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Vorwort.

» Wer sich nicht selbst helfen kann, der muß unterliegen,« – so tönt in diesem Augenblick eine helle Stimme in mein Arbeitszimmer hinaus. Sie klingt von den Lippen eines tapferen Mägdeleins, das da unten auf dem grünen Rasen mit ihren Freundinnen allerlei Kriegsspiele aufführt. »Wer sich nicht selbst helfen kann, der muß unterliegen,« – dies Wort soll mir den Theil meines Vorworts liefern, der allemal der schwerste ist, nämlich das Anfangswort. Das heißt: Ich dürfte kein empfehlendes Vorwort schreiben, wenn mein Töchterlein da unten Recht hätte. Alsdann müßte ich den edlen Frauen, die dies Buch verfaßt und gedolmetscht haben, zurufen: Euer Opus muß sich selbst Bahn brechen durch die eigne ihm innewohnende Kraft und wenn es das nicht vermag, so ist es nicht werth zu existiren.

Dies ist ja nun auch in der That ein sehr moderner Grundsatz, aber er ist längst nicht immer richtig. Freilich »muß das Werk den Meister loben«; also nicht ein Kritiker, nicht ein Lobredner, sondern das Werk des Meisters muß für den Meister zeugen. Aber wie kann es das, wenn es an denen fehlt, die es einer ernsten Betrachtung würdigen –? Und ich fürchte dies Schicksal, verborgen zu bleiben, könnte unserem Buche auf dem so überflutheten deutschen Büchermärkte leicht widerfahren. Denn: »Eine Übersetzung aus dem Holländischen«, – das ist heutzutage nicht grade eine glänzende Empfehlung. Die Zeiten sind vorläufig vorüber, wo unsere holländischen Brüder ihre Nachbarn mit einer Fülle geistiger Gaben überschütteten. Sparsam reifen jetzt in der niederländischen Meeresebene die Kräfte, die jenseit der Grenzen viele Liebhaber finden.

Doch auch gegenwärtig fehlt es keineswegs an solchen, die dessen werth sind und auch das vorliegende Buch ist ein Beweis dafür. Die Verfasserin Frau Sophie Kautzmann ist eine Tochter des ebenso berühmten als hochgesegneten Utrechter Professors van Osterzee, meines väterlichen Freundes. Die Tochter ist aber wirklich voll und ganz ihres Vaters Tochter, was man von Kindern bedeutender Väter leider nur selten sagen kann. Meine ehrliche Meinung ist, daß dieser historische Roman werth ist in Deutschland gelesen zu werden. Ich wage die Behauptung, daß er zu der seltenen Gattung derer gehört, die es verdienen, ebenso auf dem Büchertisch junger Mädchen als ernster Männer einen Platz zu finden.

Nicht in die große Heldenperiode Hollands, nicht in den titanischen Kampf, den dies kleine Volk um politische und religiöse Freiheit mit der spanischen Weltmacht führte, – nicht dahinein führt uns unser Buch. Darüber ist bereits sehr viel geschrieben und in letzter Zeit noch hat Ebers uns durch seine »Frau Bürgermeisterin« in diese großartige Zeit zurückversetzt. Unser Buch will uns eine viel frühere Geschichtsperiode aufschließen, nämlich das Jahrhundert, das der Reformation vorangeht. Die Verfasserin hat offenbar sehr gründliche und umfassende Forschungen auf diesem Gebiet gemacht und entrollt uns ein farbiges und lebhaftes Bild jener letzten Periode des Mittelalters. Sehr fein weist uns die Tochter des berühmten Theologen auf die einzelnen Morgensterne hin, die den neuen Tag der Reformation verkünden. Vortrefflich und konsequent (wenn auch zuweilen etwas breit) zeichnet sie die einzelnen Charaktere und zwar nicht nur Sinn und Sein, Lust und Leid der Frauenherzen, sondern auch das, was stolzer und freier Männer Brust und Willen bewegt. Nur bei der Schilderung einer Schlacht merkt man allzu sehr die Frauenhand. Aber das ist ihr zu keiner Unehre gesagt. Wer kann von einem ächten Weibe verlangen, was Sache eines Generalstab-Officiers ist? –

Was schließlich die Uebersetzung betrifft, so entspricht sie billigen Anforderungen durchaus. Ein wirklich »glänzender Stil« ist eine Gottesgabe, die nur wenigen beschieden ist, noch seltener aber ist es, einen leichten und guten Stil in Uebersetzungen zu behaupten. Dazu gehört sehr viel Uebung und Fleiß. An beiden hat es unserer Dolmetscherin, die uns schon den » Wunderdoctor von Delft« geschenkt, nicht gefehlt. Tadellos kann ich freilich die Uebersetzung nicht nennen, aber im Ganzen liest sie sich gut und verräth nur selten den holländischen Ursprung.

Doch genug der Worte! Es ist nicht des Vorredners Aufgabe, den Inhalt des Buches anzugeben und so die Sahne von der Milch vorweg zu nehmen, – noch auch im Einzelnen Kritik zu üben. Nein, ich möchte nichts thun als meinen Freunden, und speciell den Freunden des christlichen historischen Romans, zurufen: »Nehmet und leset und ihr werdet deß viele Freude haben!«

Bremen, im Juli 1882.
Otto Funcke.


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