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IX.
Punto Galla

Point de Galle. – Das Tharsis des Ostens. – Lage und Bedeutung. – Das Haus der Königin. – Freund Scott. – Die schwarze Stadt. – Villa marina des Kapitän Bayley. – Dhumpalmen– Bella Vista. - Onawatty – Wackwelle. Reichtum der Korallenbänke. – Herrschaft der grünen Farbe in Ceylon. – Taucher. – Tierleben auf den Korallenbänken. – Gefahren derselben.


 

Auf einer vorspringenden felsigen Landzunge, die von Westen her das geräumige, nach Süden offene Hafenbecken umfaßt, liegt stolz und schön Punto-Galla oder » Point de Galle«; seit grauem Altertume eine der wichtigsten und berühmtesten Städte von Ceylon. Der singhalesische Name Galla bedeutet » Felsen« und hat keinen Zusammenhang mit dem lateinischen Gallus, wie die ersten europäischen Besitzer der Insel, die Portugiesen, annahmen; als Illustration dieser falschen Deutung findet sich noch heute an der alten Stadtmauer das bemooste Steinbild eines Hahnes, mit der Jahreszahl 1640.

Wie aus mehreren Zeugnissen von Autoren des klassischen Altertums hervorgeht, war Galla schon vor mehr als zweitausend Jahren ein bedeutender Handelsplatz und wahrscheinlich durch lange Zeit die größte und reichste Stadt der ganzen Insel. Östliche und westliche Hälfte der alten Welt reichten sich hier die Hand; die arabischen Seefahrer, die vom Roten Meere und vom Persischen Golfe aus sich soweit nach Osten vorgewagt hatten, traten hier in Handelsverkehr mit den Malayen des Sundaarchipels und mit den Chinesen des fernen Ostens. Das östliche Tarsis der alten Phönizier und Hebräer kann nichts andres als Galla gewesen sein; die Affen und Pfauen, das Elfenbein und Gold, das jene Seefahrer aus dem sagenreichen Tarsis holten, werden sogar von den alten hebräischen Schriftstellern mit denselben Namen bezeichnet, die noch heute die Tamilen auf Ceylon dafür gebrauchen: die nähere Beschreibung aber, die sie von dem vielbesuchten Handelshafen Tarsis geben, paßt von allen Häfen der Insel nur auf die ausgezeichnete »Felsenspitze«: Punto-Galla.

Die natürlichen Vorteile der geographischen Lage von Galla, nahe der Südspitze von Ceylon, unter 6 Grad nördlicher Breite, sowie der klimatischen und topographischen Verhältnisse (– vor allem des prächtigen, nur gegen Süden geöffneten Hafenbeckens –) sind so bedeutend und fallen so sehr in die Augen, daß sie dieser schönen Stadt den natürlichen Vorrang als ersten Handelsplatz vor allen andren Hafenstädten der Insel zu wahren scheinen. Allein die fortgesetzten Bemühungen der englischen Regierung, die Hauptstadt Colombo auf Kosten von Galla zu heben, und besonders die bessere Verbindung von Colombo mit dem Inneren der Insel, sowie die größere Nähe der zentralen Kaffeedistrikte, haben neuerdings Galla sehr bedeutenden Abbruch getan. Wie schon früher bemerkt, hat sich daher in den letzten Jahren der größte Teil des Handelsverkehrs von da nach Colombo herübergezogen, und der schöne Hafen von Galla ist lange nicht mehr das, was er früher gewesen. Trotzdem wird Galla als bedeutendster Handelshafen der Insel nächst Colombo seinen Rang behaupten, und insbesondere wird es der natürliche Ausfuhrplatz für die reichen Produkte der Südprovinz bleiben. Unter diesen stehen obenan die mannigfachen Erzeugnisse der Kokospalme: das treffliche Kokosöl, der Coir, die feste Faser der Nußschale, die vielfach zu Stricken und Geweben verarbeitet wird, der Palmzucker, aus dessen gegorenem Safte Arrak destilliert wird, usw. Früher spielte hier auch der Handel mit Edelsteinen eine große Rolle, wie in neuester Zeit der Handel mit Graphit oder »Plumbago«. Wenn man sich endlich entschließen wollte, die Eisenbahn von Caltura bis Galla fortzuführen, und die Felsen und Korallen, die einen Teil des trefflichen Hafens gefährden, mit Dynamit wegzusprengen, so könnte die verlorene Blüte von Punto-Galla aufs neue und glänzender wieder hergestellt werden.

Die Lage von Punto-Galla ist ganz reizend, und es ist natürlich, daß fast in allen früheren Reisebeschreibungen dieser Punkt, auf dem die Europäer gewöhnlich zuerst landeten, besonders gepriesen und ausführlich beschrieben wird. Die europäische oder » weiße Stadt« – das » Fort« – nimmt den ganzen Rücken der oben erwähnten, von Nord nach Süd vorspringenden Landzunge ein und besteht aus einstöckigen Steinhäusern, die von säulengetragenen Veranden umgeben und durch weit vorspringende Ziegeldächer geschützt sind. Niedliche Gärten zwischen denselben dienen nicht weniger zum Schmucke der Stadt, als breite Alleen von schattenspendenden Suriyabäumen ( Thespesia populnea) und Malvenbäumen ( Hibiscus rosa sinensis). Die letzteren vertreten hier die Stelle der Rosen; sie sind mit glänzenden frischgrünen Blättern und prächtigen roten Blüten dicht bedeckt, führen aber bei den Engländern den prosaischen Namen der Schuhblumen ( Shoeflower), weil ihre abgekochten Früchte zum Schwarzfärben der Schuhe verwendet werden.

Unter den öffentlichen Gebäuden zeichnet sich die protestantische Kirche, in hübschem gotischen Stile erbaut und auf einem der höchsten Punkte des hügeligen Forts gelegen, besonders aus. Ihre dicken Steinmauern erhalten den hochgewölbten, von schönen Bäumen umgebenen Raum herrlich kühl, und es war für mich eine wahre Erquickung, als ich an einem glühend heißen Sonntag Vormittag, ermüdet von einer weiten Exkursion, vor den Heliospfeilen in diese schattenreiche Grotte flüchten konnte.

Gegenüber dieser Kirche steht das öffentliche Gebäude von Galla, das » Haus der Königin« ( Queens-House). Früher diente es als Sitz des holländischen und später des englischen Gouverneurs. Reisende von hohem Range oder mit besonderen Empfehlungen ausgerüstet, wurden vom Gouverneur hier gastlich aufgenommen. Daher ist das Regierungsgebäude von Galla mit seiner nächsten Umgebung gewöhnlich das erste Stück von Ceylon, das in älteren Reisebeschreibungen geschildert und bewundert wird. Von deutschen Reisenden haben Hoffmeister und Ransonnet dasselbe bewohnt. Seit einigen Jahren ist jedoch das »Haus der Königin« in Privatbesitz übergegangen und gehört jetzt dem erstem Handlungshause der Stadt, der Firma Clark, Spence u. Co. An den jetzigen Chef dieses Hauses, Mr. A. B. Scott, war ich von Freund St. freundlichst empfohlen worden, und ich fand bei ihm die gastlichste Aufnahme. Von den prächtigen geräumigen Hallen des Queens-House stellte er mir zwei der besten, nebst einer luftigen schönen Veranda zur freien Verfügung und tat außerdem alles, mir den Aufenthalt in Galla so angenehm und nützlich, als nur möglich zu machen. Nicht allein fühlte ich mich in dem liebenswürdigen Familienkreise des Mr. Scott bald wie zu Hause, sondern ich lernte auch in ihm selbst einen englischen Kaufmann kennen, dessen hohe und vielseitige Bildung seiner hervorragenden äußeren Stellung vollkommen entspricht. Derselbe bekleidet gegenwärtig mehrere Konsulate, und es ist nur zu beklagen, daß ihm nicht auch die Vertretung unsres Vaterlandes zugefallen ist. Der gegenwärtige deutsche Konsul in Galla, Mr. Vanderspaar, spricht weder Deutsch noch zeigt er für Deutschland das geringste Interesse, und ich entnehme den Berichten früherer Reisenden die Notiz, daß bereits sein Vater und Vorgänger sich durch dieselben negativen Eigenschaften auszeichnete. Daß man zu wissenschaftlichen Zwecken eine Tropenreise machen könne, schien er nicht zu begreifen. Mr. Scott hingegen ist mehrere Jahre in Deutschland (u. a. längere Zeit auf der Handelsschule in Bremen) gewesen, spricht vollkommen Deutsch und ist von der deutschen Literatur und Wissenschaft mit hoher Achtung erfüllt. Da ich nun das Glück hatte, hier als derzeitiger persönlicher Vertreter der letzteren angesehen zu werden, genoß ich die Vorteile seiner reichen Mittel in vollem Maße. Ich wurde infolgedessen selbst wieder schwankend, ob ich nicht seiner gütigen Aufforderung folgen und statt in Belligemma, mein zoologisches Laboratorium in Queens-House für mehrere Wochen aufschlagen solle. Ich würde hier jedenfalls inmitten des angenehmsten europäischen Komforts und des freundlichsten Familienverkehrs mich weit behaglicher als unter den Indiern im Rasthause von Belligemma befunden und auch viele meiner wissenschaftlichen Zwecke weit leichter und bequemer erreicht haben. Indessen blieb ich dieser verlockenden Versuchung gegenüber standhaft und wurde dafür auch reichlich dadurch belohnt, daß ich die ursprüngliche Natur von Ceylon und seinen Eingeborenen dort weit besser kennen lernte, als hier in dem zivilisierten Galla.

Die wenigen Tage, die ich jetzt in Galla blieb, sowie einige weitere Tage, die ich auf der Rückkehr von Belligemma im Hause von Mr. Scott zubrachte, wurden mit dessen umsichtiger Hilfe so gut benutzt, daß ich trotz der kurzen Zeit eine gute Übersicht über die herrliche Natur seiner Umgebung und über den Reichtum seiner prächtigen Korallenbänke gewann. Zu jeder Stunde stand mir eine der beiden Equipagen von Mr. Scott zur Verfügung für meine Exkursionen zu Lande, ebenso ein treffliches, mit drei Malabaren bemanntes Boot für die Ausflüge zu Wasser. Außerdem machte mich Mr. Scott mit mehreren angesehenen Engländern bekannt, die für meine wissenschaftlichen Zwecke von besonderem Nutzen sein konnten; von diesen bin ich namentlich Kapitän Bayley und Kapitän Blyth zu Danke verpflichtet.

Der erste und nächste Spaziergang, den man nach der Ankunft in Galla machen kann, ist ein Rundgang auf den hohen Wällen des Forts. Diese Wälle, von den Holländern aus Backsteinen sehr solid gebaut, fallen allenthalben steil in das Meer ab und gewähren auf der östlichen Seite eine prächtige Aussicht über den ganzen Hafen und die bewaldeten Hügel, die denselben einschließen, überragt von den blauem Bergketten des fernen Hochlandes. Auf der südlichen und westlichen Seite hingegen erblickt man zu ihren Füßen die wundervollen Korallenbänke, welche die felsige, das Fort tragende Landzunge rings umgürten, und die während der Ebbe einen großen Teil ihres blumenähnlichen Tierschmuckes durch das seichte Wasser hindurchschimmern lassen. Besonders prächtige Korallengärten sieht man da in der Nähe des Leuchtturmes, der auf der südwestlichen Ecke des Forts sich erhebt.

Zwei alte dunkle Tore, deren Steinpfeiler gleich dem größten Teile der Wälle mit Farnen und Moosen üppig bewachsen sind, führen aus dem Innern des Forts in das Freie. Durch das östliche Tor gelangt man unmittelbar an den Kai des Hafens und auf den Molo, der hier ostwärts in denselben vorspringt. Durch das nördliche Tor dagegen kommt man auf die grüne Esplanade, einen flachen, ausgedehnten, mit Rasen bewachsenen Spiel- und Exerzierplatz, der das Fort von der »Pettah« oder der » Schwarzen Stadt« trennt. Die letztere besteht größtenteils aus einfachen Hütten und Basaren der Eingeborenen; ein Teil derselben zieht sich ostwärts um den Kai des schönen Hafens herum: ein andrer Teil längs des Strandes und der Colombostraße. Beide verlieren sich ohne scharfe Grenze in Häusergruppen und einzelnen Hütten, die allenthalben in den umgebenden Kokoswäldern zerstreut sind, teilweise auch in das waldige Gartenland der aufsteigenden Hügel hinaufgehen. Auf einem der nächstgelegenen Hügel erhebt sich in schönster Lage, dem Fort gegenüber, die katholische Kirche. Dieselbe ist mit einer katholischen Schule und Missionsanstalt verbunden: in dem Vorstande derselben, Padre Palla (dem Nachfolger des angesehenen, in früheren Reiseberichten oft erwähnten Padre Miliani), lernte ich einen angenehmen und namentlich in musikalischer Beziehung sehr gebildeten Triestiner kennen; es gewährte ihm großes Vergnügen, daß ich mich in seiner geliebten italienischen Muttersprache mit ihm über Triest und Dalmatien unterhalten konnte. Der wohlgepflegte Garten der Mission ist gleich den meisten Gärten in der paradiesischen Umgebung von Galla reich an den herrlichsten Erzeugnissen der Tropenzone: jedem Botaniker und Pflanzenfreunde geht dabei das Herz auf.

Aber der reizendste Punkt in der ganzen Umgebung von Galla ist meinem Geschmacke nach die Villa marina des Kapitän Bayley. Dieser unternehmende und vielseitig tätige Mann war früher Schiffskapitän und ist jetzt Agent der P.-and O.-Company. Mit feinem Natursinn hat er sich für den Bau seines Daheims einen Punkt ausgesucht, wie er hier nicht schöner gefunden werden kann. Ungefähr in der Mitte der weiten Bogenlinie, die nördlich das prächtige Hafenbecken von Punto-Galla umfaßt, springen ein paar hohe Gneisfelsen weit in das Meer vor; einige kleine Felseninseln, dicht mit Pandangs bewachsen, sind ihnen unmittelbar vorgelagert. Einen dieser Felsen nun (und zwar den am meisten nach Osten gelegenen) hat Kapitän Bayley erworben und sich darauf mit eben soviel Geschmack als praktischer Ausbeutung der gegebenen Lokalität ein kleines Schloß nebst Garten gebaut, ein wahres »Miramare von Galla«. Sowohl aus den westlichen Fenstern der Villa selbst, als auch besonders von der daran gelegenen Terrasse genießt man eine Aussicht auf die gegenüberliegende Stadt und den dazwischen gelegenen Hafen, die von keinem andern Aussichtspunkt der Umgebung übertroffen wird. Der Leuchtturm auf der Kante und die protestantische Kirche in der Mitte des Forts nehmen sich vortrefflich aus: besonders wenn die Morgensonne über dieselbe ihren Goldglanz ausstrahlt. Einen prächtigen Mittelgrund liefern die malerischen schwarzen Felseninseln, die mit den üppigsten Schraubenpalmen ( Pandanus) phantastisch verziert sind; an ihrem Fuße liegen mehrere singhalesische Fischerhütten. Für den Vordergrund endlich geben die zerklüfteten und wild aufeinander getürmten schwarzen Felsen in der nächsten Umgebung der Villa ein groteskes Motiv ab; oder will man das Bild freundlicher haben, so nimmt man dazu ein Stück des reizenden, mit den schönsten Tropenpflanzen reich ausgestatteten Gartens.

siehe Bildunterschrift

V.
Pandanus am Strande von Matura.

Der Vordergrund des Strandes ist mit Pandangs oder Schraubenpalmen bedeckt ( Pandanus odoratissimus); ihre Äste, nach Art eines Armleuchters verzweigt, tragen am Ende je einen Blätterbusch; der gewundene Stamm ruht unten auf gabelförmig geteilten Luftwurzeln wie auf Stelzen. Rechts am Strande sucht ein Singhala-Mädchen Muscheln. Im Hintergrunde ist der felsige, mit Kokospalmen gesäumte Strand sichtbar, der sich an der Südspitze von Ceylon bis zum Donnerkap hinzieht (»Dondera-Head«, S. 262).

Unter den vielen Zierden dieses Gartens waren mir besonders mehrere Prachtexemplare der ägyptischen Dhum-Palme interessant ( Hyphaene thebaica). Der starke Stamm dieser Palme bildet nicht, wie bei den meisten Bäumen dieser Familie, eine schlanke Säule, sondern ist gabelförmig verzweigt, gleich den Drachenbäumen ( Dracaena); jeder Ast trägt eine Krone von fächerförmigen Blättern. Ich hatte diese ausgezeichnete Palme, die hauptsächlich in Oberägypten wächst, früher in dem arabischen Dorfe Tur, am Fuße des Sinai, kennen gelernt und in meinen »Arabischen Korallen« eine Abbildung derselben gegeben (1876, Taf. IV, p. 28). Wie mußte ich daher erstaunt sein, dieselbe hier in einem so veränderten Gewände anzutreffen, daß ich sie kaum wiedererkennen konnte. Die Anpassung an die gänzlich verschiedenen Lebensbedingungen hatte aus der ägyptischen Dhum-Palme in Ceylon einen ganz andren Baum gemacht. Der mächtige Stamm erschien mindestens doppelt so stark, weit kräftiger als in seinem Vaterlande; die Gabeläste zahlreicher, aber kürzer und gedrungener, weit enger zusammengedrängt; die riesigen Fachblätter weit größer, üppiger und fetter; auch die Blumen und Früchte, soweit ich mich wenigstens erinnern konnte, schienen an Umfang und Schönheit bedeutend gewonnen zu haben. Jedenfalls hatte sich der ganze Habitus des schönen Baumes in dem Treibhausklima von Ceylon so sehr verändert, daß die ererbte Physiognomie desselben in wesentlichen Zügen verwischt erschien. Und das alles hatten die veränderten Anpassungsbedingungen, vor allem die weit größere Quantität von Feuchtigkeit bewirkt, die von frühester Jugend an auf den nordafrikanischen, des trockenen Wüstenklimas gewohnten Baum eingewirkt hatten. Die stattlichen Bäume waren aus ägyptischem Samen gezogen und hatten im Laufe von 20 Jahren eine Höhe von mehr als 30 Fuß erreicht!

Ein großer Teil der reizenden Villa wird voll einem großartigen Farngarten eingenommen. Gerade die Farne gedeihen in dem natürlichen Treibhausklima der Insel vorzüglich gut, und Kapitän Bayley hatte neben einer Auswahl der schönsten einheimischen auch eine Anzahl merkwürdiger ausländischer Tropenfarne hier zusammengestellt. Da konnte man mit einem Blick die ganze Fülle der zierlichen und mannigfachen Formen überschauen, welche die gefiederten Wedel dieser schönen Kryptogamen entwickeln; auch an stattlichen Baumfarnen, an zierlichen Segatinellen und Lykopodien fehlte es nicht. Nicht minder anziehend waren prächtige Schlingpflanzen, herabhängend aus schönen, an der Decke befestigten Ampeln, Orchideen, Bromelien, Begonien usw.

Aber auch für den Zoologen besitzt das Miramare von Galla, ebenso wie für den Botaniker, ein hohes Interesse. Eine kleine Menagerie unten im Hofe enthält mancherlei seltene Säugetiere und Vögel (u. A. einen neuholländischen Strauß, mehrere Eulen und Papageien und ein einheimisches Schuppentier, Manis). Letzteres, sowie einige seltene Fische, hatte Kapitän Bayley die Güte, mir zum Geschenk zu machen; wie er mir auch später zu Weihnachten ein paar interessante Loris ( Stenops) nach Belligemma sendete. Aber weit anziehender noch als diese seltenen Tiere waren für mich die prachtvollen Korallen, die rings um die umgebenden Felsen in üppigster Fülle wucherten; sogar der kleine Hafen, den der Kapitän für seine Barke eingerichtet hatte, und der steinerne Molo, auf dem man landete, erschienen dicht damit verziert; und ich konnte in wenigen Stunden hier meine Korallensammlung wesentlich bereichern. Auch ist ein großer Teil des mannigfaltigen Getiers, das die ausgedehnten Korallenbänke bei Galla belebt, hier auf engem Raum zusammengedrängt zu finden: riesige schwarze Seeigel und rote Seesterne, zahlreiche Krebse und Fische, bunte Schnecken und Muscheln, ferner seltsame Würmer verschiedener Klassen und wie all die bunte Gesellschaft heißt, die auf den Korallenstöcken und zwischen deren Ästen ihr Wesen treibt. Es würde sich daher die Villa des Kapitän Bayley, die er gegenwärtig wegen seiner Übersiedelung nach Colombo verkaufen will, ganz vorzüglich zur Anlage einer zoologischen Station eignen, zumal die bequem gelegene Stadt nur eine halbe Stunde entfernt ist.

Wandert man längs des felsigen Seestrandes noch weiter östlich um die Bucht von Galla herum, so gelangt man aufwärts steigend zu einem höheren Aussichtspunkte, der ebenfalls einen prächtigen Blick auf die Stadt und den Hafen.gewährt, und mit Recht » Bella Vista« heißt. Hier hat sich ein protestantischer Geistlicher, Reverend Marx, eine hübsche Villa gebaut und eine Missionsanstalt eingerichtet. Die hohe Bergwand, die von hier aus nach Süden vorspringt und die östliche Umfassungsmauer des Hafens bildet, ist dicht bewaldet. Sie endigt in einer steilen Felsenspitze, die dem Leuchtturme östlich gegenüber liegt und vor Jahren einmal befestigt werden sollte. Der Plan wurde später wieder aufgegeben. Einige eiserne Kanonen schauen noch jetzt aus dem Gewirre der wuchernden Schlingpflanzen hervor; eine muntere Affenherde trieb auf denselben ihr Spiel, als ich am Sonntag nachmittag dort umherkletterte. Ein enger Pfad, den ich von dort aus weiter verfolgte, führte mich nach Süden, längs der steilen Felsenküste, in einen dichten Wald, voll der prächtigsten Pandangs und Schlingpflanzen. Derselbe wird von einer tiefen Schlucht durchschnitten, in deren Grunde ein munterer Bach zum nahen Meere hinabspringt. Nahe vor seiner Mündung fällt der Bach in ein natürliches Felsenbecken; das ist ein Lieblingsplatz zum Baden für die Eingeborenen. Als ich unvermutet aus dem Dickicht hervortrat, überraschte ich eine Gruppe von Singhalesen beiderlei Geschlechts, die in diesem »Onawatty-Bassin« lustig umherplätscherten.

Ein ähnliches natürliches Felsenbassin, aber von weit größerem Umfang und künstlich noch erweitert, findet sich unterhalb der vorhergenannten Felsenspitze, dem Leuchtturme schräg gegenüber. Dasselbe heißt »Watering place«, weil seine reichen Quellen die meisten Schiffe mit einem Vorräte des besten Trinkwassers versorgen. Die steilen Felsenwände, die dies Bassin umgeben, sind mit stacheligen, wilden Dattelpalmen ( Phoenix sylvestris), mit weißblütigen Asklepiadeen und mit graugrünen Euphorbienbäumen bewachsen. Diese Euphorbia antiquorum gleicht einem riesigen Armleuchter-Kaktus und trägt ihre steifen Aste in regelmäßigen Wirteln; sie gehört nebst ihrem Nachbar, dem stelzenfüßigen Pandang, zu den sonderbarsten Gewächsen dieser Wälder.

Einen ganz andren Charakter als diese wilden, felsigen Berge im Südosten von Galla zeigen die sanften Täler, die sich zwischen bewaldeten Hügelreihen im Norden der Stadt ausdehnen. Hier macht, sich wieder ganz der idyllische Charakter der Südwestküste geltend. Der beliebteste Ausflug nach dieser Richtung ist der Hügel von Wackwelle, auf dessen Höhe ein reizender Fahrweg durch Kokospark hinführt. Er wird von Picknickpartien aus der Stadt viel besucht, und seit kurzem hat hier ein spekulativer Wirt sogar eine Restauration errichtet und läßt sich von jedem Besucher, auch wenn er nichts verzehrt, eine Sixpence für den Genuß der hübschen Aussicht zahlen. Die letztere betrifft vorzugsweise das waldige breite Tal des Ginduraflusses, der sich eine halbe Stunde nordwärts von der Stadt in das Meer ergießt. Gleich einem blinkenden Silberbande windet sich der Fluß durch die frischgrünen Reisfelder, die »Paddy-Fields«, welche die breite Talsohle einnehmen. Die Abhänge ringsum sind mit dem schönsten Baumwuchs geschmückt. Zahlreiche Affen und Papageien beleben dieselben. Im Hintergründe erblickt man die blauen Berge des Hochlandes. Unter diesen macht sich in der Landschaft von Galla durch seine sonderbare Form besonders der stattliche »Haykock« bemerkbar; er gleicht einem glockenähnlichen Heuschober und hat davon seinen Namen erhalten. Weithin von ferne sichtbar, dient er als Landmarke für die nahenden Schiffe.

Aber mehr noch als dieses reizende Gartenland in der nächsten Umgebung von Punto-Galla interessierten mich die unterseeischen Korallen-Gärten, die sein Fort einschließen; ich bedaure es noch heute lebhaft, daß ich ihrem Studium nicht mehrere Wochen, statt weniger kurzer Tage widmen konnte. Der Wiener Maler Ransonnet war in dieser Beziehung glücklicher. Er konnte während mehrerer Wochen, unterstützt durch die besten Hilfsmittel, und namentlich durch eine vortreffliche Taucherglocke, die Korallenbänke von Galla genau untersuchen und hat von denselben in seinem illustrierten Werke über Ceylon (Braunschweig, Westermann 1868) eine vortreffliche Schilderung gegeben. Auf vier Farbendrucktafeln, für die er die Skizzen unter Meer, in der Taucherglocke aufnahm, hat er das bunte Tierleben dieser geheimnisvollen Korallenwelt recht anschaulich wiedergegeben.

Schon vor neun Jahren, als ich im Frühjahr 1873 die Korallenbänke des roten Meeres bei Tur, an der Sinaiküste, besuchte und dort zum ersten Male einen Blick in die wundervolle Gestaltenwelt dieser unterseeischen Zaubergärten tun konnte, hatten dieselben mein höchstes Interesse erregt, und ich hatte versucht, in meiner populären Vorlesung über »Arabische Korallen« (Berlin, 1876, mit fünf Farbendrucktafeln) die Organisation dieser merkwürdigen Tiere und ihr Zusammenleben mit verschiedenen andren Geschöpfen in kurzen Zügen zu schildern. Die Korallen von Ceylon, die ich jetzt zunächst hier in Galla, später genauer in Belligemma kennen lernte, riefen mir jene herrlichen Erinnerungen lebhaft in das Gedächtnis zurück und bereicherten mich außerdem mit einer Fülle neuer Anschauungen. Denn die indische Seetier-Fauna von Ceylon ist zwar im ganzen mit der arabischen des roten Meeres sehr nahe verwandt, und beide haben sehr viele Gattungen und Arten gemeinschaftlich. Aber die Zahl und Mannigfaltigkeit der verschiedenen Lebensformen ist in dem weiten Becken des indischen Ozeans mit seiner verschiedenartigen Küstenentwickelung bedeutend größer, als in dem abgeschlossenen arabischen Golfe mit seinen einförmigen Lebensbedingungen. Auch fand ich die allgemeine Physiognomie der Korallenbänke an beiden Orten trotz aller gemeinsamen Züge doch verschieden. Während diejenigen von Tur sich durch vorwiegend warme Farbentöne, Gelb, Orange, Rot, Braun auszeichnen, herrscht dagegen auf den Korallengärten von Ceylon die grüne Farbe in den mannigfachsten Schattierungen und Tönen vor. Gelbgrüne Alcyonien stehen neben seegrünen Heteroporen, malachitgrüne Anthophyllen neben olivengrünen Milleporen, smaragdgrüne Madreporen und Astraeen neben braungrünen Montiporen und Mäandrinen.

Schon Ransonnet ( l. c. p. 134) hat mit Recht darauf hingewiesen, wie auffallend überhaupt in Ceylon die grüne Farbe allenthalben dominiert. Nicht allein erscheint der größte Teil dieser »immergrünen Insel« das ganze Jahr hindurch mit einem unverwelklichen tiefgrünen Pflanzenteppich geziert, sondern auch die Tiere der verschiedensten Klassen, die denselben beleben, sind zum großen Teile ganz auffallend grün gefärbt. Namentlich prangen viele der häufigsten Vögel und Eidechsen, Schmetterlinge und Käfer im glänzendsten Grün. Nicht minder sind aber auch zahlreiche Meeresbewohner der verschiedensten Klassen grün gefärbt, so namentlich sehr viele Fische und Krebse, Würmer ( Amphinome) und Seerosen ( Actinia); ja sogar Tiere, die anderwärts selten oder nie die grüne Livree tragen, sind hier mit derselben geschmückt, so z. B. mehrere Seesterne ( Ophiura), Seeigel, Seegurken; ferner Riesenmuscheln ( Tridacna) und Spiralkiemer ( Lingula) u. dgl. mehr. Die Erklärung dieser merkwürdigen Erscheinung ergibt sich aus der Darwinschen Züchtungslehre, insbesondere aus dem Anpassungsgesetz der »gleichfarbigen Zuchtwahl oder sympathischen Farbenwahl«, das ich in meiner »Natürlichen Schöpfungsgeschichte« erläutert habe (VIII. Aufl., 1889). Je weniger die bestimmende Färbung eines Tieres von derjenigen seiner Umgebung abweicht, desto weniger wird es von seinen Feinden bemerkt, desto leichter kann es sich unbemerkt seiner Beute nähern, desto mehr ist es mithin geschützt und im »Kampfe ums Dasein« begünstigt. Die natürliche Züchtung wird mithin die Übereinstimmung in der vorherrschenden Färbung der Tiere und ihrer Umgebung beständig verstärken, weil sie den ersteren vorteilhaft ist. Die grünen Korallenbänke von Ceylon mit ihren vorwiegend grünen Bewohnern sind für diese Theorie eben so lehrreich, als die grünen Landtiere, welche die immergrünen Walddickichte der Insel beleben. Was aber die Reinheit und Pracht der grünen Farbe betrifft, so werden die letzteren von den ersteren sogar übertroffen.

Man würde indessen irren, wenn man aus diesem überwiegenden Grün auf eine ermüdende Monotonie des Kolorits schließen wollte. Vielmehr wird man nicht satt, dasselbe zu bewundern, weil einerseits die mannigfaltigsten und schönsten Abstufungen und Modifikationen darin zu verfolgen sind, und weil anderseits allenthalben lebhaft und buntgefärbte Gestalten darin zerstreut sind. Wie die prächtigen roten, gelben violetten und blauen Farben vieler Vögel und Insekten im dunkelgrünen Walde von Ceylon doppelt schön erscheinen, so auch gleichen die lebhaften Farben vieler Seetiere auf den Korallenbänken. Ganz besonders zeichnen sich durch solche Prachtfarben, verbunden mit zierlichster und höchst sonderbarer Zeichnung, viele kleine Fischchen und Krebschen aus, die zwischen dem Astwerk der vielverzweigten Korallenbäume ihre Nahrung suchen. Aber auch einzelne stattliche Korallen sind recht bunt und auffallend gefärbt, so z. B. viele Pocilloporen rosenrot, viele Sternkorallen rot und gelb, viele Heteroporen und Madreporen violett und braun usw. Leider sind nur diese herrlichen Farben meistens sehr vergänglich und verschwinden bald, nachdem man die Korallen aus dem Wasser herausgenommen hat, oft schon bei bloßer Berührung. Die empfindlichen Tiere, die mit ausgebreitetem Fühlerkranze im schönsten Farbenglanze prangen, ziehen sich dann plötzlich zusammen und werden unansehnlich, trübe oder farblos.

Wenn nun schon die Farbenpracht der Korallenbänke und ihrer bunten Bewohner das Auge entzückt, so wird dasselbe doch noch weit mehr gefesselt durch die Schönheit und Mannigfaltigkeit der Formen, welche diese Tiere entfalten. Wie die strahlige Gestalt der einzelnen Korallenperson einer regelmäßigen Blume gleicht, so ahmt die zusammengesetzte Form der verästelten Stöcke diejenige der verzweigten Pflanzen, der Bäume und Sträucher nach. Wurden ja doch eben deshalb die Korallen früher allgemein für wirkliche Pflanzen gehalten, und es dauerte lange, ehe man sich von ihrer wahren Tiernatur überzeugte.

Einen entzückenden und wirklich märchenhaften Anblick gewähren diese vielgestaltigen Korallengärten, wenn man bei ruhiger See während der Ebbe im Boote über dieselben hinfährt. In der unmittelbaren Umgebung des Forts von Galla ist der Meeresboden von so geringer Tiefe, daß man dann selbst die Spitzen der steinharten Tiergebilde mit dem Kiel des Bootes streift, und durch das kristallklare Wasser hindurch selbst oben, von den Wällen des Forts, die einzelnen Korallenbäumchen unterscheidet. Eine Fülle der schönsten und merkwürdigsten Gestalten ist hier auf so engem Raume vereinigt, daß ich im Laufe von wenigen Tagen eine prächtige Sammlung zu stande bringen konnte.

Der Garten von Mr. Scott, in dem mein gütiger Gastfreund mir dieselben zum Trocknen aufzustellen gestattete, bot in diesen Tagen einen wunderbaren Anblick. Die herrlichen Tropengewächse desselben schienen mit den fremden Seebewohnern, die sich zwischen sie gedrängt hatten, um den Preis der Schönheit und Farbenpracht zu streiten, und der glückliche Naturforscher, der trunkenen Auges zwischen ihnen auf- und abwanderte, mußte zweifelhaft bleiben, ob er der Fauna oder der Flora den ersten Preis der Schönheit zuerkennen sollte. Die Korallentiere des Meeres ahmten hier in wunderbarer Mannigfaltigkeit die Formen der schönsten Pflanzengebilde nach; und die Orchideen und Gewürzlilien des Gartens spiegelten umgekehrt die Gestalten der Insekten vor. Die beiden großen Reiche der organischen Welt schienen hier ihre Gestalten auszutauschen.

Die Mehrzahl der Korallen, die ich in Galla und später in Belligemma sammelte, verschaffte ich mir mit Hilfe von Tauchern. Ich fand dieselben hier eben so geschickt und ausdauernd, wie vor neun Jahren die arabischen Taucher in Tur. Mit einem starken Stemmeisen bewaffnet, lösten sie die Kalkgerüste selbst größerer Korallenstöcke unten, wo sie auf dem Felsboden befestigt saßen, ab und hoben sie mit großer Geschicklichkeit zum Boote empor. Manche derselben wogen 50–80 Pfund, und es kostete keine geringe Mühe und Sorgfalt, sie unversehrt in das Boot zu heben. Einige Korallenstöcke sind so zerbrechlich, daß sie beim Herausnehmen aus dem Wasser durch ihr eigenes Gewicht zusammenbrechen, und so ist es leider gerade bei manchen der zierlichsten Formen unmöglich, sie unbeschädigt nach Hause zu transportieren. Das gilt z. B. von gewissen zarten Turbinarien, deren blattförmige Stöcke in Gestalt einer kegelförmigen Tüte aufgerollt sind, und von den vielzackigen Heteroporen, die einem kolossalen Hirschgeweihe mit hundert Ästen gleichen.

Die volle Schönheit der Korallenbänke erblickt man übrigens nicht bei der Ansicht von oben, auch wenn man in seichtem Wasser bei Ebbe unmittelbar über dieselben hinfährt und ihre Spitze mit dem Boote berührt. Vielmehr ist es dazu erforderlich, selbst in das flüssige Element hinabzutauchen. In Ermangelung einer Taucherglocke versuchte ich schwimmend den Grund zu gewinnen und die Augen unter Wasser offen zu halten; bei einiger Übung gelingt das leicht. Ganz wunderbar erscheint dann der mystische grüne Schimmer, der über dieser ganzen unterseeischen Welt ausgebreitet liegt. Das entzückte Auge wird durch die merkwürdigsten Lichteffekte überrascht, ganz verschieden von denjenigen der gewohnten Oberwelt mit ihrem »rosigen Licht«. Und doppelt seltsam und interessant erscheinen da unten die Formen und Bewegungen all der tausend verschiedenen Tiere, von denen es in den Korallengärten wimmelt. Der Taucher befindet sich in der Tat in einer neuen Welt. Gibt es doch eine ganze Anzahl von merkwürdigen Fischen, Krebsen, Schnecken, Muscheln, Sterntieren, Würmern usw., deren Nahrung ausschließlich aus dem Fleische der Korallentiere besteht, auf denen sie ihre ständige Wohnung haben; und gerade diese Korallenesser – die man eigentlich als »Parasiten« bezeichnen kann – haben durch Anpassung an ihre absonderliche Lebensweise die wunderlichsten Formen erworben; sie sind namentlich mit Schutz- und Trutzwaffen von der seltsamsten Gestalt ausgerüstet.

Wie aber der Naturforscher in den Tropen »nicht ungestraft unter Palmen wandelt«, so schwimmt er auch nicht ungeahndet unter Korallenbänken. Die Oceaniden, unter deren Hut diese kühlen Zaubergärten des Meeres stehen, bedrohen den fremden Eindringling mit tausend Gefahren. Die Feuerkorallen ( Millepora) ebensowohl als die zwischen ihnen schwimmenden Medusen brennen bei der Berührung gleich den schlimmsten Brennesseln. Der Stich der Flossenstacheln von manchen Panzerfischen ( Synanceia) ist eben so schmerzhaft und gefährlich als derjenige des Skorpions. Viele Krabben kneipen mit ihren mächtigen Scheren auf das empfindlichste. Schwarze Seeigel ( Diadema) bohren ihre fußlangen Stacheln, die mit feinen Widerhaken besetzt sind, in das Fleisch des Fußes, wo sie abbrechen und stecken bleiben; sie verursachen gefährliche Wunden. Aber am schlimmsten wird die Haut beim Fange der Korallen selbst zugerichtet. Die tausend harten Stacheln und Kanten, mit denen ihr Kalkgerüst bewaffnet ist, verursachen beim Versuche, sie abzulösen und in das Boot zu schleppen, unzählige kleine Wunden. In meinem ganzen Leben habe ich keine so zerfetzte und geschundene Haut gehabt, wie nach mehrtägigem Tauchen und Korallenfischen in Punto-Galla. Noch mehrere Wochen nachher hatte ich an den Folgen zu leiden. Aber was sind diese vorübergehenden Leiden für den Naturforscher im Verhältnis zu den märchenhaften Anschauungen und Naturgenüssen, mit denen ihn der Besuch dieser wunderbaren Korallenbänke für sein ganzes Leben bereichert!


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