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8. Arthur

Es mochte etwas über zehn Uhr an dem Abend gewesen sein, als der junge Mann, welcher der Tänzerin, Mamsell Clara, so unverhofft, wenn auch vielleicht nicht unerwartet, einen guten Abend gewünscht hatte, das Haus verließ, nachdem sie die Thüre sanft hinter ihm zugemacht. Als er hierauf durch die Straße ging, konnte er sich nicht enthalten, noch öfters nach dem Hause mit dem hohen Giebeldache zurückzuschauen, und da bemerkte er nur noch ein einziges kleines Fenster erhellt; das übrige Haus lag schon in tiefer nächtlicher Ruhe und Dunkelheit. An dem Lichte aber, das noch so freundlich hinaus schien, saß sie wahrscheinlich; sie blickte vielleicht in die Flamme, die auch er jetzt von Weitem sah sie mochte vielleicht sogar an ihn denken.

Unter diesen angenehmen Träumereien setzte der junge Mann seinen Weg fort wie Jemand, der durchaus keine Eile bat. Er befand sich, wie wir bereits wissen, in einem entlegenen Stadttheile, wo die Straßen krumm und winkelig liefen, bald mit Häusern besetzt waren, bald nur mit einfachen Gartenmauern, hinter denen Bäume ihre nackten Aeste emporstreckten, und die seltsam angestrahlt waren von dem Schein einer Gaslaterne, welche auf der Höhe der Mauer brannte und sowohl diesseits als jenseits das Terrain beleuchtete.

Zuweilen wurde in dieser Gegend der Stadt die Straße von Kanälen durchschnitten, und dann passirte man kleinere hölzerne Brücken, auf denen der Fußtritt in der nächtlichen Stille so seltsam klang. Allerlei unregelmäßige Gebäude, Kirchen, große Fruchtspeicher, alte Thürme stellten sich dem Wanderer trotzig und verziert mit weißen Schneekappen in den Weg und man mußte genau seine Richtung kennen, um sich in diesem Labyrinthe nicht zu verirren. Es gab auch freilich noch einen anderen Weg, um von dem erwähnten Hause mit dem Giebeldach in die besseren und vornehmeren Stadtviertel zu gelangen, doch suchte der junge Mann, den wir eben begleiten, deßhalb die andere Straße zwischen den alten Häusern hindurch, weil ihn die seltsamen Formen dieser Gebäude anzogen und er sich ergötzte an dem sonderbaren Lichteffekt, der dadurch hervorgebracht wurde, daß die Straßen immerfort in einer Schlangenlinie liefen, weßhalb oft jener Theil grell beleuchtet ward, während die vorspringende Ecke im tiefsten Schatten lag.

Bald befand sich der einsame Spaziergänger in der Nähe des großen Fruchtmarktes, des ältesten Theiles der Stadt, wo es noch mehrere Häuser gab, die durch ihren Aus- und Eingang ein paar Straßen mit einander in Verbindung setzten. Einer dieser Passagen pflegte der junge Mann nie aus dem Wege zu gehen, weder bei Tage noch bei Nacht, und er erfreute sich jedes Mal an der förmlichen Tunnelgestalt, welche der Hauptdurchgang zwischen den Gebäuden bildete.

Das waren, zwei alte massive Häuser mit großen Thoren und mehreren Höfen; zwischen jenen lag die Passage, von der wir oben gesprochen. Es war das eine Art gewölbter Gang, der unter dem einen Hause durchlief und mit der Straße in Verbindung stand. In diesem Gange selbst befand sich eine einzige Thüre, welche durch ein eisernes Gitter verschlossen wurde und vermittelst einer steinernen Treppe in den ersten Stock des großen Gebäudes führte, wo sich eine sonderbare Restauration und Gastwirthschaft befand. Hier war nämlich der Aufenthalt sämmtlicher Bänkelsänger, Orgelmänner, Besitzer von Raritätenkasten, Poeten, welche den Leuten Mordgeschichten erklärten, Harfenmädchen und ähnlichem Volk. Alle fanden hier für billiges Geld ein Unterkommen; man nahm es hier mit den Pässen und Papieren nicht sehr genau, und der Wirth dieser mildthätigen Anstalt, Herr Scharffer, galt nicht blos als sehr entschlossen, wenn es darauf ankam, eine unschuldige Harfenistin vor den Krallen der Polizei zu beschützen, sondern man munkelte auch, er habe schon zum öfteren Male sehr gefährliche Mitglieder der menschlichen Gesellschaft längere Zeit vor den Augen der Justiz zu verbergen gewußt.

Dem sei nun wie ihm wolle, dieser Gasthof – er hieß der Fuchsbau – war, wie gesagt, sehr malerisch gelegen, und schon zum Oefteren von armen Künstlern benützt worden, um das Album irgend einer vornehmen Dame mit einem interessanten Gegenstand zu bereichern. Man fand hier Kloster- und andere Höfe, Theile irgend einer Burg, und wenn man dazu eins der Harfenmädchen nahm, die man zuweilen am Fenster sah, so war ein artiges Bildchen fertig.

Der junge Mann, dem wir folgen, durchschritt träumend den äußeren finsteren Hof und blieb, als er jenen Durchgang erreicht, still betrachtend vor dem herrlichen Lichteffekt stehen, der sich seinem Auge darbot. Der ganze Schein einer Laterne war förmlich in diesen Durchgang gepreßt und strahlte nur in einzelnen Blitzen auf den Hof hinaus, hier die schönen Skulpturen eines Thorbogens erleuchtend, dort von den matten Scheiben irgend eines alten Fensters abstrahlend. Nachdem er sich dies Bild einige Augenblicke betrachtet, wollte er seinen Weg fortsetzen, als er hörte, wie das eiserne Thor in dem Durchgange geöffnet wurde; er vernahm deutlich das Klirren der Schlüssel und hörte Fußtritte, welche die Treppe herab kamen. Da man nicht wissen konnte, mit welcher Gesellschaft man hier zusammentraf, so blieb der junge Mann noch einen Augenblick stehen, um die Anderen vorangehen zu lassen und ihnen alsdann zu folgen. Doch mußte er sich eine Weile gedulden, denn zwei Männer, welche aus dem Hause traten, blieben vor der Gitterthüre plaudernd stehen. Der Eine war der Wirth, Herr Scharffer selbst, ein großer Mann in einer grauen Jacke, einer einfachen Hausmütze, unter der ein sehr entschlossenes und markirtes Gesicht hervorschaute; es war eine Physiognomie, die man, wenn man sie einmal gesehen, nicht so bald wieder vergißt und die man mit ein paar Bleistiftstrichen treffend hinzeichnen kann. Er hatte eine große und lange Nase, einen breiten, stets lächelnden Mund und einen kohlschwarzen, struppig abstechenden Backenbart. Der andere Mann, der neben ihm stand, hatte einen großen Radmantel über die Schultern geschlagen, der ihm bis über die Nase reichte und so sein Gesicht schwer erkennen ließ. Er trug einen gewöhnlichen runden Hut und in der Hand unter dem Mantel ein Spazierstöckchen, mit dem er heftig auf seine Stiefel schlug.

Dem Zuschauer im Hofe waren diese beiden Männer vollkommen gleichgiltig, ja er hatte schon die Absicht, bei ihnen vorbei zu gehen, als der Unbekannte in dem Mantel einige Worte lauter sprach, und nun der Klang dieser Stimme den jungen Mann plötzlich aufmerksam machte.

»Aber sie soll von hier fort,« sagte er mit klarem und bestimmtem Tone. »Sie soll unter allen Umständen und schon morgen fort. Teufel auch! Man hat ihr noch vor einem halben Jahre mit neuen Papieren ausgeholfen und sie mobil gemacht. Ich kann mich nicht so überlaufen lassen.«

»Sie hat so fest darauf gerechnet,« entgegnete der Wirth, »Sie werden ihr nochmals helfen. Deßhalb erlaubte ich mir auch, Sie hieher zu bitten; übrigens ist sie nicht unbrauchbar; es ist ein Teufelsmädchen.«

»Ja, ja,« meinte der Andere nachsinnend, setzte aber mit lauterer Stimme hinzu: »aber zu bekannt, hier viel zu bekannt.«

»Bah!« versetzte der Wirth, »dafür haben wir Mittel, und die ist mit allen Hunden gehetzt. Was gilt die Wette, sie stellt sich Ihnen irgendwo als französische Gouvernante vor, und Sie sollen sie nicht wieder erkennen. Mein Rath wäre wahrhaftig, sie da zu behalten; seit die Lisette verschwunden ist, fehlt uns Jemand derartiges. Du lieber Gott! bei dem ersten größeren Unternehmen befinden wir uns in Verlegenheit.«

»Aber es kann nicht sein, es kann wahrhaftig nicht sein!« erwiderte der Andere, wie es schien, ärgerlich; »wir wollen ihr Empfehlungen geben, sie soll nach B. gehen, aber hier kann ich sie nicht gebrauchen; das wäre kompromittirend.«

»Nur ein paar Tage,« bat der Wirth, »sprechen Sie ein kluges Wort mit ihm.«

»Mit wem?«

»Nun, mit ihm,« sagte der Wirth mit leiserer Stimme, indem er sich scheu umblickte. »Ah! mit ihm ist schlecht Kirschen essen,« entgegnete der Andere. »Und so Kleinigkeiten! Ich habe wichtigere Sachen für ihn!«

»Aber ich bitte herzlich darum,« fuhr der Wirth dringender fort. »Man kann ihm auch einmal wieder einen Gefallen erweisen.«

»Ihr seid wahrhaftig ein eigensinniger Kerl, Scharffer,« sprach der im Mantel, indem er ungeduldig mit den Achseln zuckte. »Laßt sie laufen; glaubt mir, es ist besser.«

»Ich habe es so gut wie versprochen.«

»Nun denn, in's Teufels Namen! Ich will ihn darum fragen; aber wenn er befiehlt, sie solle abreisen, dann macht mir keine Geschichten, und versteckt sie nicht heimlich bei Euch.«

»Gegen seinen Befehl? – Gott soll mich in Gnaden bewahren!« sagte der Wirth, indem er erschreckt zurücktrat. »Nein, nein, durch Schaden wird man klug, und ich verlange in meinem Leben nicht mehr, mit ihm auf unfreundliche Art zusammenzukommen.«

»Ja, er kann hart sein,« erwiderte der Andere lachend, während er seinen Mantel, der herabgerutscht war, wieder über die Schultern warf. – »Nun, gute Nacht! Vergeht mir nicht Zeichen und Adresse für die nächste Woche; sichtbar bin ich für keinen Menschen.«

»Will's schon behalten!« versetzte der Wirth. »Schneegäßchen Nummer vierundachtzig.«

»Schön,« sprach der Unbekannte im Mantel und ging mit hallenden Tritten den Durchgang hinab.

Der junge Mann, der dieser Unterredung, ohne es zu wollen, gelauscht, wäre gerne gefolgt. – Diese Stimme war ihm nicht unbekannt; doch wenn er daran dachte, daß der, dem diese Stimme gehörte, hier eine solch' vertrauliche Konversation mit dem verrufenen Wirth zum Fuchsbau halten solle, so mußte er lächeln. Das war ja gar nicht möglich! Und doch – wie gern hätte er sich überzeugt! Aber es war unmöglich, denn Meister Scharffer blieb, sobald der Andere fortgegangen war, aufmerksam lauschend stehen und schaute bald auf die Straße, bald auf den Hof. Erst als die Tritte des Mannes im Mantel gänzlich verklungen waren, trat der Wirth in das Haus zurück, schloß die Gitterthüre hinter sich und stieg langsam die schmale, steinerne Treppe hinauf.

So schnell als möglich eilte jetzt der junge Mann auf die Straße und bis zur nächsten Ecke, wo er horchend stehen blieb. Doch war es für dies Viertel schon Schlafenszeit, und man hörte nirgendwo auf der Straße ein Geräusch; Alles war todtenstill, so sehr er sich auch anstrengte, vernahm er doch keinen Ton von Fußtritten. Kopfschüttelnd schritt er durch mehrere enge Straßen über den großen Fruchtmarkt und kam nach einer Viertelstunde in einen belebteren Stadttheil und in die Nähe des Schlosses. Dort blieb er vor dem hohen steinernen Portal einen Augenblick stehen, denn hier schieden sich drei Wege, die er alle drei verfolgen konnte, den ersten nach Haus, den zweiten in ein beliebtes Kaffeehaus und den dritten zu einem Bekannten, dem jungen Grafen Fohrbach, der vielleicht schon in seiner Wohnung anzutreffen war, und es von jetzt ab bis ein paar Stunden nach Mitternacht' gerne sah, wenn man eine Tasse Thee bei ihm nahm und eine Cigarre rauchte. Er entschied sich für das Letztere; er ließ das Schloß rechts liegen, beging die weitläufigen Nebengebäude desselben und gelangte nach kurzer Zeit in jene lange Straße, in welche der geneigte Leser zu Anfang dieser wahrhaftigen Geschichte bei Sonnenuntergang einen flüchtigen Blick geworfen.

Da wir nun aber im Begriffe sind, dem in der breiten Straße vor uns Wandelnden in eine kleine auserlesene Gesellschaft zu folgen, so halten wir es für unsere Schuldigkeit, dem geneigten Leser zu sagen, daß der junge Mann, dem wir heute Abend gefolgt, der Sohn eines reichen Bankiers der Residenz ist, daß er in einer Akademie zugleich mit den Söhnen der ersten Familien des Landes erzogen wurde, daß er durch sein gebildetes, seines und liebenswürdiges Betragen in allen Kreisen gern gesehen ward, daß er seines Zeichens ein Maler war und mit seinem Vornamen Arthur hieß; – den hiezu gehörigen Familiennamen werden wir später noch kennen lernen.

Graf Fohrbach war der einzige Sohn seines Vaters, des alten Generals und jetzigen Kriegsministers, und wohnte, seit er mündig geworden, in einem kleinen reizenden Hinterhause des väterlichen Palastes. Der nachsichtige alte Herr hatte ihm in der Mauer, die Hof und Garten umgab, einen neuen Eingang herstellen lassen, an dem sich eine Klingel befand, die mit dem kleinen Hause in Verbindung stand. Eigentlich befanden sich hier zwei Schellenzüge, jeder für die Dienerschaft des Grafen von besonderer Bedeutung. Die eine Glocke war für die Vertrauten und Freunde, und wenn sie erklang, so sprang die kleine Thüre in der Mauer wie von sich selbst auf, um dann hinter den Eingetretenen sogleich durch eine unsichtbare Macht wieder zugedrückt zu werden.

Auf diese Art trat auch Arthur in den winterlichen Garten, dessen Bäume in weißem Reif prangten; die Blumenbeete waren mit Tannenreisern zugedeckt; Spaliere und Statuen unter starrenden Strohdecken gaben so recht das Bild des tiefen Winterschlafs, in den die Natur versunken war. Aus dem Schornstein eines kleinen Gewächshauses zur Seite qualmte eine dicke Rauchwolke, und das war das einzige Zeichen von Leben, das man im Hof und Garten sah; ein Weg, der bei dem großen Hause vorbeiführte, war vom Schnee rein gefegt und brachte den Maler in wenig Augenblicken in die Thüre des Pavillons, in welchem Graf Fohrbach residirte. Auch hier öffneten sich Haus- und Vorthüre wie von selbst und erst, wenn man die letztere hinter sich hatte, trat man in ein hell erleuchtetes und sanft erwärmtes Vestibul. Ein Diener in Livrée hob schweigend einen schweren Teppichvorhang auf und ließ den Ankommenden in ein Vorzimmer treten, wo sich der Kammerdiener des Grafen befand.

Dieser war ein alter Mann mit weißen sorgfältig gebürsteten Haaren, und schien derselbe im schwarzen Frack und weißer Halsbinde auf die Welt gekommen zu sein; wenigstens erinnerte sich von der jetzigen Generation Niemand, ihn je anders als in diesem Anzuge gesehen zu haben. Er las gerade in einem Buche, erhob sich aber aus seinem bequemen Fauteuil, als der Thürvorhang rauschte und ging dem Eintretenden entgegen.

»Ah! Herr Arthur kommen früh,« sagte der alte Mann, der sich diesen vertraulichen Ton seit den Zeiten der Schule, wohin er seinen Herrn begleitet, nicht mehr abgewöhnt hatte und ihn auch auf die genaueren Bekannten und Freunde desselben ausdehnte. Doch war es eine Auszeichnung, also von ihm angeredet zu werden; entfernteren Bekannten oder Leuten, über beten Charakter er nicht genau in's Klare kommen konnte, gab er ihre vollständigen Titel. – »Der Herr Graf ist vor einer halben Stunde aus dem Theater gekommen.«

»Und ist schon Besuch da?« fragte der Maler.

»O ja,« entgegnete der Kammerdiener mit freundlicher Stimme, »Herr Eduard, Herr Eugen sind da, sowie auch,« setzte er mit plötzlich ernster werdendem Tone und feierlichem Wesen hinzu, »der Herr Baron von Brand.« Darauf nahm er halbverstohlen eine Prise – die goldene Dose ließ er fast nie aus der Hand – nickte ernsthaft mit dem Kopfe, als wollte er ausdrücken: es ist gewiß so, wie ich gesagt, – und ging sodann auf die Thüre des Nebenzimmers zu, diese zu öffnen.

»Ist der Herr Baron schon längere Zeit im Salon?« fragte Arthur.

»Er kam vor einer kleinen Viertelstunde,« entgegnete der Kammerdiener.

»Zu Wagen oder zu Fuß?«

»Zu Fuß! – wie die Lakaien sagen, von dem Haupthause her; er schien drüben einen Besuch gemacht zu haben.«

»So, so,« erwiderte nachdenkend und mit leiser Stimme der Maler, fuhr aber laut fort, als er den aufmerksamen Blick sah, mit dem ihn der Kammerdiener betrachtete: »Ja, das habe ich mir gedacht; ich glaubte schon, ich hätte ihn anderswo gesehen, aber ich habe mich geirrt.« Hierauf grüßte er den alten Mann freundlich und trat in einen kleinen Salon, der mit ein paar Lampen erhellt war, in dem sich aber Niemand befand. Dicke Teppiche, die den Boden bedeckten, dämpften seinen Schritt und so konnte er einzelne Worte einer Konversation im Nebenzimmer hören, ohne daß man dort seine Annäherung bemerkte.

Arthur hob den Thürvorhang auf und kam in ein achteckiges Gemach, von welchem noch nach drei anderen Seiten Thüren ausliefen:

nach dem Eßzimmer, dem Schlafzimmer und nach einem anderen kleinen Vorsaal, der an ein Glashaus stieß, durch welches allein der Pavillon mit der Einfahrt des Haupthauses in Verbindung stand. Zu diesem Eingang besaß nur Graf Fohrbach die Schlüssel, die er selten, fast nie Jemand anvertraute.

Das achteckige Gemach war mit einem außerordentlichen Komfort ausgestattet und erschien namentlich bei Nacht äußerst wohnlich; silbergraue Tapeten wiederstrahlten das Licht eines kleinen Kronleuchters mit Lampen auf die freigebigste Art; die Fensteröffnungen sah man nicht, da Vorhänge von roth gestreifter Seide davor zusammengezogen waren. Von dem gleichen Stoff waren die meisten Möbel hergestellt, und alle von einer wahrhaft raffinirten Bequemlichkeit. Der Salon war ziemlich groß und hatte Platz für eine Menge Divans, Fauteuils, Chaiselongues, die aber alle ziemlich auffallend durcheinander geschoben waren und von denen drei und vier immer einen kleinen Plauderwinkel bildeten. Ein Smyrnateppich bedeckte den Boden und überall, wo es möglich war, sah man obendrein noch kleine persische Vorlagen. Etwas Eigentümliches hatte übrigens dieser Salon oder vielmehr die Einrichtung desselben. Ueberall, wohin man blickte, herrschte eine malerische Unordnung, ohne daß gerade irgend Etwas verwahrlost gewesen wäre. So lagen zum Beispiel Handschuhe, Bücher, ein Blumenbouquet zusammen auf einem rothseidenen Fauteuil, ein schwerer Kavalleriesäbel stand mitten in einer Gruppe von Blumen und Sträuchern aufgepflanzt, und über den Schultern eines marmornen Amors hing als Schärpe ein reicher persischer Stoff, den der Graf Gott weiß zu welchem Zwecke gekauft hatte.

Obgleich das ganze Haus frei lag und der Wind nach Belieben um dasselbe her sausen konnte, so bemerkte man doch in dem Salon nichts hievon, denn er stieß nur mit der Fensterecke an das Freie; die übrigen Theile waren, wie bereits erwähnt, von anderen Gemächern umgeben, woher es denn auch kam, daß das Zimmer so behaglich warm und angenehm war. Im Kamin brannte ein helles Feuer und vor demselben standen einige Fauteuils, in welchen die jungen Leute, von denen der Kammerdiener vorhin gesprochen, so bequem wie möglich ausgestreckt lagen.

 


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