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Tranquillus in undis.

Still lag mein Leben wie das weite Meer,
wenn spiegelglatt die Fläche ruht, kein Wind
sie kräuselt, aber auch kein Sonnenstrahl
sie küßt mit sengend-heißem Liebeskuß.
So wars schon längst. Vergessen hatt ich fast
des Lichtes Strahlen, die der Blume Kelch
nur sacht erschließen, wenn die Mittagsglut
ihn streift in eisig-kaltem Wintertag. –
Stolz ging ich einsam meinen steilen Pfad,
der Distel trotzend, die mir das Gewand
und meine müden Füße blutig riß.
Zur Höhe wollte ich, empor zum Ruhm.

– – Still lag die See! Da fuhr ein Wettersturm
hin über sie, und bis zum feuchten Grund
wühlt er in tiefster Tiefe auf das Meer.
Wild, aufgepeischt wie von Titanenkraft
braust auf den Strand der schäumend-weiße Gischt,
er brach sich an den Felsen, er zerschellt;
die Wogen grollten, und die Sturmflut stieg.

*

Der Wettersturm warst du! Daß ich dich sah!!
Als eine wandernsmüde Pilgerin,
die einsam, hoffnungslos im Bußgewand
den steilen Pfad durch Dornen wollte ziehn,
erblicktest du mich armes, bleiches Weib
und drücktest in der Bettlerin Gelock
den Kronreif deiner Herzenskönigin –

*

Zur Höhe wollt ich einst – zu Glanz und Ruhm.
Fern liegt der Weg – ich wählt den anderen:
In deine Arme führte er – – – zu dir.

*


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