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Nach dem Frühstück und der darauffolgenden langen Unterredung auf der Veranda beschlossen Sterling und Röder, einen Spaziergang durch die Felder zu unternehmen.
Unten im Park wurde immer noch an der beschädigten Wasserleitung gearbeitet.
Als die beiden Herren sich näherten, kam ihnen der Verwalter mit beflissener Höflichkeit entgegen. Er entschuldigte sich Röder gegenüber wegen seiner Aussagen vor Gericht und sagte, er hätte nur getan, was sein Gewissen ihm vorgeschrieben habe, und wäre seinem Gefühl für Recht und Wahrheit gefolgt.
Röder klopfte ihn freundschaftlich auf die Schulter.
»Lassen Sie uns nicht weiter über die langweilige Geschichte sprechen.« sagte er. »Irren ist menschlich, und der Schein war ja so sehr gegen mich, daß man beim besten Willen nicht umhin konnte, mich für den Täter zu halten. Sie haben sich jedenfalls nichts vorzuwerfen, und ich hege keinen Groll gegen Sie.«
So sehr es ihm auch widerstrebte, streckte Röder sogar seine Hand aus, die der Verwalter zögernd und sichtlich verlegen ergriff.
Sterling beobachtete ihn von der Seite, und sein ernstes Gesicht nahm einen finsteren Ausdruck an. Was er sah, schien ihm nicht zu gefallen.
Ehe sie weitergingen, machte Sterling eine Entdeckung, die ihn noch mehr in seinem Argwohn gegen Karsten bestärkte. Die Leitung, an der gearbeitet wurde, bestand aus kurzen Röhren aus gebranntem Ton. Daß man dabei eine Schmiede für die Reparatur in Anspruch nehmen mußte, war demnach reiner Unsinn. Folglich hatte der Verwalter gelogen, als sie sich bei Nacht vor der Schmiede begegneten.
Die beiden jungen Leute setzten ihre Wanderung fort. Sobald sie allein waren, rief Sterling vergnügt und händereibend aus:
»Vortrefflich, Stellan! Ganz vortrefflich! Du hast ihn gründlich getäuscht.«
»Du glaubst also nicht, daß er ahnt, daß wir ihm auf der Spur sind?«
»Absolut nicht,« entgegnete Sterling. »Wie ich vorhin schon sagte, ist der Kerl nicht intelligent genug, um zu durchschauen, weshalb ich mich hier eigentlich aufhalte.«
Gegen Mittag kehrten die beiden Herren von ihrem Spaziergang zurück. Als sie sich dem Hause näherten, lief ihnen ein goldbrauner, schön gezeichneter Stöberhund entgegen und begann freudig bellend um Röder herumzuspringen.
»Wer hat dich denn rausgelassen, Sporre?« sagte der junge Ingenieur, indem er ihn liebevoll klopfte. »Hierher, mein Alter! So, so ...«
Sterling betrachtete das edle Tier gedankenvoll.
»Gehört er dir?« fragte er Röder.
»Jawohl. Marianne hat ihn mir geschenkt, und du glaubst nicht, was für ein famoses Tier er ist.«
»Darf er hier frei herumlaufen?« fragte Sterling.
»Nein,« erwiderte Röder. »Ich begreife nicht, wer ihn herausgelassen hat.«
»Hm ... ist er scharf auf Füchse?«
»Und wie!«
»Hör' mal, Stellan, mir kommt ein Gedanke ... ein glänzender Einfall!«
»Was denn?«
»Der Hund soll uns helfen!« rief Sterling begeistert aus.
»Was soll das heißen?«
»Verstehst du nicht, daß der Hund uns von unschätzbarem Nutzen sein kann? Mit Sporres Hilfe werden wir imstande sein, Karsten bei all seinen Unternehmungen auf Schritt und Tritt zu folgen. Erweist es sich, daß die Einbruchsdiebstähle hier in der Gegend andauern, so wissen wir, an wen wir uns zu halten haben, und können den Hund auf seine Fährte setzen.«
»Glaubst du denn, daß Sporres Witterung den Verwalter umfaßt?« entgegnete Röder lachend, »Nein, das nicht, aber du hast meinen Plan auch noch nicht zu Ende gehört.«
»Na, dann laß hören.«
»Gibt es hier in der Nähe wohl einen Fuchsbau?« fragte Sterling.
»Ja,« erwiderte der Ingenieur ganz verblüfft, »aber ich verstehe nicht, was ein Fuchsbau mit der Aufspürung dieses Kerls zu tun hat.«
»Du bist doch sonst nicht so schwer von Begriffen!« sagte Sterling. »Heute nachmittag mußt du mich jedenfalls zu dem Fuchsbau hinführen. Dabei werde ich dir meinen Plan näher erklären.«
Röder schüttelte verständnislos den Kopf. Es war jedoch Zeit zum Mittagessen, und so wurde die Sache nicht weiter besprochen, bis man beim Kaffee auf der Veranda saß.
»Na, Stellan,« sagte Sterling schließlich, »was meinst du, wenn wir uns den Fuchsbau nun einmal aus der Nähe ansähen?«
»Einen Fuchsbau?« rief Marianne verwundert aus. »Wozu denn das?«
»Sterling hat irgendeinen wilden Gedanken, den er mir nicht erklären will,« sagte Röder. »Das beste wird wohl sein, ich tue ihm gleich den Willen. Es ist ein ganzes Ende zu gehen. Vorm Abendessen brauchst du uns also nicht zurückzuerwarten.«
»Ich schlage vor, daß Fräulein Faxe mitkommt,« sagte Sterling. »Auf die Weise schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: erstens machen wir einen netten gemeinsamen Spaziergang, und zweitens tragen wir zur Förderung meines Planes bei.«
»Der Besuch des Fuchsbaues gehört also wirklich mit zu deinem Plan?« erkundigte Röder sich ungläubig.
»Jawohl,« lautete die heitere Antwort seines Freundes ...
Endlich war man an Ort und Stelle. In einem von üppiger Vegetation und dichtem Buschwerk umgebenen Morast sollte sich nach Angabe des Ingenieurs der Bau befinden.
Man suchte lange umsonst.
Schließlich hörte man aber einen leisen Laut von Marianne, die sich von den beiden Herren getrennt hatte, um auf eigene Hand zu suchen.
Sterling und Röder eilten hin und standen gleich darauf vor einem kleinen Idyll. Zwischen einigen Büschen hindurch erblickte man einen kleinen freien Platz vor einer dunkeln Kluft im Steingeröll, und auf diesem freien Platz tummelte sich eine große, zottige Füchsin mit sechs niedlichen kleinen Jungen.
Nachdem man das hübsche Schauspiel eine Zeitlang betrachtet hatte, drängte Sterling sich zwischen den Büschen hindurch, und sofort war die ganze Fuchsfamilie wie durch Zauberschlag im Bau verschwunden.
»Nun also ans Werk!« rief Sterling, indem er einen länglichen Stoffbeutel aus der Tasche zog. Dabei warf er sich auf die Knie und begann mit beiden Händen, seinen Beutel mit der vor dem Bau liegenden Erde anzufüllen.
»Was in aller Welt willst du denn mit der Erde anfangen?« fragte Röder ganz verblüfft.
Sterling lachte herzlich.
»Ich will dich nicht länger auf die Folter spannen,« sagte er. »Wenn ich nicht irre, gibt es in Edeby zwei Parktore?«
»Ja.«
»Nun, wenn der Verwalter nächtliche Ausflüge unternimmt, muß er also durch eins von diesen Toren hindurch, nicht wahr?«
»Ja, natürlich, aber ...«
»Wenn ich diese Erde nun so um die beiden Tore herum streue, daß jeder beim Hinaus- oder Hineingehen darauf treten muß ... Was dann?«
»Aha!« rief Röder aus. »Max, du bist wirklich ein Mordskerl!«
»Ich wende nur meine gesunde Vernunft an,« sagte Sterling schlicht. »Die Folge wird also, wie du jetzt zu begreifen scheinst, sein, daß die Füße derjenigen, die über diese Erde gegangen sind, einen so scharfen Fuchsgeruch annehmen, daß er wenigstens vierundzwanzig Stunden vorhält. Wir werden unser kleines Experiment vielleicht mehrere Abende ohne Ergebnis wiederholen müssen, aber schließlich wird die Sache glücken, und dann ... Jedenfalls wirst du zugeben, daß mein Experiment ganz interessant zu werden verspricht.«
»Kolossal interessant!« rief Röder begeistert aus.
Man ging nun wieder nach Hause und nahm den Weg durch das hintere Parktor, von dem man sich am meisten versprach. Als man es erreicht hatte, spähte Sterling vorsichtig nach allen Richtungen, um sich zu versichern, daß er nicht beobachtet wurde. Dann streute er rasch den halben Inhalt seines Beutels rund um das Tor herum.
Nachdem man dieselben Vorkehrungen auch bei dem anderen Tor getroffen hatte, begab man sich ins Haus zurück und verbrachte den Abend mit lebhaften Erörterungen der Aussichten, die diese List eröffnete.