt, wie viele Glück- und Segenswünsche wurden nicht gerufen, und wie viele Tränen blinkten nicht in den Augen derer, die zurückbleiben und liebe Angehörige fortziehen ließen, und auch im Auge manches ernsten Mannes an Bord, der Weib und Kind, wenn auch nur für zehn Monate verließ!?

Bald passierte die »Moltke« die riesige Hochbrücke von Levensau, welche in kühnem Schwünge konstruiert ist und der Eisenbahn das Kreuzen des Kanals ermöglicht. So hoch ist die aus einem einzigen Bogen bestehende Brücke angelegt, daß Kriegsschiffe mit voller Takelung und ohne mit den Masttoppen anzustoßen, frei unter ihr passieren können.

Es begann die langweilige Fahrt durch den Kanal. Die gewaltigen Erdmassen, die man ausgegraben hat, um das Bett des Kanals zu schaffen, sind rechts und links am Ufer zu riesigen Dämmen und Wällen aufgeschüttet und verhindern jeden Ausblick. Stundenlang fährt man zwischen diesen grünbewachsenen Dämmen dahin, bis in der Nähe von Rendsburg die Aussicht etwas besser wird.

Der Navigations- und der Wachoffizier, sowie der Lotse auf der Brücke mußten scharfen Ausguck halten. Die Fahrt durch den Kanal ist immer gefährlich. Die Schiffsschraube darf nur wenig Umdrehungen in der Minute machen, ungefähr sechsunddreißig bei der »Moltke«. Dreht sich die Schiffsschraube schneller, so wird das Wasser zu sehr aufgewühlt und spült Sand von den Uferböschungen los, beschädigt diese und vermindert die Tiefe des Kanals durch die hineinrutschenden Sandmassen. Ein großes Schiff, das langsam fährt, steuert aber sehr schlecht. Das Ausweichen mit den entgegenkommenden Schiffen kommt zwar nicht überraschend, denn den Kanal entlang geht eine Telegraphenleitung und immer wieder passieren die Schiffe Signalstationen, von welchen sie Nachrichten über die ihnen entgegenkommenden Schiffe erhalten. Eventuell müssen die Fahrzeuge an besonders breit angelegten Ausweichstellen warten, bis das entgegenkommende Schiff vorbei ist.

Und doch hatte die »Moltke« beinahe ein großes Malheur, indem sie mit knapper Not einem Zusammenstoß mit einem riesigen Bagger entging, der in einer seeartigen Verbreiterung des Kanals lag und beschäftigt war, die gehörige Tiefe des Fahrwassers zu erhalten.

Allerdings, an Bord merkte man von diesem Zusammenstoß nichts, denn die Fahrt durch den Kanal benützte der erste Offizier zu einem ununterbrochenen Rollen-Exerzieren. Man befand sich so wie so in einer Zwitterstellung zwischen Hafen- und Seedienst, und es mußte dem Kommandanten und dem ersten Offizier daran liegen, die Leute sicher für die verschiedenen Rollen zu machen.

Bevor wir dazu übergehen, uns einzelne dieser Rollen-Exerzitien anzusehen, müssen wir uns über die Einteilung der Mannschaft Auskunft verschaffen.

Die Besatzung eines Kriegsschiffes wird in zwei gleiche Teile, in die Steuerbord- und in die Backbord-Wache, eingeteilt. Die erstere hat die ungeraden, die letztere die geraden Zahlen von 1 bis 1000. Man wendet aus praktischen Gründen immer diese Zahlen von 1 bis 1000 an, wenn auch nicht so viel Besatzung an Bord ist. Es haben die Freiwächter die Zahlen 1-99; Backsgasten 100-199; Vormars- Gasten 200-299; Kuhlgasten 400-499; Großmars-Gasten 500 bis 699; Achtergasten 700-799; Kreuzmars-Gasten 800-899; Schanz-Gasten von 900-999.

Jede Wache wird wieder in zwei Hälften und jede Hälfte in zwei Quartiere geteilt. Zur ersten Hälfte einer Wache gehört das erste und dritte, zur zweiten Hälfte das zweite und vierte Quartier. Als Abzeichen tragen die Mannschaften der Steuerbordwache auf dem rechten und die der Backbordwache auf dem linken Ärmel ziemlich dicht unter der Schulter eine rote Borte bei blauem Zeug und eine blaue Borte bei weißem Zeug.

Die Freiwächter, welche die Nummern 1-99 führen, werden in aktive und in inaktive Freiwächter eingeteilt. Die ersteren haben die Nummern 1-49, die zweiten von 50-99. Aktive Freiwächter sind solche, welche nicht Wache gehen, aber an den allgemeinen Manövern teilnehmen, zum Beispiel ältere Bootsmannsmaate mit besonderen Funktionen, Feuerwerksmaate, Zimmerleute. Die inaktiven Freiwächter gehen überhaupt keine Wache und nehmen auch an den allgemeinen Manövern – außer bei »klar Schiff«, d. h. wenn sich das Schiff in Gefechtszustand versetzt – nicht teil. Sie bestehen aus den Stewards, Köchen, Schreibern, Ökonomie-Handwerkern.

Die Vormars-Gasten bedienen die Takelage des Fockmastes. Die Großmars-Gasten die des Großmastes und die Kreuzmars-Gasten die des Kreuzmastes. Die Kuhlgasten bedienen an Deck bei Segelmanövern die Enden vom Fockmast, die Achtergasten die vom Groß- und die Schanzgasten die vom Kreuzmast.

Bim – Bim – Bim – Bim – Bim!
Bim – Bim – Bim – Bim – Bim!

Die raschen Schläge der Schiffsglocke gellen durch alle Decke.

»Verschluß-Rolle! Auf die Posten!« rufen die Maate, und auf allen Decken wimmelt es durcheinander.

Die Verschluß-Rolle hat den Zweck, bei entstehendem Leck im Schiffe, besonders nach einem Zusammenstoß oder bei Gefahr eines solchen ein möglichst schnelles Schließen aller Türen in den wasserdichten Schotten und aller Schleusen zu ermöglichen, sowie etwa eingedrungenes Wasser aus dem Schiffe zu pumpen.

Wir wissen, daß durch die drei Decke, die übereinander liegen, das Schiff in drei wagerechte große Abteilungen geteilt ist. Durch acht senkrechte Wände, welche die drei Decke rechtwinkelig durchschneiden, die sogenannten Schotten, ist das Schiff noch in neun senkrechte Abteilungen geschieden. Es ist dies deshalb geschehen, um zu verhindern, daß gleich das ganze Schiff sich mit Wasser füllt und dadurch zum sofortigen Sinken kommt, wenn ein Leck entsteht. Je nach der Größe des Lecks und der Stelle des Schiffsrumpfes, an der es sich befindet, können nur ein bis zwei Kammern voll Wasser laufen, und das beeinträchtigt selbst die Manövrierfähigkeit des Schiffes noch nicht.

Um den Verkehr im Schiffe zu ermöglichen, befinden sich in den Schotten in den verschiedenen Decken Türen, welche durch einen einzigen Griff so geschlossen werden können, daß sie vollkommen wasserdicht sind. Auf das Zeichen: »Schotten dicht!« und die mehrmals wiederholten fünf Glockenschläge der Schiffsglocke eilen also diejenigen Leute sofort auf ihren Posten, welche dazu bestimmt sind, die wasserdichten Türen in den Schotten zu schließen, ebenso müssen natürlich alle Pforten und Luken, die sich in der Außenwand des Schiffes befinden, zugemacht werden. Ferner begeben sich sofort bestimmte Mannschaften an die Pumpen, um etwa eingedrungenes Wasser herauszupumpen. Da bei einem Leck die Gefahr für das Schiff groß ist, stellen sich auch sofort eine Anzahl von Leuten an den Booten auf, um auf das nächste Kommando hin die Boote zum Wasserspiegel hinunterzulassen.

Es ist von großer Wichtigkeit für die Sicherheit des Schiffes und der Mannschaft, daß die Leute den Dienst der Verschlußrolle sehr genau kennen und durch fortwährende Übung fast mit Gedankenschnelligkeit auf ihre Posten kommen. Besonders das Schließen der wasserdichten Türen in den Schotten muß mit der denkbar größten Geschwindigkeit erfolgen, denn hier kann ein Zeitverlust von wenigen Sekunden das Schicksal des Schiffes entscheiden.

Natürlich geht jetzt die Sache noch nicht sehr rasch. Trotz der Nachhilfe, welche Deckoffiziere und Maate den Mannschaften zuteil werden lassen. Der erste Offizier läßt daher die Leute wieder zu ihrer sonstigen Arbeit zurückkehren und nach zehn Minuten geht das:

Bim – Bim – Bim – Bim – Bim!

wieder von neuem los.

Eine halbe Stunde später gellt die Schiffsglocke schon wieder und zwar mit eigentümlichen, sich rasch wiederholenden, dreifachen Schlägen:

Bimbimbim!

Das heißt: »Feuer im Schiff!« und zwar in der Mitte des Schiffes. Daß es sich nur um eine Übung der Feuerrolle handelt, wissen die Maate und die älteren Mannschaften dadurch, daß nicht gleichzeitig das Feuersignal mit dem Horn gegeben wird. Wiederum eilt alles auf seinen Posten, denn jedem Manne ist für die Feuerrolle eine ganz bestimmte Stelle, Funktion und Arbeitsleistung vorgeschrieben.

Es handelt sich darum, die Luken und die Batteriepforten zu schließen, damit nicht die Zugluft das Feuer noch mehr anfacht. Die Zimmerleute machen die Pumpen klar, und die Leute, welche pumpen sollen, stellen sich hier auf. Auf dem Oberdeck ziehen bei den Booten Posten mit geladenen Gewehren auf, um jeden Mann niederzuschießen, der ohne Befehl in eines der Boote gehen will. Auf Deck stellt sich außerdem ein Teil der Mannschaft auf, um eventuell die Untersegel zu bergen, damit das Feuer diese nicht erreichen und sich den Masten mitteilen kann. Der Feuerwerker mit seinen Maaten sorgt für den Schutz der Munitionskammer und trifft alle Vorbereitungen, um im Notfälle die ganze Pulverkammer unter Wasser zu setzen.

Nach zwei Minuten steht jeder Mann auf dem ihm vorgeschriebenen Posten, der ihm an dem Tage zugewiesen wurde, an dem er das Schiff betrat. Jetzt gehen die Offiziere durch die Decke und prüfen oder lassen durch die Maate jeden einzelnen Mann daraufhin prüfen, ob er weiß, an welcher Stelle er steht, welche Nummer in der Feuerrolle er hat, was er zu tun hat, wenn die nächsten Befehle kommen, kurzum sie überzeugen sich davon, ob die Leute genau wissen, was sie auf ihren bestimmten Posten in jedem einzelnen Falle zu tun haben. Nichts ist für ein Schiff gefährlicher als Feuer, und deshalb muß gerade die Feuerrolle unermüdlich geübt werden.

Entdeckt jemand im Schiff Feuer, so darf er bei schwerster Strafe nicht sofort Feuerlärm schlagen, schon um nicht unnützerweise eine Panik an Bord hervorzurufen. Er hat vielmehr ohne Aufenthalt dem wachthabenden Offizier Meldung zu machen, damit dieser sofort seine Maßregeln trifft und die nötigen Befehle gibt.

Nach diesen angenehmen Rollen-Übungen, bei denen es natürlich in der ersten Zeit nicht klappt und nicht ohne bedeutenden Ärger für die Vorgesetzten abgeht, bekommen die Leute ihr Mittagessen, und damit wird gleichzeitig die Backs-Rolle geübt, das ist aber diejenige, die am wenigsten der Übung bedarf, weil sich die Leute hier nur gar zu rasch zurecht finden.

Wie bereits erwähnt, werden die Matrosen und Unteroffiziere in Tischgesellschaften von zehn, zwölf und vierzehn Personen, in sogenannte Backschaften eingeteilt. Die Backschaften werden ebenfalls numeriert, und zwar sitzen an der Steuerbordseite die ungeraden, an der Backbordseite die geraden Nummern.

Während der Matrose sonst natürlich keine Wahl betreffs des Platzes hat, auf den er gestellt wird und wo er seine Pflicht tun muß, kommt man den Leuten entgegen, indem man ihnen gestattet, sich die Backschaft selbst zu wählen, zu der er gehören will. Es hat dies den Vorteil, daß die Leute, die sich gut verstehen oder die untereinander befreundet sind, zusammen kommen, und daß wenigstens beim Essen nur gute Freunde zusammen sitzen, welche sich während der Eßpausen nach Belieben unterhalten können und zwischen denen es keine Reibereien gibt.

Bei jeder Backschaft ist ein Unteroffizier, also ein Backsältester, zugegen, der beim Essen den Vorsitz führt und die Verteilung des Essens besorgt, damit niemand zu kurz kommt, dann aber auch, damit den Leuten, die nicht mitessen können, weil sie sich auf Wache und auf Posten befinden, eine reichliche Portion zurückgelassen wird. Von jeder Backschaft haben zwei Mann eine Woche lang die »Backschaft«, das heißt, sie haben das Backsgeschirr zu reinigen, das Essen aus der Küche zu holen und Proviant zu empfangen.

Wir werden auf das Backsgeschirr noch später zurückkommen, wenn wir dem Essen der Mannschaften beiwohnen.

Die Rein-Schiff-Rolle kennen wir ja bereits, die Klar-Schiff-Rolle wollen wir bei Gelegenheit nächstens praktisch durchmachen. Die Bootsrolle weist für den Fall eines Aussetzens der Boote jedem Manne seinen bestimmten Platz an. Zu jedem Boot gehört der Bootssteuerer und die Bootsgasten, und zwar hängt die Zahl der letzteren von der Größe und der Einrichtung des Bootes ab. Zu jeder Crew gehören außerdem noch zwei bis vier Reserve-Bootsgasten.

Die Boote werden eingeteilt in Barkassen, Pinassen, Kutter, Jollen und Gigs. Die Gigs sind kleine, sehr scharf gebaute Boote, und jedes Schiff hat gewöhnlich nur eine Gig, die der Kommandant benützt, wenn er an Land geht oder von dort zurückkehrt. Für die Gig des Kommandanten werden nur Leute von tadelloser Führung, die sehr tüchtig im Dienst sind, verwendet, und es ist daher eine große Ehre, Gigsgast zu sein. Die Barkassen und Pinassen sind heutzutage meist mit Dampfmaschinen versehen. Die ersteren werden meist mit Kohle geheizt, die letzteren haben Motoren für Benzin, Spiritus oder Petroleum-Heizung.

Die Berge-Rolle weist jedem der an Bord Eingeschifften seinen Platz in einem der Schiffsboote an, wenn das Kommando kommt:

»Alle Mann aus dem Schiff!«

Dieses Kommando erfolgt nur, wenn das Schiff verloren ist, und heißt soviel wie: »Rette sich, wer kann!«

Aber auch für die Manöver mit den Segeln, Stengen und Raaen des Schiffes werden Rollen aufgestellt, wobei jedem einzelnen Mann bestimmte Verrichtungen ein für allemal zugeteilt werden. Vorgeschriebene Rollen dieser Art sind:

Segel unter und abschlagen, Segel los und fest machen, Segel wechseln (Untersegel, Marssegel, Klüver, mehrere Segel zugleich). Segel reefen und Reefe ausstecken, Bramstengen, Bram- und Oberbramraaen aufbringen und an Deck nehmen, Marsstengen und Unteraaen aufbringen und an Deck nehmen, Marsraaen wechseln, Boote aus- und einsetzen, Anker lichten und unter Segel gehen, Wenden und Halsen, Segel bergen und ankern.

Unter beständigem Rollen-Üben hat man die Fahrt durch den Kanal endlich innerhalb acht Stunden bewältigt, und bei Brunsbüttel geht die »Moltke« durch die Schleuse aus dem Kanal in die Elbe. Der Kanal-Lotse verläßt das Schiff und der Elb-Lotse tritt für ihn ein, um das Schiff bis in das freie Meer hinauszubringen. Jetzt darf die »Moltke« raschere Fahrt machen, und immer zahlreicher werden die Schiffe, die, von See kommend, ihr begegnen. Man wird in den Abendstunden Cuxhaven passieren und wahrscheinlich bei Einbruch der Nacht an dem letzten Feuerschiff der Elbe vorbei in die offene See gehen.

Die Sonne ist fast im Untergehen, als ein schwarzes Torpedo-Boot, pfeilschnell gegen den Strom jagend, sich dem Schiffe nähert. Ein Signal flattert an dem niedrigen Mast des Torpedo-Bootes. Der Offizier auf der Kommandobrücke läßt sofort dem ersten Offizier und dem Kommandanten melden, daß das Torpedo-Boot eine Depesche für die »Moltke« habe.

Die Maschine wird abgestoppt, das Fallreep wird heruntergelassen, bald legt das Torpedo-Boot an und der Kommandant desselben eilt die Treppe hinauf, um seine Depesche dem Schiffskommandanten zu übergeben und dann sofort wieder mit seinem Boote abzusetzen.

Die »Moltke« soll in Cuxhaven vor Anker gehen. Der Kaiser, welcher morgen mit der »Hohenzollern« eintrifft, will die »Moltke« vor der Ausreise noch einmal besichtigen.

Wie eine Granate schlägt diese Nachricht unter Offizieren und Schiffsbesatzung ein.

Wie freuen sich die Kadetten und Schiffsjungen, den Kaiser noch vor der Ausreise zu sehen! Haben doch viele von ihnen noch niemals Gelegenheit gehabt, dem Kaiser zu begegnen. Auch der Kommandant freut sich über die Ehre, aber er denkt ebenso wie die Offiziere daran, was noch zu tun ist, um das Schiff bis zum nächsten Morgen für eine Kaiserbesichtigung vollkommen klar zu machen. Der erste Offizier vor allem ist verzweifelt. Neun Stunden ist die »Moltke« erst unter Dampf gegangen und wie sieht das Schiff aus, das noch tags vorher bei der Inspektion so sauber war wie ein weißes Tischtuch! Die entsetzliche Maschine hat alle Reinlichkeit zunichte gemacht. Das Schiff bietet – wenigstens nach der Meinung des ersten Offiziers – einen schrecklichen Anblick, und einen furchtbaren Fluch stößt der »Erste« aus über alle Dampfmaschinen im allgemeinen und über das Maschinisten-Personal im besonderen. Der erste Offizier ist kein Freund der Maschinen und der Maschinisten, und es besteht überhaupt keine besondere Freundschaft zwischen der seemännischen und der technischen Besatzung des Schiffes.

Woher die Gegnerschaft, um nicht zu sagen Feindseligkeit, zwischen den eigentlichen Seeleuten und den Schiffsmaschinisten kommt, ist nicht schwer zu erklären. Jeder Laie, der zum Beispiel nach Kiel kommt und dort zum erstenmal unsere großen Panzerschiffe sieht, macht ein sehr erstauntes Gesicht und sagt laut oder leise:

»Sind das unsere Kriegsschiffe? Die hab' ich mir ganz anders gedacht! Das sind ja gar keine Kriegsschiffe, das sind ja schwimmende Festungen, plumpe, ungefüge Kriegsmaschinen, die mit ihren Pfahlmasten und den darauf befindlichen gepanzerten Marsen wie Wracks aussehen.«

Sobald er aber im Hafen zufälligerweise ein Schulschiff mit seinem hellen Anstrich, mit seinen schlanken Formen und der hohen Takelage sieht, dann geht auch dem Laien das Herz auf und er ruft freudig:

»Ja, das ist ein Schiff, so habe ich mir ein Schiff gedacht!«

Man kann sich aber in praktischen Dingen, also auch bei der Schaffung einer Kriegsflotte, nicht in erster Linie um die Schönheitswirkung kümmern, sondern man muß eben, wie in allen anderen Staaten, auch in Deutschland in den Schlachtschiffen und großen Kreuzern moderne Kriegsmaschinen schaffen. Freilich, auf diesen modernen schwimmenden Festungen ist die Poesie des Seemannslebens vollständig zu Ende, und deshalb hegt der Seemann, selbst der junge Matrose, der größere Reisen auf einem Schulschiff gemacht hat, eine gewisse Abneigung gegen die schwimmende Festung, die nur durch die Kräfte des Dampfes und der Elektrizität in Bewegung gesetzt wird.

Wer jemals ein Schulschiff unter vollen Segeln bei guter Brise durch die Wellen hat gleiten sehen, dem wird erst recht die Schönheit eines solchen Segelschiffes klar und dem kommt selbst ein elegant gebauter Handelsdampfer, der mit allem Komfort ausgestattet ist, nüchtern gegenüber diesem poetischen Fahrzeuge vor.

So hat sich, seit die Dampfer entstanden sind, eine gewisse Gegnerschaft zwischen den Seeleuten und den Maschinisten herausgebildet. Die alten Seebären, die von den Dampfern überhaupt nichts wissen wollten, sind unterdes ausgestorben, die Segelschiffe verschwinden aus den Kriegsmarinen fast ganz, aus der Handelsmarine mehr und mehr. Aber der echte Seemann sieht das Ideal eines Schiffes immer noch im Segelschiff allein. Wie bereits erwähnt, ist der Dampf mit viel Unreinlichkeit verbunden, die Maschine entwickelt üblen Geruch, der Rauch belästigt, trübt die Aussicht, und selbst in der Hilflosigkeit der Windstille ärgert sich der echte Seemann nicht darüber, daß er mit dem Schiffe nicht weiter kann, sondern daß eine fremde Kraft, die des Dampfes, ihm helfen muß und daß jetzt die Maschinisten in ihr Recht treten und ihn kommandieren, ihn, der sonst der Herr des Schiffes ist.

Belauschen wir an der Hobelbank nur einen Streit zwischen dem Zimmermannsmaaten Klampe und dem Maschinistenmaaten Hebel. Dieser Streit gehört gewissermaßen zum eisernen Bestand der beiden Maate, die sonst ganz gute Freunde sind, aber sofort hart aneinander geraten, wenn es sich um die Entscheidung der Frage: Segel oder Dampf? handelt.

»Ich lasse mich, wenn es irgend geht, nur auf Schulschiffe kommandieren,« sagt der alte Zimmermannsmaat Klampe; »dann bin ich wenigstens auf einem Segelschiff. Die »Moltke« ist ja mein Ideal auch nicht, denn sie ist ein eisernes Schiff und ein solcher eiserner Kasten geht eben unter, wie ein Topf, wenn er ein Loch bekommt. Wir haben auf den Eisenschiffen nicht mehr so viel zu sagen, wie auf den Holzschiffen. Da waren wir Zimmerleute die Herren, und was auch geschah, wir wußten uns zu helfen. Mit Beil und Säge stopften wir jedes Leck, beseitigten wir jede Unklarheit, reparierten wir alles. Ich versichere Sie, man wird wieder zu den alten Holzschiffen zurückkehren, wenn erst die Geschütze immer wieder verbessert werden und die Panzer immer dicker gemacht werden müssen. Dann werden schließlich die Schiffe die Panzerung nicht mehr tragen können und dann wird man auch bei den Kriegsschiffen wieder zum Holzbau zurückkehren. Ein Holzschiff kann zwanzig Schüsse im Leibe haben, und es sinkt doch nicht, weil das Holz eben schwimmt; aber ein eiserner Topf geht unter, wenn er ein Loch bekommt.«

»Bauen Sie meinetwegen hölzerne Kriegsschiffe,« sagt dann der Maschinistenmaat Hebel, »aber um die Dampfmaschine kommen Sie nicht herum. Tun Sie doch nicht so, als ob das Segeln noch irgendwelche Berechtigung hätte! Heutzutage kann sich weder ein Kriegs- noch ein Handelsschiff vom Winde abhängig machen. Man muß sicher sein, daß man in jedem Meere und zu jeder Zeit fahren kann.«

»Ach, haben Sie sich doch nicht mit Ihrer Radattel, der alten Kaffeemühle von Maschine, an der alle Augenblicke etwas kaput ist! Ich gebe ja zu, es gibt Windstillen, aber doch nur in gewissen Breiten, und sie herrschen nicht einmal immer. An einer Maschine aber ist bald etwas entzwei und dann liegt der eiserne Kasten auf dem Wasser, ein Spiel von Wind und Wellen. Wenn an einem Segelschiff sämtliche Masten gebrochen sind, kann es sich noch mit dem Sturmklüver in bestimmter Richtung halten, aber geht die alte Kaffeemühle kaput, dann ist eben alles aus.«

»Wenn es aber keinen Wind gibt,« bemerkte dann stets giftig Hebel, »und die Herren Seeleute mit allen ihren Künsten zu Ende sind, dann hilft doch nichts mehr, als daß die alte Radattel wieder in Bewegung gesetzt wird. Haben Sie sich doch nicht so mit ihrer Segelei und ihren Holztrögen! Was wären Sie ohne uns!«

»Maschinisten sind Schmierfinken!« entgegnete dann ebenso gereizt Klampe, »und wenn Sie es mir nicht glauben, so verlassen Sie sich auf das, was mein Freund, der Zimmermannsmaat Pittmann, der tüchtigste Mann in der englischen Marine, gesagt hat.«

Wenn Pittmann zitiert wurde, dann ergriff Hebel gewöhnlich die Flucht. Aber auch die anderen Maate wurden unruhig, wenn diese Autorität ins Feld geführt wurde. Wir werden auch später den Grund dieser Unruhe erfahren.

Doch wenden wir uns jetzt wieder der »Moltke« zu, die in wenigen Stunden durch den Kaiser besichtigt werden soll. Der Lotse führt das Schiff an eine Stelle gegenüber der alten bekannten Hafenstadt Cuxhaven, wo die »Moltke« auf sicherem Ankergrund außerhalb des Fahrwassers, das für die Handelsschiffe frei gehalten wird, ruhig bis zum nächsten Morgen die Ankunft der »Hohenzollern« erwarten kann, die aus See kommen wird.

»Klar bei den Ankern!«

lautet das Kommando.

Noch ist das Schiff in langsamer Fahrt, und schon dröhnt der Kommando-Ruf:

»Aus der Kette! Fallen Anker!«

Ein donnerndes Geräusch, das denjenigen, der es zum ersten Male hört, so erschreckt, als habe der Blitz neben ihm eingeschlagen, ertönt und ein Zittern geht durch das Schiff. Donnernd schießt die Kette aus der Klüse, das heißt aus der eisengefütterten Öffnung, die sich unterhalb der Reling am Heck befindet. Der Steuerbord-Heckanker ist gefallen und ruht auf dem Boden. Das Schiff wird in seinem Lauf durch den hinten gefallenen Anker aufgehalten.

»Aus der Kette! Fallen Anker!«

ertönt das Kommando aufs neue, und der Backbord-Buganker rasselt donnernd in die Tiefe. Es wird dann noch eine Zeitlang Kette ausgesteckt und Kette eingehievt, bis die »Moltke« fest am Bug und Heck befestigt auf dem Ankergrunde liegt und durch die eintretende Ebbe und Flut von ihrem Standplatz nicht verrückt werden kann.

Nun aber geht es mit Zuhilfenahme der Nacht vor allem nochmals an die Reinigung des Schiffes. Alle Dienstroutine hört auf, an Schlaf ist vorläufig nicht zu denken.

Es ist fast Mitternacht, als das Schiff sich in tadellosester Ordnung und Sauberkeit wieder präsentiert. Dann geht die Besatzung zur Ruhe und nur die Posten halten auf der Back und an den Fallreeps getreu Wacht.

Um 7 Uhr morgens kommt von Helgoland die telegraphische Nachricht, die durch ein Torpedoboot an Bord der »Moltke« gebracht wird, daß der Kaiser, aus See kommend, die Insel passiert habe. Man kann ungefähr berechnen, wann die »Hohenzollern« auf der Elbe eintreffen wird.

Alle Ausgucksposten in den Marsen und in der Bramsahling sind besetzt und von der Kommandobrücke aus sucht der Offizier fortwährend den Horizont mit dem Fernrohr ab, um ja rechtzeitig die Ankunft der »Hohenzollern« dem Kommandanten melden zu können.

Endlich gegen acht Uhr morgens ruft der Wachtoffizier dem Kadetten der Wache zu:

»Melden Sie dem Kommandanten: die »Hohenzollern« ist in Sicht.«

Wenige Minuten später gellen die Bootsmannspfeifen durch alle Decke und die Kommandos folgen Schlag auf Schlag. Durch das Fernrohr kann man bald den weißen Rumpf der »Hohenzollern«, welche in die Elbe einfährt, unterscheiden. Aus den gelben hohen Schornsteinen der »Hohenzollern« qualmt der Rauch, zeitweise die gelbe Kaiserstandarte verdeckend, welche das Schiff im Großtopp führt.

Näher und näher kommt die »Hohenzollern«! Schon unterscheidet der Kommandant, der auch auf die Brücke getreten ist, auf der oberen Kommandobrücke der »Hohenzollern«, die für den Kaiser bestimmt ist, die Gestalt des höchsten Kriegsherrn!

»Klar bei den Geschützen! Klar zum Salut!«

Eine Feuersäule schießt aus der ersten Batteriepforte des Steuerbords und ein dröhnender Knall erschüttert die Luft. Eine zweite Feuersäule schießt aus der Steuerbordseite der »Moltke« heraus und Schuß auf Schuß kracht.

Die »Moltke« salutiert die Kaiserstandarte.

Die ganze Besatzung steht, soweit sie nicht an den Geschützen beschäftigt ist, auf Deck.

»Zum Paradieren enter auf!«

Die Kadetten und Matrosen entern in die Raaen auf, um hier, aufrechtstehend, Stellung zu nehmen. Die Schiffsjungen bleiben vorläufig an Deck, da sie noch nicht auf die Paradierrolle eingeübt sind.

Dicht an der »Moltke« gleitet die »Hohenzollern« vorüber.

Das dreifache Hurra der auf den Raaen und an Deck stehenden Mannschaften grüßt zusammen mit den dröhnenden Schüssen den Deutschen Kaiser. Auf der oberen Kommandobrücke der »Hohenzollern« steht der Kaiser und grüßt dankend ernsten Gesichtes nach der »Moltke« hinüber.

Rasselnd fahren die Anker und Ketten des Kaiserschiffes in die Tiefe, nachdem dieses ein Stück weiter stromaufwärts hinter der »Moltke« angelangt ist. Das Steuerbord-Fallreep auf der »Hohenzollern« wird heruntergelassen. Bald daraus erscheint die weiße Kaiser-Gig mit der gelben Standarte am Heck, um das Hinterteil der »Hohenzollern« herum, in direkter Fahrt auf die »Moltke«.

In Musterungsdivisionen stehen jetzt sämtliche Seeleute und Maschinisten an Deck. Offiziere in voller Gala mit Orden empfangen den Kaiser unten am Fallreeps-Podest, während an der oberen Fallreeps-Plattform der Kommandant dem Kaiser den schriftlichen Frontrapport überreicht.

»Guten Morgen, Leute!«

begrüßt der Kaiser mit lauter Stimme die Mannschaft, und ein hundertstimmiges

»Guten Morgen, Majestät!«

antwortet ihm.

Die Offiziere werden vorgestellt, dann schreitet der Kaiser durch die Reihen der Mannschaften und begibt sich darauf in das Innere des Schiffes, überall nach dem Rechten sehend. Mit derselben Gründlichkeit wie der Inspekteur in Kiel untersucht auch der Kaiser das Schiff und steigt dann endlich wieder zum Oberdeck empor.

»Alle Mann achter aus!«

Der Kaiser steht auf dem erhöhten Achterdeck, und mit seiner hellen Kommandostimme richtet er jetzt einige Abschiedsworte an Offiziere und Mannschaften. Er wünscht ihnen glückliche Reise und gute Fahrt, vor allem glückliche Heimkehr! Er mahnt sie, ihre Pflicht zu tun, wie sie sie stets getan hätten, und die sie, wie er überzeugt sei, überall und zu allen Zeiten auch ferner tun würden.

Nach der Rede des Kaisers tritt der Kommandant des Schiffes vor und bringt ein dreifaches Hoch auf den Kaiser aus.

Kurze Zeit darauf verläßt der Kaiser, nachdem er noch mit einigen Offizieren und Kadetten gesprochen hat, das Schiff, und seine Gig bringt ihn nach der »Hohenzollern« hinüber.

Die »Hohenzollern« windet mit ihren Dampfwinden die Anker wieder auf und setzt ihre Fahrt fort.

Am Kreuzmast der »Hohenzollern« geht ein Flaggensignal in die Höhe.

»Glückliche Reise!«

heißt es, und es wird von der »Moltke« mit dem Flaggensignal

»Besten Dank!«

beantwortet. Drei Hurras sendet die Besatzung der »Moltke« dem Kaiserschiffe nach und die Mannschaften der »Hohenzollern« grüßen ebenfalls mit dreifachem Hurra die in das Ausland gehenden Kameraden.

In kaum einer Viertelstunde sind sämtliche Paradeuniformen an Bord der »Moltke« abgelegt. Die Mannschaften haben Arbeitszeug angezogen, die Weiterfahrt muß aufgenommen werden. Die Zimmermannsmaaten lassen durch Matrosen die langen vierkantigen Balken, die sogenannten Spillspaken, wagerecht in die Fächer des Gangspillkopfes stecken. Trommler und Pfeifer stellen sich neben dem Gangspill in angemessener Entfernung auf.

Die Matrosen treten in bestimmter Zahl hinter die Spillspaken.

»Hiev rund!«

Mit voller Wucht legen sich die Matrosen mit Armen und Brust gegen die Spillspaken. (Siehe Bild.)

.

»Hiev rund!«

»Immer fester, ihr Leute, immer fester!«

ruft der erste Offizier von der Brücke, und da sich der Anker nicht rühren will, springen die Maate dazu und stoßen mit gegen die Spillspaaken.

»Vorwärts, vorwärts, mehr Kraft!«

rufen sie den Leuten ermunternd zu.

Knarrend beginnt das Gangspill sich zu drehen. Die Pallen am Fuße des Gangspills, welche die Rückdrehung dieser senkrechten Winde verhindern, fangen an zu klappern, und langsam kommt die Kette an Bord.

»Schlagt an!«

ruft der erste Offizier, und Tambour und Pfeifer beginnen einen Marsch zu schlagen, nach dessen Takt die Mannschaften sich um das Gangspill bewegen.

»Schneller, schneller!«

ruft der erste Offizier, und Trommler und Pfeifer setzen mit einem Marsch für Laufschritt ein.

»Anker steht!«

kommt die Meldung von vorn, und am Gangspill bricht die Musik ab und hört das Herumlaufen auf, aber nur für kurze Zeit. Mit vereinten Kräften müssen die Mannschaften auch noch den zweiten Anker aus dem Grunde heben. Dann werden die Anker aufgetoppt, die Ankerketten in den Kasten und innerhalb des Schiffes in Ordnung gelegt, und während man noch die Rauchwolken der »Hohenzollern«, die der Kanalmündung in Brunsbüttel zustrebt, unten am Horizont erblickt, beginnt die Maschine der »Moltke« zu arbeiten. Nach den Anweisungen des Lotsen steuert sie der offenen See entgegen. Drei Hurras grüßen noch einmal die deutsche Küste, und von den vor Anker liegenden Handelsschiffen wird dem Kriegsschiffe noch ein Hurragruß nachgesendet.

Das letzte Feuerschiff, das in der Elbe liegt, ist passiert. Der Lotsenkutter kommt dicht an das Schiff herangesegelt und der Lotse geht von Bord.

Segel werden gesetzt, und mit Dampf und Wind nimmt die »Moltke« ihre Fahrt in die offene See auf.


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