Unbekannte Autoren
Tausend und eine Nacht. Band V
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Der Rabe und die Katze

Ein Rabe und eine Katze hatten Brüderschaft geschlossen und befanden sich unter einem Baume, als mit einem Male ein Panther auf den Baum zugelaufen kam, den sie jedoch erst bemerkten, als er dem Baume nahe war. Da flog der Rabe auf den Gipfel des Baumes, die Katze aber blieb ratlos unten und rief dem Raben zu: »Mein Freund, weißt du keinen Ausweg zu meiner Rettung wie solche von dir zu hoffen steht?« Der Rabe antwortete ihr: »Brüder bitten einander nur in der Not, und wie schön lautet das Dichterwort:

Der ist dein Freund, der bei dir bleibt,
Und der sich schädigt dir zu Nutz;
Der, wenn der Zeiten Laune dich trifft,
Sich selber opfert für dein Glück.«

Es waren aber nahe bei dem Baume Hirten mit Hunden, und der Rabe flog nun vom Baum hinunter, schlug mit seinen Flügeln auf die Erde und krächzte und schrie; dann näherte er sich ihnen, schlug einem der Hunde mit dem Flügel ins Gesicht und erhob sich ein wenig, so daß ihm die Hunde nachsetzten und ihn verfolgten. Als nun auch der Hirt seinen Kopf hob und einen Vogel nahe am Boden fliegen und sich setzen sah, folgte er ihm, während der Rabe nur so viel flog, um gerade den Hunden zu entrinnen und sie gierig auf ihn zu machen, bis er schließlich zu dem Baum gelangte, unter welchem sich der Panther befand. Als nun aber die Hunde den Panther sahen, sprangen sie auf ihn, so daß er fortlief, nachdem er schon gemeint hatte die Katze fressen zu können, und so entrann die Katze dem Panther durch die List des Raben. Ich erzählte dir aber, o König, diese Geschichte, auf daß du weißt, daß treue Bruderliebe vor dem Tode errettet.

 


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