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Zwei Nächte.

Hab ihn genommen an meine Brust,
ihn zu erwecken zu neuer Lust ...
Geküßt auf den kalten, bleichen Mund,
geküßt, bis mir meine Lippen wund!

*

In seiner letzten, der Todesnacht,
hab jäh ich gedacht
an eine andre, die erste Nacht.

Heut kalt der Liebste und damals so heiß,
im Haar trug ich Schleier und Myrtenreis,
sie hüllten zwei selige Menschen ein,
die wollten beide nur eins noch sein ...

Warum hieltst du nicht Wort? Warum tauschtest du heut
mit dem Hochzeitsgewand das Totenkleid?
Und es kommt noch so manche, lange Nacht – –
meine Liebe, die ist nun aufgewacht!
Du hast sie mit deinen Küssen geweckt,
du hast sie aus ihrer Ruhe geschreckt,
du hast sie hungern und dürsten gemacht
nach den Seligkeiten der Frühlingsnacht!

Da liegst du – tot – –
und in mir loht
weiter und weiter der heischende Brand,
und bald – dann kommt der Frühling ins Land,
und kein Mund, der mir rot die Lippen küßt,
wenn die spähende Sonne ging zur Rüst.

Liebster, Geliebter!

*

In deiner letzten, der Todesnacht,
Hab jäh ich gedacht
an eine andre, die erste Nacht. – –

*


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