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Erstes Buch.


Erstes Kapitel.

Ueber Lebensbeschreibungen im allgemeinen, und insbesondere über die der Pamela; nebenbei ein Wort von Colley Cibber, und Andern.


Es ist eine zwar triviale, aber doch wahre Bemerkung, daß Beispiele mächtiger auf das Gemüth wirken, als Lehren; und wenn dies sich bei dem, was hassens- und tadelnswerth ist, sich bestätigt, so ist es noch mehr der Fall bei Gegenständen, welche Liebe und Beifall erregen. Hier wirkt der Wetteifer am gewaltigsten auf uns, und begeistert uns unwiderstehlich zur Nachahmung. Ein guter Mensch ist daher allen seinen Bekannten ein lebendes Beispiel, und in diesem engen Zirkel viel nützlicher als ein gutes Buch.

Da aber häufig die besten Menschen nur wenig gekannt sind, und folglich der Nutzen ihres Beispiels sich nicht weit ausbreiten kann, so darf der Schriftsteller zur Hülfe gezogen werden, ihrer Geschichte einen größern Wirkungskreis zu geben, und denen, die nicht das Glück haben, die Originale zu kennen, das liebenswürdige Gemälde derselben darzubieten; und so mag er vielleicht, indem er solche treffliche Muster aufstellt, den Menschen in einem ausgedehnteren Umfange dienen, als die Person selbst, deren Leben ursprünglich das Musterbild darbot.

Aus diesem Gesichtspunkt habe ich immer jene Biographen beurtheilt, welche die Thaten großer und würdiger Menschen von beiden Geschlechtern berichteten. Abgesehen von jenen alten Schriftstellern, die in unsern Tagen wenig gelesen werden, da man ihre Sprache für veraltet, und, wie man glaubt, uns nicht mehr verständlich hält, wie Plutarch, Nepos und Andere, von denen ich in meiner Jugend hörte, bietet auch die englische Literatur viele vortreffliche und lehrreiche Werke dieser Art dar, welche darauf berechnet sind, den Samen der Tugend in jungen Leuten auszustreuen, und selbst für Personen von mittelmäßigen Fähigkeiten leicht faßlich, so zum Beispiel die Geschichte »des großen Hans,« dem seine hohen Heldenthaten gegen Männer von ungewöhnlicher Körperkraft den ruhmwürdigen Beinamen des Riesentödters erwarben; die eines »Grafen von Warwick,« dessen Taufname »Guy« war; »das Leben des Argalus und der Parthenia;« vor allem aber die Geschichte jener sieben würdigen Personen, »der Kämpen des Christenthums.« In allen diesen ist Unterhaltung mit Belehrung vereinigt, und der Leser wird in dieser wie in jener Beziehung befriedigt.

Doch von diesen und vielen andern abgesehen, erwähne ich noch zwei kürzlich erschienene Bücher, die ein bewundernswürdiges Muster des Liebenswürdigen in beiden Geschlechtern aufstellen. Das erste derselben, welches von männlicher Tugend handelt, wurde von dem großen Mann selbst geschrieben, der das dargestellte Leben lebte, und nach vieler Meinung ein solches Leben nur lebte, um es aufzuzeichnen. Das andere wird uns von einem Historiker mitgetheilt, der nach der hergebrachten Methode sein Licht authentischen Urkunden und Papieren entnimmt. Der brittische Leser erräth, glaube ich bereits, daß ich die Biographieen des Herrn Colley Cibber und der Miß Pamela Andrews meine.

Wie geschickt weiß der erste, indem er andeutet, daß er den Beförderungen zu den höchsten Stellungen in Kirche und Staat entging, uns die Verachtung irdischer Größe einzuprägen! Wie eindringlich lehrt er uns eine unbedingte Unterwerfung unter unsere Vorgesetzten! Wie vollständig rüstet er uns endlich gegen eine so beschwerliche elende Geistesstimmung, wie die Furcht vor Schande ist, und wie deutlich legt er zugleich das Leere und Eitle jenes Hirngespinnstes dar, das man guten Ruf nennt!

Was die Leserinnen aus den Denkwürdigkeiten der Miß Andrews lernen mögen, ist in den der zweiten und folgenden Auflagen jenes Werks vorgedruckten vortrefflichen Versuchen oder Briefen so richtig dargelegt, daß es hier eine unnöthige Wiederholung sein würde.

Die authentische Geschichte, die ich jetzt dem Publiko vorlege, ist ein Beleg zu dem vielfältigen Nutzen, den jenes Buch leisten kann, und zu der eben gerühmten Macht des Beispiels; denn man wird sich überzeugen, daß nur das unverrückt festgehaltene vortreffliche Muster der Tugenden seiner Schwester Herrn Joseph Andrews befähigen konnte, seine Reinheit mitten unter so großen Versuchungen zu bewahren. Ich füge nur noch hinzu, daß diese Eigenschaft männlicher Keuschheit, obgleich ohne Zweifel eben so wünschenswerth und geziemend für einen Theil des Menschengeschlechts, als für den andern, fast die einzige Tugend ist, die der edle Cibber sich nicht selbst beigelegt hat, um damit seinen Lesern vorzuleuchten.


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