Paul Grabein
Die Moosschwaige
Paul Grabein

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

2.

Rennert war in seinem Atelier; aber er arbeitete nicht – er konnte es nicht, wie so oft.

Stundenlang lag er nun schon auf dem Diwan und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Die fein ziselierte indische Bronzeschale neben ihm auf dem perlmuttereingelegten Ebenholztisch war wohl schon mit einem Dutzend von Zigarettenresten gefüllt, und dichte, weißbläuliche Rauchschwaden zogen schwer durch den Raum. Er redete sich selbst vor, daß er mit der Zigarette sich stimulieren, seine erschlafften Nerven zu der Arbeit, die doch schließlich nötig war, aufpeitschen müßte. Das Bild da drüben kam ja nicht vom Fleck. Fast schon fertig, stand es schon seit Wochen, so wie es war, auf der Staffelei. Der Schlußtermin zur Beschickung der Ausstellung rückte heran, aber er kam nicht dazu, der Arbeit die letzte Abrundung zu geben.

Erschlaffung seiner Nerven durch unvernünftige gesellschaftliche Strapazen: so suchte er seiner Frau und sich selbst diese träge Unlust zu erklären; aber er wußte es besser. Er belog sie und sich. Ekel war es! Ein Ekel, allmählich herangewachsen und nun übermächtig, nicht mehr zu überwinden. Ein Ekel vor seiner Arbeit, vor sich selbst, vor dem Leben, das er führte, vor diesem Hause mit seiner ganzen Atmosphäre, die ihn noch zu ersticken drohte.

Sein Blick fuhr unstet durch den Raum.

Das helle Licht eines Sonnentages warf seinen warmen Schein durch das große Glasfenster, das fast die ganze Außenseite des mit üppiger, weichlicher Pracht ausgestatteten Ateliers einnahm.

Mit grimmiger Verachtung überflogen Rennerts Blicke die orientalischen Diwane und Teppiche, die dämmernden Winkel mit verschwiegenen Plätzchen, die zu kosendem Geplauder einluden. Wie das Boudoir einer Haremsdame – der Geschmack seiner Frau! Und wie in einem solchen Raum, schwebte auch ein süßlich-schmeichelnder, fast betäubender Parfümhauch in dem Gemach, gemischt mit dem einschläfernden Aroma der ägyptischen Zigarette. Wirklich Stickluft!

Es war Rennert plötzlich, als ob er wahrhaftig ersticken müßte, so angstvoll klopfte ihm mit einem Male das Herz. Vielleicht infolge seines unmäßigen Rauchens.

Nervös warf er die Zigarette fort und sprang vom Diwan auf. Er eilte ans Fenster und riß einen Flügel weit auf.

Ah – das tat gut!

Mit tiefen Atemzügen sog er die reine, frische Luft des Wintertages draußen ein.

So stand er eine Weile. Dann trat er langsam ins Zimmer zurück. Vielleicht ging's nun auch mit der Arbeit. Und er schritt zu der Staffelei hin, nach Pinsel und Palette greifend.

Sein neues Bild! Ein neues und doch immer das alte. Mit einem bitteren Zug um die Lippen starrte er finster auf die Leinwand, zu der reizenden, schlanken Frauengestalt im koketten Rokokokostüm, die da auf der Balustrade einer Schloßterrasse saß, süß-verträumt hinausblickend in einen Park, der sich mit weichem Gedämmer zum Hintergrund verlor.

Ein Bild, sicher nicht schlecht! Im Gegenteil, ein intimer Reiz lag in der weiblichen Figur im Vordergrund, und der träumerisch-sehnende Ausdruck in ihren Zügen fand einen verstärkenden Nachklang in der Dämmerstimmung des alten Parkes. Aber süß, weichlich – ein echtes Publikumsbild!

Kein Zweifel, sie würden es auf der Großen Kunstausstellung im Sommer verhimmelnd umlagern, all die schwärmenden Weiblein, jung und alt, und nachher die Photographien und Heliogravüren der »Erwartung« von Knut Rennert zu Tausenden kaufen, und ein Kunstmäcen aus Berlin W. würde unfehlbar den »neuen Rennert« als Weihnachtsgeschenk für den Salon seiner Frau erstehen. Ja, Tausende würde ihm dies Bild da wieder in den Schoß werfen, und doch – widerwärtig war es ihm, so zum Ekel, daß er am liebsten die zuckende Rechte, die eben die Farben auf der Palette auffrischte, zur Faust geballt und mit vernichtendem Streich gegen die verliebte Schäferin geführt hätte.

Denn Rennert haßte sie, diese ewig lächelnde, ewig süße, liebreizende Fratze da, die er ungezählte Male auf die Leinwand gebannt hatte, die er kannte in jeder Linie, jedem Pünktchen, so daß er sie mit geschlossenen Augen hätte malen können. Dieses »entzückende, himmlische Gesichtchen«, über das die Frauen in Verzückung gerieten, das aber zu seinem Fluch geworden war, zu einem Schreckgespenst, das ihn des Tags verfolgte und des Nachts aufschreckte – das Antlitz seiner Frau!

Mit einem finsteren, feindseligen Ausdruck bohrten sich Rennerts Blicke auf das harmlos lächelnde Gesicht vor ihm. Ja, sein Fluch war es geworden, der sich ihm an die Fersen heftete, der ihn niederhetzen würde! Und doch hatte es eine Zeit gegeben, wo er mit diesem Gesicht, mit diesem ganzen süßen Püppchen einen Kultus getrieben, einen wahnwitzigen Kultus, wie ihn eben nur berauschte junge Künstlersinne erfinden können.

Scham und Zorn wallten siedend auf in ihm, wenn er an jene Zeit dachte. Damals war er zum Unfreien geworden, zum Verräter an der herben, großen Göttin, hatte er sich zum Sklaven einer weichlichen Afterkunst erniedrigt, die ihn so fest umstrickte, daß es nun kein Entrinnen mehr gab.

Wohl war er nach dem ersten berauschenden Taumel aufgeschreckt und hatte sich zurückretten wollen auf den Weg ernsten Strebens. Aber da hatte sie, die die Priesterin seiner neuen Göttin geworden war, ihn umgirrt mit süßem Schmeicheln und Locken: Bin ich dir nicht mehr schön genug? Ist dir mein süßer Reiz nichts mehr? Warum willst du nicht mehr anbetend nachbilden, was dich so berauscht hat? Warum nicht meiner Schönheit, vor der du taumelnd auf den Knien gelegen hast, ein neues Denkmal setzen? Und mit Betteln und Schmollen, mit sinnverwirrendem Spielenlassen ihrer Reize hatte sie ihn, den kaum Ernüchterten, von neuem in den tollen Rausch versetzt, der seine Künstlerschaft ganz in den Dienst ihrer Schönheit stellte und ihrer brennenden Eitelkeit höchste Befriedigung bot.

So war es denn weitergegangen, Jahr für Jahr. Er hatte nicht mehr die Kraft gehabt, sich aus den Banden loszureißen, die ihn umklammerten und seine Kraft lahmlegten, auch nicht mehr den Willen. Die tolle Jagd geselliger Zerstreuungen, in die sie ihn mit hineingezogen hatte, ließ ihn nicht mehr zur Besinnung kommen, und sein Glauben an sein besseres Können war ihm inzwischen auch verloren gegangen. Es lohnte nicht mehr, die Asche anzublasen, die da unter unreinen Schlacken in seinem Herzen lag.

So hatte er schließlich die Dinge gehen lassen, wie sie wollten. Nur durch eine ätzende Selbstironie, eine grimmige Verachtung seines eigenen Schaffens, suchte er insgeheim die Entwürdigung seiner Künstlergabe vor sich selbst wettzumachen, einer Entwürdigung, deren er sich nur zu wohl bewußt war, wenn er sich auch äußerlich nichts anmerken ließ. Im Gegenteil, vor der Welt trug er den Kopf hoch und nahm Glanz und Ehren als etwas ganz Selbstverständliches hin. Ein Glücklicher, Beneidenswerter – so kannten und nannten ihn Tausende.

Wenn sie geahnt hätten, wie er sich in all dem Glanz seines Lebens inwendig verzehrte, tiefer und tiefer, je mehr die Jahre dahinschwanden und er immer weiter in die Verflachung seiner Kunst hineingeriet; bis es zu Ende ging – ganz zu Ende!

Mit einem Ausdruck dumpfer Verzweiflung starrte Rennert vor sich hin auf das Bild. Schlaff hingen ihm die Hände mit Pinsel und Palette herab. Er war wohl gar nicht mehr so weit davon. Er konnte ja schon jetzt nichts mehr – nicht mal den Schmarren da konnte er zu Ende bringen. Verbraucht – zerstört!

In seinem dumpfen Starren hatte Rennert das leise Rauschen der Portiere hinter sich überhört, durch die eine Frau eingetreten war, eine junge, mädchenschlanke Gestalt, umflossen von einer raffiniert eleganten Gesellschaftsrobe von durchsichtigem, lilagrauem Crêpe-Chiffon, brennend rote Mohnblumen im Gürtel und im lose aufgesteckten Blondhaar. Trotz der modernen französischen Frisur verriet das pikante, süße Rokokogesichtchen doch sofort seine Identität mit der Kopie auf der Leinwand – Rennerts Frau.

Einen Moment blickte sie auf den Gatten, wie er untätig, finster brütend vor der Staffelei stand. Dann aber gewahrte sie das offene Fenster und schauerte affektiert zusammen.

»Hu! Das Fenster wieder sperrangelweit auf! Eine Eiskälte! Mach' doch zu, Knut. Ich kann mich ja hier auf den Tod erkälten.«

Ein süßes, helles Stimmchen, das jetzt schmollend und wehleidig klang wie das eines verzogenen und verzärtelten Kindes.

Stirnrunzelnd drehte sich Rennert nach ihr um, die sich schnell zu dem Kaminofen in die geschützte Ecke gerettet hatte, wo sie sich nun wie ein fröstelndes Kätzchen in sich zusammenschmiegte.

»Es ist ja eine Luft hier – zum Ersticken!« entfuhr es ihm.

»Aber sieh doch, wie ich angezogen bin!« jammerte sie.

Er warf einen Blick auf sie, auf den spinnwebenzarten Flor, der die weißen Arme und den tiefen Brustausschnitt durchschimmern ließ, und schweigend schritt er zum Fenster.

Als er es geschlossen hatte, kehrte er langsam wieder zur Staffelei zurück und griff wortlos nach seinem Malgerät.

Sie kam nun vom Ofen her auf ihn zu.

»Was hast du denn nur heute wieder, Knut?« schmeichelte sie mit ihrem süßen Stimmchen. »Du siehst ja aus, als wolltest du mich am liebsten auffressen. Bloß eben des Fensters wegen?«

Er gab keine Antwort.

»Mein Gott, so rede doch!«

»Es ist besser, ich schweige.«

Und er setzte mit einem verzweifelten inneren Ruck den Pinsel an.

»Knut, sei doch nicht so abscheulich zu mir.«

Schmollend und doch leis lockend klang es, aber er überhörte es.

Nun stand sie dicht hinter ihm, und plötzlich schlangen sich ihre Hände um seinen Hals, daß die zarten Florwogen der weiten Ärmel leise zurückrieselten und die weißen Arme ganz freigaben.

»Und für deine kleine Frau in ihrem süßen neuen Kleidchen hast du Brummbär überhaupt noch keinen Blick übrig. Für wen putz' ich mich denn so?«

Ein höhnisches Auslachen würgte ihm in der Kehle. Etwa für ihn? Sie, deren Lebensluft die Eitelkeit war, das verzückte Bewundern der Laffen im Salon, die neidischen Augenblitze der Frauen!

Unsanft machte er sich von ihr los.

»Laß die Kindereien. Ich will arbeiten.«

Nun aber fuhr sie auf. Die helle Stimme klang plötzlich scharf und hart.

»Ja, jetzt, wo du dich gleich zum Ausgehen anziehen mußt!« Sie sollten in einer Stunde zum Dejeuner bei einem seiner Gönner sein. »Aber den ganzen Vormittag hast du die Zeit totgeschlagen, keinen Pinselstrich gemacht, nur Zigaretten gequalmt – und dann räsonnierst du über Stickluft!«

Sie wehrte mit einer heftigen Handbewegung dem scharfen, schwelenden Rauch der letzten, in der Aschenschale weiterglimmenden Zigarette von sich ab; um den rosigen Mund zeichneten sich nun zwei böse, trotzige Fältchen.

Aber Rennert antwortete immer noch nicht. In völliger Nichtbeachtung ihrer Erregung begann er jetzt wirklich zu malen; es war wie im Trotz, um sie zu ärgern.

Und es reizte sie in der Tat immer heftiger.

»Ja, nun pfuschst du drauf los! Das soll dann was werden! Du wirst's mit deiner Faulheit noch so weit bringen, daß du nächstens überhaupt nichts mehr zustande bringst. Dann kann ich ja sehen, wo ich bleibe. Wenn ich andere Männer sehe, wie die für ihre Frauen arbeiten! Seit zwei Monaten schon sitzt du an dem Fetzen da. Früher hast du solch Ding in ein paar Wochen fertig gemacht. Kein Geld kommt mehr ins Haus. Und ich muß darunter leiden, ich muß 'rumlaufen mit meinen paar abgetragenen Fähnchen! Nichts kann man sich mehr anschaffen, nichts! Es ist dir ja auch ganz gleichgültig, wie deine Frau aussieht. Du liebst mich ja nicht mehr, nicht ein bißchen! Ach Gott, wie unglücklich bin ich!«

Aufschluchzend preßte sie sich plötzlich das Batisttüchelchen vor die Augen.

Aber auch das verfing nicht bei ihm.

Da loderte der Zorn in ihr auf. Fußstampfend schrie sie ihn an:

»Warum würdigst du mich denn nicht einmal eines Wortes?«

Nun sah er sie an, zum erstenmal; aber mit einem kalten, geringschätzigen Blick.

»Weil du mich doch nicht verstehen würdest.«

»So?« Es traf sie; doch schnell revanchierte sie sich im gleichen Ton. »Natürlich! Ich weiß schon. Aber soll ich dir mal die Wahrheit sagen, lieber Freund? Du hast mal wieder deinen Moralischen! Den muß ich ja immer ausbaden.«

Er zuckte leise zusammen, schwieg aber von neuem. Sie dagegen begann nun zu überlegen.

Sie kannte ja diese Stimmungen an ihm nur zu gut, wenn er mit sich und seinem Schaffen unzufrieden war. Früher war es ihr freilich immer gelungen, durch ihr Schmeicheln und Kosen ihn darüber hinwegzubringen. Mit geheimem Triumph hatte sie ihn nach allen solchen Szenen gerade dann immer mit doppelter Leidenschaft zu ihren Füßen gesehen. Aber das war nun schon eine geraume Zeit anders geworden. Sie hatte ihre Macht nur noch vergeblich an ihm erprobt; kalt, fast höhnisch und verächtlich hatte er sie abgewiesen mit ihren Weibeskünsten, die ihn früher stets entflammt hatten.

Das hatte ihrer Eitelkeit einen harten Stoß gegeben und damit ihrem Empfinden für ihn. Sie hatte Knut, soweit es bei ihrer Art möglich war, früher wirklich lieb gehabt, solange er sie anbetete und verhätschelte. Nachdem er aber allmählich kühler geworden war, hatte auch ihr Empfinden nachgelassen. Erst hatte sie zwar noch versucht, ihn wieder in ihren Bann zu zwingen, durch vermehrte Koketterie, durch neue, ihn anlockende Frauenkünste. Und als das nicht verfing, indem sie durch Schöntun mit anderen seine Eifersucht zu wecken suchte. Aber auch das hatte nichts gefruchtet.

So war sie jetzt auf einem Punkte angelangt, wo die Situation ernst zu werden anfing. Sie mußte es daher auf eine Kraftprobe ankommen lassen, und, wie sie Knut kannte, zweifelte sie nicht daran, daß er nach einem leidenschaftlichen Ausbrechen seines Temperaments, mit dem all der aufgespeicherte Zündstoff in ihm einmal gründlich verpuffen würde, sich wieder zu sich selbst und zu ihr zurückfinden würde. Seine sensible Künstlernatur hatte ihn offenbar in eine Krise hineingetrieben; aber sie war sich doch ihrer Macht über Männer gerade von Knuts leicht entflammbarer Leidenschaftlichkeit zu sehr bewußt, als daß sie glauben konnte, er könnte sich ihrer Macht für immer entziehen.

Und so fuhr sie denn jetzt ruhiger fort – sie wollte versuchen, ihn wieder zur Vernunft zu bringen.

»Ich weiß sehr wohl, warum du heute so bist. Der Huber und wie deine guten Freunde sonst heißen, mit denen du gestern zusammengesteckt hast, die haben dich gegen mich aufgehetzt.«

»Ist ihnen gar nicht eingefallen.«

»So haben sie aber gestichelt über dich und deine Bilder – sicherlich.«

Er antwortete nicht; aber seine heftige, fast grimmige Art, wie er nun den Pinsel aufsetzte, sagte ihr genug.

»Siehst du, ich wußte es doch!« triumphierte sie. »Daß du aber nur so dumm bist, den Menschen den Gefallen zu tun und dich ärgern zu lassen. Es ist doch nichts als der pure Neid, der aus ihnen spricht. Wenn sie nur das schöne Geld bekämen, das du mit deinen »schlechten« Bildern verdienst – auf der Stelle malten sie selber solche, wenn sie nur könnten!«

Höhnisch lachte er auf, und ein geringschätziger Blick traf sie jetzt.

»So, glaubst du? Natürlich, du kannst es ja nicht anders fassen: Geld, Geld, Luxus, Wohlleben, das ist ja das Höchste!«

Sein verächtlicher Ton reizte sie doch wieder von neuem.

»Als ob es dir ganz gleichgültig wäre! Spiel' dich doch nur nicht auf einmal als den Geldverächter auf. Du hast es dir doch recht wohl sein lassen im Luxus und Wohlleben!«

Eine Röte schoß in sein Antlitz. Er trat unwillkürlich von der Staffelei fort, einen Schritt zu ihr hin.

»Leider ja! Ich habe mit dem Geld, das mir dies Geschmiere eingebracht hat, auch mir Genüsse verschafft! Aber was weißt du, ob mir dabei wohl zumute gewesen ist? Ob ich nicht bei einem Stück trockenen Brotes in der Dachstube glücklicher gewesen wäre als hier in all dem verfluchten Luxus, den ich verachte, den ich hasse – glühend hasse!«

Mit aufflammender Heftigkeit schleuderte er ihr die Worte ins Gesicht; das erstemal, daß er sich so Luft machte.

Aber es verfehlte jeden Eindruck bei ihr. Spöttisch sah sie ihn an.

»Mach' dich doch nicht lächerlich mit solchen abgedroschenen Phrasen. Du und glücklich beim trockenen Stück Brot!«

Und plötzlich brach sie in ein helles Lachen aus.

Dieses silberne und doch so herzlose Lachen, in einem Augenblick, wo er ihr sein zuckendes Inneres gezeigt hatte, fachte einen lodernden Jähzorn in ihm an.

Drohend reckte er sich vor ihr auf, mit so haßerfülltem Blick, daß sie sich unwillkürlich scheu vor ihm zusammenduckte.

Dann warf er ihr plötzlich Pinsel und Palette vor die Füße, auf den kostbaren Perserteppich – stumm, aber mit dem Ausdruck tiefster Verachtung.

Im nächsten Augenblick stürmte er zur Tür.

Einen Moment starrte ihm seine Frau fassungslos nach. Doch plötzlich kehrte ihr das Besinnen zurück.

»Knut, das Dejeuner!«

Aber schon hatte sich die Portiere hinter ihm geschlossen.

 


 << zurück weiter >>