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Dreißigstes Kapitel

Der Congreß hatte am 5. Juni 1790 Steuben's Jahrgehalt bestimmt. Am 10. desselben Monats finden wir ihn bereits auf dem Wege zu seiner Besitzung.

Die Reise von New-York dahin, welche man jetzt leicht in zwölf Stunden macht, nahm damals mehrere Tage in Anspruch. Steuben kehrte gewöhnlich bei North in Duanesburgh ein, speiste bei P. Schuyler oder St. van Reusselaer in Albany zu Mittag und besuchte überhaupt unterwegs seine alten Kameraden. Johann Post, ein alter Deutscher aus Schenectady, war zu jener Zeit der einzige Kaufmann in Utica. P. Jones Annals of Oneida County pag. 430. Bei ihm, den er vom Kriege her kannte, nahm Steuben sein letztes Absteigequartier, wenn er von New-York nach seinem Landsitz reiste. Vor 1790 war er nur ein oder zwei Mal auf seiner »Farm« gewesen; von da an aber verbrachte er daselbst regelmäßig einige Sommermonate. Der Bezirk, in welchem seine Besitzung lag, ist hochgelegen und besser zur Viehzucht als zum Ackerbau geeignet; weßhalb auch nur wenig Korn und Weizen daselbst gebaut wird. Von Osten nach Westen zieht sich ein Bergrücken, welcher der höchste im ganzen County ist und dessen größte Höhen Steubenhill und Starhill heißen. Sie sind so hoch, daß Mais dort nicht zur Reife gelangt. Die Landschaft macht auf den Besucher einen mächtigen Eindruck. Ringsum liegt das Land viele Meilen weit vor seinen Blicken ausgebreitet und läßt sich nach Westen und Nordwesten bis zur fernsten Grenze des Horizontes verfolgen. Er überschaut einen großen Theil des Oneida-See's und sieben verschiedene Counties. Im Ganzen ist der Boden des Bezirkes steinicht; die Felder sind dicht mit Kieseln und Felsstücken übersäet, von denen manche von colossaler Größe.

Während des Aufenthalts auf seiner Farm führte Steuben ein regelmäßiges Tagebuch, worin er Alles mit derselben Genauigkeit eintrug, welche er bei seinen offiziellen Berichten im aktiven Dienste beobachtet hatte. So finden wir daselbst unter Anderen, daß er am 4. Juli 1790 zu Ehren der Unabhängigkeitserklärung allen seinen Leuten sowie den umwohnenden Nachbarn ein Festmahl giebt; wir ersehen daraus, welche Fortschritte er in seinen landwirtschaftlichen Bestrebungen macht, welche Anordnungen er trifft, welche Hoffnungen er hegt, welche Enttäuschungen er erfährt, welche Verträge er für die Cultivirung seines Landes abschließt, wie es mit seinen Landverkäufen geht, welche Bestimmungen er für die nächsten Jahre trifft und endlich welche Sorgen und Unzufriedenheit ihm seine Verwalter machten. Wo er einen würdigen Revolutions-Soldaten fand, machte er ihm ein Geschenk von 40-100 Ackern Land. Im Herbst kehrte er regelmäßig nach New-York zurück, um den Winter im Kreise seiner Freunde zu verbringen. Obwohl er ohne Familie war, so lebte er doch zufrieden im Kreise einiger alten Waffengefährten, sowie seiner Nachbarn und der Freunde, welche ihn zu Zeiten in seiner ländlichen Einsamkeit besuchten.

Im Jahre 1791 machte er die Bekanntschaft von John W. Mulligan, einem jungen, talentvollen Manne, dessen Vater in New-York ein entschiedener Whig gewesen und deßhalb sehr zurückgekommen war. Mulligan ist jetzt ein ehrwürdiger rüstiger Greis von 84 Jahren, dem der Verfasser alle Einzelheiten über Steuben's letzte Lebensjahre verdankt. Es ist erfrischend, einen Mann von seinen Jahren noch im vollen Besitz seiner geistigen Fähigkeiten und eines Gedächtnisses zu sehen, das einen so reichen Schatz interessanter Anekdoten und Thatsachen aus jener Zeit birgt. Nachdem Herr Mulligan seine Studien auf dem Columbia College vollendet hatte, wurde er Steuben's Secretair und diente ihm mit hingebender Treue, welche ihm die Freundschaft und das Vertrauen Steuben's gewann.

Steuben hatte zu seinen Verwandten in Europa gar keine Beziehungen. Im November 1786 besuchten ihn seine beiden Neffen, die Söhne seiner einzigen Schwester, die Barone Constantin und Hans von Canitz; allein ihre Aufführung war so schlecht, roh und gemein, daß er sie nach Jahresfrist voll Verachtung wieder heimschickte. Ohne besondere Erziehung genossen zu haben, war der eine Lieutenant und der andere Fähnrich in einem preußischen Infanterie-Regiment gewesen; der älteste hatte wegen einer Mißheirath früh abgedankt; der jüngere war desertirt. Steuben sagt von ihnen, daß sie alle Verbrechen begangen hätten, weiche die Criminalgesetze eines civilisirten Volkes spezifizirten, und daß Meineid, Betrug und Blutschande darunter die geringsten gewesen waren. Von Briefen an seine Verwandten in Europa finden wir unter Steuben's Nachlaß keine Spur; dagegen eine Menge Gesuche mit Geld und Unterstützung Seitens der ersteren an ihn. Diese häufig wiederholten Bitten machten ihn endlich so unwillig, daß er allen Verkehr mit ihnen abbrach und ihnen in seinem letzten Willen nichts vermachte. Er berührt diesen Gegenstand in einem Brief über seinen ältesten Neffen vom 27. Juli 1790 in folgender Weise: »Ich bin ein selbstgemachter Mann; meine persönliche Stellung ist das Werk meiner eigenen Kraft, allein ich vergaß niemals, wo ich's vermochte, meine ärmeren Verwandten zu unterstützen. Sie hielten mich indeß für reicher als ich bin; das Gerücht, ich hätte ungeheure Besitzungen und ein großes Vermögen erworben, verbreitete sich bis zum fernsten Winkel Deutschlands, weßhalb ich allen Anforderungen meiner Familie nicht Genüge leisten konnte. Das Wenige, was ich für sie thun konnte, wurde häufig mit dem verglichen, was ich nicht zu thun vermochte und mir mehr zum Schaden als zum Verdienst angerechnet. Sie hielten sich für berechtigt, von mir Alles zu verlangen, während ich nichts von ihnen erwartete.«

Als Steuben im Herbst 1793 von seiner Farm zurückgekehrt war, stellte er, da er einen Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und England befürchtete, in Begleitung seines alten Unter-Inspektors Nicolaus Fish eine genaue Vermessung des der Stadt New-York benachbarten Gebietes an. Besonders sorgfältig nahm er das Terrain vom Hellgate bis zu den Narrows auf und suchte die besten Plätze zur Errichtung von Fortifikationen aus. Den Plan nebst einem Begleitschreiben und Memoir behändigte er der Corporation von New-York als Zeichen seiner Dankbarkeit gegen die Stadt. Dieser Plan wurde im Jahre 1807 von dem Obersten Wm. S. Smith, einem alten Freunde Steuben's und Schwiegersohn des Präsidenten John Adams, wieder an's Licht gezogen und zu seinem ursprünglichen Zwecke benutzt. In Bezug hierauf schrieb Mulligan am 1. August 1807 aus New-York den folgenden interessanten Brief an Walker: Steuben's Man.-Pap. in Utica.

»Bei der gegenwärtigen Lage unserer politischen Verhältnisse erregt die Frage über die Vertheidigung unserer Stadt natürlich große Aufmerksamkeit und Besorgniß. Man hat verschiedene Pläne gemacht und vorgeschlagen; doch es scheint der, welcher die Vertheidigung der Narrows in sich schließt, die meisten Fürsprecher zu haben. Einer derselben, welchen Wm. S. Smith veröffentlicht hat, ist, glaube ich, ein vollständiges Plagiat dessen, den unser ausgezeichneter Freund, mein Wohlthäter Baron Steuben entworfen hat. Im Jahre 1793 verwandte er, wie Sie wahrscheinlich wissen werden, mehrere Tage auf eine sorgfältige Untersuchung der Narrows und entwarf einen Plan, den er nebst einer Denkschrift der Corporation schenkte. Trotz sorgfältiger Nachforschung ist dieser Plan nirgends zu finden. Ich hoffe, daß eine Copie davon unter seinen in Ihrem Besitz befindlichen Planen und Papieren vorhanden ist. Haben Sie die Güte, mir den Plan oder die Denkschrift, falls Sie eins oder das andere finden sollten, sobald wie möglich durch einen sicheren Boten zu übersenden. Da ich ein Mitglied des Stadtverordneten-Collegiums bin, so wünsche ich dieselben jetzt zu haben, weil wir auf den Wunsch der Bürger gerade mit dem Plane einer sofortigen Befestigung der Narrows umgehen; die Erbauungskosten erwarten wir später vom Gouvernement zurück, da die Regierungs-Commissäre es gegenwärtig nicht für zweckmäßig oder mit ihren Instruktionen im Einklang hielten, Geld auf die Befestigung jenes Punktes zu verwenden. Außer anderen Veranlassungen, die mir den Besitz des erwähnten Planes wünschenswerth machen, ist mein Hauptbeweggrund der, daß ich verhüten möchte, daß irgend Jemand sich das unserm Freunde gebührende Verdienst anmaßte.«

Steuben hatte durch seinen Plan einen Gegenstand berührt, der bald von praktischer Bedeutung werden sollte, da in Folge der vielen Verletzungen des Friedensvertrages von 1783 der Ausbruch eines Krieges zwischen den Vereinigten Staaten und England für unvermeidlich gehalten wurde. Die Gesetzgebung von New-York bestimmte laut Gesetz vom 26. März 1794, Laws of the States of New-York, 17. Session. N. Y. 1794. daß die Festungswerke in und nahe der Stadt und dem Hafen von New-York reparirt und durch neue verstärkt werden sollten, damit genügende Vertheidigungsmittel für Stadt und Hafen vorhanden waren.« Durch dasselbe Gesetz wurden sieben Männer, nämlich Friedrich Wilhelm von Steuben, Peter Gansewoort jr., William North, Stephan van Rensselaer, John Taylor, John Vernok und Daniel Hale zu Commissären ernannt, um solche Festungswerke zu errichten, eine oder mehrere schwimmende Batterien oder andere Kriegsfahrzeuge zu erbauen, die ihnen zum Schutz der nördlichen und westlichen Grenze des Staates nöthig erscheinen möchten.« Da der von John Jay mit England abgeschlossene Vertrag diesen Krieg verhütete, so erlangte jenes Gesetz nie praktische Wirksamkeit. Uebrigens herrschte im Frühjahr 1794 eine allgemeine Aufregung und die öffentliche Stimmung war in der Erwartung eines Krieges mit England so enthusiastisch, daß die Bürger von New-York sich beinahe wie ein Mann freiwillig erboten, an der Erbauung der Befestigungen in der Nachbarschaft der Stadt zu helfen. Die deutsche Gesellschaft z. B., deren Präsident Steuben war, beschloß am 21. Mai 1794, daß alle ihre Mitglieder und überhaupt die deutschen Einwohner New-York's, wenn es gewünscht würde, einen Tag lang an den Forts, die man eben auf Governor's Island in Angriff genommen hatte, mitarbeiten sollten. Original-Protokolle der Deutschen Gesellschaft. Sie versammelten sich deßhalb am frühen Morgen des 5. Juni 1794 im lutherischen Schulhause in der Nassau-Straße, marschirten, ihren Präsidenten an der Spitze, mit fliegenden Fahnen und Musik den Broadway hinab nach Whitehall und setzten nach Governor's Island über, wo sie, nachdem ihnen der Major der Stadt ihre Plätze angewiesen hatte, bis Sonnenuntergang arbeiteten.

Wenige Tage nachher verließ Steuben die Stadt, um den vom Staate New-York ihm ertheilten Auftrag auszuführen. Unterwegs machte er in Albany Halt und hielt mit den übrigen Commissären die erste Sitzung, in welcher er zum Präsidenten und John W. Mulligan zu seinem Sekretair ernannt wurde. Hier ward ihm die Aufgabe zugetheilt, das westliche Gebiet bis Fort Oswego und Fort Stanwix zu untersuchen. Er begab sich sofort auf die Reise und widmete ihr den größten Theil des Sommers. In Begleitung von North und Stephan van Rensselaer ging Steuben vom alten Fort Stanwix den Wood Creek abwärts, setzte über den Oneida-See, fuhr dann den Seneca-Fluß hinab in den Onondaga-See hinein bis nach Salt Point. Hier waren mehrere Hundert Indianer in Berathung beisammen, Einige freundlich, Andere aber feindlich gegen die Vereinigten Staaten gesinnt. Die Commissäre umstellten das Haus, worin die Berathung stattfand, mit einer starken Wache und erfuhren nach Beendigung derselben, daß die feindseligen canadischen Indianer sich in großer Anzahl an der Mündung des Oswego-Flusses versammelt hätten, um Steuben gefangen zu nehmen und ihn nach dem Fort Oswego zu bringen, welches damals noch von den Briten besetzt gehalten ward. In Folge dieser Nachricht begab sich Steuben, um den Hinterhalt zu vermeiden, zu Lande nach Fort Stanwix. Als das Boot, in welchem L. Hough, der Bediente und die Bagage sich befanden, in den Onondaga-See einfuhr, kamen bewaffnete Indianer in mehreren Booten heran und fragten, wo Steuben sei? Als Hough ihnen geantwortet hatte, waren sie höchlich erstaunt und umzingelten sein Boot. Er schloß anfangs daraus, daß sie ihn gefangen nehmen und nach dem Fort bringen wollten. Indessen stellte sich's bald heraus, daß sie es auf Steuben allein abgesehen hatten; denn sie ließen Hough ruhig passiren.

Diese Inspektionsreise war der letzte Dienst, welchen Steuben seinem Adoptiv-Vaterlande leistete. Er kehrte gegen Ende August auf seine Farm zurück, um hier den schönen Herbst zu verbringen, und verschob die Ausarbeitung seines Gutachtens für die Befestigung der nordwestlichen Grenze, sowie die Ausführung der Pläne auf den Winter.

Auf dem Lande lebte er wieder ganz seinen ihm so lieb gewordenen Beschäftigungen. Seit er in Folge des ihm bewilligten Jahrgehaltes sich in weniger gedrückten Verhältnissen befand, hatte er es sich ganz besonders angelegen sein lassen, seine Ländereien, von denen schon sechszig Acker urbar gemacht waren, in gute Cultur zu setzen. Sein Lieblingsplan aber war, sich ein schönes Wohnhaus in europäischem Style zu bauen. Der höchst geschmackvolle Plan dazu, von ihm selbst angegeben und von J. Newton ausgeführt, findet sich noch in seinen Papieren.

Es wohnten um diese Zeit sechszehn Familien, die auf längere Pachtzeit für 100 Acker von 10 bis 20 Dollars bezahlten, auf seinen Besitzungen. Er sprach mit seinen Freunden und Hausgenossen gern über seine landwirthschaftlichen Aussichten, über die Anlage eines künstlichen See's, zu dem er das Wasser von zwei durch seine Besitzung fließenden Bächen benutzen wollte, von der schönen Beschaffenheit und Lage seines Landes und seiner Ansiedelung. Auf seiner kleinen Stute Molly ritt er über die Felder und überwachte und leitete die Arbeiten und Verbesserungen. Mündliche Mittheilung Mulligan's. Abends besuchte er seine Freunde und Nachbarn, spielte Schach mit ihnen, las Zeitungen oder sprach über Tagespolitik, die gerade zu dieser Zeit besonders interessant war, wo die französische Revolution ihren Höhepunkt erreicht hatte und wo die französischen Armeen siegreich gegen Preußen und Oesterreich fochten. Steuben hielt die Leyden'sche Zeitung, ein holländisches Wochenblatt, welches damals ungefähr denselben Rang wie gegenwärtig Galignani's Messenger einnahm und die besten und schnellsten Nachrichten über die Tagesereignisse brachte. Mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgte er die Bewegungen der streitenden Armeen und die militärischen Operationen im Allgemeinen; er hatte jedoch von der französischen Volkswehr, an die er den Maßstab der amerikanischen Miliz anlegte, eine zu geringe Meinung, während er die alliirten Truppen überschätzte, indem er sie nach dem von großen Generälen befehligten und von Energie und Enthusiasmus beseelten Truppen des siebenjährigen Krieges beurtheilte. Aus diesem Grunde war ihm schon im Jahre 1792 der Rückzug der Preußen durch die Champagne unerklärlich und zugleich erschütternd gewesen. »Es ist unmöglich,« rief er aus, als er die erste Nachricht darüber empfing, »nie sah ich die preußischen Adler weichen; es ist eine von den Franzosen erfundene Lüge;« und als bald nachher die Nachricht bestätigt ward, war er des festen Glaubens, daß der rückgängigen Bewegung der Preußen eine diplomatische Intrigue zu Grunde liege. »Ich muß,« sagte er, »den Prinzen Heinrich über dieses unbegreifliche Verhalten befragen.« Mündliche Mittheilung Mulligan's.

Während der günstigen Jahreszeit empfing Steuben häufig Besuche von europäischen und amerikanischen Reisenden, die er mit der größten Gastfreundlichkeit bewirthete. Die französische Revolution bildete natürlich stets das Hauptthema der Unterhaltung. Einst als von Jemandem die Abschaffung aller Adelstitel in Frankreich erwähnt wurde, und Steuben darauf aufmerksam gemacht ward, daß er den seinigen auch aufgeben und sich einfach Bürger Steuben nennen müßte, erwiderte er scherzend, daß wenn er dieses auch thäte, der Titel dennoch niemals aussterben würde, da ja alle Kinder, welche »Baron Steuben« getauft wären oder würden, denselben verewigten. Mündliche Mittheilung Mulligan's. Alte Kameraden besuchten ihn häufig; seine Nachbaren kamen oft zu ihm um die Abende bei ihm zu verbringen. Die Besuche der Letzteren verfehlte er nie zu erwiedern. »Ah,« rief einst ein alter Mann, der Capitain gewesen war und zur Zeit ein Gasthaus nahe bei Utica hielt, »wie freue ich mich, Baron, Sie in meinem Hause zu sehen, trotzdem ich früher sehr große Angst vor Ihnen hatte!« Wie so, Capitain? »Sie fluchten und wetterten und blickten mich einst so fürchterlich an, Baron, daß ich's niemals vergessen werde. Wenn ich Sie so auf den Offizier zu meiner Rechten zuschreiten sah, wurde mir ganz wunderlich zu Muth und wenn Sie dann zu mir kamen, wußte ich oft nicht, was ich thun sollte und ich zitterte in meinen Schuhen.« Pfui doch, Capitain? »Gewiß es war schlimm,« erwiederte der Alte, »aber Sie donnerten mich schrecklich an.« Trotz dieser Furcht, die Steuben dem Capitain früher eingejagt hatte, bewiesen doch sein Blick und sein Benehmen, daß ihn des Baron's Anwesenheit an seiner Tafel mehr als alles Andre erfreute. Mündliche Mittheilung Mulligan's.

Unter seinen Nachbarn hatte er einen gewissen Mappa am liebsten. Er war ein Holländer und Präsident der Holland-Genessee-Land-Compagnie. Sein Vaterland hatte er in Folge der letzten Bewegungen gegen den Statthalter verlassen und da er ein eifriger Republikaner war, nach der Niederlage der republikanischen Partei eine Zuflucht in den Vereinigten Staaten gesucht. Er leistete diesen große Dienste, indem er eine große Menge fleißiger und ordentlicher holländischer und deutscher Einwanderer nach den Ländereien der Holland-Company zog. Steuben hatte ihn, wie gesagt, sehr gern und kam mit ihm so oft es anging, zusammen. – Ein alter Seemann, Namens Simeon Woodruff, der mit dem Capitain Cook die Welt umsegelt hatte, gehörte zu den Besiedlern der Steuben'schen Ländereien. Diese Thatsache benutzte Steuben eines Tages während seines Winteraufenthalts in New-York, als einige Freunde über seinen Versuch, die Gebirge an den Quellen des Mohawk zu besiedeln, scherzten, zu einer komischen Abfertigung. Nachdem er in etwas gereiztem Tone gesagt hatte, daß sein Land das Beste in der Welt sei und daß er dieses beweisen wolle, fuhr er fort: »Seht, da ist der Capitain Simeon Woodruff, der mit dem Capitain Cook die Welt umsegelt hat; der hat von mir ein Stück Land gekauft und sich auf demselben angesiedelt. Würde er das aber gethan haben, wenn er auf seinen Reisen ein besseres Stück hätte finden können?« Niemand hatte gegen dieses Argument etwas einzuwenden. P. Jones Annals of Oneida County, p. 445.

So verging der Sommer und Herbst im angenehmsten geselligen Verkehr. Wenn die Abende länger würden, füllte sie Steuben durch Unterhaltungen mit seinem jungen Freunde Mulligan und durch Schachspiel aus, ober er ließ sich aus Gibbon's römischer Geschichte und aus Voltaire und anderen historischen und kritischen Werken vorlesen. Da aber in diesem Jahre der Winter sehr früh kam und schon im November ein tiefer Schnee fiel, so rüstete er sich dies Mal eher als sonst zur Rückkehr nach New-York.

Er fühlte sich vollkommen gesund und war in der besten Laune, als er sich mit 25. November, nachdem ihm Mulligan in gewohnter Weise aus Gibbon vorgelesen hatte, gegen 11 Uhr zu Bett legte. Außer Mulligan und zwei Bedienten war Niemand bei ihm. Oberst North hatte ihn schon einige Wochen früher verlassen und sich nach Duanesburgh begeben. Mulligan schlief im Nebenhause, welches auf einem Hügel nördlich von den urbar gemachten sechszig Ackern lag und auf welchem Steuben sein Wohnhaus zu errichten beabsichtigte. Jenes Nebenhaus bestand aus zwei Zimmern, einer Küche, einer Kammer und einem Bodengemach, in welchem die Diener schliefen. Während des Sommers 1794 hatte Steuben an der Ostseite des Blockhauses einen kleinen Anbau gemacht, der ein Zimmer und eine Schlafkammer enthielt und nur einen Eingang von Außen hatte. In diesem Anbau schlief Steuben, während die Lagerstatt seiner Hausgenossen im Blockhause war. Am 26. November früh Morgens um 4 Uhr weckte Wilhelm, Steuben's deutscher Diener, Mulligan mit der Trauerbotschaft, daß sein Herr plötzlich vom Schlage getroffen sei und im Sterben liege. Mulligan eilte auf diese Kunde sogleich hinaus durch den Schnee nach Steuben's Zimmer und fand ihn im Todeskampf. Steuben schien sehr zu leiden und vermochte nur im gebrochenen Tone zu sagen: »Sei nicht ängstlich, mein Sohn!« Dies waren seine letzten Worte. Bald nachher trat ein Zweiter Schlaganfall ein, worauf er zurücksank und seine Hände auf die Schenkel fallen ließ. Mulligan ließ sogleich den eine halbe Meile entfernt wohnenden Verwalter holen und sandte ihn unverzüglich nach seiner Ankunft zu dem nächsten Arzte, der 18 Meilen entfernt in Whitestown lebte. Gleichzeitig trug Mulligan dem Verwalter auf, daß er unterwegs bei Herrn Mappa in Boonesville vorspräche, da dieser als ein erfahrener Mann unter den obwaltenden Umständen von großem Nutzen hätte sein können; doch unglücklicherweise war Mappa nicht zu Hause. Von da hatte der Verwalter nach Duanesburgh zu gehen, um den Oberst North von dem Vorgefallenen zu benachrichtigen. Steuben blieb während des größten Theils dieses Tages scheinbar bei Bewußtsein, obwohl er oft von Krämpfen befallen wurde. In der folgenden Nacht wiederholten sich letztere zwar einige Mal wieder, doch genoß er eines ruhigen Schlafes. Mulligan bot inzwischen alles Mögliche auf, um seinen Zustand zu erleichtern, bis endlich am Donnerstag den 27. November um 2 Uhr Nachmittags der Doctor kam. Die von diesem angewandten Mittel brachten einige, jedoch nur temporäre Erleichterung hervor. Der Fall gab keiner Hoffnung Raum, da der Schlag zu heftig gewesen war. Ohne ein Zeichen von Bewußtsein und ohne sichtlichen Todeskampf verschied Steuben am 28. November um 12½ Uhr Mittags.

Oberst North kam zu spät: in Folge der weiten Entfernung und des schlechten Zustandes der Straßen langte er erst am Tage nach Steuben's Tode auf der Farm an. Er billigte die Vorbereitungen, welche Mulligan für das Leichenbegängniß getroffen hatte. Es war, wie er sich oft im Freundeskreis ausgesprochen, Steuben's Wunsch, daß er ohne Pomp, in seinen Soldatenmantel gehüllt, auf einem von ihm zu bezeichnenden Flecke beerdigt würde. Man hatte ihn einst sagen hören, daß unter einer in der Nähe seiner Wohnung stehenden Tanne ein guter Ruheplatz wäre, ohne daß er jedoch den Wunsch, dort selbst begraben zu werden, geäußert hätte. Da er sich über diesen Punkt nie weiter ausgesprochen hatte, so wählten North und Mulligan jenen Platz zu seiner Ruhestätte. Dieselbe befand sich ungefähr drei Minuten nördlich von dem Wohnhause auf einem Hügel mitten im Walde. Sie hatten beträchtliche Schwierigkeiten, das Grab zu graben, da der schmelzende Schnee hineinsickerte und des alten Kriegers letzten Ruheplatz durchnäßte. Seinen Anordnungen entsprechend fand Steuben's Beerdigung an einem kalten Wintertage, am Mittag des 30. November 1794 statt. Sämmtliche Nachbaren, ungefähr dreißig an der Zahl, waren herbeigeeilt, um ihrem geliebten alten Freunde das letzte Geleit zu geben. Mündliche Mittheilung Mulligan's.

Das Leichenbegängniß war einfach und bescheiden. Keine Trauermusik ertönte, keine verhüllten Adler und Fahnen folgten dem Sarge und keine militärische Ehrensalve sandte ihm den letzten Gruß ins Grab nach. Lautlos und still bewegte sich der kleine Zug dahin. Es ward kein Wort gesprochen, keine Rede gehalten. Eine Hand voll Erde und die Thränen von ein paar männlichen und aufrichtigen Freunden waren der einzige und letzte dem Bürgersoldaten gezollte Tribut, der auf den Schlachtfeldern der alten und neuen Welt geglänzt hatte und jetzt in der tiefen Stille der kaum gebrochenen Wildnis beigesetzt wurde.

Welch ein Contrast zwischen ihm und seinen Waffenbrüdern, die gleichzeitig mit ihm ihre militärische Laufbahn begonnen, auf den Schlachtfeldern von Prag, Roßbach und Kunersdorf mit ihm gefochten hatten und nach dem siebenjährigen Kriege gleich Candy und Anderen zu den höchsten Stellen in der preußischen Armee emporgestiegen waren. Sie befehligten vielleicht mehr Truppen als die ganze Armee der Vereinigten Staaten während des Krieges gezählt hatte, sie hatten hohe Titel und Orden, Ehren und Würden, kurz Alles, womit ein König seine tapferen Offiziere auszeichnen kann; sie wurden mit fürstlichem Glanze und verschwenderischer Pracht von Tausenden und Zehntausenden zur Ruhe bestattet. Allein mit der letzten Salve, welche über ihr Grab hindonnerte, wurden sie vergessen; was sie waren und bedeuteten, endete mit ihrem Leben. Was sie in der Jugend während des Krieges versprachen, konnten sie als Männer nicht erfüllen, denn ein langjähriger Friede setzte ihrer Auszeichnung im Felde ein frühzeitiges Ziel. Wer nicht von Friedrichs Offizieren seinen Ruhm im siebenjährigen Kriege begründet hatte, fand später keine Gelegenheit mehr dazu; sein Name kann daher auch keinen Anspruch auf einen Platz in der Geschichte machen.

Darum war Steuben auch glücklicher als alle seine Altersgenossen. Trotz aller Mühsale, die er zu erdulden; trotz allen Undankes, den er erfahren hatte, war sein Loos zulegt doch das beneidenswertheste! Indem er sein Schwert für die Freiheit eines Welttheiles zog, verwob er seinen Namen mit einem der größten Ereignisse der neuern Geschichte. Dieser Name wird nie sterben, so lauge das Andenken an die amerikanische Revolution lebt. Bis auf die spätesten Geschlechter wird er vererbt werden! Wie unbedeutend sind alle Beschwerden und Sorgen, alle Entbehrungen und Enttäuschungen gegen diesen unsterblichen Ruhm, der ihm für alle Zeiten einen Ehrenplatz in den Annalen der neuen Welt sichert!

Ueber den Platz, wo Steuben zuerst begraben wurde, ward zu Anfang dieses Jahrhunderts eine neue Landstraße geführt. Weder der Staat New-York, noch das Volk thaten das Geringste, um die Ruhestätte ihres Adoptivsohnes vor Entweihung zu sichern. Die Leiche des Mannes, der nach einem so stürmisch bewegten Leben die ungestörte Ruhe des Grabes wohl verdient hätte, mußte dem Bedürfniß von ein Paar Bauern weichen! Man brauchte nicht einmal ein Opfer zu bringen, nicht einmal Geld und Geldeswerth hinzugeben, wenn man die Straße einen kleinen Umweg machen ließ, denn das Land hat in jener Gegend einen sehr geringen Werth; allein die Bewohner des Bezirks, welchen Steuben als seinen Wohnsitz geehrt hatte, kannten ihn kaum mehr, sie kannten auch nicht die einfachsten Gebote der Schicklichkeit, und so behauptete das kleinliche Interesse der lebenden Bauern sein Recht gegenüber dem todten Helden. Der Weg schnitt ungefähr ein Drittel des Grabes ab, man gab sich trotzdem nicht einmal die Mühe, dasselbe zu verlegen. Ja als wenn Indianer die Gruft aufgewühlt hätten, sah man eine Zeitlang sogar den Sarg dem Winde und Wetter preisgegeben, und ein glaubwürdiger Augenzeuge erzählt, daß derselbe einst von ein paar Nachbarn geöffnet worden, welche der Neugier nach einem Stücke von Steuben's altem Soldaten-Mantel nicht hätten widerstehen können. Als B. Walker, der damals in der Stadt New-York wohnte, von dieser rohen Behandlung der Gebeine seines alten, theuren Freundes hörte, ließ er sie sofort ausgraben und an einen passendern Ruheplatz bringen. P. Jones am angeführten Orte S. 446, und mündliche Mittheilung des Richters M. M. Jones. Er wählte nämlich in der Nähe von Steuben's ehemaliger Wohnung ein etwa fünf Acker großes Stück schönen und dichten Urwaldes aus, in dessen Mitte er die Ueberreste des alten Kriegers bestattete. Um sie gegen jede fernere Beunruhigung zu schützen, schenkte er einer der in der Nachbarschaft bestehenden welschen Baptisten-Gemeinde fünfzig Acker Land, von denen die oben erwähnten fünf einen Theil bilden, unter der Bedingung, daß die Gesellschaft diese fünf Acker mit einem Zaune zu umgeben und in ihrem ursprünglichen Zustande zu erhalten hat, widrigenfalls der Schenkungstitel null und nichtig sein soll. Bis auf den heutigen Tag ist die Gemeinde dieser Verpflichtung stets auf's Gewissenhafteste nachgekommen: der Wald ist von der Axt unberührt geblieben.

Im Jahre 1824, als Lafayette zum Besuch in den Vereinigten Staaten war, sammelten die Bewohner des Bezirks Oneida Gelder zur Errichtung eines Monumentes über Steuben's Grab. Sie baten Lafayette, die Einweihungsrede zu halten; allein dieser lehnte unter einigen höchst nichtigen Vorwänden die Einladung ab. Die guten Bürger jenes Bezirkes wußten wohl, daß Steuben und Lafayette Waffengefährten in dem Revolutions-Kriege, allein sie wußten nicht, daß sie keine guten Freunde gewesen waren, und konnten am wenigsten ahnen, daß Lafayette selbst dreißig Jahre nach Steuben's Tode die längst mit ihm begrabenen Differenzen noch nicht vergessen hatte. So wurde denn der einfache Grabstein auch ohne Lafayette's Anwesenheit gelegt.

Am 12. Juni 1857 machten wir eine Pilgerfahrt nach der Ruhestätte des alten Helden. Von Utica geht es mit der Eisenbahn nach Remsen, wo wir den letzten noch lebenden Diener Steuben's, Lemuel Hough, besuchten und uns den Weg nach dem Grabe genau beschreiben ließen. Die ganze Umgegend ist hügelig und bergig; es weht überall eine frische, stärkende Bergluft, die uns daran mahnte, daß wir uns ein Paar tausend Fuß über dem Meeresspiegel befanden. Unser Weg ging über Berg und Thal durch blühende Felder und die im ersten frischen Frühlings grün prangenden Wälder. Sonst war die Landschaft todt und noch ganz unberührt vom Leben und Treiben der Außenwelt. Die letzte, roh zusammengezimmerte Hütte, an der wir vorbei kamen, war eine Schule. Kräftige frische Jungen sprangen uns entgegen, offenbar höchlichst verwundert darüber, daß sich so fremd aussehende Menschen in diese Einöde verlieren konnten; das junge hübsche Mädchen, welches die Schule hielt, konnte uns aber auf unsre Frage nach dem Grabe des Baron Steuben (wie er von den Amerikanern genannt wird) keine befriedigende Antwort geben. »Sie habe den Gentleman nicht gekannt« – versicherte die junge Dame in Neu-Englisch näselndem Accente, indem sie sich erröthend zurückzog – »er müsse schon vor ihrer Ankunft hier gestorben sein.«

Ein alter Mann zeigte uns endlich den Weg zum Grabe, von dem wir höchstens einen Büchsenschuß entfernt waren. »Dort in jenem dichten Gehölz werden Sie es finden;« sagte er, mit der Hand nach Norden deutend. Wir banden unsere Pferde an, sprangen über Gräben, kletterten über Zäune und arbeiteten uns durch dichtes Unterholz bis in die Mitte jenes fünf Acker großen Urwaldstückes durch. Dort an einem kleinen Abhange, zu dessen Füßen ein klarer Bach fließt, ruhen Steuben's Gebeine. Vier an den Ecken des Grabes stehende steinerne Stützen von zwei bis drei Fuß Höhe, auf denen früher eine weißbläuliche Kalksteinplatte lag, bilden sein bescheidenes Denkmal. Es ist jetzt größtenteils zerfallen, indem die genannte Unterlage zerbröckelt und die Tafel von ihrem Postament herabgesunken ist. Diese selbst ist etwa acht Fuß lang, vier Fuß breit und einen Fuß dick und kann, wenn sie bei Zeiten geschützt wird, noch die Stürme von Jahrhunderten überdauern; sie wird jedoch rasch verwittern, wenn sie in ihrer gegenwärtigen Lage dem Wetter ausgesetzt bleibt. Sie trägt die Inschrift:

Major General
Frederick William Augustus
Baron de Steuben.

Es war ein schöner poetischer Gedanke von Walker, daß er seinem Freunde, fern vom Getümmel der geräuschvollen Welt, in diesem parkähnlichen Gehölze eine so bescheidene und durch seine majestätische Stille doch so stolze Ruhestätte anwies. Die hohen Bäume, unter deren Schatten er am Abend seines Lebens so gern saß, breiten ihre vielästigen Arme über das Grab aus; duftende Feldblumen, doppelt üppig auf dem Humus der verwesenden Vegetation hervorblühend, schlingen sich in lieblichem Kranz um den Denkstein. All der Zank und Lärm, all der Haß und Neid, all der Aerger und Verdruß des täglichen Lebens dringt nicht an diesen stillen und abgeschlossenen Ort, im dem sich die mächtigen Eichen und riesigen Buchen so stolz erheben, als wüßten sie, daß sie die Ehrenwache Steuben's bilden und von keiner Art berührt werden dürfen. Hier ruht er wirklich im Frieden.

Oberst William North ließ an der Mauer der deutschen reformirten, in der Nassau-Straße, zwischen Johnstraße und Maiden Lane in New-York gelegenen Kirche Steuben ein einfaches Denkmal errichten. Als später eine Baptisten-Gesellschaft in den Besitz dieser Kirche kam, brachte man dieses Denkmal nach der neuen deutschen Kirche in Forsyth Straße. »Hier fand ich es,« sagt B. J. Lossing, B. J. Lossing's Pictorial Field Book of the Revolution II. 137. »in Stücke zerfallen unter allerlei Gerümpel in einem kleinen Nebengemach.« Die obeliskförmige Platte, sowie der viereckige Stein, auf dem sie früher ruhte, sind von bläulichem Marmor. Unten ist eine Urne mit dem Sinnbild der Treue angebracht. Auf der Platte steht folgende vom Obersten North verfaßte Inschrift:

Geweiht dem Andenken an
Friedrich Wilhelm August Baron Steuben,
Ritter des Ordens der Treue,
Adjutant Friedrichs des Großen, Königs von Preußen,
General-Major und General-Inspektor
im Revolutionskriege.
Geschätzt, geehrt und unterstützt von Washington,
Gab er militärische Disziplin und Geschicklichkeit
Den Bürgersoldaten, welche
In Erfüllung der himmlischen Gebote
Die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten erkämpften.
Die äußerst feinen Formen des Barons waren getragen
Von den edelsten Gefühlen des Herzens;
Seine Hand, offen wie der Tag zu unausgesetztem Wohlthun,
Schloß sich erst im Bereiche des Todes.
Diese Gedächtnißtafel ist ihm von einem Amerikaner errichtet,
welcher die Ehre hatte sein Adjutant zu sein und so glücklich
war, sein Freund zu heißen.
Er starb 1794. Im Original heißt es 1795; dies ist aber falsch.

Im Dezember 1850 veröffentlichte der St. Charles Demokrat, eine Deutsche Landzeitung in Missouri, einen von Herrn Theodor Bruère verfaßten Aufruf an die Deutschen in den Vereinigten Staaten zur Errichtung eines Denkmals für Steuben. Dieser Aufruf machte die Runde durch alle Deutsch-Amerikanischen Blätter und fand überall freudige Zustimmung. An verschiedenen Orten bildeten sich Vereine zur Beschaffung von Geldern für ein Denkmal; es wurden zu dem Ende Concerte und dramatische Vorstellungen im Osten und Westen der Union gegeben, und schienen besonders die Deutschen Turner und Milizen für die Verwirklichung dieses Planes ein großes Interesse zu hegen. Doch sei es nun, daß die reicheren Deutschen sich nicht an diesen enthusiastischen Bestrebungen ihrer Landsleute betheiligten, sei es daß die Leitung der Sache nicht überall in den rechten Händen lag, – die Begeisterung verflog allmählig, und es ist jetzt sehr geringe Aussicht zur dereinstigen Ausführung dieses Vorschlages vorhanden. Seit dies geschrieben wurde, ist die Begeisterung für Errichtung eines Steuben-Denkmals neu erwacht. Volksfeste zur Vermehrung des im Text erwähnten Fonds sind in dem letzt verflossenen Sommer in den größeren Städten der Union abgehalten worden und die große über das ganze Land verbreitete Theilnahme der deutschen Bevölkerung für die Sache scheint eine würdige Erfüllung der Ehrenschuld gegen Steuben zu verbürgen. Reichen nun auch die Mittel zu einem Steuben's würdigen Monumente nicht aus, so sind doch die Paar hundert Dollars längst gesammelt, die zur Wiederherstellung seines Grabes erforderlich sind. Und damit sollte nicht gesäumt werden!

Die Erfüllung dieser Pietätspflicht beschränkt sich übrigens nicht auf die Deutschen allein. Sie liegt den Amerikanern in noch höherem Grade als den Deutschen ob, denn diese erfreuen sich der Ehre, jene aber zugleich auch des Vortheils und Segens von Steuben's Mühen und Thaten.


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