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XX.

Auf der langgekrümmten Sandbank, die Ochsenzunge genannt, die den See von Tunes vom offnen Meer trennte, war geraume Zeit hindurch dem Pfriemgras, der Stranddistel und dem niedrig wuchernden Tamariskengestrüpp ein friedliches Dasein vergönnt gewesen.

Dem Konsul Lucius Marcius Censorinus, der die Belagerung der Stadt von dieser Sandbank her eingeleitet und von dort aus den verunglückten Sturm gegen das Fischertor unternommen hatte, war längst Gelegenheit geboten, auf irgendeinem bequemen Schlummerposten darüber nachzudenken, wie schwierig es sei, sich Lorbeern von den Mauern von Kart-Chadast zu brechen.

Seit seinem Abgang blieb die Ochsenzunge militärisch ziemlich unbeachtet. Denn des Censorinus Nachfolger im Befehl über die Flotte, der Konsul Lucius Mancinus, hatte sich gleich seinem Amtsgenossen Calpurnius Piso nur wenig um Kart-Chadast kümmern können. Wie dieser fast ausschließlich durch die Bezwingung der kleineren und größeren Orte des Hinterlands in Anspruch genommen wurde, so erblickte jener seine Hauptaufgabe darin, die noch treu gebliebenen Seestädte des punischen Gebietes kirre zu machen. Als Stützpunkt benützte er dabei vorwiegend den stattlichen Hafen von Utik-Chah. Nur wenn er gerade so viel Penteren oder Trieren übrigbehielt, um vor dem Golf von Kart-Chadast mit Erfolg auf Bannware zu kreuzen, ankerte er gelegentlich einmal in der ziemlich versandeten kleinen Bai, die sich an der gegen das offene Meer gelegenen Seite der Ochsenzunge auftat.

Erst nach Ablauf des zweiten Jahres der Belagerung kam die flachgestreckte Sandbank im Süden der Stadt als ein für die Kriegführung bedeutsamer Punkt wieder zu Ehren. Und der Konsul, der neuerdings daselbst ein ständiges Lager aufgeschlagen hatte, hieß Publius Cornelius Scipio Aemilianus.

Der verfolgte nun freilich, indem er sich auf der Ochsenzunge festsetzte, ganz andere Ziele als die des Censorinus gewesen waren, aber niemand wußte, welche.

Er sprach mit keinem Menschen darüber, nicht einmal mit den Offizieren seines Stabes. Seine Pläne blieben Geheimnis, so weit sie sich nicht aus dem, was vorging, erraten ließen. Einen Angriff auf die Mauern und Basteien am Fischertor beabsichtigte er offenbar nicht, ein solcher wäre nur vom Ufer des Sees von Tunes aus zu bewerkstelligen gewesen, wo damals Censorinus sein Lager aufgeschlagen hatte. Scipios Lager indessen befand sich am entgegengesetzten, am meerwärts gewendeten Gestade der Sandbank. Der Aufenthalt war dort ungleich gesünder, aber an ein Berennen der Mauern aus dieser Richtung nicht zu denken.

Überhaupt schien Scipio Aemilianus den Versuch aufgegeben zu haben, Kart-Chadast mit Gewalt zu nehmen. Ein einziges Mal, im Frühling, bald nach Antritt seines Konsulats und Übernahme des Oberbefehls hatte er von der Landenge von Gara aus – also westlich, nicht südlich der Stadt – gestürmt. Es war ihm damals auch geglückt, von der Plattform eines hohen schloßartigen Landhauses, das unfern des Tores von Magara knapp an der äußeren Stadtumwallung lag, mittels langer Balken und Leitern eine Art Brücke nach den Mauerzinnen hinüber zu schlagen und im Schutze der Nacht eine beherzte Schar in die Vorstadt zu werfen, die die Besatzung des Tores von innen überrumpelte und dieses den eindringenden Kohorten öffnete. Merkwürdigerweise, niemand wußte weshalb, hatte er sich aber noch vor Tagesanbruch zur freudigen Überraschung der Bevölkerung, die Hals über Kopf in die innere Stadt geflüchtet war und bereits alles verloren gab, freiwillig wieder zurückgezogen.

Seither unterließ Scipio jeden Angriff auf Kart-Chadast.

Am Isthmus von Gara, nur einen Pfeilschuß vom Tor von Magara entfernt, hatte er ein verschanztes Lager anlegen lassen, das, nicht weniger als anderthalb Marschstunden lang, die ganze Breite der Landenge zwischen dem See von Tunes und der von Brackwässern durchzogenen Bai von Gara absperrte. Es war auch vorne und hinten durch Graben, Wall und Verpfählungen aus spitzigem Holzwerk und gegen die Stadt hin noch außerdem durch eine zwölf Fuß hohe Steinmauer versichert, die von einer Brustwehr und hölzernen Beobachtungstürmen überragt wurde.

So ließ er die auf der Landenge gleichsam Wache haltenden Legionen unter Befehl des Prokonsuls Manilius in Verteidigungsstellung zurück. Ihre Aufgabe bestand darin, jede Lebensmittelzufuhr nach Kart-Chadast auf dem Landwege unmöglich zu machen.

Da seit Scipios Amtsantritt durch Zuzug der verängstigten Bauernbevölkerung aus dem libyphoinikischen Gebiet die Einwohnerzahl der Stadt sich beträchtlich erhöht hatte, so mußte ihre Aushungerung in absehbarer Zeit gelingen.

*

Den Truppenteilen, die Scipio Aemilianus an der Ochsenzunge verwendete, wo er selbst den Befehl führte, schien er überhaupt keine eigentlich militärische Aufgabe mehr zugedacht zu haben.

Die Soldaten hatten umlernen und sich in Kärrner und Steinarbeiter verwandeln müssen, was besonders den alten Legionären nicht recht passen wollte. Ununterbrochen rollten Tag und Nacht Fuhrwerke mit Bruchsteinen und ungeheuren Lasten von Felstrümmern und Flußkieseln gegen den Strand, um ihren Inhalt ins Meer zu entleeren. Und eine Unzahl Barkschiffe kamen über den See von Tunes mit der gleichen Fracht dahergeschwommen und schütteten ihre Ladung an der gleichen Stelle ins Wasser.

Die Mannschaften, die sich in der Sommerhitze, ohne zu wissen warum, und scheinbar so zwecklos plagen mußten, befanden sich bei diesem Geschäft meist nicht in der besten Laune. Mancher Krieger, der lieber geblutet als geschwitzt hätte, schüttelte den Kopf über den sonst allverehrten Feldherrn und meinte, das Meer sei gefräßig, das ganze Atlasgebirge könne man hineinwerfen, so würde es nicht satt.

Haterius, der Zenturio, der das Abschütten des Grobzeugs zu überwachen hatte, stand am Strande und zählte eben die bisher angefahrenen Karren zusammen, die er getreulich auf seiner Schreibtafel verzeichnet hatte, als er seines alten Freundes Geminus gewahr wurde, mit dem er einst in der gleichen Kohorte gedient. Die Kriegsläufte hatten sie getrennt und den inzwischen ebenfalls zum Zenturio vorgerückten Geminus ins Hinterland verschlagen.

Jetzt kam er als Bewacher einer langen Reihe von Karrenfuhrwerken zum erstenmal seit langer Zeit wieder an die Küste und freute sich, das Meer wiederzusehen und den Kameraden von einst, der wie er selbst seit Beginn des Feldzugs in Afrika stand, zu begrüßen. Im übrigen war er mißmutig und schalt auf die Arbeit, die man ihm aufgehalst habe, und die eines Soldaten unwürdig sei, weil jeder Fuhrknecht sie leisten könne. Schon von Anfang an, seit er bei der Ablieferung des kartchadischen Kriegsgeräts in der Sonne gebraten und dabei den kalten und hinterhältigen Konsul Censorinus auf seinem Hochsitz beobachtet hatte, war ihm dieser ganze Krieg vergällt.

»Immer hoffte ich, wenn der Scipio einmal das Heft in die Hand bekäme, würde es besser werden,« sagte er; »aber es bleibt stets das gleiche Gefrett. Meine Brüder in Latium sind Bauern, die bringen es zu etwas. Unsereins lebt von der Hand in den Mund, was hat man davon, wenn man sich nicht wenigstens ein bißchen Ehre und Ruhm verdienen kann durch kriegerische Taten?«

»Laß nur den Scipio machen!« tröstete ihn Haterius, der zu den Überzeugten gehörte. »Was der unternimmt, verläuft nicht im Sand, darauf kannst du dich verlassen. Das ist keiner vom Klüngel der bloßen Streber. Darum haben die mit den großen Köpfen im Senat sich auch gewehrt gegen seine Wahl und wollten sie mit allen Mitteln hintertreiben. Schließlich beriefen sie sich darauf, er hätte das vorgeschriebene Alter noch nicht erreicht, aber es nützte alles nichts, sie hatten doch das Nachsehn.«

»Wenn man seit bald zwei Jahren im hintersten Libyen vergraben ist, weiß man nicht mehr, was in der Welt vorgeht,« grollte Geminus. »Fast hab' ich schon vergessen, daß es so etwas wie eine Stadt, die Rom heißt, überhaupt gibt. Sag' mir, Haterius, ist es denn richtig, daß Scipio Aemilianus das vorgeschriebene Alter noch nicht erreicht hat?«

»Jawohl, das stimmt! Nach dem Gesetz hätte er noch nicht Konsul werden dürfen. Denn als in Rom die Wahlversammlungen stattfanden, zählte er sieben- oder achtunddreißig, und zweiundvierzig muß einer haben, fürs Konsulat. Darum bewarb er selbst sich auch nur um das Amt eines Aedilen, aber das Volk setzte doch seine Wahl zum Konsul durch. Ein jeder hatte von seinen Taten gehört, das Volk wußte, was für ein Mann das sei. Die Volkstribunen mußten eigens das Gesetz aufheben, das eine Altersgrenze vorschreibt, da half nichts, das Volk hat eine gute Witterung! So ist Scipio ein Mann des Volkes, verstehst du, und darum ist er auch unser Mann. Beim Jupiter, wenn der etwas befiehlt, so haben wir einfach zu gehorchen, ob es uns vernünftig vorkommt oder nicht!«

»Mir wär's ohnedies recht,« sagte, schon etwas umgänglicher geworden, Geminus; »ich hab' nichts gegen den Scipio, im Gegenteil! Aber schließlich bin ich Soldat, kein Steinbrucharbeiter und Karrenführer. Und da steigt einem halt manchmal der Ärger auf, und man fragt sich: Was hat es bloß für einen Sinn, daß wir die Berge Libyens abtragen müssen, um sie ins Wasser zu schmeißen?«

Haterius schlug ihm derb die Hand auf die Schulter: »Ich will dir verraten, was für einen Sinn das hat, aber im Vertrauen, wenn ich bitten darf!«

Und indem er sich ans Ohr des Kameraden neigte, flüsterte er geheimtuend: »Das ganze Mittelmeer wird zugeschüttet, merkst du's nicht? Wenn die Karthager wieder einmal unsere Schiffe in Brand stecken, marschieren wir trockenen Fußes nach Rom zurück! Das ist der Sinn der Sache,« schloß er lachend, »verstehst du? Und nun laß uns getrost zu unsrer Arbeit zurückkehren, der Scipio wird schon wissen, wozu sie gut ist!«

*

Auf dem Wehrgang einer der Basteien am Fischertor stand Blanno Tigillas, der noch immer an dieser Stelle der Kampflinie als Platzoberster Dienst tat, und blickte, die Augen mit der flachen Hand beschattend, über die sonndurchglühte Landschaft aufs schier unwahrscheinlich blaue Meer hinaus ...

Hasdrubal, der Widder, auf einem Rundgang durch die Festungswerke begriffen, fand sich unangesagt an seiner Seite ein. Seit der Ermordung des Numiders führte er den Oberbefehl über die gesamte Wehrmacht.

Erst hatte er noch mehrere Monate hindurch in der Gegend von Nepheris ausgeharrt, aber sein Feldheer war zusammengeschmolzen, ein Versuch, im verwüsteten und halbausgestorbenen Libyen neue Truppen auszuheben, mußte fehlschlagen. Im offnen Kampf war er dem Feinde nicht mehr gewachsen, zumal König Gulussa jetzt Emst machte. Seine Schwester Lanassa, von der Volkswut bedroht, war aus Kart-Chadast entflohen und hatte Zuflucht in seinem Lager gefunden. Beharrlich peitschte sie ihn auf, Blutrache für seinen hingemordeten Neffen zu nehmen und die verblendete Stadt, die ein so vorteilhaftes Bündnis vereitelt hätte, zu bestrafen. Und Gulussa, dem keine Wahl mehr blieb, hatte sich wirklich entschlossen, von nun ab mit aller Entschiedenheit seine Dienste den Römern zur Verfügung zu stellen. Nicht nur gewaltige Reitermassen warf er auf den libyschen Kriegsschauplatz, er stand auch bereit, mit einer erheblichen Anzahl wohlausgerüsteter Elefanten in den Kampf einzugreifen.

Darum hatte der Widder unter Zurücklassung des Hipparchen Bithyas, dessen bewegliche Schwadronen dem Feinde zwar nicht viel Schaden zufügen, ihn aber wenigstens beunruhigen konnten, das Hinterland geräumt und sich in ein verpfähltes Lager zurückgezogen, das nur eine Viertelstunde außerhalb des Tores von Magara lag. Hier, wo er den Hilfsquellen der Stadt näher war, wollte er den Stoß des damals eben neu gewählten Konsuls Scipio Aemilianus auffangen, der im Frühjahr über die Landenge von Gara gegen die Stadt vorrückte. Als aber dem Scipio mit Umgehung dieses Lagers der nächtliche Sturm auf die Magara gelungen war und Kart-Chadast selbst aufs äußerste bedroht schien, da hatte der Boëtharch sich in die innere Stadt geworfen, die römischen Gefangenen, um alle Brücken hinter sich abzubrechen, aufs grausamste foltern und von den Mauern hinunterstürzen lassen und sich auf den Endkampf gefaßt gemacht.

Unerwarteterweise war es nicht nur nicht zum Endkampf, sondern überhaupt zu keinem Kampf gekommen. Scipio gab die errungenen Vorteile bald wieder auf und begnügte sich damit, auf seinem Rückzug das von Hasdrubal verlassene Lager in Brand zu stecken. Freilich aber hatte er hierauf durch Anlegen seines eigenen, schier uneinnehmbaren Lagers quer über die ganze Landenge einen Riegel vorgeschoben, der die Stadt endgültig vom Hinterland absperrte und den Belagerer gegen jeden Angriff, auch vom Rücken her, sicherte, selbst wenn bei Nepheris noch ein schlagfertiges Feldheer und nicht bloß Bithyas mit seiner wilden Reiterei gestanden hätte.

Seither saß der Widder mit den Überresten der bewaffneten Macht, die er durch Werbung und Aushebung zu verstärken suchte, in Kart-Chadast fest wie ein gefangener Löwe in der Fallgrube. Seither verkörperte er auch in seiner Person die gesamte Regierungsgewalt, ohne doch einen anderen als den ihm seit jeher zukommenden Titel eines Boëtharchen zu führen.

Es war aber nichts weniger als Bescheidenheit, was den leidenschaftlich punisch gesinnten und schneidigen, aber auch gewalttätigen, rücksichtslosen und herrischen Mann davon abhielt, eine höhere Würde als die eines Boëtharchen anzustreben.

Einer vor ihm dienernden Abordnung des Hohen Rates, die ihn zum Schofeten, und als er dieses Amt ausschlug, sogar zum Diktator mit Titel und Ehren eines Königs-Schofeten machen wollte, hatte er, auf sein Schwert schlagend, geantwortet: »Ich bin Soldat, und eine belagerte Stadt braucht keine Regierung, sie braucht nur einen Festungskommandanten, der dem Feind die Faust zeigt und der Bevölkerung, wenn es not tut, den Fuß auf den Nacken setzt.«

Dennoch waren die barkidischen Scharfmacher im ganzen nicht unzufrieden mit ihm. In Wahrheit kam es ihnen wenig auf die Volksrechte an. Nur einer der Ihrigen sollte an der Spitze stehn, dann hatten sie gegen Gewaltherrschaft nichts einzuwenden. Und vorderhand hielten sie ihn noch für einen der Ihrigen.

*

An der Seite des Blanno Tigillas stehend, spähte nun der Boëtharch, dieser große starke, wohlbeleibte Mann, von der Bastei am Fischertor nach Mittag gegen die Ochsenzunge aus, wo um eine bestimmte Stelle am Gestade ein lebhaftes Treiben arbeitender Menschen und ein stetes Ankommen und Abfahren schwerer Frachtschiffe sich wahrnehmen ließ.

»Das soll Scipio sein, der sich einen Meister der Kriegführung schelten läßt?« sagte er vergnügt und großsprecherisch. »Wie die Katze geht auch er um den Brei und wagt es nicht, uns anzugreifen. Offenbar stehen ihm die Hiebe nicht in bester Erinnerung, mit denen wir im Frühjahr die nächtlichen Einschleicher von Magara wieder heimschickten. Jetzt läßt er seine Soldaten gar müßige Arbeiten verrichten, damit sie ihm nicht einschlafen oder sich dessen erinnern, wie vergnüglich man in Rom leben könnte. Freilich, Gladiatorenspiele und Festschmäuse, sooft ein reichgewordener Kornwucherer stirbt, sind in Afrika noch nicht üblich.«

»Täuscht mich mein Auge nicht,« antwortete Tigillas trocken, »so sind sie seit gestern wieder um ein gut Stück vorwärts gekommen. Wie der Ansatz zu einer steinernen Brücke schiebt es sich bereits von der Sandbank ins Meer hinaus. Ich denke, es wäre hoch an der Zeit, ihre Arbeiten durch einen Ausfall zu stören.«

»Das hieße nur zwecklos Kräfte vergeuden,« sagte der Boetharch. »Die Römer sind Narren! Was treiben sie überhaupt da unten? Ich kann es mir nicht anders erklären, als daß sie die kleine Bai zu einem Hafen erweitern wollen. Lassen wir ihnen doch das Vergnügen! Inzwischen geht unsre Flotte der Vollendung entgegen, wir machen, ohne daß sie sich dessen versehen, einen Ausfall und verbrennen ihre Schiffe. Es wird einen großen Spaß geben, wenn wir dann selbst von dem bis dahin vielleicht fertigen netten kleinen Hafen Besitz ergreifen, den sie unter unendlichem Schweißvergießen für uns bauen.«

Er lachte, daß es dröhnte, während Blanno Tigillas zweifelnd und ernst sein Haupt wiegte.

»Wie aber, wenn unsre Flotte, bis sie endlich fertig und segelbereit ist, das Tor versperrt fände? Wenn sie aus dem Hafen nicht mehr herauskönnte und in der Mausefalle säße wie wir selbst?«

»Wir sitzen nicht in der Mausefalle!« brauste der Widder auf. »Es liegt mir bloß daran, unsre Mittel zusammenzuhalten, sonst ließe sich ein Durchbruch über die Landenge wohl erzwingen, wenn Bithyas gleichzeitig das Römerlager von der andern Seite her angreift. Aber was hätten wir davon? An Lebensmitteln ist im Hinterland nicht mehr viel zu holen, während die Zufuhr von der Seeseite her noch immer ganz befriedigend ist. Übrigens schadet es keinem, wenn er einmal seinen Gürtel ein bißchen enger schnallt.«

Tigillas mußte insgeheim lächeln. Es war ein mitleidiges Lächeln über dies große Kind, dem man wegen seiner selbstgewollten Befangenheit nicht recht böse sein konnte, und auch ein wenig das wehmutsvolle Lächeln der Enttäuschung. Wegen dieses Hasdrubal hatte man jenen anderen geopfert! Von der einwandfrei barkidischen Gesinnung abgesehen, war es wahrhaftig kein vorteilhafter Tausch!

Wußte dieser Mann denn nicht, daß der Tiefstand an Leistungs- und Begeisterungsfähigkeit der Truppe einen Vorstoß gegen das Römerlager auf der Landzunge von vornherein aussichtslos gemacht hätte? Wußte er nicht, daß die Reiter des Bithyas gegen ein verpfähltes Lager überhaupt nicht in Betracht kamen? Daß die Verpflegung der Stadt längst im argen lag und nur selten noch ein unseitiges Kornschiff es wagte, die Seesperre zu durchbrechen? Und war es ihm unbekannt geblieben, daß – wenn einem solchen Schiffe das Einlaufen in den Hafen von Kart-Chadast wirklich einmal glückte – dessen Ladung sofort für militärische Zwecke beschlagnahmt wurde, während die Bevölkerung tatsächlich bereits hungerte?

Oh – das alles wußte der Widder so gut wie Blanno selbst, aber er liebte es nicht, etwas zu hören, oder einzugestehn, was ihm nicht in den Kram paßte. Lieber nahm er den Mund voll und belog sich selbst. Immer sah seine üppige und schnellbereite Einbildungskraft die Dinge so, wie er wünschte, daß sie seien, nicht wie sie wirklich waren.

»Sei kein Flaumacher!« rief mit seinem gesunden, lärmenden Lachen der Boëtharch, indem er dem besonnenen Tigillas einen so freundschaftlichen Schlag in den Rücken versetzte, daß dieser Mühe hatte, auf seinen Krücken das Gleichgewicht zu bewahren. »Das Schlimme kommt schon von selbst, es ist überflüssig, noch Schlimmeres dazu zu erfinden! Übrigens – was meinst du eigentlich mit deinem Unkengekrächz, die Flotte könne eines Tages in der Mausefalle sitzen?«

Ruhig und sachlich setzte Blanno Tigillas ihm seine Vermutungen, seine Befürchtungen auseinander. Er hielt das, woran die Römer da unten arbeiteten, für einen ins Meer sich allmählich hinausschiebenden Damm, der dazu dienen sollte, die schmale Zufahrtsstraße zum Hafen von Kart-Chadast vollständig abzusperren. Seiner Überzeugung nach bestand die Absicht, diesen Damm bis auf das sogenannte Choma auszubauen, einen breiten und langgestreckten Kai, der längs des rechteckigen, künstlich ausgehobenen Wasserbeckens des Handelshafens sich der natürlichen Küstenlinie anschmiegte. Dieser dem Handelshafen meerseitig vorgelagerte und durch eine Mauer von ihm getrennte Kai, eben jenes Choma, war von sorgfältig gefügten Hausteinen gediegen aus dem Wasser aufgemauert. Von der Brandung der Meereswellen umrauscht, erzählte es von der verblichenen Seeherrlichkeit Kart-Chadasts. Denn auf seiner geräumigen Fläche, die fünfhundert Schritt in der Länge und fünfzehn in der Breite maß, hatte ein Dutzend Kauffahrer zugleich, wenn sie den Hafen nicht anlaufen wollten, ihre Waren abladen und auslegen können. Außerdem diente der spitze Dorn, in den das Choma gegen Süden auslief, als Wellenbrecher, die Einfahrt in den Hafen wurde durch ihn beschützt und vor Versandung bewahrt.

Gelang es nun den Römern, den Damm, an dem sie bauten, von der Ochsenzunge bis zu jenem Dorn des Chomas hinüberzuführen, so war nicht nur die Einfahrt in den Handelshafen und damit auch in den nur durch diesen erreichbaren Kriegshafen gesperrt. Vielmehr konnte der Feind dann außerdem auch noch auf diesem Damm wie auf einer Heerstraße Truppen und Belagerungsmaschinen auf die Fläche des Chomas schaffen. Blanno Tigillas zweifelte nicht daran, daß dies der Plan Scipios sei, und daß er ihn auch mit gewohnter Beharrlichkeit und Umsicht durchführen würde, wenn man ihn einfach gewähren ließ. Hatten die Römer aber einmal auf dem Choma Fuß gefaßt, dann brauchten sie nur mehr geringe Widerstände zu bewältigen, um auch in die Hafenanlagen einzudringen. Und waren sie einmal in den Häfen, so waren sie auch auf dem Marktplatz und in Kart-Chadast selbst – darüber ein Wort zu verlieren, hielt Blanno Tigillas für überflüssig.

»Dies sind die Gründe,« schloß er, »warum ich es für nötig halte, den Römern ihren Dammbau durch fortgesetzte Ausfälle zu erschweren, womöglich aber ganz zu verleiden.«

»Ich wollte dich nicht unterbrechen,« antwortete der Boëtharch, »weil es immer Vergnügen gewährt, ein freierfundenes Märchen, phantastisch im ganzen, doch folgerichtig im einzelnen vortragen zu hören. Die Einzelheiten zu widerlegen, würde zu weit führen, ich beschränke mich darauf, der Erfindung an sich den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Von der Ochsenzunge zum Dorn des Chomas sind es, könnte man gehn, gut tausend Schritt. Nun liegt aber Meer dazwischen, nicht so tief wie meilenweit von der Küste, aber immerhin noch für die schwersten Kiele schiffbar. Wenn man den ganzen Burghügel abgraben würde und an dieser Stelle ins Wasser schmisse, so gäbe es noch immer keinen Damm, auf dem man Belagerungsmaschinen hinüberschaffen könnte. Denn um eine Fahrbahn von fünfundzwanzig Fuß Breite herzustellen, müßte die Sohle des Dammes reichlich hundert Fuß breit sein. Dazu würde bei tausend Schritt Länge das gesamte Erd- und Felszeug der Bosra nicht hinreichen. Verzeih mir Blanno – Scipio mag ein gewaltiger Mann sein, aber im Erdichten von Märchen bist du gewaltiger. Denn ich bezweifle, ob er gleich dir, wie die Griechen sagen, imstande sein wird, den Pelion auf den Ossa zu türmen.«

Er brach in schallendes Gelächter aus und wendete sich zum Gehen.

Aber noch einmal zurückkehrend, sagte er heiter und mit behäbiger Gutmütigkeit: »Gegen schwarze Gedanken ist das beste Mittel, gut essen und trinken. Willst du mir nicht zur Mahlzeit das Vergnügen schenken? Ich lasse dir einen Nachtisch auftragen wie in den besten Friedenszeiten!«

»Ich danke,« antwortete Tigillas, ohne eine Miene zu verziehen. »Ich mag mir's nicht gut sein lassen, während das Volk hungert.«

»Und ich bin der Meinung, daß der Soldat im Krieg sich bei guter Laune erhalten muß! Zweimal hintereinander Kohl ist der Tod, sagen die Griechen. Aber wie du willst – dann lade dich eben bei den entsagenden Brüdern zu Gaste!«

Damit verabschiedete er sich endgültig. Und Tigillas, der ihm, in schwere Gedanken versunken, nachblickte, hörte noch, wie er, den Wehrgang entlangschreitend, seine eigenen zuletzt gesprochenen Worte harmlos belachte.

*

Unerschöpflich ist Eschmuns lebenerweckendes Walten, unerschöpflich wie Milkarts lebenzerstörende Macht. In ewigem Ringen reichen Entstehen und Vergehen einander die Hände, jeder Augenblick zeugt und jeder tötet, eine jede Lebensflamme ist entfacht, um zu verlöschen, und aus dem gleichen unversiegbaren Urquell steter Erneuerung zucken mit der gleichen göttlichen Unbekümmertheit die Strahlen des segnenden und sengenden Feuers.

Hunger, Entbehrung und die sie begleitenden Krankheiten forderten viele Opfer in Kart-Chadast, besonders in der ärmeren Bevölkerung. Und dennoch fand nicht nur in den Palästen der Reichen und Vornehmen, nein, auch im Gewirr der engen Gassen und Gäßchen, die vom Marktplatz abzweigten, und in den verrotteten Stadtteilen in der Gegend des Fischmarktes manches Kindlein den Mut, den Eintritt ins Leben zu wagen und sein Glück zu versuchen, wie zahllose Geschlechter seiner unbekannten, mit ihrem letzten Atemzug auch schon wieder verschollenen Vorfahren es ebenfalls versucht hatten. Die Not und Bedrängnis forderte ein Gegengewicht, die Genüsse, die der Tisch versagte, mußte das Bett gewähren. So zeugte die Nacht, die kaum mehr mit Sicherheit auf einen kommenden Tag zählen konnte, Anwartschaften auf ganze Menschenalter. So zeugte das Leben, das vielleicht schon morgen dem Tod ins Auge sehen würde, lebenshungrige Nutznießer eines neuen Daseins. Und fast überall trugen an dem meist unerwünschten Werden und Entstehen nicht eigentlich die Väter und Mütter Schuld. Das gierige Elend war es gewesen, das den weiblichen Schoß geschwängert hatte, das kreißende Elend selbst schenkte dem ungerufenen Nachwuchs das Leben.

Anders in dem beglückten Hause, das unweit der Zypresse der Dido auf halber Höhe des Burghügels lag.

Dort hatte die Freude ein Kind gezeugt, das in Liebe empfangen war. Ellot trug es und ging mit verklärtem Haupt umher. Ein auf den Wunsch Belschamees zu Rate gezogener Priester Aschtarits, der als Wundermann galt, hatte ihr unter Gebeten die Hände aufgelegt und die Dämonen der Krankheit beschworen. Und Gisgon, nach langer, in Dubars verborgenem Nest abgesessener unfreiwilliger Haft wieder heimgekehrt, schloß beseligt und aller vergangenen Leiden vergessend, eine Genesene in die Arme.

Das Schriftstück zu unterzeichnen, das den gegen ihn erlassenen Haftbefehl aufheben sollte, war dem Königs-Schofeten keine Frist mehr vergönnt gewesen, und Gisgon beklagte es. Lieber hätte er seine Freiheit dem zur Einsicht gelangten Willen eines Reumütigen, als dessen vergossenem Blut gedankt. Aber er wußte, daß dieser Wille bestanden hatte, es erleichterte ihn, einen häßlichen Fleck getilgt zu sehen an dieser großen, einzigen Erscheinung, an die er unter dem versöhnenden Eindruck des Todes lieber bewundernd als grollend zurückzublicken das Bedürfnis fühlte. Und auch in Ellots grundgütigem Herzen fanden jetzt, wenn sie an den Numider zurückdachte, keine andern Regungen mehr Raum als die des Mitleids. Dankbar für die volle Erfüllung ihres in Milkarts Grotte verrichteten Gebets, wäre sie nicht imstande gewesen, irgend jemand etwas nachzutragen, die Hoffnung auf Mutterschaft beseligte sie, das Vergangene war verziehen.

So verfolgten die beiden Wiedervereinten haßbefreiten Gemüts ihren durch Pflichten und freie Entschlüsse vorgezeichneten Weg. Inmitten der allgemeinen Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, inmitten der Bedrängnisse und Widerwärtigkeiten einer belagerten, mit Vernichtung bedrohten Stadt schritten sie gleichsam Hand in Hand dahin, gesegnet von dem stillen Bewußtsein, daß nichts ihnen etwas anhaben könne. Denn es hielt sie jene seltsam heldenmütige Verblendung der Liebenden befangen, für die selbst der Tod seine Schrecken verloren hat, wenn es ein gemeinsamer Tod ist.

Und ihre bewundernswerte Herzhaftigkeit wurzelte in eben dieser süßen Verblendung, die aus der Tiefe des Gefühls Ahnungen von der Unzerstörbarkeit des innersten Wesenskernes schöpft und sich darum der Unsterblichkeit gewiß wähnt.

*

Im übrigen sahen Gisgon und Ellot tagsüber nicht viel voneinander, ihre Wirkungskreise verwiesen sie auf getrennte Gebiete.

Gisgon kam seinen militärischen Obliegenheiten unter dem Befehl des Hipparchen Melekpalas nach, der als parteiloser Soldat und Nursoldat sich dem Widder zur Verfügung gestellt hatte, wie er jeder andern anerkannten Regierung auch seine Dienste gewidmet hätte.

Mit seinem Schwäher, dem Boëtharchen selbst, kam Gisgon selten in unmittelbare Berührung, und das war ihm lieb. Als Jüngling, als Angehöriger der Heiligen Schar, hatte er unter ihm die Schlacht auf dem Blachfeld gegen König Masinissa mitgekämpft und eine Zeitlang die Begeisterung geteilt, die die gesamte Jugend dem Widder damals entgegenbrachte, weil sich der völkische Gedanke in ihm verkörperte. Später durch den Einfluß seines Großvaters, des Bruttiers, vorübergehend auf die Gegenseite hinübergezogen, aber nach mehrfachem Schwanken, wie es die Verhältnisse mit sich brachten, schließlich zu seiner ursprünglichen Überzeugung zurückgekehrt, stand er zu dem Boëtharchen zwar in keinem politischen, wohl aber in einem gewissen persönlichen Gegensatz.

Der Jüngling von damals war Mann geworden und betrachtete jetzt manche Eigenheit des Widders, die ihn einst bezaubert hatte, mit kühlerem Urteil. Vielleicht war übrigens auch der Widder nicht ganz derselbe mehr wie einst. Denn wie bei fortschreitendem Altern die Züge des Gesichts schärfer werden und gleichsam sich selbst übertreiben, so prägen auch im Antlitz der Seele die Eigenschaften der jüngeren Jahre sich später nicht immer zu ihrem Vorteil aus. Früher gebieterisch, entschlossen, kühn, erschien er seinem Eidam jetzt eher gewalttätig, herrisch und voll prahlerischer Eitelkeit. Seit Jahren im Feld gestanden, wo er es nur mit Soldaten zu tun gehabt, fühlte er sich an der Spitze einer Zivilverwaltung offenbar unsicher und bemäntelte es durch Hochfahrigkeit und trotzige Entschlüsse. Viel böses Blut hatte es gemacht, wie er im Frühjahr, aus Rache für den Einbruch Scipios in die Magara die römischen Gefangenen nach den ausgesuchtesten Foltern hatte von den Mauerzinnen stürzen lassen. Auch den bittersten Feind Roms überlief damals ein Schauder über eine so sinn- und zwecklose Grausamkeit, und es dauerte lange, ehe sich in der Bevölkerung der Stadt der erschütterte Glaube an die Gerechtigkeit ihrer Sache und das Vertrauen auf die Hilfe der Götter wieder herstelle.

Leider konnte der Rat seiner edlen Gattin Allisat, dessen der Widder als oberster Lenker des Staates dringender bedurft hätte als je, jetzt nicht mehr wirksam werden. Mit der Macht, die ihm in den Schoß gefallen, hatte seine Eigenwilligkeit zugenommen, auch war er mit Geschäften überhäuft und selbst den Mitgliedern seiner Familie schwer zugänglich. Er wohnte für sich allein im Haus der goldnen Pfauen und führte dort ein üppiges, ja prasserisches Leben, was in der notleidenden Bevölkerung begreiflicherweise viel Anstoß erregte. Wie ein Ausgehungerter sich mit törichter Unmäßigkeit über die ihm vorgesetzten Schüsseln stürzt, so suchte der Boëtharch sich jetzt für die jahrelang im Feld erlittenen Entbehrungen schadlos zu halten. Und in seiner soldatischen Einfalt machte er sich nicht nur kein Gewissen daraus, sondern hielt sich auch von seinem Recht, eine Ausnahmsstellung einzunehmen, so felsenfest überzeugt, daß es gefährlich war, ein abfälliges Urteil über seine Lebensweise lautwerden zu lassen. Wurde es ihm hinterbracht – und es fehlte nie an Angebern –, so konnte eine unvorsichtige Äußerung einem leicht die härtesten Strafen eintragen.

Ebenso wie Gisgon beobachtete auch Ellot dies alles mit Schmerz. Obgleich hoch in der Hoffnung, war sie doch unermüdlich an der Arbeit, Trost und Hilfe zu spenden, soweit sie dazu imstande war. Sie tat es zur Sühne für die Ausschreitungen ihres Vaters, vor allem aber aus innerstem Bedürfnis. Wie sie einst Mago, dem Bruttier, in seinen letzten Stunden beigestanden, so verweilte sie auch jetzt an manchem Kranken- und Sterbelager. Und sie nützte ihre Beziehungen in den Kreisen der Vornehmen dazu aus, Lebensmittel und andere Gaben aus den Palästen der Reichen in die Stadtviertel des Elends zu tragen. Sie gönnte sich keine Rast und war trotz ihres Zustandes gesund, rüstig und leistungsfähig wie kaum je zuvor.

Oft traf sie nun auf ihren Wegen mit Hanno zusammen, nach dem die Notleidenden vielfach verlangten, da man ihn für einen Propheten und Wundermann hielt. An manchen Orten konnten sie gemeinsam Gutes wirken, und so entstand allmählich eine stille Freundschaft zwischen ihnen, ohne daß sie viel miteinander gesprochen hätten.

Es schien ihr eine rätselhafte, aber vielleicht bedeutsame und zur Nachdenklichkeit stimmende Fügung, daß ein Mann barkidischen Blutes, wie Hanno es war, demselben Volke, das der große Barkide Hannibal einst zum Sieg hatte führen wollen, nun in seinen letzten Todeszuckungen tröstend zur Seite stand, indem er es auf Siege verwies, die nicht von dieser Welt waren. Und nicht minder rätselhaft und bedeutsam kam es ihr vor, daß sie nun Seite an Seite mit diesem Manne, dem ihre schwärmerische Jungmädchenliebe gehört hatte, Werke einer ganz andern Liebe verrichtete.

Aber sie fühlte sich so gelassen und beruhigt dabei, als seien sie von jeher Bruder und Schwester gewesen, und als wären sie alle beide Kinder jenes schweigsamen Sonnenreiches, das er für wirklicher zu halten schien als die greifbare und sichtbare Welt, in der sie derzeit noch wandelten.

*


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