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Schluss.

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. Etliche Tage danach schon war überall die Nachricht verbreitet, der Bischof von Luik sei durch Se. Heiligkeit Papst Martinus V. seiner kirchlichen Würden mit allen Ehren enthoben; die langersehnten Papiere waren endlich für ihn gekommen und von Kaiser Sigismund mit Holland und Zeeland belehnt, brach der verderbliche Krieg, der so lange schon die Bürger feindlich gegen einander gestellt, auf's Neue aus. Die Gräfin, in ihren Rechten sich gekränkt sehend und dem, auf ihren Charakter so wohlthätig wirkenden Einfluß ihres früheren Beichtvaters entzogen, schien, durch die Umstände gezwungen, nicht abgeneigt den Wünschen ihrer Edlen nachzukommen und ihre Rechte mit der ihr früher eigenen Willenskraft wieder zu handhaben. Nicht am wenigsten drang Herr van der Burg darauf und unterließ dabei nicht, leise Anspielungen auf die Rückkehr des Gesandten von Brabant zu machen; aber Jacoba zürnte ihm darob so sehr, daß sie den Mann, der so kühne Aeußerungen sich erlaubte, von ihrem Hofe entfernte und mit ihm einen ihrer treusten Freunde.

Endlich aber mußte sie dennoch den Klagen ihrer Edlen Gehör geben, die sie der Gleichgültigkeit an ihren Interessen beschuldigten, und während der Einfluß Johanns von Baiern täglich zunahm, wurde es ihr selbst klar, wie es sowohl für sie, als für Land und Volk nöthig sei, abermals einen Gemahl zu erwählen und damit über ihre Zukunft zu entscheiden.

In dieser Absicht von ihrem neuen Beichtvater, der ihr die Vorzüge des Klosterlebens mit Wärme schilderte, keinesweges unterstützt, beschloß sie über die Sache mit ihrer Frau Mutter zu rathschlagen, die, einer glänzenden Verbindung nur allzu geneigt, dem Wunsch der Edlen völlig beistimmte. Mit der ihr eignen Schlauheit wußte Margarethe ihre Tochter dahin zu bringen, daß sie sich bereit erklärte den Gesandten von Brabant in einer Privataudienz zu empfangen.

Bald war es denn auch kein Geheimniß mehr, daß Jacoba die Treue ihres jugendlichen Bewerbers zu belohnen entschlossen sei, und zögerte sie selbst nicht ihren vertrauten Freundinnen dies mitzutheilen; – im Grunde war es ihr gleichgültig was mit ihr geschah. »Meine Sonne ist auf Erden untergegangen,« sagte sie, »wie könnte ich noch Freude am Leben haben?«

Aleide schüttelte den Kopf zu solchen Worten; sie begriff die fürstliche Freundin nicht mehr und erkannte mit Schmerz, wie sehr Jacoba's Character seit Arkels Hingang und seit der Abberufung des Abtes sich verändert – leider nicht zum Vortheil. Wohl hatte die Jungfrau gestrebt, die edlen Kräfte in Jacoba's Seele wieder wach zu rufen, doch schienen diese immer mehr von andern Kräften beherrscht zu werden; und wie nun jeder Mensch seine persönlichen Schwächen hat, die, eine gewisse Grenze überschreitend, zu schwerer Sünde werden können, so fürchtete die edle Jungfrau bald, ihre hingebende, warme Liebe werde nicht im Stande sein, die fürstliche Freundin von dem Ueberschreiten dieser Grenze zurückzuhalten.

Als endlich der lange, an schmerzvollen Ereignissen so reiche Winter dem lieblichen Frühling gewichen war, traf die Kunde ein, Herr Johann von Baiern werde sich mit einer Nichte des Kaisers Sigismund vermählen. Und jetzt durfte nicht länger gesäumt werden, Einfluß und Macht des Grafen wuchsen zusehends und Jacoba entschloß sich nach schwerem Kampf in ehelicher Verbindung mit Herrn Johann von Brabant ein neues Leben zu beginnen. »Möge es zum Heil meiner Nation sein!« sagte sie, als sie, um diesen Entschluß zu verkündigen, mit dem ihr eignen Stolz unter ihren Edlen erschienen war; und »Es lebe unsere Fürstin, es lebe Jacoba!« erscholl's aus Aller Mund, denn der Wunsch Vieler war jetzt erfüllt.

Wenig bleibt noch zu sagen. Die Vermählung der Gräfin mit Johann von Brabant wurde im Frühsommer des Jahres 1418 mit allem Glanz vollzogen, der fürstlichen Personen gebührt; daß diese Ehe jedoch lediglich aus äußeren Interessen geschlossen war, erhellt genugsam aus dem ferneren Leben der Gräfin, das wenig Freude, des Leids aber viel ihr brachte.

Wie weit Letzteres selbst verschuldet war, darüber wollen wir uns jeden Urtheils enthalten; gewiß ist, daß nicht allein Umstände und Ereignisse, sondern auch die Umgebung eines Menschen großen und nicht selten nachtheiligen Einfluß auf einen edlen, aber leidenschaftlichen Charakter ausüben können.

Ob nun dies bei Jacoba der Fall war, möge der Leser selbst entscheiden, während mir nur noch die Aufgabe bleibt einzelner Personen dieser Erzählung zu erwähnen. Zunächst des jungen van der Houve. Nach der schrecklichen, wirklich im Irrsinn vollzogenen Rache, die zu völligem Wahnsinn führte, wurde der Unglückliche von Catharinens Mutter gepflegt und starb nach wenig Monaten schon, von Vielen beklagt. Danach blieb Frau Griete allein und mittellos und folgte dem Rath des Priesters von Liethorp, ihr Leben in einem Kloster dem Dienst Anderer zu widmen, fand auch durch seine Verwendung bald einen Platz als Liebesschwester.

Was Aleide Eggert betrifft, so sagt uns die Geschichte, daß sie später durch Heirath dem edlen Hause van Zyl angehörte; wir dürfen überzeugt sein, daß sie glücklich gewesen ist, denn sie trug den Keim dazu in ihrem Herzen, ein Keim, der sich entwickelnd, auch nach Außen hin belebend wirkt. Denn wo die Liebe als heilige Priesterin herrscht, wo die Hoffnung des Lebens Leid mildert und wo der Glaube als ein heller, nie untergehender Stern am Horizont bleibt, da sind, und nur da, die Grundbedingungen wahren Glückes vorhanden.

 

Anmerkungen eingepflegt. joe_ebc für Gutenberg..

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Druck von Felix Schneider in Basel.
(Adolf Geering.)

 


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