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XXVI.

Nach einer wochenlangen Wanderung durch die drei nordischen Königreiche kehrte Eduard nach Berlin zurück.

Auch durch die vielfältigen Eindrücke in den Landen, die er in qualvoller Verzweiflung, ohne irgendeine Direktive durchkreuzt und durchquert hatte, war ihm kein Vergessen beschieden worden.

Er blieb Irene verfallen. Er kam nicht mehr von ihr los. Sie hatte ihn mit ihren bizarren Ansichten sowohl wie auch mit ihren lüsternen Trieben gefesselt. Und so sehr er auch um sie mit sich kämpfte, sich sogar scheinbar schon manchmal besiegt hatte, es blieben eben nur Pyrrhussiege.

Schon glaubte er sie und sich selbst überwunden zu haben, da riß sie sein ganzes Sein mit elementarer Gewalt wieder in die alte Vergangenheit zurück und erschuf sich damit ihre Zukunft!

Was ihn früher an ihrem Wesen anwiderte, zog ihn jetzt an …

Er sehnte sich nach ihrer gesunden Sinnlichkeit – – – und oft genug machte er sich jetzt die heftigsten Vorwürfe, daß er sie damals nicht genommen hatte, wie sie es ja gar nicht anders gewollt und gar nicht anders verdient hätte.

Seine Begehrlichkeit wuchs im Werden ins Uferlose hinaus.

So kehrte er in innerlicher Zerrüttung, körperlich und seelisch zermürbt, in seine kleine Junggesellenwohnung zurück, die er sich im letzten Jahr aus dem väterlichen Mobiliar recht geschmackvoll zusammengestellt hatte.

Minna, die Wirtschafterin, eine treue brave Seele, und Teddy, sein reizender rauhhaariger Scotchterrier, den er sich vor kurzem als großer Liebhaber dieser zartfühlenden Edelrasse aus Schottland geholt und selbst von klein auf gepäppelt und erzogen hatte, standen empfangsfreudig an der girlandenbekränzten Entreetür.

»Klopf, – – – klopf – – – klopf – – – klopf – – –!« Schweifwedelnd stellte der Kleine die Ohren hoch und rückte den im Verhältnis zu seinem kleinen Körper viel zu großen komischen Kopf in die nur diesen Tieren ganz eigentümliche groteske schiefe Richtung, während ihm aus dem stichelhaarigen Gesicht die treuen altklugen Augen wie ein paar lackblanke Schuhknöpfe entgegenglänzten.

»Klopf – – – klopf – – – klopf – – – Klopppff – – –« schlug immer dringender sein starkes hartes Schwänzchen fortwährend an den Boden, und mit freudigem Gebell streckte ihm Teddy seine krummen kleinen Vorderpfötchen entgegen, während er auf den im Gegensatz dazu geraden Hinterbeinen tänzelnd seine Mätzchen und Männchen vorführte.

»Was ist vorgefallen?« Eduard reichte Minna zur Begrüßung die Hand und wandte sich dann seinem kleinen, noch immer bettelnden Hausfreunde zu. Er hob ihn zu sich empor und herzte den Kleinen eine gute Weile.

»Du bist doch der Beste, der Treuste!« streichelte er ihn, strich ihm den rauhen Zottelbart glatt und versetzte ihm schließlich einen Kuß auf die stichelnde Stirn.

Und der intelligente Hund verstand ihn!

Inzwischen berichtete Minna, während sie ihm die Fülle der während seiner Abwesenheit eingelaufenen Briefe vorlegte:

»Seit vierzehn Tagen klingelt eine Dame mehrmals täglich nach Herrn Bauführer an.«

»Alt oder jung? Minna?«

»Jung, Herr Bauführer!«

»Was wollte sie denn?«

»Sie sprach sehr schnell und fragte stets, wann der Herr Bauführer denn endlich zurückkäme. Auch fragte sie nach der augenblicklichen Adresse, die ich ihr aber natürlich nicht sagen konnte, weil ich sie selbst nicht wußte.«

»Gut, Minna!«

Begrüßung und Bericht waren so bald beendet.

Eduard setzte sich nachdenklich an den Schreibtisch, wo neben einem recht guten Bilde des Majors auch Martins gleichfalls wohlgelungene Photographie stand.

Er öffnete einen besonders starken Brief, auf dessen Umschlag er Irenes Handschrift erkannte. Vier engbeschriebene Bogen fielen heraus, und dazu hatte sie ihm ihr Konterfei gelegt.

Eduard ließ all die Bogen ungelesen und vertiefte sich in ihr gut getroffenes Antlitz.

Der von nur spärlichem Haarwuchs umrahmte Kinderkopf schien etwas zu groß. Die nach der Spitze ein wenig gebogene Nase beherrschte wie beim Vater ihr ganzes Gesicht.

Die sonst unruhigen, hier auf die Platte fixierten Augen lachten ihn lüstern an, und die im Leben immer lächelnden Lippen waren hier energisch zusammengekniffen und verrieten eine gewisse Entschlossenheit.

Etwas Wissendes, das sich in einem eigentümlichen Zuge von den Augen bis zu den Mundwinkeln vertiefte, machte dieses neue Bild von Irene zu einem ihm fremden.

Endlich legte er es fort und griff zu ihrem Brief.

Jetzt las er ihre Zeilen, nachdem er noch neun andere Briefe von ihr nacheinander geöffnet hatte.

»Alles nichtssagendes dummes Zeug!« dachte er, nur immer dieses selbe sich stets gleichbleibende: »Vergib mir!« und »Komm bald zu mir!«

Mürrisch zerfetzte er alle diese Briefe und stellte das Bild vorläufig rahmenlos vor sich an den Rahmen des Vaters, dessen Züge sich sofort zu einer zürnenden Miene verdüsterten und ihn streng anblickten.

Er vermeinte diese Veränderung zu fühlen, nahm Irenes Bild wieder weg und lehnte es daneben zu Martin.

Und dieser lachte!

Auch von der Behörde war ein Schreiben da. – Nervös riß er das grüne Amtssiegel auf und überflog es. Ihm war, als schwänden ihm die Sinne.

Erst wollte er es nicht glauben.

Aber da stand es ja schwarz auf weiß in der klaren Maschinenschrift des Personalchefbureaus.

Geheimrat Tümpel hatte das Disziplinarverfahren gegen ihn beantragt, und der Präsident forderte ihn auf, sich »ehestens verantwortlich vernehmen zu lassen«.

Da regte sich in ihm sein lang verhaltener Grimm gegen alles Beamtentum.

Wegen einer winzigen Überschreitung des Urlaubs wollte man ihm an den Kragen! Seine Wut wurde noch dadurch genährt, daß ihn Tümpel, dieser widerliche Philister, durch vorläufige Suspension vom Dienst schon die Tragödie seiner augenblicklichen Wurzellosigkeit vor Augen führen wollte.

Da gab es nur einen Rat für ihn:

»Papier und Feder her!«

Und Eduard wurde erst wieder froh, nachdem er sich diese vermeintliche Zwangsjacke vom Körper gerissen hatte.

Er schrieb der Behörde, daß sein Inneres sich dagegen auflehne, sich wegen einer seiner Meinung nach lächerlichen Lappalie erst zu verantworten, und ersuchte sie gleichzeitig um sofortige Entlassung aus dem Staatsdienst.

Sein guter Trost blieb die ehrliche Erkenntnis, daß er vom Staate in seinem Fache ja schon eine längst ausreichende Fertigkeit, eine sicher genügende Ausbildung bis in die kleinste Einzelheit des Hoch- und Tiefbaus genossen hatte, so daß er meinte, sich in jeder Beziehung als fertiger Mann sehen lassen zu dürfen.

Es drängte ihn nur noch, seine kunsthistorischen Kenntnisse zu bereichern, und er beschloß, im kommenden Winter Vorlesungen an der Berliner Universität über diese Disziplin zu belegen, um später einmal durch Erwerbung des Doktorgrades seinen langwierigen wissenschaftlichen Studien einen äußerlichen Abschluß schaffen zu können.

Da aber sein Vermögensbestand sich inzwischen sehr stark zu seinen Lasten verschoben hatte, weil Martin, der zwar stets leicht im Nehmen gewesen war, vorläufig gar nicht daran zu denken schien, die ihm ja immer gern vorgestreckten Summen auch freiwillig zurückzuzahlen, beschloß er, wenigstens durch schleunige Eröffnung eines Baubureaus sich als Privatarchitekt einen vorläufigen Broterwerb zu erschließen.

Seinem Bruder Martin, der mit seiner Frau schon längst aus Meran heimgekehrt war und Luisens Gelder bereits zu den seinen gemacht hatte, meinte er zuerst den ihm unvermeidlichen Umschwung in seinem Dienstverhältnis anvertrauen zu müssen.

Seine nie ganz versiegende Bruderliebe trieb ihn dazu.

»Du bist wohl ganz und gar irrsinnig geworden!« fuhr ihn der Ältere wütend an, als Eduard sich ihm offenbart hatte.

»Wie kann man sich auf so leichtsinnige Weise selbst jeden festen Boden unter den Füßen fortziehen? Du scheinst zu glauben, daß meine Millionen Dich dabei unterstützen sollen, fortan den Müßiggänger zu spielen. Nee, mein Junge, so haben wir noch nicht gewettet. Sofort gehst Du zu Deinem Vorgesetzten und versuchst durch einen tiefen Kotau die Sache wieder einzurenken!«

Dieser Augenblick reifte Eduard Weitbrecht zum Manne.

»Ich werde gar nichts in dieser Sache mehr tun. Ich ändere meine einmal gefaßten Entschlüsse nicht wie ein altes launisches Weib! – – Es bleibt selbstverständlich bei meinen Plänen, die ich Dir vorhin mitteilte.«

»Dann hast Du von Deinem reichen Bruder auch nicht das Geringste für die Zukunft zu hoffen!« wollte ihn Martin wieder brutalisieren, ohne dabei auch nur mit einem Worte davon Erwähnung zu tun, daß er in Wirklichkeit noch immer Eduards Höriger und Schuldner war.

»Du ergehst Dich ja in ganz falschen Folgerungen für meine Zukunft! Erstens will ich von Dir gar nichts, und zweitens werde ich von Dir auch nie im Leben jemals etwas wollen oder fordern! Ich hoffe nämlich, bald genug fest auf eigenen Füßen zu stehen, so daß ich« – er betonte das »ich« – »wohl niemandes Hilfe brauchen werde.«

»Das verstehst Du nicht! Was weißt Du denn überhaupt vom Leben? Ist Dir der Wind schon einmal so um die Nase gepfiffen wie mir? Weißt Du eigentlich, was es heißt, wenn der Gerichtsvollzieher antritt und Dir Deine Möbel, ja all Dein Hab und Gut mit seinem blauen Kuckuck versiegelt? Hör' auf Deinen ausgewitzten Bruder! Halte Dich an Deinen Bruder! Denn kein anderer wird Dir auch nur einen Pfifferling geben! Keinen Pfennig kannst Du Dir mit Deinem blödsinnigen Baubureau verdienen. Ich kenne das! Denn ich habe ja wohl lange genug auf Patienten warten müssen! Das Leben ist nicht so einfach, wie Du es Dir vorstellst!«

Und brüllend setzte er noch hinzu:

»Ich sage es Dir zum letzten Male! Halte Dich an Deinen reichen Bruder! Folge mir!«

»Geld ist nicht alles!« warf Eduard eigensinnig ein.

»Alles ist Geld! Nur Geld! Und nochmals Geld!« donnerte Martin darauf zurück, daß die Wände dröhnten und sich Eduard vor den Dienstboten und vor Luise schämen mußte, die im Nebenzimmer den Kaffeetisch decken ließ.

Und von Martin wieder einmal gründlich angewidert, rückte er im Innern still ein weiteres Stück von ihm ab. Um ihm jedoch noch eins auszuwischen, konnte er es sich nicht versagen, ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, und fuhr ihm also über seinen großen Mund:

»Wenn alle Stränge reißen, bleibt mir ja immer noch derselbe Ausweg, der Dich vor nicht allzu langer Zeit auch von jedem Dilemma befreite: die reiche Heirat!«

Martin sah ihn von oben bis unten durchbohrend an. Diese Frechheit ihm, dem Millionär, diese maßlose Arroganz ihm, dem großen Bruder, auch noch glatt ins Gesicht zu sagen! Ein maßloses Wagnis, das! Und darauf fand sein Hohlkopf nur eine Antwort:

»Wenn Dich eine nimmt! Hahaha! Erst hab mich, dann lieb mich! Mein Sohn, das ist nicht so einfach, wie Du Dir das denkst! Du bist nichts! Nichts!« donnerte er hinterher, als Eduard sich gegen diese Bloßstellung verwahren wollte. »Also Du bist nichts! Du hast – wie ich taxiere – so gut wie nichts! Und damit willst Du eine Frau ernähren? Weißt Du denn, was hier in Berlin ein Hausstand kostet? Unter dreißigtausend Mark jährlich ist es nicht zu wollen! Und damit kannste nich mal große Sprünge machen!« Er hatte sich in eine sinnlose Wut geredet und schloß seinen Speech, indem er sich mit einem tartüffähnlichen Schmerzausdruck ans Herz faßte:

»Im übrigen hat der Arzt in Meran bei mir ein nervöses Herzleiden festgestellt. – – – Wenn Du mich also etwa weiter durch Deinen Widerspruch reizen solltest, muß ich Dich bitten, Deine Besuche einzustellen, da sie nicht in den Rahmen dieses Hauses passen. Ja – – – nun weißt Du, wie ich über Dich denke. Und damit basta!«

Jetzt holte Eduard mit seinem letzten Trumpf aus, und er freute sich diebisch über die ihm im voraus genau bekannte Wirkung, die er mit der Treffsicherheit seiner neuen Waffe erzielen würde.

»Gestatte, lieber Martin, daß ich Dir noch zweimal widerspreche, bevor ich mich für so lange von Dir empfehlen werde, bis Du mich selbst wieder zurückrufen, wirst. Du weißt doch hoffentlich noch, daß dies ja schon öfters von Deiner Seite geschehen ist?«

Dann holte er erst tief Atem und fuhr fort:

»Also der erste Punkt besagt: Geld ist Dreck! Es liegt meiner Ansicht nach auf der Straße! Ich würde mich nie um dieses Dreckes willen zu irgendeiner Konzession in irgendeiner auch nur verzwickten oder gar noch so verzweifelten Lebenslage hinreißen lassen, und deshalb lasse ich Dich auch bald allein. Entweder es gelingt Dir als wirklichem Könner, diese tote Materie, das gleißende Gold zu bemeistern und Dich so zu ihrem Herrn und Sieger aufzuschwingen, oder aber Du erliegst im Kampfe mit diesem ›kalten ehernen Monarchen‹, wie Du ihn in jener Karte nanntest. Dann bleibst Du auch ein hilfloser, unfähiger Schwächling und wirst ewig der Sklave dieses toten Metalles sein, wirst ewig ein Stümper bleiben! So, dies ist meine Meinung über die in Deinem Leben stets dominierende Asche!

Ob ich recht habe, ob nicht – –? Das lassen wir am besten die Zukunft entscheiden – – –.

Nun der zweite Punkt! Da fürchte ich zunächst zwar sehr für Dein so plötzlich erkranktes Herz! Aber ich hoffe, es wird diese Gemütserregung noch überleben. Denn ich muß Dir noch die freudige Mitteilung machen, daß ich kurz vor der offiziellen Verlobung mit Fräulein Irene van Fleethen stehe, die das einzige Kind und die Universalerbin eines holländischen Großreeders und dazu auch eines goldschweren Multimillionärs ist.«

Tartüffs Züge wechselten alsbald ihren Ausdruck. Das Herzleiden schwand mit einem Schlage aus Martins Gesicht, das sich sofort gierig über breites Behagen zu schmunzelnden Falten verzog. Er sah Eduard hochachtungsvoll an und erwiderte ihm dann mit ergebenster, plötzlich ganz veränderter Tonart:

»Mensch, Junge! Das ist natürlich ganz was anderes! Warum hast Du das nicht gleich gesagt! Das verändert die Sachlage absolut! Aber gestatte mir eine Frage: Was ist das für eine Familie, mit der Du mich da verschwägern willst?«

»Es sind Juden!«

»Juden!« Seine Stirn legte sich wieder in bedenkliche Runzeln! Herzleidend erschien Tartüff auch wieder! Aber nur für kurze Zeit. Dann beruhigte er seine spontanen Gewissensbisse mit einem Ruck und sagte:

»Wenn sie wirklich soviel Asche hat, kann es mir ja schließlich egal sein. Die alten Römer sagten ja auch: Non olet!«

Damit faßte er Eduard um den Hals und drückte einen innigen Bruderkuß auf seinen Mund. Der aber reichte ihm die Hand:

»Und nun auf Wiedersehn, lieber Martin! Bis es wieder soweit ist! Ich meine – –, bis Dein Leiden neuen Aufregungen gewachsen und gegen meinen Widerspruchsgeist gefeit sein wird!«

Damit wollte er gehen, aber Martin hielt ihn mit beiden Händen fest.

»Es ist schon so weit! Ich fühle mich wieder ganz wohl! Es sind nur momentane neuralgische Anfälle, die schnell vergehen,« heuchelte er.

»Wenn nur keinerlei Schaden für Dein Herz damit verknüpft ist – –?« gab Eduard – ihn heimlich verlachend – zu bedenken.

»Bleib nur, ich bitte! Ich habe Dich da überhaupt um Deinen fachmännischen Rat zu ersuchen!«

»Na, da bin ich aber neugierig!«

»Ich habe mich vor kurzem entschlossen, in der Kolonie Grunewald mehrere noch unbebaute, dabei sehr gut geschnittene Grundstücke anzukaufen!«

Eduard sah ihn verwundert an.

»Willst Du sie kaufen, oder hast Du es schon getan?«

»Ich habe sie schon erworben! Wie gesagt!«

»Wozu willst Du dann post festum meinen sachverständigen Rat?«

»Ich möchte Dir einen Vorschlag machen,« überging Martin die ihm peinliche Zurechtweisung, ohne aber die Hand ans Herz zu legen.

»Bitte, der wäre?« fragte Eduard in der Hoffnung, für sein Baubureau den ersten Kunden in seinem Bruder begrüßen zu können.

»Ich wollte Dir vorschlagen, daß Du Dich nach Deiner Hochzeit mit einer dieser koscheren Millionen aus Holland bei mir beteiligst und daß wir uns dann gemeinsam ein Palais im Grunewald hinsetzen. Diese ekelhafte Bude hier« – er meinte Luisens Wohnhaus – »kann ich zwar meiner Frau nicht ausreden! Aber da ich hier ja fast vierzigtausend Mark im Jahr verwohne, werde ich sie einfach vor das Fait accompli stellen! – – Und dazu möchte ich Deine brüderliche Bundesgenossenschaft! Hilf mir dabei, diese Xantippe kirre zu machen! Und dann halten wir uns, wohlgemeint, wenn Du verheiratet bist, zusammen unsern gemeinsamen Wagenpark, wohnen in einer Doppelvilla! Junge, das wird todschick! Und wir machen das alles natürlich auf Kostenteilung! Damit ist beiden gleich gedient.«

Er sah ihn ermunternd an, und seine Spannung wurde noch durch eine Pause erhöht, die Eduard jetzt eintreten ließ.

»Ich will mir die Sache ganz gern einmal durch den Kopf gehen lassen – –« sagte er dann und dachte sich seinen Teil.

»Aber warum willst Du erst lange überlegen? Schlag doch lieber gleich ein! Ich mache Dir morgen bei meinem Anwalt ganz einfach die notarielle Offerte, die Dich ja nicht bindet – – und zu nichts verpflichtet! Topp, mein Junge, schlag ein!«

Martin wurde energisch und meinte schon das Eisen zu schmieden.

»Ich will mir die Sache doch erst etwas überschlafen,« sagte Eduard, auf den die Geldgier des Bruders erheiternd wirkte, um ihn noch weiter zu reizen, ihn noch etwas zappeln zu lassen.

Und Martin, der zu seiner Beschämung einsah, daß ihn der Bruder durchschaute, verstieg sich noch zu dieser, für Eduard recht amüsanten Erklärung:

»Im übrigen bemerke ich, daß ich jetzt Deine Maßnahmen gegen diese spießige Behörde unter den veränderten Gesichtspunkten nur vollkommen billigen muß! Ja, daß ich an Deiner Stelle ebenso richtig gehandelt hätte! Ganz genau so!!«

Eduard verbiß sich mit Mühe den kitzelnden Lachreiz.

»Das ist furchtbar nett von Dir, lieber Martin! Das ist wirklich riesig nett. Anders hätte ich es auch von meinem so lebensklugen Bruder gar nicht erwartet!«

Und Luise, die Martin im Verlauf dieser ihr viel zu lange dauernden Aussprache schon mehrfach durch Anklopfen an die Tür zum Kaffee gerufen hatte, kam jetzt persönlich ins Herrenzimmer, um die Brüder zur Vesper zu bitten.


Als Eduard nach kurzer Zeit seines Bruders Haus verließ, wußte er, daß er es für lange Zeit nicht mehr betreten würde …

Und das empfand er als eine liebe Freude …

Denn Martins Selbstsucht und Geldgier ekelten ihn an.

Bald sollte der Bruch zwischen den Brüdern aber ein vollkommener werden!


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