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2. Plato.

a. Einleitendes.

Platos Lebensanschauung zu zeichnen bildet wohl die schwerste Aufgabe unserer ganzen Untersuchung. Vornehmlich deshalb, weil die weltüberlegene Persönlichkeit, die seine Werke vor Augen stellen, verschiedenartige Antriebe, ja schroffe Gegensätze enthält. Plato ist an erster Stelle der königliche Denker, der mit siegreicher Kraft durch allen Schein hindurch und über alles Bild hinaus zu einem unwandelbaren Wesen der Dinge vordringt, damit der Welt eine Tiefe gibt und das Gesamtbild der Wirklichkeit umgestaltet. Dieser Denker ist aber zugleich ein Künstler von Gottes Gnaden, den es fortwährend zum Gestalten und Schauen drängt, dessen hochgestimmte Phantasie alles Gedankenwerk mit glanzvollen Bildern umrankt, ja durchflicht, dem alle Fülle der sichtbaren Welt zu einem leuchtenden Spiegel seiner Gedanken wird. In alles Dichten und Denken aber legt Plato eine kraftvolle moralische Persönlichkeit, die alles prüft und läutert; als echt und wertvoll gilt ihm nur, was das Ganze der Seele fördert, indem es befestigt, reinigt, veredelt. »Alles Gold über der Erde und unter der Erde wiegt die Tugend nicht auf«. Über allen Einzelbewegungen endlich steht das Ganze einer selbstwüchsigen, schöpferischen Persönlichkeit, die überall Leben hervorruft, wo sie mit ihrer Arbeit einsetzt, die wunderbar zu malen versteht und ihre Schöpfungen leibhaft vor Augen stellt. Tiefe und fruchtbare Gedanken werden wie aus einem unerschöpflichen Füllhorn ausgestreut.

Aber was für die Persönlichkeit eine Größe, das macht das Verständnis ihres Werkes schwer. Jeder einzelne der verschiedenen Züge ist viel zu selbständig, um sich den anderen unterzuordnen, gegenseitige Hemmungen und Durchkreuzungen liegen nahe und lassen auch die Deutung des Ganzen schwanken.

Diese Mannigfaltigkeit der Bewegungen macht das Dunkel besonders schmerzlich, das über der Reihenfolge der platonischen Schriften und über der inneren Geschichte des Mannes liegt. Wohl heben sich gewisse Hauptphasen deutlich heraus; an welcher Stelle sich aber die einzelnen Abschnitte und Übergänge finden, und was zu den verschiedenen Zeiten der Hauptzug der Bewegung war, das ist trotz unsäglicher Arbeit der gelehrten Forschung noch immer so wenig zu voller Klarheit gebracht, daß gewagte Vermutungen dabei nicht zu entbehren sind; solche aber muß unsere Darstellung meiden. So soll sie sich vornehmlich an die Werke halten, welche Plato als den Schöpfer der Ideenlehre zeigen. Denn in ihr erreicht er seine größte Selbständigkeit, und mit ihr hat er am stärksten auf die Menschheit gewirkt.

*

b. Die Ideenlehre.

Platos Streben bekundet durchgängig eine tiefe Unzufriedenheit und einen schroffen Gegensatz zu seiner gesellschaftlichen Umgebung. Es ist zunächst die athenische Demokratie, die seinen Zorn erweckt, das Verhalten der »Vielen«, die ohne Ernst und ohne Einsicht nach schwankender Lust und Laune über die wichtigsten Dinge beschließen und durch lärmende Massenwirkungen die Seelen der Jugend verleiten. Aber dem Denker wird die Not seiner Zeit und seines Kreises ein Problem aller Orte und Zeiten. Jegliches menschliche Tun, das sich auf sich selber stellt und eine Verbindung mit überlegenen Ordnungen ablehnt, gilt ihm als nichtig und irrig; es kennt kein wahrhaftiges Sein, vom flüchtigen Schein beherrscht bietet es von Tugend und Glück nicht mehr als einen Schein, einen eitlen und selbstgefälligen Schein. So befreit sich der Denker vom bloßen Menschen und flüchtet zum All, vom Alltagsgetriebe mit seinen niedrigen Gelüsten heißt er aufschauen zu den ewigen, aller Unbill fremden Ordnungen, die der Anblick des Himmelgewölbes einleuchtend vor Augen stellt; der Anschluß an sie wird unser Leben weiter und wahrer, reiner und beständiger machen. So ein Streben über den Menschen hinaus, eine Wendung zum All als dem Standort wahrhaftigen Lebens.

Aber dies neue Leben begegnet sofort einem scheinbar unüberwindlichen Hemmnis. Die sinnliche Welt war schon durch Gedankenarbeit in ihrer Handfestigkeit erschüttert, namentlich war ihr unablässiges Anderswerden, war der regellose Fluß der Dinge viel zu deutlich erkannt, um dem Leben und Streben einen sicheren Halt zu gewähren. Bildet das Reich der Sinne die einzige Welt, so kann die Wendung zum All dem Denken kein Sein erschließen, dem Leben keine Festigkeit geben. Aber ist jenes Reich das Ganze der Wirklichkeit? Sokrates' Lehre vom Denken und von den Begriffen hatte neue Wege gewiesen. In den Begriffen war gegenüber den schwankenden Meinungen der Einzelnen etwas Beharrendes und Allgemeingültiges erkannt, für Sokrates freilich nur innerhalb unseres eigenen Gedankenkreises. Plato aber, seiner Gesamtart nach mehr aufs Weite und Kosmische gerichtet, tut hier einen beträchtlichen Schritt vorwärts. Der Begriff, so meint er, könnte nicht wahr sein, reichte er nicht über den Menschen hinaus, und übermittelte er nicht eine Wirklichkeit der Dinge. Das entspricht der griechischen Denkart, die den Menschen von der Welt nicht ablöst und ihr entgegensetzt, sondern ihn ihr eng verbunden hält, welche die Tätigkeit dem Gegenstand anschmiegt und im Befunde des Seelenlebens eine Mitteilung der Dinge sieht. Das kleine Leben folgt hier dem großen, denn nicht entfacht und nährt sich, so meint Plato, das Feuer des Alls aus dem Feuer bei uns, sondern es hat von jenem das meine und das deine und das aller Lebewesen was immer es hat. Hängen wir aber so an den Dingen, und schöpft die Seele allen Gehalt aus dem All, so ist im Befunde der kleinen Welt die große mit Sicherheit zu ergreifen. Nun ist für Plato ausgemacht, daß gegenüber der schwankenden Meinung ein Wissen mit festen Begriffen besteht; so gibt es sicherlich auch im All eine unwandelbare Wirklichkeit übersinnlicher Art, ein Reich von Gedankengrößen jenseit der fließenden Sinnenwelt.

Auf diesem Wege kommt Plato zum Kern seiner philosophischen Überzeugung, zu seiner Ideenlehre. Das Wort Idee, ursprünglich Aussehen, Bild, Gestalt bedeutend, erhält und behauptet von hier aus einen technischen Sinn, es bezeichnet nun das Gegenstück des Begriffes in der Welt der Dinge, ein wesenhaftes, wandelloses, nur dem Gedanken zugängliches Sein. Die Ideenlehre befestigt und objektiviert unsere Begriffe, eine kühne logische Phantasie trägt diese über den menschlichen Kreis hinaus in das All und verkörpert sie zu selbständigen Größen uns gegenüber. Die Gedankenwelt aber, die damit entsteht, gilt Plato als der Grundbestand aller Wirklichkeit, als Trägerin der Welt, die uns sichtbar umfängt.

Das ist eine Umwälzung und Umwertung gewaltiger Art. Wohl hatte auch vorher schon die Arbeit hervorragender Denker die nächste Welt zu einer niederen, ja zu einem bloßen Scheine herabgesetzt, aber diese Wendung war noch nicht mit dem Ganzen dieser Welt ausgeglichen und konnte daher auf weitere Kreise keinen Einfluß gewinnen. Plato dagegen hat eine gründliche Auseinandersetzung vollzogen und zugleich alle Begriffe von der Wirklichkeit wesentlich umgestaltet. Zum Ersten, Gewissesten, unmittelbar Gegenwärtigen wird jetzt eine Welt, die sich nur dem Denken erschließt. Nicht nach der Stärke des sinnlichen Eindrucks, sondern nach der geistigen Durchsichtigkeit bemißt sich jetzt die Nähe und Erkennbarkeit der Dinge; da das sinnliche Dasein mit seiner Räumlichkeit sich reinen Begriffen verschließt, so bleibt es bei aller Handgreiflichkeit in trübem Dämmerschein, während die Ideen sich sonnenhell durchleuchten lassen. Bei solcher Wandlung bildet die Seele unser echtes Wesen, der Körper wird ein bloßer Anhang, ja ein fremdes und niederes Sein. Auch das Streben wird damit ganz und gar unsinnlichen Gütern zugewandt.

Dieser Gedankenwelt gibt die volle Herrschaft des Erkennens eine eigentümliche Färbung. Nur das Erkennen, das Auge des Geistes, führt vom Schein der Sinne zum Reich des Wesens. Dies Reich wesenhaften Seins gilt Plato aber zugleich als das Gute, als das an sich selbst Wertvolle, als das, woraus alles stammt, was bei uns als gut geschätzt wird. Daß so das Wesenhafte mit dem Guten zusammenfällt, daß die Dinge um so höher stehen und um so besser sind, je mehr sie an echtem Sein teilhaben, dies Zusammenfallen von Wesenhaftem und Wertvollem erzeugt einen festen Glauben an eine Vernunft im Grunde der Wirklichkeit; ein solcher Glaube gibt dem Menschen eine sichere Überlegenheit gegen alles Dunkle und Böse im nächsten Befunde der Welt, er gibt zugleich dem Streben den stärksten Antrieb, sich zu der Höhe aufzuschwingen, wo die Widersprüche sich lösen und das Leben zu reiner Freude wird. Solche Zusammenhänge kennen kein radikales Böse; so gewiß das Niedere herabzieht und entstellt, das Gute zerstören kann es nicht. So rechtfertigt sich bei allem schweren Ernst eine zuversichtliche und freudige Lebensstimmung, eine Stimmung freilich, die durch geistige Arbeit erkämpft ist, nicht von Natur zufällt.

Die Forderung des Aufstiegs erhält bei Plato dadurch einen besonderen Charakter, daß neben der höheren Welt eine niedere dauernd verbleibt, in der die Ideen nur getrübt zur Wirkung gelangen, in der sich daher der Mensch nicht heimisch machen darf. Mit solcher Scheidung zweier Welten hat Plato eine gewaltige Bewegung hervorgerufen und das Lebensproblem auf eine Bahn geführt, die, immer wieder bestritten, doch nicht aufgegeben ward; an dieser Stelle vornehmlich treibt er die Geister zu schroffer Scheidung, da es hier keine Möglichkeit einer Verständigung gibt.

Das ist der tiefste Kern der platonischen Überzeugung, aber zugleich sei gegenwärtig, daß seine künstlerische Art jenes Streben zum unwandelbaren Sein wesentlich ergänzt und weiterbildet. Das unsinnliche Wesen der Dinge erscheint zugleich als die von aller Materie befreite Gestalt, als die Form, welche von innen heraus, nicht von draußen auferlegt, die Elemente zusammenhält, gegenüber allem Werden und Vergehen der Einzelwesen mit ewiger Jugend beharrt und immer von neuem das sinnliche Dasein belebend und veredelnd ergreift. Das Walten einer solchen Form findet der Denker in allen Reichen und Stufen der Wirklichkeit, in der großen wie in der kleinen Welt, in der Natur wie in der Seele; mit der Herausbildung, die hier erfolgt, wird das Weltphänomen der Gestaltung zuerst vom Denken angeeignet und zugleich die formenstrenge und erhabene Kunst philosophisch begründet, welche die Höhe des Griechentums zeigt. So gesellt sich zur Wesenhaftigkeit die Schönheit; diese aber wird ein Band, das unsinnliche und sinnliche Welt zusammenhält, die dem Streben nach Wahrheit auseinander zu fallen drohen. Denn ihr gilt das Niedere nicht als ein schlechthin Nichtiges, sondern nur als ein Unvollkommenes, als ein Abbild, das wohl hinter dem Urbild zurückbleibt, das aber doch zu ihm hinweist.

Mag an der Ideenlehre Platos manches angreifbar sein, sie enthält eine Grundwahrheit, die sich nicht wieder aufgeben läßt. Das ist die Überzeugung, daß ein Reich der Wahrheit jenseit des Beliebens der Menschen besteht, daß die Wahrheiten nicht wegen unserer Zustimmung, sondern durch sich selber gelten, daß ihr Reich alles menschliche Meinen und Mögen weit überragt. Ohne solche Überzeugung gibt es keine Selbständigkeit der Wissenschaft und des gesamten Geisteslebens; nur jene überlegene Wahrheit macht Gesetze und Normen möglich, die das menschliche Dasein erhöhen, indem sie es binden und richten. Wer immer daran festhält, der steht in Verbindung mit Plato.

*

c. Die Lebensgüter.

Die platonische Lebensführung, wie sie aus der Ideenlehre hervorgeht, ist in ihren Grundzügen einfach. Alles geistige Leben ruht auf wissenschaftlicher Einsicht, es sinkt und verfällt, sobald es sich davon losreißt. In seiner näheren Durchbildung aber strebt es zu künstlerischer Gestaltung, zu plastischem Ebenmaß und durchgebildeter Harmonie. So verbinden und durchdringen sich hier zu gegenseitiger Förderung die beiden Hauptrichtungen des griechischen Lebens: das Verlangen nach klarem Erkennen und das nach anschaulichem Gestalten. Plato bildet damit die Höhe der geistigen Arbeit seines Volkes, ein enger Zusammenhang mit diesem ist unverkennbar, von allen Denkern ist Plato am meisten Grieche. Aber zugleich findet sein tiefes und kräftiges Wesen die Darbietung der Umgebung durchaus unzulänglich, es zwingt ihn, mit dieser zu brechen und in unermüdlichem Kampf höhere Güter aufzudecken, höhere Ziele vorzuhalten.

Ein Bruch mit dem Durchschnittsleben liegt vor allem in der Berufung der Wissenschaft zur ausschließlichen Führung des Lebens; wissenschaftliche Einsicht hat alle Betätigung zu tragen, nichts gilt als echt, was sich nicht auf Gedankenarbeit gründet. Nur die Einsicht erzeugt echte Tüchtigkeit. Denn nur sie befreit von dem Schein und der Äußerlichkeit der landläufigen Tugend, nur sie verankert die Tugend im eigenen Wesen des Menschen und macht sie zugleich zur freien Tat des Menschen. Denn was gewöhnlich Tugend heißt, in Wahrheit sich aber von körperlichen Fertigkeiten kaum unterscheidet, ist mehr ein Erzeugnis der gesellschaftlichen Umgebung, ein Werk von Sitte und Übung, als eigene Tat und Entscheidung.

Auch das Schöne muß sich in das Element des Gedankens tauchen, um sich von der gemeinen, niedere Lust begehrenden Art zu befreien. Denn erst jenes vertreibt aus ihm, was dem bloßen Reiz und Genuß angehört; erst in Abstreifung alles Körperhaften, in Erhebung zu reiner Geistigkeit kann es sich selbst vollenden. Dann ist es nach Winckelmanns Ausdruck »wie ein aus der Materie durchs Feuer gezogener Geist«.

Mit der Aneignung des Schönen gewinnt aber die Denkarbeit selbst Antriebe fruchtbarster Art. Sie vermag damit bei aller Abweisung roher Sinnlichkeit eine Festigkeit und Gegenständlichkeit zu bewahren, das Erkennen erscheint eben auf seiner Höhe hier als ein Erblicken eines beharrenden Vorwurfs, es entsteht der Begriff einer geistigen Anschauung, der einen eigentümlich griechischen Sinn der Anschauung aufnimmt und weiterbildet. Anschauen bedeutet hier nicht ein tatloses Aufnehmen eines fremden Gegenstandes, sondern eine Verbindung von Tätigkeit und Vorwurf zu lebendiger Wechselwirkung und gegenseitiger Durchdringung, so daß unablässig Leben vom einen zum anderen überströmt. Das setzt aber eine Verwandtschaft des Wesens voraus, unser Auge muß sonnenartig sein, um im Licht der Sonne Dinge zu sehen, unsere Vernunft den ewigen Beständen verwandt, um im Licht der Ideen Ewiges zu fassen.

In solchem Zusammenhange nähert sich die Anschauung der Liebe, dem Eros. Das Erkenntnisverlangen enthält ein Suchen des Wesensverwandten, nur zusammen mit einem solchen, nur in gegenseitiger Belebung kann das nach Wahrheit dürstende Wesen sein Ziel erreichen und Unvergänglichkeit finden. So wird die Forschung zum geistigen Schaffen; Geist und Wahrheit kommen nicht fertig an uns, sie entstehen erst durch Berührung unseres Strebens mit der Vernunft des Alls. Mit dem Begriff des geistigen Schaffens aber, wie er hier der Wissenschaft aufgeht, wird der Forschung selbst ein künstlerisches Element eingepflanzt und ein enges Bündnis von Wahrheit und Schönheit besiegelt.

Wie aber das Schöne, so wird auch das Gute der Forschung innig verbunden und verschlungen, zugleich aber über die gewöhnliche Fassung hinausgehoben. Für Plato ist die Philosophie keine bloße Theorie im späteren Sinne, sondern ein Aufrütteln des ganzen Wesens, ein Erheben des ganzen Menschen vom Schein zur Wahrheit, ein Erwachen aus dem Schlummer des Alltagslebens, ein Abwerfen aller Sinnlichkeit. Das Streben zur Wahrheit wird unmittelbar eine sittliche Tat; denn es ist der Trieb der Wahrhaftigkeit, der mit allem Scheine brechen und echtes Wesen suchen heißt. Auch insofern gehören Wahres und Gutes zusammen, als das höchste Gut unwandelbar sein muß, etwas Unwandelbares aber nur die Forschung eröffnet.

Enger noch verbinden sich Gutes und Schönes unter gegenseitiger Fortbildung. Die Fassung des Schönen zeigt Plato als einen Sohn seines Volkes und seiner Zeit, er gibt eine philosophische Begründung des Klassischschönen, das damals auf seiner Höhe stand. Das Schöne ist hier vornehmlich plastischer Art, es verlangt eine scharfe Scheidung alles Mannigfachen, eine deutliche Entfaltung jedes Teiles, eine kräftige Zusammenfassung zum Ganzen eines Werkes. Wo immer ein Ganzes erstrebt wird, da sollen die Teile das anfängliche Chaos verlassen, jeder eine besondere Aufgabe erhalten und seine Grenzen gegen die übrigen gewissenhaft wahren; dann aber soll sich die Mannigfaltigkeit ordnen, abstufen und zu einem Kunstwerk verbinden, dessen Ebenmaß und Harmonie eine reine und edle Freude erzeugt. Jene Ordnung wird nicht von außen auferlegt, sondern von innen her bereitet, die Bildung zum Schönen entspringt aus dem eigenen Leben und Streben, bei aller Ruhe ist das Kunstwerk zugleich ein beseelter Organismus. So das Gedankenbild des Klassischschönen, eines Schönen von festen, ja strengen Verhältnissen und klaren Abmessungen, von umgrenzter und durchsichtiger Gestalt, dabei aber voll inneren Lebens.

Ein derartiges Schöne erkennt der Blick des Forschers durch allen trüben Schein hindurch sowohl in der weiten Welt als im menschlichen Bereiche; Grenze und Ordnung, Ebenmaß und Harmonie leuchten ihm überall entgegen. So aus dem Himmelsgewölbe mit dem unwandelbaren Beharren der Gestirne in aller rastlosen Bewegung, so auch aus dem inneren Gefüge der Natur, das Plato streng nach mathematischen Verhältnissen ordnet.

Was aber draußen in sicherer Wirkung steht, das wird beim Menschen zur Forderung und Tat; die wichtigste aller Harmonien ist die Harmonie des Lebens, zu der vornehmlich die hellenische Art berufen dünkt. Auch unser Wesen mit seiner Vielheit von Trieben ist von Natur in Grenzen und Ordnung gewiesen. Aber zur vollen Belebung der Mannigfaltigkeit und zur Herstellung des Ebenmaßes bedarf es eigener Tat, die auf rechter Einsicht ruht. Mit Hilfe solcher Einsicht gilt es das Durcheinander der Triebe zu überwinden, alle in uns angelegte Kraft auszubilden, ihre Mannigfaltigkeit scharf gegeneinander abzugrenzen, schließlich alle Leistungen in ein Lebensgefüge zusammenzufassen. Alles Grenzenlose und Unbestimmte ist hier verpönt, alle Bewegung hat ein festes Ziel, auch die Kräfte lassen sich nicht ins Endlose steigern. Wenn jeder an seiner Stelle das Seine tut, dann fährt das Ganze am besten, dann wird das Leben schön und freudvoll in sich selbst. Solcher Überzeugung entspricht ein eigentümliches Bildungsideal. Der Mensch wolle nicht sich zu allem bilden und alles mögliche leisten, sondern er ergreife Ein Ziel und widme ihm seine ganze Kraft. Weit besser ist es eines gut, als vieles unzulänglich zu tun, Nichtwissen ist besser als Vielwisserei. So ein aristokratisches Ideal in bewußtem Gegensatz zu dem demokratischen einer Erziehung aller für alles, einer möglichst vielseitigen und allen gemeinsamen Bildung.

Indem so die Harmonie des Lebens aus unserer Tat hervorgeht, indem sie unser Wollen und unsere Gesinnung gewinnt, wächst sie zu einem ethischen Werk, zur Tugend der Gerechtigkeit. Das nämlich ist das Gerechte, das Seine zu tun und jedem das Seine zu geben, statt in fremde Kreise überzugreifen, treu die besondere Aufgabe zu erfüllen, die Natur und Geschick uns stellen. Demnach ist die Gerechtigkeit nichts anderes als die ins eigene Wollen aufgenommene Harmonie, als solche wird sie dem Denker in Einklang mit seinem Volke zum Zentralbegriff des sittlichen Lebens, zur allumfassenden Tugend. Ihm steigert sie sich weiter zu einer sittlichen Weltordnung: dem Handeln wird schließlich das Ergehen entsprechen, früher oder später muß, wenn nicht in diesem, so in einem anderen Leben das Gute, seinen Lohn, das Böse seine Strafe finden.

Besteht demnach die Tugend in der Belebung und harmonischen Gestaltung des eigenen Wesens, so wird das Streben nach ihr eine unablässige Befassung des Menschen mit seiner eigenen Seele, eine Befreiung von allem Druck der gesellschaftlichen Umgebung. Wenn diese über die südlichen Völker besonders große Macht besitzt, so hat sie dort auch in selbstwüchsigen Persönlichkeiten die kräftigste Gegenwirkung gefunden. – Jene Verinnerlichung der Aufgabe macht nämlich zum Hauptziel, nicht anderen Menschen, sondern sich selbst zu gefallen, gut nicht zu scheinen, sondern zu sein. Wie erst diese Wendung zum eigenen Wesen das Leben selbständig und wahrhaftig macht, so eröffnet sie ihm auch ein unvergleichlich höheres Glück, reine und echte Freudigkeit. Auf Glück verzichtet Platos kräftige und mutige Natur keineswegs, aber sie findet das Glück nicht mit der Menge in Ereignissen und Erfolgen äußerer Art. Es in der Tätigkeit selbst aufzusuchen, das gestattet jetzt die Eröffnung eines lebenumfassenden Werks in der Seele. Gilt es doch den ganzen Umkreis erst zu beleben und alle Mannigfaltigkeit zu einem Zusammenklang zu bringen. An dem Gelingen dessen liegt der Erfolg oder Mißerfolg unseres Lebens und zugleich unser Glück oder Elend. Denn nach Plato wird alles an Harmonie und Disharmonie Vorhandene vom Handelnden deutlich geschaut und kräftig empfunden, es wird ungetrübt so empfunden, wie es vorhanden ist. So kommt der wirkliche Stand der Seele in Freud und Leid zu reinem Ausdruck, die Gerechtigkeit erzeugt mit ihrer Harmonie zugleich die Seligkeit, ein allen anderen Gütern weit überlegenes Glück, die Ungerechtigkeit aber mit ihrer Disharmonie, ihrem Zerreißen und Sichverfeinden unserer eigenen Natur eine unerträgliche Qual.

Dieser untrennbare Zusammenhang von Tätigkeit und Glück bildet die Höhe der Weisheit eines lebenskräftigen Volkes; dies ist auch das Ideal, das der griechischen Philosophie bis zu ihrem letzten Atemzuge vorgeleuchtet hat. Bei solcher Überzeugung bildet das Glück wohl die naturgemäße Folge, nicht aber den Beweggrund des Handelns; alles kleinliche Mühen um Lohn wird verscheucht, wo das Gute seinen Wert in sich selbst, in seiner inneren Schönheit hat, deren Schauen den Menschen beglückt. Derart das Glück im Innern begründen, das heißt zugleich die Macht des Schicksals über den Menschen brechen. Alle Dürftigkeit und aller Widerspruch der äußeren Verhältnisse schädigt hier nicht den durch das eigene Tun erzeugten Seelenstand, ja der Kontrast muß seine Überlegenheit und Selbstgenügsamkeit noch verstärken und bewußter machen. Bei aller Gunst der Geschicke bleibt der Schlechte elend, ja er wird dadurch noch elender, indem das Böse um so üppiger aufwuchern wird; dem Guten aber erweist sich in allen Hemmungen und Leiden erst recht die innere Herrlichkeit seines Lebens. Aus solcher Denkart entwirft Plato ein packendes Bild vom leidenden Gerechten, der bis zum Tode verfolgt wird und mit dem Schein der Ungerechtigkeit behaftet bleibt, dessen innere Hoheit aber inmitten solcher Anfechtung aufs hellste strahlt; ein Bild, das in der äußeren Annäherung an christliche Vorstellungen den inneren Abstand der beiden Welten um so deutlicher erkennen läßt.

*

d. Weltflucht und Weltverklärung.

Wesentlich ist der platonischen Überzeugung die Scheidung zweier Welten; zwischen dem Reich der Wahrheit und dem nächsten Dasein bleibt eine unüberwindliche Kluft, welche auch der Verlauf der Geschichte nicht zu verringern vermag. Je entschiedener der Denker auf der Selbständigkeit und Unvergleichlichkeit der geistigen Güter besteht, desto überzeugter sieht er in ihnen eine eigene Welt gegenüber einer Welt von geringerer Wahrheit und Vollkommenheit. Was folgt aus solcher schroffen Scheidung für unser Handeln? Kann es beide Welten miteinander umfassen, oder soll es sich ausschließlich der höheren widmen? Dieses allein scheint folgerichtig. Denn warum sollen wir unsere Kraft verteilen, wo die Welt des wesenhaften Seins unsere ganze Hingebung fordert, warum uns um das Vergängliche mühen, wenn der Weg zum Unvergänglichen offensteht, warum im Dämmerlicht der Abbilder bleiben, wenn die Urbilder sich ungetrübt schauen lassen? In diese Richtung treibt namentlich Platos Verlangen nach einem wesenhaften Sein; gegenüber seiner Ewigkeit und Einfachheit sinkt das bunte Reich der Sinne zu einem trügerischen Schein herab; so wird es zur Aufgabe der Aufgaben, sich diesem Schein zu entwinden und alle Liebe wie alle Sorge dem unwandelbaren Sein zuzuwenden. Damit unverkennbar ein Lebenstypus der Weltflucht.

Augenscheinlich ist, von jener Höhe aus gesehen, die Nichtigkeit und Scheinhaftigkeit des Lebens, das uns zunächst umfängt. Es ist nicht nur im Einzelnen voller Mängel, sondern in der Gesamtanlage bis zum Grunde verfehlt. Hier, wo die Sinnlichkeit alles herabzieht, findet sich nirgends ein reines Glück, alles Edle wird entstellt und verkehrt, nicht der Sache, sondern dem Schein dient alles menschliche Verlangen, der unstete Fluß der Erscheinungen duldet kein beständiges Gut. In die finstere Höhle der Sinnlichkeit, in die wir gebannt sind, wirft die lichte Welt der Wahrheit nur flüchtige Schattenbilder. Wenn nun das Denken einen Weg zur Befreiung aus solcher Lage eröffnet, sollten wir ihn nicht freudig betreten, sollten wir nicht mutig alles von uns werfen, was uns im Reich des Scheines festhält? Es hält uns aber alles fest, was dort als ein Gut gepriesen wird: Schönheit, Reichtum, Körperkraft, angesehene Verwandtschaft usw.; so muß der Freund der Wahrheit sich davon befreien, ja es vergessen. Die Seele befindet sich im Körper wie in einem Kerker, ja einem Grabe. Daraus erretten kann sie nur eine gänzliche Meidung von Lust und Begier, von Schmerz und Furcht. Denn diese Affekte schmieden sie an den Körper und lassen sie der Welt des Sinnenscheins volle Wahrheit zuerkennen. Die Affekte beherrschen aber die Seele, solange die gewöhnlichen Schicksale sie noch erregen und bewegen; so gilt es eine völlige Gleichgültigkeit dagegen zu erringen und das Glück allein in die geistige Tätigkeit, d. h. in das Erfassen echten Seins zu setzen. Alle Schläge des Schicksals gleiten ab von einer weisen und tapferen Seele, die ewige Güter kennt. »Das Beste ist, sich bei Unglücksfällen ruhig zu verhalten und nicht aufzuregen, da weder bei solchen Dingen Gut oder Böse deutlich ist, noch wer es schwer nimmt, dadurch etwas gewinnt, noch überhaupt etwas von den menschlichen Dingen großen Eifer verdient«. Auch bei den Schicksalen anderer sollen wir nicht weibisch jammern, sondern mannhaft dem Erkrankten helfen, den Gefallenen aufzurichten suchen. Einen vollen Sieg erlangt nur, wer alles Gefühlsleben abwirft und sich über die Welt der menschlichen Freuden und Leiden tapferen Sinnes hinaushebt. Solche Ablösung des Lebens von dem sinnlichen Dasein nimmt dem Tode jeglichen Schrecken, er wird eine »Befreiung von aller Irrung und Unvernunft und Furcht und wilden Leidenschaften und allen anderen menschlichen Übeln«. Nur der körperfreien Seele erschließt sich die volle Wahrheit, denn nur Reines darf das Reine berühren. So wird die Ablösung vom Sinnlichen, die Vorbereitung zum Sterben zur Hauptaufgabe der Philosophie; sie bedeutet jetzt ein Erwachen aus schwerem Traum zu lichter Klarheit, eine Rückkehr aus der Fremde zur Heimat.

So eine Weltflucht im vollen Sinne des Wortes. Gewiß ist diese platonische Weltflucht von der mittelalterlichen weit verschieden. Es wird nur das sinnliche Dasein aufgegeben, nicht die Welt überhaupt, und das erstrebte ewige Sein befindet sich nicht in jenseitiger Ferne als ein Gegenstand gläubiger Hoffnung, sondern es umfängt die wesensverwandte Seele auch in diesem Leben mit eindringlicher Gegenwart; auch wird es nicht von einer höheren Macht aus Gnade geschenkt, sondern durch eigene Tätigkeit errungen.

Aber auch so bleibt ein schroffer Bruch mit der nächsten Lage und der menschlichen Gemeinschaft. Einsam steht hier der Denker auf steiler Höhe und einförmig wird seine Welt. Mit der Abweisung aller Schmerzen und Freuden, aller Sorgen und Ziele der Menschheit droht das Dasein alle Fülle und Anschaulichkeit zu verlieren und aller Reichtum der Dinge in den Abgrund einer gestaltlosen Ewigkeit zu versinken.

 

In dieser Weltflucht haben wir den echten Plato und den konsequenten Plato, keineswegs aber den ganzen Plato. Jene weltflüchtige Richtung hat bei ihm eine beträchtliche Milderung, ja eine Gegenwirkung erfahren, wie es bei allen ihren Freunden geschah, die über dem Individuum nicht das Ganze der Menschheit vergaßen. Denn mag der einzelne Denker die sinnliche Welt ganz hinter sich lassen, die Menschheit wird ihm dabei nicht folgen; schon der Gedanke an die Brüder führte auch Plato zu jener Welt zurück. Was aber auf indischem und oft auch auf christlichem Boden nur eine widerwillige Anpassung war, das hat bei Plato auch eine innere Neigung für sich; ihn, den Griechen wie den Freund, ja wissenschaftlichen Entdecker der Schönheit, fesseln starke Klammern an diese Wirklichkeit und treiben ihn dazu, auch in ihr etwas Gutes zu suchen.

Zur Hebung des sinnlichen Daseins wirkt vornehmlich ein Plato eigentümliches Streben, zwischen den Gegensatz des Geistigen und Sinnlichen, des Wesenhaften und Nichtigen, des Ewigen und Vergänglichen ein Zwischenglied einzuschalten, das ein Auseinanderfallen des Lebens verhütet. So erscheint als eine Vermittlung zwischen der Geisteswelt und der sinnlichen Natur die Seele, indem sie von dort die ewigen Wahrheiten aufnimmt, hierher aber Leben trägt, so steht bei der Seele selbst zwischen dem Denken und der Sinnlichkeit der Mut, das kraftvolle Streben, so beim Erkennen zwischen dem Wissen und dem Nichtwissen die rechte Meinung. Ähnlich werden auch im Staat und in der Natur die Gegensätze durch Zwischenglieder verknüpft und alle Mannigfaltigkeit einer Stufenfolge eingefügt. Schließlich bildet das Schöne selbst ein Bindeglied zwischen der reinen Geistigkeit und der sinnlichen Welt, indem Ordnung, Maß und Harmonie beide Reiche verketten und auch dem Niederen an der Göttlichkeit Anteil geben. Auch die sinnliche Welt ist eine schöne Welt und als solche unverwerflicher Art. Das neidlose höchste Wesen hat sie so vollkommen wie möglich nach dem ewigen Urbild gestaltet; in diesem Gedankengange kann Plato sie den »eingeborenen Sohn Gottes« nennen.

In solchem Zusammenhange wurzelt die Idee der Vermittlung und Abstufung, die später gewaltigste Macht erlangt hat und sie bis zur Gegenwart übt. Ihre Voraussetzungen und Beweggründe liegen bei Plato deutlich zutage. Ein schroffer, in seinem letzten Grunde unüberwindlicher Gegensatz, zugleich aber ein starkes Verlangen nach einer Ausgleichung, nach Herstellung irgendwelches Zusammenhanges; was anderes kann da helfen als ein Suchen vermittelnder Mächte? In Verfolgung dieser Gedankenrichtung entstand jenes hierarchische Stufenreich wie im All so bei der Menschheit, das einen Hauptzug des Neuplatonismus und der mittelalterlichen Kirche bildet. Seinem innersten Wesen nach ist es nicht sowohl christlicher als platonischer Art.

Bei Plato selbst erfolgt eine Verbindung von Höherem und Niederem nicht bloß durch eine Mitteilung von oben her, sondern auch durch ein eigenes Aufstreben des Sinnlichen und Menschlichen zum Göttlichen. Auch durch unsere Welt geht ein Verlangen, an dem Guten und Ewigen teilzuhaben und dadurch Unvergänglichkeit zu gewinnen; die Liebe, der Eros, ist nichts anderes als ein solches Streben nach Unvergänglichkeit. Es erreicht dies Streben seinen Abschluß erst in der Forschung, welche die volle Einigung mit dem Wahren und Ewigen herstellt. Aber in aufsteigendem Zuge durchdringt es das ganze All, und freudig folgt die Betrachtung des Denkers dieser Stufenleiter der Liebe. Einen verworrenen Drang nach Unsterblichkeit zeigt schon die untermenschliche Natur in dem Fortpflanzungstriebe der Wesen, dem Verlangen, bei eigenem Untergang in den Nachkommen fortzuleben; Unsterblichkeit will das Mühen der Helden um Ruhm, Unsterblichkeit das Schaffen der Dichter und Staatsmänner, Herausarbeitung des Ewigen in gegenseitiger Eröffnung und Mitteilung die Liebe vom Menschen zum Menschen, bis endlich jener Gipfel der Anschauung und Aneignung des wesenhaften Seins erreicht wird. So wird die Liebe eine dämonische Macht genannt, welche Göttliches und Menschliches verbindet und unser Seelenleben unter widerstreitende Antriebe stellt. Sie heißt ein Kind von Reichtum und Armut, da erst die Mitteilung an den anderen die Tiefe des eigenen Wesens eröffnet; so verbindet sie Überfluß und Not, Besitzen und Entbehren. Mit der wunderbaren Zeichnung solcher Lage und Stimmung wird Plato der erste philosophische Vertreter romantischer Denkart; tief zieht es ihn dabei in die Bewegungen des menschlichen Daseins hinein, das die reine Denkarbeit ihm verleiden möchte.

Solche Wandlungen steigern den Wert der nächsten Welt und den Reichtum des menschlichen Lebens. Das Erkennen bildet nun nicht mehr seinen alleinigen Inhalt, sondern nur die beherrschende Höhe, die Licht und Vernunft überallhin ausstrahlt. Das Niedere aber gewinnt einen Wert als eine uns Menschen unentbehrliche Stufe zur Höhe, denn erst allmählich kann unser Auge sich an das Licht der Ideen gewöhnen. Auch hebt die Idee der Gerechtigkeit und Harmonie das Niedere, indem sie es zum Glied eines Ganzen macht und ihm dabei eine besondere Aufgabe zuweist, deren Lösung zur Vollendung des Gesamtwerks gehört; so in unserer Seele, so auch beim Staate. Böse wird es jetzt erst, sobald es die Ordnung verkehrt und das Höhere schädigt; daher ist auch das Sinnliche nicht mehr an sich, sondern nur in seinem Übermaße verwerflich.

Dem entspricht ein anderes persönliches Verhalten des Philosophen zu den menschlichen Dingen, nun kann er nicht mehr aus ferner Höhe sie stolz und kühl behandeln. Vielmehr teilt er in tiefer Empfindung das gemeinsame Los; wie alles Gute hier seine Freude, so wird alles Böse sein Schmerz. So treibt es ihn zwingend zur Förderung des Guten, zur Niederkämpfung des Bösen; der weltüberlegene Denker wird zum kühnen und leidenschaftlichen Reformator, er schmiedet eingreifende Pläne zur Verbesserung der menschlichen Lage und scheut dabei schroffste Umwälzung nicht. Wurde vorher eine Unterdrückung der Affekte geboten, so wird jetzt ein edler Zorn für unentbehrlich zum Handeln erklärt. Hier erscheint der Denker als ein eifriger Streiter, den die Spannung des Kampfes freudig stimmt, um so mehr, da nach seiner Überzeugung die Gottheit mit uns kämpft.

Demnach umfaßt die platonische Gedankenwelt eine Weltflucht und eine Weltverklärung. Aber auch die Weltverklärung erfolgt lediglich von der Ideenwelt her, dieser entstammt auch alles Gute der sinnlichen Welt. So hat das Leben trotz der Spaltung Einen Hauptstandort und bleibt auf Ein Hauptziel gerichtet, hier wie da ist alles Gute geistiger Art, hier wie da liegt alles am Erringen echten Seins. Sicherlich ist hier nicht alles ausgeglichen, innerhalb der Gesamtbewegung verbleiben verschiedene Strömungen. Aber vielleicht verschuldet nicht Plato allein solchen Widerspruch, vielleicht enthält überhaupt das menschliche Leben und Wesen Antriebe entgegengesetzter Art. Ist eine Selbständigkeit und Ursprünglichkeit des Lebens erreichbar ohne eine Erhebung über die Erfahrung, ist aber das dabei Gewonnene auszubauen ohne eine Rückkehr zu ihr? Wie dem sein mag, am tiefsten eingegriffen haben nicht die Denker, welche rasch eine Einheit erstrebten und sich in ihr gegen alle Verwicklung verschanzten, sondern die, welche die Gegensätze sich voll ausleben und einander hart widerstreiten ließen; denn das ergab einen inneren Forttrieb des Lebens, der mehr und mehr aus ihm machte. So aber ist es bei Plato geschehen.

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e. Das Gesamtbild des Menschenlebens.

Das Gesamtbild unseres Daseins zeigt alle Hauptrichtungen der platonischen Arbeit. Den Gegensatz der beiden Welten teilt auch der Mensch, indem er aus Leib und Seele besteht oder vielmehr zu bestehen scheint. Denn in Wahrheit bildet allein die Seele unser Selbst, dem der Körper nur äußerlich anhängt. Die Seele hat Teil an der Welt des ewigen Seins und der reinen Schönheit, während der Körper uns in das Reich der Sinne herabzieht und seinem Wandel unterwirft. Die Unsterblichkeit der Seele gilt in diesen Zusammenhängen als völlig sicher. Wo der Kern des Lebens jenseit alles zeitlichen Werdens und aller Beziehung zur Umgebung liegt, und die Unwandelbarkeit die Haupteigenschaft des geistigen Lebens bildet, da muß die Seele, jede einzelne Seele, zum Grundbestande der Wirklichkeit gehören. Sie ist nie geworden und kann nie vergehen; die Verbindung mit dem Körper erscheint als ein bloßer Abschnitt ihres Lebens, ja als Folge einer Schuld, eines »intellektuellen Sündenfalls« (Rohde); von den Folgen dieser Schuld befreie sie ernste und eifrige Lebensarbeit und führe sie, wenn auch nach vielfacher Wanderung durch andere Körperformen, schließlich heim zur übersinnlichen Welt.

Mit der kräftigen Durchbildung solcher Überzeugungen hat Plato tiefen Einfluß auf die Menschheit geübt. Einen festen Glauben an die Unsterblichkeit führte ihm nicht schon die Umgebung zu. Denn die alte Vorstellung von einem schattenhaften Fortleben der Seelen im Hades – grundverschieden von einer wahren Unsterblichkeit – beherrschte noch immer die Gemüter, selbst Sokrates behandelte die Unsterblichkeit als ein offenes Problem. Wohl bestanden daneben schon von alters her auch andere Strömungen, und in kleineren, religiös und philosophisch gestimmten Kreisen hatte ein voller Unsterblichkeitsglaube vielfach Wurzel geschlagen, aber eine enge Verbindung dieses Glaubens mit dem Ganzen einer Gedankenwelt hat erst Plato geschaffen.

Zugleich ist auch über die Hauptrichtung der Arbeit entschieden. Alle Sorge geht jetzt auf den inneren Stand, auf die Befreiung und Läuterung der Seele. Es verlangt aber die Wendung zur Wahrheit um so mehr das Aufgebot aller Kraft, als uns zunächst die Körperwelt mit dem Schein der Wahrheit umfängt, unsere Seele wie verschüttet und begraben, unsere Erkenntniskraft durch die Sinnlichkeit arg geschwächt und getrübt ist. So gilt es eine völlige Umwälzung: in schroffem Bruch mit der ersten Lage kehre der Mensch das geistige Auge und zugleich das ganze Wesen vom tiefen Dunkel der Nacht zum hellen Lichte der Wahrheit. Die Bewegung des Lebens, wie alle Bildung und Erziehung, entwickelt sich nicht aus der bloßen Erfahrung, und der Fortgang entsteht nicht aus der Berührung von Innerem und Äußerem, sondern die Arbeit ist ein Sichbesinnen auf das wahre Wesen des Geistes, ein Wiederaufnehmen der echten, stets vorhandenen, nur verdunkelten Natur. So die Lehre von der Wiedererinnerung und den angeborenen (besser: eingeborenen) Begriffen, angreifbar in der näheren Fassung, unangreifbar in dem Grundgedanken, daß alles echte Leben eine Entfaltung des eigenen Wesens bedeutet, und daß alles Äußere die geistige Betätigung nur anregen oder fördern, nicht aber erzeugen kann. Echte Einsicht und Tugend dem Menschen durch Sitte und Übung zuführen zu wollen, heißt nach Plato so viel wie Blinden das Augenlicht von draußen einsetzen zu wollen. Alles Erkennen schöpft schließlich nicht aus der Erfahrung, sondern aus dem ewigen Wesen des Geistes. Die »Einzeldinge sind Beispiele, welche uns an die allgemeinen Begriffe erinnern, aber sie sind nicht das Reale, auf welches diese Begriffe sich beziehen« (Zeller).

Mit solcher Gestaltung der Lebensaufgabe verschlingen sich bei Plato aufs engste Überzeugungen vom tatsächlichen Verhalten des Menschen. Jene Wendung zum wahren Sein wird nach seiner Überzeugung von einzelnen vollzogen, es gibt – das ist eine gemeinsame Behauptung der griechischen Denker – echte Tugend auch innerhalb des menschlichen Kreises. Aber jene Individuen sind selten Ausnahmen, die Menge verharrt bei der niederen Welt und bleibt dem Schönen fremd. Der Denker folgt hier einer um ihn landläufigen Überzeugung, daß der Edlen wenige, der gemeinen Naturen viele seien, aber er steigert den Gegensatz zu äußerster Schroffheit, indem er den Philosophen ganz und gar von der übrigen Menschheit abhebt. Philosophen sind ihm die, welche ihr ganzes Streben und ihre ganze Liebe dem unwandelbaren Sein zuwenden, die damit allein den rechten Maßstab der Schätzung finden, während die übrigen Menschen am flüchtigen Werden und bloßen Scheine hangen. So erscheint der Philosoph in den menschlichen Verhältnissen als ein fremdes Gewächs, und wenn es gar heißt, daß die Menge mit ihrem Hange zu sinnlichen Genüssen nach Art des Viehes lebt, der Philosoph dagegen im Schauen ewiger Wahrheit und Schönheit ein gottähnliches Leben führt, so droht der Zusammenhang ganz zu zerreißen und die Menschheit in zwei getrennte Kreise auseinanderzufallen. Und zwar für alle Zeit. Denn es fehlt hier jeder Glaube an eine Emporhebung der Menge, wie überhaupt an einen geistigen und sittlichen Fortschritt. Wie im All, so gilt auch bei der Menschheit das Verhältnis von Gutem und Bösem als der Hauptsache nach unveränderlich; das Sinnliche, die Wurzel aller Hemmung, kann nicht vergehen, der schroffe Gegensatz von Sinnlichkeit und Geist, von flüchtigem Werden und unwandelbarem Sein gestattet keinen Glauben an irgendwelches Vordringen der Vernunft. Das heißt nicht alle Bewegung und Verschiebung in unseren Verhältnissen leugnen. Aber Plato erklärt jene im Anschluß an ältere Denker durch die Annahme kreisläufiger Perioden, großer Weltepochen, die wohl aus der Astronomie stammt und schließlich auf Babylon weist. Nach Vollendung ihres Umlaufs kehren die Dinge zum Ausgangspunkt zurück, um denselben Lauf neu zu beginnen; die geschichtliche Bewegung wird eine endlose Aufeinanderfolge von Kreisen ähnlichen Inhalts. Diese beharrende Ordnung im Wechsel erscheint als ein Abbild der Ewigkeit. Solches Fehlen eines weltgeschichtlichen Fortschritts gestattet keine Berufung von den Mißständen der Gegenwart an eine bessere Zukunft.

Aber wenn der platonischen Lebensführung manche Antriebe mangeln, die der moderne Mensch als selbstverständlich betrachtet, so fehlen zugleich manche Zweifel und Sorgen, und für alles Unzulängliche der Durchschnittslage bietet einen überreichen Ersatz des Menschen geistige Natur, seine Wesensverwandtschaft mit der Gottheit. Dem trüben Zwielicht der menschlichen Verhältnisse kann der Tüchtige sich entwinden und sein Auge am reinen Lichte ewiger Wahrheit weiden. Bei Einsetzung voller Kraft ist das hohe Ziel sehr wohl erreichbar. Denn Plato kennt keine starre Kluft zwischen dem strebenden Geist und der Wahrheit, kein Irregehen dessen, der ernstlich sucht; wird nur das richtige Verfahren geübt, so kann der Erfolg nicht fehlen. Wie aber ein tüchtiges und mutiges Denken die volle Tiefe der Dinge erschließt, so beherrscht es auch alles Handeln und erhebt das ganze Leben über die niedere Sphäre. Alles Gelingen liegt dabei an kräftiger Tätigkeit, aber diese Tätigkeit bleibt bei allem Ernst und Eifer frei von Aufregung und Hast, da alles menschliche Streben aus einer Verwandtschaft unseres Wesens mit dem ewigen Sein hervorgeht und dadurch sicher geleitet wird.

Diese Überzeugungen seien nun in die Hauptverzweigung des Lebens verfolgt.

*

f. Die einzelnen Lebensgebiete.

α. Die Religion.

Plato ist insofern eine durch und durch religiöse Natur, als das Angewiesensein des Menschen auf das All, das seine Arbeit beherrscht und eigentümlich gestaltet, von seiner Überzeugung vollauf anerkannt und in persönliches Erleben verwandelt wird. Er ist ganz davon durchdrungen, daß ein »königlicher Geist« das All regiert. Wie sehr er sich von dem Wirken einer göttlichen Macht umgeben weiß und fühlt, das bekundet schon seine mit Ausdrücken aus dem Gebiet der Religion, namentlich des Kultus, durchwobene Sprache; die Bewegungen jener Jahrhunderte zur Verinnerlichung der Religion haben zum mindesten auf die Einkleidung seiner Lehren stark gewirkt. Aber Platos Religion bleibt immer die Religion eines griechischen Denkers, und zwischen dieser und der christlichen besteht eine weite Kluft. Denn dort ist die Religion nicht eine Rettung aus tiefer Not, nicht die Wiederherstellung der gestörten, ja zerstörten Einheit mit dem höchsten Wesen, nicht der Trost tieferschütterter und schwerringender Seelen. Vielmehr dünkt hier der ursprüngliche Zusammenhang des Menschlichen und Göttlichen durch alle Irrung nicht so zerrissen, um sich nicht jederzeit durch eigene Tat wieder aufnehmen zu lassen. So begleitet, ja durchdringt die Religion alle Arbeit, sie macht dem Menschen das Leben größer und stellt sein Wirken in unsichtbare Zusammenhänge. Das Bewußtsein, von der Gottheit behütet und im Lebenskampf unterstützt zu werden, erfüllt das Gemüt des Denkers mit aufrichtiger Frömmigkeit. Aber diese Religion erzeugt nicht eine eigene Welt und bildet daher auch nicht einen besonderen Kreis gegenüber dem anderen Leben. Auch entsteht keine seelische Gemeinschaft zwischen Gottheit und Mensch, nichts, was ein persönliches Verhältnis heißen könnte, und was ein neues Leben erzeugte.

Gegenüber einer durchgängigen Erweisung des Göttlichen im All und Menschenwesen bedarf es hier keiner besonderen geschichtlichen Offenbarung, noch einer religiösen Lehre, einer Theologie; mit jener Frömmigkeit ist aufs beste vereinbar ein deutliches Bewußtsein des weiten Abstandes Gottes vom Menschen. Das Unwandelbare und Reine werde nicht in die unlautere Sphäre des sinnlichen Werdens herabgezogen; nur durch Zwischenstufen, durch Dämonen, kann es zum Niederen wirken, Gott vermischt sich nicht mit dem Menschen. So die Überzeugung des Philosophen: »Gott, den Vater und Bildner des Alls, zu finden ist schwer und, wenn man ihn gefunden hat, allen mitzuteilen unmöglich.«

Die nähere Ausführung dieser Religion folgt aber der zwiefachen Richtung der platonischen Denkart. Dem Metaphysiker ist die Forschung selbst und sie allein die wahre Religion; Gott bedeutet das schlechthin unwandelbare und einfache Wesen, aus dem alle Unwandelbarkeit und Einfachheit, zugleich aber alle Wahrheit stammt, er bildet das Maß aller Dinge. Erst die Wendung vom farbigen Abglanz zum reinen Urquell alles Lichts führt das Leben vom Schein zur Wahrheit.

Nach der anderen Richtung ist Gott das Ideal der sittlichen Vollkommenheit, der vollauf gerechte und gütige Geist. Gott ähnlich werden, das heißt mit Einsicht fromm und gerecht sein; die Frömmigkeit aber ist Gerechtigkeit gegen die Gottheit, Erfüllung aller Schuldigkeit gegen sie. Den Kern der Überzeugung bildet hier die Idee der sittlichen Weltordnung, der gerechten Vergeltung von Gutem und Bösem. Indem der Philosoph diesen Grundgedanken der religiösen Überzeugung des Griechentums aufnimmt, erweitert und vertieft er ihn gegen die übliche Fassung. Denn die Volksmeinung erwartete die Vergeltung schon im Diesseits, wenn nicht am Einzelnen, so doch an seinem Geschlecht; auch Plato läßt eine Gerechtigkeit schon in diesem Leben walten, ihren vollen Sieg aber erwartet er erst vom Jenseits. Er entwirft das Bild eines Totengerichts, das unbestechlich über die Seele urteilt, wenn alle äußere Hülle gefallen ist; er hat mit der packenden Eindringlichkeit seiner Schilderung es der Vorstellung der Menschheit unvergeßlich eingeprägt. Aber er richtet deshalb keineswegs die Gedanken des Menschen vornehmlich über das Grab hinaus. Von den Toten sollen wir denken, daß sie fortgegangen sind nach Erfüllung ihres Geschicks; wir aber müssen für die Gegenwart sorgen.

Die Gerechtigkeit des platonischen Glaubens wird keine Härte, sie ist mit Milde und Gnade vereinbar. Aber die Gerechtigkeit überwiegt hier die Liebe, und das sittliche Reich erscheint vornehmlich als ein Welt- und Gottesstaat, nicht als ein von väterlicher Liebe getragener und beseelter Familienkreis. Das hat tief auf die folgenden Zeiten, namentlich auf das mittelalterliche Christentum gewirkt.

Wie der Denker an dieser Stelle die Volksüberzeugung nicht sowohl verläßt als vertieft, so bleibt auch darin ein Zusammenhang, daß Plato bei aller Verfechtung einer weltbeherrschenden Einheit keineswegs die Vielheit göttlicher Kräfte aufgibt, sondern mit seiner inneren Belebung der Natur die mythologische Vorstellung auf den Boden der Philosophie verpflanzt. Wo aber die Volksmeinungen den reineren Begriffen der Philosophie widersprechen, da scheut er nicht eine kräftige Abweisung und einen offenen Kampf. Er verwirft alles Unlautere und Unwürdige im üblichen Bilde der Götter, er verwirft mit noch größerem Eifer eine Religion, welche, statt sich durch Tat und Tüchtigkeit der Gottheit zu nähern, ihre Gunst durch äußere Werke, durch Opfer usw. erkaufen möchte und damit zu einem Handelsgeschäfte sinkt. Nur geringe Menschen, nur Schwächlinge werden diesen Weg betreten; in Wahrheit ist es der Tüchtige, welcher der göttlichen Hilfe gewiß sein darf, der Gedanke an die Gottheit, der den Bösen schreckt, wird ihn mit froher Erwartung erfüllen.

 

β. Der Staat.

Der weltflüchtigen Richtung Platos müßte ein ablehnendes Verhalten zum Staat entsprechen. Wo die nächste Welt gänzlich dem Wandel und Schein verfallen ist, und wo die durch Denkarbeit vertiefte Persönlichkeit der gesellschaftlichen Umgebung schroff widerspricht, da sollte der Staat den Denker nicht anziehen und zur Mitarbeit reizen. Daß sich in Wahrheit Plato so viel mit ihm befaßt, bezeugt, wie stark es ihn aus der reinen Gedankenwelt zum Wirken für die Umgebung zurückzieht; es treiben aber dabei die beiden Hauptrichtungen seiner Überzeugung nach verschiedenen Zielen.

Die letzte Behandlung, welche die »Gesetze« bieten, darf für uns unbeachtet bleiben, da sie bei aller Weisheit der einzelnen Gedanken sich mehr dem Erfahrungsstande anpaßt. Dagegen müssen uns die zwei Staatsbilder beschäftigen, welche der »Staat« überliefert. Wohl umschließt sie beide ein einziges Werk, das gewiß die eigene Hand des Philosophen in leidliche Einheit gefügt hat. Aber innerlich sind beide zu verschieden, als daß ein und derselbe Guß sie hätte bilden können. Wer so gering von menschlichen Zuständen denkt und sich ihnen so fremd fühlt, wie der Plato der zweiten Hälfte jenes Werkes, der kann nicht mit solchem Eifer politisch-soziale Reformpläne schmieden und sie mit soviel Liebe ins Einzelne ausführen, wie der Plato der ersten Hälfte. So klingen wohl in dem Werke verschiedene Epochen der platonischen Denkarbeit nach.

Auf der ersten Stufe finden wir Plato als einen eifrigen Reformator des griechischen Staates in der Richtung eines weitergebildeten Sokratismus. Der Staat wird hier – unter ständigem Parallelismus mit der Einzelseele – eine Darstellung des Ideals der Gerechtigkeit im großen. Zu diesem Zwecke sollen sich alle Verhältnisse streng nach moralischer Ordnung gestalten, vornehmlich die Erziehung; die Hauptaufgaben der Gesellschaft sollen sich gemäß den Stufen des Seelenlebens deutlich scheiden und in festen Ständen verkörpern; jeder soll gewissenhaft sein besonderes Werk verrichten, alle aber sich unter der Herrschaft der Intelligenz zu einer gemeinsamen Leistung verbinden. Um dem Dienst dieses Ganzen nicht durch selbstische Zwecke entfremdet zu werden, haben die Glieder der höheren Stände auf Privateigentum und Familie zu verzichten; ein wunderlicher Kommunismus aus ethischen Gründen krönt die platonische Lehre.

So wird der Staat ein ethisches Kunstwerk, ein Reich der auf Einsicht gegründeten Tugend. Mit der scharfen Ausprägung seiner Züge scheint dies Bild zunächst von der Wirklichkeit völlig abgelöst, eine genauere Betrachtung aber zeigt die Lehren des Denkers und die griechischen Verhältnisse durch manche Fäden verknüpft. Hier glaubt Plato noch an die Möglichkeit gründlicher Reformen innerhalb der menschlichen und der griechischen Lage.

Der spätere Entwurf hat diese Hoffnung aufgegeben. Die Sehnsucht nach dem Reich unwandelbarer Wesenheit hat hier den Denker dem menschlichen Dasein völlig entfremdet. Kehrt er dahin zurück, so geschieht es nicht zu eigener Freude, sondern der Brüder wegen, und auch weniger in der Hoffnung auf einen Erfolg in diesem Kreise, als um auch hier die ewigen Wahrheiten zu verkünden. Der Staat, wie er sich hier ausnimmt, ist vornehmlich eine Anstalt zur Heranbildung des Menschen für die höhere Welt; es gilt in geordnetem Aufstieg die Seele nach und nach vom Sinnlichen abzulösen und dem Unsinnlichen zuzuführen; das ganze Leben wird eine strenge Erziehung, eine geistige Läuterung; diese Erziehung hebt den Menschen mehr und mehr in eine Welt, der gegenüber alles politische Leben verschwindet. Durch den Staat selbst vollzieht sich eine Befreiung von der Sphäre, welcher der Staat angehört.

So eine Verschiedenheit, ja Unvereinbarkeit der beiden Typen. Aber bei allem Abstand bleiben wichtige Züge gemeinsam und geben der platonischen Politik einen einheitlichen Charakter. Hier wie da ist der Staat im großen was der Mensch im kleinen, hat überlegene Einsicht zu herrschen, bilden die geistigen und sittlichen Güter den Hauptinhalt des Lebens, wird das Individuum dem Ganzen vollständig eingefügt. Die Geringschätzung des Durchschnittsmenschen läßt zur Fernhaltung aller Willkür feste Gesetze verlangen, aber der Denker neigt dahin, über das Gesetz die große Persönlichkeit zu stellen, den »mit Einsicht königlichen Mann«.

Platos politische Theorien sind sicherlich recht angreifbar, selbst die Gesamtrichtung enthält den Widerspruch, daß der Staat weit über die Individuen hinausgehoben werden soll, daß diese Hinaushebung aber durch die Gedankenarbeit der souveränen Persönlichkeit erfolgt, die für sich eines Staates kaum bedarf, und die an den vorhandenen Staaten vornehmlich scharfe Kritik übt. Aber Plato hat auch auf diesem Gebiet manche einzelne Gedanken von bleibender Bedeutung entwickelt und eine Fülle fruchtbarer Anregungen ausgestreut; z. B. hat er zuerst die Bedeutung fester Berufe verfochten, eine Organisation der Gesellschaft verlangt, den Frauen volles Recht zugesprochen, usw. Ferner zeigt er über die besonderen Lehren hinaus in der Behandlung politischer, gesellschaftlicher, pädagogischer Fragen eine wunderbare Größe. Er zeigt sie in der Art, wie er in lebensvoller Schilderung die einzelnen Staatsverfassungen auf ihren seelischen Charakter zurückführt und dem Charakter der Gemeinschaft einen Typus der Individuen entsprechen läßt; er zeigt sie in dem Aufweis einer inneren Bewegung der Verfassungen, indem jede einzelne durch ihre Steigerung über sich selbst hinaustreibt; er zeigt sie endlich in seinen Erziehungslehren, die namentlich das feinste Verständnis des Kindeswesens, des in ihm aufquellenden Lebens und seiner Bedürfnisse zeigen, wie es einzigartig in der griechischen Gedankenwelt dasteht. Auch hier erweist sich das unvergleichliche Vermögen des Mannes, mit kühnem Aufstreben über die Welt das liebevollste Eingehen auf die Fülle ihrer Gestalten und die freudigste Würdigung alles Lebensvollen zu verbinden.

 

γ. Die Kunst.

Eigentümlicherweise hat bei Plato die Kunst, welche den tiefsten Zug seines Wesens für sich hatte, einen angemessenen wissenschaftlichen Ausdruck nicht gefunden; ja eben der Philosoph, der mehr als irgend ein anderer als Denker zugleich ein Künstler war, hat die Kunst mit Anklagen überhäuft. Gegen die Kunst verbünden sich der metaphysische und der ethische Zug seines Wesens, während eine angemessene ästhetische Würdigung fehlt. Als eine bloße Nachahmung der sinnlichen Welt, als ein Abbild des Abbildes, entfernt sich die Kunst am weitesten vom wesenhaften Sein. Anstoß erregen die bunten und wechselnden Gestalten, welche die Kunst, namentlich das Drama, uns nachleben heißt, da uns die eine eigene Rolle im Leben wahrlich genug zu tun gibt, Anstoß auch der unsaubere Inhalt der vom mythologischen Vorstellungskreise beherrschten Dichtung, Anstoß endlich die fieberhafte Aufregung der Gefühle, wie Plato die Kunst seiner Zeit sie mehr und mehr anstreben sah. So erfolgt ein harter Zusammenstoß, trotz aller persönlichen Neigung muß fallen, was das sittliche Wohl gefährdet. Ganze Kunstgattungen, wie das Drama, werden völlig verworfen; was bleibt, hat den Forderungen der Moral unbedingt zu gehorchen. Aber solche moralisierende Behandlung der Kunst lasse nie vergessen, welchen Glanz und welche Anmut Plato den Gebilden seiner Arbeit durchgängig verliehen hat, wie er die ganze Weite der sichtbaren Welt bis in die letzte Verzweigung hinein an sich zieht und zum Sinnbild seiner Gedanken gestaltet, wie seine kraftvollen Bilder sich der Menschheit unvergeßlich eingeprägt haben; denken wir nur an die Rosse der Seele, die aufwärts oder abwärts ziehen, denken wir an die dunkle Höhle, die uns hienieden umfängt, denken wir an die Schilderung des Totengerichts! Auch hat das Mißtrauen gegen die Kunst keinerlei Schwanken in der Schätzung des Schönen bewirkt. Dieses steht bei Plato in sicherer Herrschaft über das All, von ihm aus durchwaltet es auch das menschliche Leben und erstreckt es sein Wirken tief auch in die Wissenschaft hinein.

 

δ. Die Wissenschaft.

Die platonische Wissenschaft ist nämlich von der neueren grundverschieden. Sie strebt nicht zu kleinsten Elementen, um aus ihrer Verbindung die Wirklichkeit aufzubauen, sondern sie umfaßt alle Mannigfaltigkeit von vornherein mit Einem Anblick; die Erklärung geht vom Großen zum Kleinen, vom Ganzen zum Teil, von der Synthese zur Analyse. Die Dinge »zusammenzuschauen«, die Verwandtschaften zu erkennen, das ist für Plato das Hauptwerk des Denkers, die schöpferische Intuition bildet die ihm eigenste Größe.

Auch ist die platonische Wissenschaft nicht wie die neuere eine Umsetzung der Welt in ein Reich allmählicher Entwicklung, ein Verstehen der Wirklichkeit vom Werden her, sondern sie hebt ein ewiges Sein aus dem Strom des Werdens heraus und legt seine Züge für alle Zeiten fest. Die Wendung zum Wesen erfolgt dabei nicht in langer und mühsamer Arbeit, sondern in einer durchgreifenden Tat, unmittelbar kann geistige Kraft in das Reich der Wahrheit versetzen. Frei von jenem nagenden Zweifel, der ihre Arbeit in der Wurzel angreift, kann die Wissenschaft hier das Leben tragen und mit freudiger Gewißheit erfüllen.

Diese Fassung des Erkennens legt allen Nachdruck auf die Prinzipienfragen und schätzt die Einzelwissenschaften lediglich als Wege zur Philosophie. Nur die Mathematik als die Wissenschaft, welche im Sinnlichen selbst ein Übersinnliches ergreift, findet mehr Anerkennung, alle Beschäftigung dagegen mit der bunten Fülle der sinnlichen Welt dünkt von geringem Wert und alle Behauptung darüber bloß eine mehr oder minder glaubhafte Ansicht. Dabei wird die Natur von der Seele her gedeutet, die hier als der Quell aller Bewegung und Ordnung im Weltall gilt; einem starken Anthropomorphismus der Erklärung ist damit Tür und Tor geöffnet. So hat Plato die naturwissenschaftliche Forschung aufs schwerste geschädigt; indem ein Netz von menschlichen Begriffen die Wirklichkeit umschlingt und eine Würdigung der Dinge in ihren eigenen Zusammenhängen hemmt, gehen die wertvollen Ansätze zu einer exakten Naturbegreifung, welche die vorsokratische Philosophie enthielt, für Jahrtausende verloren. Die Stärke der platonischen Leistung liegt in der reinen Begriffsphilosophie, der Dialektik, die nichts von draußen her annimmt und auch über die eigenen Grundlagen deutliche Rechenschaft gibt; Plato nennt sie eine »Gabe der Götter und das wahre Feuer des Prometheus«. Seinen Höhepunkt erreicht dies Verfahren in der Behandlung der allgemeinsten Gegensätze: Ruhe und Bewegung, Einheit und Vielheit. Die Art, wie die einzelnen Glieder sowohl für sich entwickelt als aufeinander angewiesen werden, bildet mit dem Überschauen weitester Reihen und dem Zusammenhalten gegenläufiger Bewegungen, mit dem sicheren Wandeln im Reich unsinnlicher Größen, dem Aufheben aller Schwere durch das frohe Spiel der Gedanken die vollendetste Leistung griechischer Beweglichkeit des Geistes. Überhaupt aber ist Plato stark darin, Gegensätze miteinander zu verschlingen und auseinander hervorgehen zu lassen. So zeigte er es bei der Liebe, die Besitz und Entbehren miteinander verbindet, so läßt er Schmerz aus Lust und Lust aus Schmerz entspringen, so zerstören ihm die Staatsverfassungen sich durch ihre eigne Steigerung, so sind es die Widersprüche der sinnlichen Wahrnehmung, welche über sie hinauszugehen zwingen. Durchgängig eine unerschöpfliche Fülle und jugendliche Frische des Lebens.

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g. Rückblick.

So deutlich die einzelnen Züge der platonischen Lebensarbeit sind, das Ganze seiner Art zu würdigen ist überaus schwer; fast unvermeidlich fließt dabei die Individualität des Betrachters ein und läßt einen jeden sich seinen eigenen Plato bilden. Jedenfalls darf Plato nicht als eine überwiegend kontemplative, friedfertige, von seliger Ruhe erfüllte Natur verstanden werden, wie es auch Goethe in der bekannten Schilderung der Farbenlehre tut (»Platon verhält sich zu der Welt wie ein seliger Geist, dem es beliebt, einige Zeit auf ihr zu herbergen«). Das ist ein begreiflicher Irrtum, aber es ist ein Irrtum. Es war wohl die wunderbare Vollendung der Form, die Abgeklärtheit der Gestaltung, welche den leidenschaftlichen Affekt verkennen ließ, der dieses Lebenswerk durchlodert; indem der Zauber der Schönheit auch die härtesten Kämpfe verklärte, verbarg er zugleich ihre Schwere. Wir dürfen nicht übersehen, daß Plato die Umwälzung des Weltbildes und die Umwertung der Lebensgüter keineswegs fertig vorfand, sondern sie selbst zu vollziehen hatte; das konnte nicht in Fluß kommen ohne starke Erregungen und Bewegungen, es konnte nicht gelingen ohne ein Überwinden härtester Widerstände und eine Erweisung gigantischer Kraft. Wie mußte es in der Seele des Denkers wogen, wenn er Bewegungen hervorrief, die ganze Jahrtausende durchzittern und immer von neuem Liebe und Haß entzünden! Aber verschiedenes wirkt bei Plato zusammen, diesen Affekt vor aller wilden Leidenschaft zu behüten, wie sie z. B. oft Augustins großes Schaffen entstellt. Das ist die Vornehmheit der Gesinnung, die über die individuelle Stimmung hinaus an dem Ewigkeitsgehalt der alles menschliche Leben und Streben beherrschenden Ideenwelt einen sicheren Halt und eine feste Grundlage hat. Das ist ferner die starke Sehnsucht, die alle Arbeit Platos durchdringt und die Schroffheit der Gedanken mildert. Das ist endlich und vor allem das ursprüngliche, immer frisch aufquellende Leben, das überallhin Leben trägt, überall Leben aufdeckt, das, was es ergreift, seiner tiefsten Seele zuführt und so die ganze Weite in wunderbarer Weise verklärt. Alle echte Philosophie ist ein Ringen des Ganzen einer Persönlichkeit mit dem Ganzen des Alls, aber nirgends ist dies Ringen gewaltiger und fruchtbarer als bei Plato, den es einmal von innen heraus so weit über den ersten Befund der Dinge hinaustreibt, und der auf der erreichten Höhe doch jenen mit all seiner Fülle fest im Auge behält und ihn in den Dienst der letzten Ziele stellt. So bleibt Plato bei diesem Hauptpunkte unerreicht, ein Vorbild aller kommenden Zeiten.

Plato bildet die Höhe der gesamten griechischen Geistesarbeit, indem in ihm ihre beiden Hauptrichtungen, das Erkenntnisverlangen und der Gestaltungstrieb, das wissenschaftliche und das künstlerische Streben, sich miteinander verbinden und durcheinander steigern. Seine Lebensanschauung hat den eigentümlichen Typus des griechischen Idealismus zu klarer Ausprägung gebracht. Dieser Typus verflicht untrennbar die Überzeugungen, daß der mutigen Arbeit des Denkens sich eine neue Welt wahrhaftigen Wesens und echten Glückes eröffnet, daß diese Welt mit der nächsten Wirklichkeit unablässig zusammenstößt und ihren Widerstand nie völlig brechen kann, daß sie aber mit ihrem in sich selbst gegründeten Leben allen Angriffen weit überlegen bleibt und durch ihre lautere Wahrheit und Schönheit den Menschen über das Gebiet des Kampfes und Leides sicher hinaushebt. – Eine Verwandtschaft dieser Denkart mit der später vom Christentum aufgebrachten ist ebenso unverkennbar, wie ein weites Auseinandergehen innerhalb des gemeinsamen Rahmens. Hier wie da gilt es eine neue Welt zu erringen, und es verbleiben zwei Welten nebeneinander, aber bei Plato führt zu jener das Denken, im Christentum die Wandlung der Gesinnung; hier wie da wirkt Göttliches in unserm Dasein, aber bei Plato wirkt es gleichmäßig durch alle Orte und Zeiten, in der Natur sowohl als im Menschen, das Christentum läßt seine Mitteilung an Einem Punkt des menschlichen und geschichtlichen Lebens gipfeln und eröffnet zugleich eine Geschichte großen Stiles, die Plato nicht kennt und die er ablehnen müßte.

Die unerschöpfliche Wirkung Platos erklärt sich ebenso aus dem ursprünglichen Leben, das alle seine Arbeit beseelt, wie aus dem Reichtum der Bewegungen, die bei ihm sich frei entfalten und alles Ergriffene ins Große gestalten. So hat die platonische Philosophie durch den ganzen Lauf der Geschichte aufs förderlichste zur Weckung der Geister gewirkt, sie hat allem Sinken ins Schulmäßige und Pedantische widerstanden, sie hat den Sinn vom Kleinen ins Große, vom Engen ins Weite und Freie gewandt, sie hat das Leben in frischem Fluß gehalten. Zugleich hat ihr Reichtum verschiedenen Zeiten verschiedenes geboten. Im späteren Altertum wurde Plato der Führer derer, die das wachsende religiöse Verlangen auf dem Wege der Philosophie zu befriedigen suchten; hier galt er als priesterlicher Verkündiger der Weisheit, die den Menschen vom berückenden Sinnenschein ablöst und seine Gedanken zur ewigen Heimat zurücklenkt. Derselbe Philosoph aber ward mit seiner Lebensfülle, seiner künstlerischen Anmut, seiner jugendlichen Freude am Gestalten der Lieblingsdenker der Renaissance, gern gaben ihre Meister sich als treue Schüler von ihm. Und zeigen nicht Männer wie Winckelmann, Schleiermacher, Boeckh, daß Plato bis in unsere Jahrhunderte fortwirkt? So wob sein Lebenswerk ein Band zwischen allen Zeiten, und das Wort eines spätgriechischen Denkers: »Die platonische Anmut bleibt ewig jung« hat auch jetzt noch ein gutes Recht.


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