Friedrich Wilhelm Hackländer
Namenlose Geschichten - Zweiter Band
Friedrich Wilhelm Hackländer

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Vierundzwanzigstes Kapitel. Ein neuer Tänzer.

Der Herr Dubel hatte eine ziemlich schlaflose Nacht verbracht. Der Wendepunkt seines Lebens, welcher durch den Rath des Doktor Stechmaier jetzt einzutreten schien, war ihm zu wichtig, als daß er nicht hätte stundenlang, ja, fast die ganze Nacht darüber denken sollen. So viel er aber auch die Sache überlegte, so viel er contra Ballet bei sich selber vorbrachte, so war er doch bald mit sich einig, und, als er am andern Morgen aus dem Bette stieg, fest entschlossen, noch heute seinen Bekannten, Signor Benetti, aufzusuchen. Da es ihm aber nicht angenehm und thunlich erschien, seine Wünsche im Theatersaale vor dem Balletpersonal zu sagen, so ging er schon vor Neun von seiner Wohnung, um den Balletmeister noch zu Hause zu treffen, da sich derselbe erst um zehn Uhr in's Theater begab.

Signor Benetti wohnte in einem andern Theile der Stadt, in einer zwischen Gemüsegärten neu erbauten Straße, im dritten Stock eines ansehnlichen Hauses. Da stand es auf einer Messingplatte an der Klingel zu lesen: Benetti, Balletmeister und Direktor der königlichen Tanzschule.

Je näher der Schneider diesem Hause kam, desto mehr schlug ihm das Herz; es ging ihm, wie dem Doktor Stechmaier bei seinem ersten Debüt. Gestern Abend war er fest überzeugt, daß ihn Signor Benetti mit offenen Armen empfangen würde, und er erinnerte sich mit Freuden, wie ihn derselbe wegen seiner Muskelkraft und Behendigkeit gelobt. Heute Morgen aber stiegen leise Zweifel in ihm auf, er setzte dieses Lob auf Rechnung der Höflichkeit, das ihm als einem Fremden, Unbekannten der Balletmeister bereitwilligst gespendet, höchst wahrscheinlich auch verblendet durch die Equipage des Baron Karl; dem sei nun, wie ihm wolle, unser Freund überlas mehrere Male die Messingplatte an der Thür, zupfte seine Halsbinde in die Höhe und überdachte sich die passenden Worte, welche er sich vorgenommen hatte, an den Balletmeister zu richten.

Er stieg die Treppen hinauf, zog oben an der Glasthür im dritten Stock, wo sich eine zweite Messingplatte befand, an der Klingel, und augenblicklich wurde ihm der Eingang geöffnet von einer Frau an die Vierzig mit einem runden, blühenden Gesicht und leuchtenden Augen. Die Haare, von denen man aber nicht viel sah, da der ganze Kopf mit Papilloten bedeckt war, schienen schwarz zu sein.

Herr Dubel, der den richtigen Satz recht beherzigte: in einem Hause, wo man etwas wünscht, gegen Alles außerordentlich freundlich zu sein, verbeugte sich tief beim Anblicke der kleinen dicken Dame und sagte: »mein Fräulein, dürfte ich mir erlauben, Sie zu fragen, ob der Herr Balletmeissss-ter vielleicht zufällig zu Hause sind?«

Die Dame schien durch die Anrede geschmeichelt, und nachdem sie mit einem Kennerblick den Anzug des jungen Menschen überschaut und versichert war, daß hier von keiner Bettelei die Rede sei, antwortete sie freundlich: »mein Mann, Signor Benetti, ist allerdings zu Hause. Wen habe ich das Vergnügen, ihm anzumelden?«

Der Herr Dubel verneigte sich sehr tief vor der Frau des Meisters, er faßte ihre Hand und küßte sie respektvoll, worauf die Dame fortfuhr:

»Vielleicht ein junger Künstler, der hier durchreist? – ja, ich bin überzeugt, Sie sind ein Künstler.«

Abermals verneigte sich der Herr Dubel und stammelte, daß er allerdings im Begriff sei, sich der göttlichen Kunst zu nähern, daß er überzeugt sei oder vielmehr hoffen wolle, der Ausspruch der Signora sei prophetisch, und daß von solchen Lippen als Künstler begrüßt, ihm erscheine, als habe er schon einen großen Schritt vorwärts gemacht auf der schwierigen Bahn.

Die Balletmeisterin ging in's Zimmer und der Herr Dubel vernahm, wie er, Dank seiner Liebenswürdigkeit, dort angemeldet wurde als ein wohl aussehender, sehr anständiger junger Mensch, der den Balletmeister zu sprechen wünsche und den man augenblicklich einlassen müsse. Gleich darauf kam sie wieder in den Gang heraus getrippelt und ließ unsern Freund in ein kleines Zimmer eintreten, wo sie ihm einen Stuhl anbot mit der Versicherung, der Balletmeister werde im Augenblick erscheinen.

Bald trat dieser auch aus dem Nebenzimmer heraus, mit würdevoller Haltung und feierlichem Blick, der aber sogleich freundlich wurde, als er den Herrn Dubel erkannte.

»Ah! mein lieber Freund,« rief er ihm entgegen und streckte beide Hände aus; »charmirt, Sie wieder zu sehen, sehr charmirt! Was verschafft mir das Vergnügen? Erkundigungen vielleicht nach dem kleinen Engel, der lieben Marie? Ein vortreffliches Kind – macht reißende Fortschritte – muß alle unsere Damen überholen, wird eine große Tänzerin werden!«

Dies Letztere sagte er flüsternd mit vorgehaltener Hand und einem schlauen Blick gegen das Nebenzimmer. Dann fuhr er wieder laut fort: »aber was verschafft mir das Vergnügen? vielleicht die Bitte um einen Gehalt für die Kleine? Ist schon besorgt, mein Vortrefflicher!« – dabei rieb er sich freundlich die Hände. »Schon eingegeben zu einem kleinen Gehalt; erhält vom nächsten Ersten an vier Gulden monatlich – ein Nadelgeld, aller Anfang ist klein.«

Der Herr Dubel verbeugte sich und dankte dem Balletmeister für seine Sorgfalt und seine Bemühungen um das kleine Kind; dann aber sagte er, daß er noch einen andern Wunsch auf der Seele habe und daß er deßhalb den Herrn Balletmeister so früh belästige, weil die Spannung, in der er seit gestern Abend lebe, in einen Herzkrampf überzugehen drohe und er Gewißheit haben müsse, ob es nicht möglich sei, auch ihn so glücklich zu machen, wie das kleine Mädchen, kurz, mit Einem Worte, ob der Herr Balletmeister etwas für ihn thun wolle, daß er bei dem Ballet angenommen würde, die Tanzschule besuchen zu dürfen, um zu erfahren, ob er das Talent, die Gelenkigkeit und Kraft habe, etwas im Fache der Tanzkunst leisten zu können.

Signor Benetti legte nach dieser Eröffnung seinen Kopf sinnend in die linke Hand, wobei er den Zeigefinger derselben an die Nase drückte, kurz, eine nachdenkliche Stellung einnahm. Er betrachtete das Gebäude des Schneiders mit Kennerblicken, und schien mit dem, was er sah, nicht unzufrieden. Er nickte einige Male mit dem Kopfe, dann führte er den jungen Mann von der Thür des Nebenzimmers hinweg in die Fensternische, als fürchte er, belauscht zu werden, und sagte nach einer langen Pause:

»Also Sie haben Lust, auf die Bühne zu gehen?«

»Es ist mein sehnlichssss-ter Wunsch.«

»Wie alt sind Sie?«

»Zweiundzwanzig Jahre.«

»Haben Sie einiges Vermögen, daß es Ihnen möglich wird, eine Zeit lang ohne Gage zu dienen? denn Sie müssen wissen, daß eine hohe Intendanz sich schwer dazu versteht, einem Anfänger etwas zu bezahlen.«

»Ich glaube Wohl, mich während meiner Lehrzeit durchbringen zu können; ich habe eine kleine Anssss-tellung im Hause des Herrn Baron Karl.«

»Richtig!« sagte der Balletmeister, »ich weiß das ja schon, aber welches Geschäft haben Sie bis jetzt getrieben, was haben Sie gelernt?«

»Ich war ein Schneider, ich lernte....«

»Bst!« entgegnete Signor Benetti und deutete auf's Nebenzimmer, »das brauchen die da drinnen nicht zu wissen, das ist Mademoiselle Pauline, sie wohnt hier im Hause bei mir, und so eine Solotänzerin hat gar hochmüthige Ideen; Sie verstehen mich schon, lieber, charmanter junger Mann? das Schneiderhandwerk ist ein außerordentlich ehrenvolles Handwerk, aber – die Damen beim Ballet – nun, Sie verstehen mich, das träumt von lauter jungen Grafen und Baronen, die ihnen zu Lieb' Tänzer werden sollen. Ich für meine Person versichere Ihnen, daß ich schon aus Schneidern die besten Tänzer herangebildet habe; die Beine sind von dem Sitzen auf dem Tisch außerordentlich biegsam und sehr gelenkig, die Hand, welche die leichte Nadel geführt, versteht sich graziös zu drehen, und dann, was Sie mein Freund, speciell anbelangt, so denke ich noch immer an den Sprung auf dem Eis mit einer Sicherheit, einem Aplomb, der Sie zu den schönsten Hoffnungen berechtigt.«

»Also Sie glauben wirklich, eine hohe Intendanz....?« – sagte der entzückte Schneider.

»Eine hohe Intendanz,« entgegnete wichtig der Balletmeister, »wird Sie in die Tanzschule aufnehmen, sowie ich Sie vorschlage, und daß ich Sie vorschlage, darauf können Sie sich verlassen; die Sache ist abgemacht. Es soll mich freuen, etwas Tüchtiges aus Ihnen herauszubilden. Sie erinnern sich doch,« sagte er flüsternd, »des großen Craspolini, des eminenten Grotesktänzers? – er war ebenfalls ein Schneider und kam aus Italien hieher, arm, zerlumpt; ich habe einen Mann aus ihm gemacht; – aber wie heißen Sie, mein lieber Freund?«

»Mein Name issss-t Dubel,« antwortete der Schneider.

»Dubel, Dubel,« entgegnete der Balletmeister und wiegte den Kopf hin und her, »Dubel ist ein harter deutscher Name, er klingt nicht gut; lassen Sie sehen, wie wir ihn ändern, wie wir ihn geschmeidig machen.« Er dachte einen Augenblick nach, dann sagte er: »Richtig! ich hab's! es ist ganz leicht, wir hängen ihm zwei kleine Sylben an, und so wird's prächtig. Sie heißen fortan – Dubelli, und so stelle ich Sie bei dem königlichen Ballete vor. Ich bin stolz auf diese Erfindung,« lachte er, »und versichere Ihnen, als Signor Dubelli könnten Sie, was den Namen anbelangt, in Mailand gastiren.«

Der Schneider, der das Fremdartige liebte und schon heute Nacht überlegt, daß es sich auf dem Zettel nicht gut ausnehmen würde, wenn es z.B. hieße:

»Don Alfonso ... Herr Dubel«.

war mit seinem neuen Namen vollkommen zufrieden und verbeugte sich geschmeichelt und dankbar.

Während nun Beide nach dieser Unterredung in der Fensterecke sich dem Nebenzimmer näherten, sagte der Balletmeister leise: »ich will Sie meiner Frau, der Signora Benetti, und der Demoiselle Pauline vorstellen; ich hoffe, die Letztere, die schon lange einen gutgewachsenen Tänzer wünscht – denn wir sind darin nicht gut versehen, – soll Sie protegiren. Sie hat bei der hohen Intendanz einen tüchtigen Stein im Brette und kann Einiges durchsetzen. – Bst!« er winkte geheimnißvoll mit dem Finger.

Sie traten nun in's Nebenzimmer, wo die Balletmeisterin mit ihren Papilloten hinter einem gut besetzten Kaffeetisch auf dem Sopha saß und sich freundlich erbot, sobald Herr Dubelli ihr vorgestellt war, ihm eine Tasse Kaffee zurecht zu machen. Demoiselle Pauline hatte einen reizenden Morgenüberrock an, die blonden Haare unter einem allerliebsten Häubchen verborgen und lag neben dem Kaffeetisch in einem niedrigen Fauteuil und spielte mit einem kleinen Wachtelhunde. Sie streckte die Fußspitzen gerade aus und neckte den Hund, indem sie ihn bald empor hob, bald von sich stieß. Die Tänzerin erinnerte sich gnädigst des Herrn, und als der Balletmeister ihn als einen Beamten, ja, Bekannten des Baron Karl vorstellte und darauf eröffnete, der Herr Dubelli wolle sich dem Theater, dem Ballet widmen, so schenkte ihm die Künstlerin einen zweiten, forschenden Blick und versicherte, es solle sie außerordentlich freuen, wenn der Balletmeister endlich Jemanden gefunden habe, mit dem man möglicherweise tanzen könne; »denn,« setzte sie hinzu und warf den Kopf in die Höhe, »ich versichere Ihnen, Benetti, es ist nächstens hier nicht mehr auszuhalten, wenn man nicht für bessere Tänzer sorgt! Herr Walzer ist ein recht guter Mensch, aber er hat keine Kraft, er hält nicht aus; wenn Elise und ich erst recht anfangen und wenn er uns am Schlusse leviren soll, so müssen wir uns furchtbar anstrengen, um in die Höhe zu kommen. – Haben Sie schon getanzt?« fragte sie den neuen Collegen, und dieser entgegnete:

»Getanzt, was man unter Tanzen als Kunssss-t verssss-teht, so eigentlich nicht« – der Balletmeister winkte ihm mit dem Auge – »das heißt auf keinem größern Theater,« verbesserte sich der Herr Dubel, »Vorssss-tudien habe ich wohl schon gemacht, und ich hoffe, es soll mir bald Einiges gelingen unter Ihrem Protektorate, mein Fräulein, und unter der trefflichen Leitung des Signor Benetti.«

Die Tänzerin lächelte geschmeichelt und zeigte bei dieser Gelegenheit ein paar rosige Grübchen in ihren Wangen; die Balletmeisterin bot dem artigen Fremden eine zweite Tasse Kaffee an, und Signor Benetti streckte seinen Kopf in die Höhe und versicherte, das Seine thun zu wollen.

Der Herr Dubelli, der sich die Lehren des Doktor Stechmaier, daß man auch Alles loben könne, was man nicht gesehen, fest eingeprägt, schwärmte über die gestrige Vorstellung Robert des Teufels und erhob die Leistung von Mademoiselle Pauline als Aebtissin des verruchten Klosters über alle Himmel hinaus. Die Tänzerin lächelte abermals, und der neue College schien ihr zu gefallen.

»Es ist schade,« sagte der Balletmeister, »daß Niemand von unseren jungen Damen in der Nähe ist, um mit Herrn Dubelli eine kleine Probe zu machen. Was meinst du Frau, sollte wohl Mademoiselle Karoline, die uns gegenüber wohnt, noch zu Hause sein? Wir könnten sie ja herüber holen lassen, um mit Herrn Dubelli eine Polka, einen Walzer oder so was zu tanzen, um praktisch zu sehen, ob er einen richtigen Begriff von der edlen Tanzkunst hat.«

»Sie wird wohl schon ins Theater gegangen sein,« erwiderte Signora Benetti und warf einen Blick zu dem Fenster über die Straße; »ja, sie ist schon fort, ihre Fenster stehen weit offen.«

»Schade, schade!« sagte der Balletmeister, »wir hätten uns dadurch eine Probe auf dem Balletsaal erspart.«

»Nun, wir können die Probe ja immerhin machen,« nahm Demoiselle Pauline nachläßig das Wort; gehen Sie an Ihren Flügel, Benetti, ich will mit dem jungen Mann tanzen.«

»Oh!« sagte der pfiffige Italiener, als erschrecke er über diesen Vorschlag, »das wäre wahrhaftig zu viel verlangt, Mademoiselle Pauline! La prima bellerina wollte die Gnade haben? – – – – Herr Dubelli,« sprach er stolz zu diesem. Sie haben einen glücklichen Tag.«

Der neue Tänzer war sichtlich erschüttert von dem übergroßen Glücke, das ihm zu Theil wurde, und erhob sich ganz gerührt; er fuhr über seine hellen, lederfarbenen Glaçehandschuhe, die er sich zu diesem Zwecke eigens gekauft, als wolle er sie fester an die Hand streifen, legte seinen Hut auf einen Nebentisch und stellte sich in Positur. Die Tänzerin warf den kleinen Hund mit ihrer Fußspitze auf den Sopha, erhob sich aus dem Fauteuil, und während sie ihre beiden Hände auf die Hüften legte, wiegte sie ihren Oberkörper in die Höhe und streckte sich um ein paar Zoll. Das Mädchen hatte eine prachtvolle Taille, und der Herr Dubelli wagte es anfangs nur schüchtern, seinen Arm um sie zu schlingen.

»Eine Polka-Masurka!« befahl die Tänzerin und fragte mit einem Blicke, der deutlich sagte, daß eine Verneinung auf diese Frage ihr unmöglich erscheine: »Sie tanzen doch Polka-Masurka?«

»Allerdings, mein Fräulein!« entgegnete der Exschneider, und da er sich bewußt war, ein wirklich guter Tänzer zu sein, so fühlte er sich erstaunlich leicht und sein Herz klopfte nur noch ganz gelinde.

Signor Benetti fing an zu spielen, und der Tanz begann. Leicht und gewandt schwebten die Beiden dahin, und Dubelli gab sich alle Mühe und nahm sich sehr zusammen, um den schlangenartigen Wendungen seiner Tänzerin zu folgen, was ihm auch so gut gelang, daß ihm die Balletmeisterin auf dem Sopha tüchtig Beifall klatschte und entzückt ausrief: »göttlich! – Demoiselle Pauline – außerordentlich! – großartig! – Gut, Herr Dubelli! – Brav gemacht!« – Der Balletmeister spielte indessen immer geschwinder, und die Beiden rasten ordentlich im Zimmer umher. Endlich fing die Tänzerin an, stärker zu athmen, ihr Busen hob sich heftig in die Höhe, und als bald darauf Signor Benetti aufhörte, zu spielen, erklärte sie, der neue College tanze leicht und gewandt, und was die Ausdauer anbelange, so sei sie ebenfalls mit ihm zufrieden.

Der Balletmeister erhob sich von seinem Flügel, klopfte dem angehenden Tänzer auf die Schultern und versicherte ihm, er könne stolz sein auf den Ausspruch der Demoiselle Pauline. »Ich werde noch heute unseren Chef sprechen,« sagte er, »und wenn wir erst ein halbes Jahr auf dem Balletsaale und zu Hause die allergründlichsten Studien gemacht, so hoffe ich etwas Anständiges zu erleben.«

Der Herr Dubelli dankte der Tänzerin für die außerordentliche Güte und Freundlichkeit, die sie ihm erzeigt, für die Weihe der Kunst, die sie ihm hiedurch ertheilt; ebenso sagte er dem Balletmeister einige tief empfundene und passende Worte und der Signora Benetti ebenfalls etwas Schönes über den Antheil, den sie an ihm genommen.

Als nun bald darauf der Theaterdiener mit der Meldung erschien, der Wagen sei unten, um Demoiselle Pauline nach der Probe abzuholen, beurlaubte er sich durch einen Handkuß von der Signora Benetti und begleitete die Tänzerin an den Wagen, hob sie hinein, machte hinter ihr und seinem neuen Chef den Schlag zu und eilte alsdann, den Doktor Stechmaier aufzusuchen, den er in Kenntniß setzte von all' dem Schönen, was ihm heute Morgen bereits passirt.

Der Doktor freute sich aufrichtig über das Glück des Herrn Dubel und versprach, in der nächsten Nummer der »Spinne« etwas über den vortrefflichen Balletmeister des Hoftheaters zu sagen, und wie sehr es anzuerkennen sei, daß er sich bemühe, junge emporkeimende Talente für das Balletcorps zu gewinnen.

Frau Welscher und Jungfer Kiliane waren nicht wenig überrascht, als sie den Entschluß des Herrn Dubel erfuhren und er ihnen erzählte, daß er schon so gut wie angenommen bei dem königlichen Balletcorps sei. Sie freuten sich besonders darüber, daß nun die kleine Marie in der Anstalt einen Beschützer habe, und der Herr Dubel dagegen, der das kleine Mädchen außerordentlich lieb hatte, war ebenso erfreut, daß sie dort sei, und ihm kam deßhalb der Balletsaal mit seinen Ratten, seinen Tänzern und Tänzerinnen durchaus nicht so fremd vor, wie einem wohl zu Muthe ist, wenn man unter lauter unbekannte Gesichter hineintritt.

Das kleine Mädchen hatte eine außerordentliche Freude, als sie erfuhr, sie werde nun künftig ihren Freund Dubel ebenfalls im Balletsaale sehen; sie nahm ihn gleich an die Stange im Zimmer, er mußte die Füße erschrecklich auswärts biegen, sie machte ihm alle Bewegungen vor, die sie schon gelernt, und es war possirlich, wie sie das Alles that mit dem ernsten Ton einer Lehrmeisterin.

Den andern Tag schon erhielt der Herr Dubelli ein Dekret von der königlichen Hoftheaterintendanz, das ihm gestattete, die königliche Tanzschule zu besuchen, und ihm ein Engagement beim Balletcorps in Aussicht stellte, sowie ihn Signor Benetti hiezu würdig befinden werde.


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