Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Ruapehu

Nun erst, da ich einige Zeit auf dem Erdball zugebracht hab, vermag ich meinem Auftrag gemäß Rapport zu erstatten. Was ich erkundet hab, Sonnentag für Sonnentag zu melden, verschmäh ich. Um nicht in die Lage zu kommen, anfängliche Meinungen bei nach und nach errungener besserer Einsicht berichtigen zu müssen. Hier alles des Gesehenen und Gehörten, von dem Mitteilung zu machen mir der Mühe wert schien.

Ja, es ist wahr, was unsere Weisen erstaunlich früh geahnt, die Gelehrten später hypothetisch behauptet haben: die Erde ist von Lebewesen bewohnt. Doch nicht so, wie sie annahmen, daß die Geschöpfe Hauptsache wären, was zu versichern diese Sterbewesen nicht ermüden. Vielmehr deucht mir, als wär die Erde selbst genau so wie unser Wandelstern ein einziges riesiges Lebewesen mit hautgleichen Atmungsorganen: grünen Wäldern und Wiesen, Furchen und Falten: Ebenen und Gebirgen, Ausscheidungen in Flüssen und Vulkanen und so fort. Ein einigermaßen empfindliches Sentiment vermag ein Seiendes, das seine Existenz nicht fühlt, leblose Materie nicht zu fassen und nimmt gern nur noch nicht entdeckte Lebensregungen an, wo der Realist nichts als toten Stein sieht. Aber auch die neueren Lehren unserer Weltkörperkunde scheinen mir auf eine nicht geringe Vitalität der Gestirne zu deuten. Wie häufig liest man von den glühenden Umarmungen lichterloh-brennend-liebend-vereinigter Doppelsterne, und über die Treulosigkeit der leichtfertigen Kometen gibt es unter den verlassenen Asteroiden nur eine Stimme. Wer weiß denn, ob nicht die Gravitation in Schranken gehaltene Sexualität ist, zumindest kann niemand exakt das Gegenteil beweisen. Wessen Exhibition die Erde ist, bleibt unbekannt – aber dies spricht nicht gegen einen geschlechtlichen Ursprung oder Spermacharakter. Doch abgesehn von solchen mehr vagen Spekulationen, ein Hauptgrund meiner Ansicht von der Lebendigkeit der Erde: das eitle Ding dreht sich zunächst mit einer rasenden Geschwindigkeit um sich selbst, hernach kriecht sie um die Sonne. Wohl um ihr hiedurch ihre Zuneigung auszudrücken. Das nun tuen ihre Kreaturen, die auf ihr schmarotzenden Mikroorganismen, ihr nach, besonders die vornehmsten, die Menschen. Jeder von ihnen dreht sich zuvörderst mit einer rasenden Geschwindigkeit um sich selbst, verneigt sich, verbeugt sich unaufhörlich vor sich, hernach kriecht er um irgendeine Sonne. Ein zweiter Grund für die Nebensächlichkeit der Menschen und Tiere: diesen ohnmächtigen Wesen, wenigstens den mir bekannten, mehrminder an der Oberfläche Haftenden mißlang es, in das Erdinnere zu dringen, sie ritzen bloß die Rinde mit ihren Messern und überziehen sie mit ihren Geweben, weit ärger – sie wissen sich wider die Taten und Emotionen der Erde keineswegs zu helfen. Ein Glied ist erkrankt, ein Landstrich zittert und bebt in fiebrischem Keuchhusten, Zellen und Teile schieben sich übereinander und vernichten dabei allerlei handgreifliches Leben, das ratlos nicht auf Abwehr sinnt. Ein Geschöpf aber, daß sich nicht zu verteidigen weiß, es nicht kann, ist das schwächere, minderwertige, von dem zu erzählen sich nicht lohnt, und ich tu 's nur, weil es mir geboten wurde; mich persönlich würde allerdings eine andere Untersuchung mehr reizen. Ob nämlich nicht, gleich den aus Erdsäften emporgetriebenen Wäldern, auch die beweglichen Dinge, die man Tiere nennt, bloß Körperteile der Erde sind, Lebensfunktionen noch unbekannter Art ausübend eben in ihren Wanderungen, jedenfalls inniger mit der Erde verkettet, zusammenhängend, als daß man ihnen Selbständigkeit zugestehen könnte, eine über die Gebundenheit von Parasiten hinausgehende Unabhängigkeit.

Ich komme schon dem Befehl nach und widme mich der Schilderung des Lebendigsten der Erddinge, des Menschen. Nicht so machtlos wie den Erdbeben oder den Überschwemmungen: der Frühlingsbrunst der Ströme gegenüber, noch lang aber nicht Herr über die Wind und Wetter genannten Lebensprozesse der Atmosphäre, unfähig sich anders zu schützen, hat sich der Mensch aus Bergsteinen, Waldholz und Pflanzensehnen Häuser und Zelte gebaut, nach seiner abgesonderten Art jeder eines für sich, nicht alle eines für alle. In solche Häuser und Hütten ziehen sie sich zurück, um Dinge zu verrichten, die außerhalb zu tun sie sich schämen. Schämen – dies ist überhaupt eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, denn sonst würden sie nicht ihre Körper gleich Mißbildungen mit Hüllen bedecken, die ihnen Leichenfarbe verleihen. Sie schämen sich einzelner ihrer Körperteile. Ob darin etwa einige Abwechslung statthat und sie sich am Ende zwei Äonen lang ihrer Ohrmuscheln schämten, dann wieder den Pfoten unsterbliche Scham weihten, dies ließ sich nicht ergründen, weil ihre Geschichtswerke nicht so weit zurückreichen. Gegenwärtig aber, das heißt: so lange sie noch nicht zu Konserven für unsere nach der Kapella fliegenden Truppen verarbeitet sind, gegenwärtig schämen sie sich ihres Fortpflanzungstriebes, nehmen jene Transsubstantiation und Transpiration, durch die sie sich vervielfältigen, nicht öffentlich vor, statt, wenn sich in ihnen schon Skrupel gegen diesen Akt regen, ein anderes, mehr vegetatives Verfahren ausfindig zu machen. Aber so weit wollen sie wieder nicht gehen. Wie glänzende Namen sie in ihren Verschönerungsvereinen für ihre Bestrebungen auch ersinnen mögen: jeder ihrer Wege führt am letzten Ende unweigerlich zur Begattung. Es ist, als ob die auf der Erde vorherrschenden Naturgesetze nicht auf eine geschmackvolle Auslese, sondern auf glatt mechanische Vermehrung Wert legten. Alle sind stets von der Furcht beseelt, das Menschengeschlecht könne jählings aussterben, und behüten darum ihre Generationsräumlichkeiten auf das sorgfältigste. Deswegen tragen sie ihre Geschlechtsteile immer bei sich und überzeugen sich möglichst oft von deren Vorhandensein. Ihr Dasein ist trotzdem unerquicklich, da es bei ihnen nur zwei Geschlechter gibt – die Hauptursache ihres häufigen Lebensüberdrusses. Denn gebricht es einmal an Vielfältigkeit, Abwechslung und Permutation der erotischen Beziehungen – durch desto rastlosere Verbindung läßt sich die Ewigkeit der Lust nicht erzwingen.

Es ist als ob die Sonnenwellen auf der Erde nur in zwei Bestandteile zerlegt würden. Wenn auch dem Niederschlag des Lichts, jeder der Rassen und Tierarten der Erde ein Urstoff, ein Element in der Sonne entsprechen dürfte – in allen ist der Grundgegensatz ausgeprägt: Wellenberg schuf den Mann, Wellental gebar das Weib. Das Licht, der Sonnensame, der in diesem Weltteil alles zum Leben rief, auf mancherlei Weise zum Leben sank, hat dem Irdischen durchgehends diese zwiespältige Natur und Form gegeben. Überall auf Erden entspringt den Wellengipfeln des Sonnenlichts eine ungeheure Hebung: der Berg, der Mann, das Leben, die Anhäufung der Atome, den Wellentalen des Sonnenlichts tiefste Depression: die Ebene, das Weib, der Tod, Zerstieben der Atome. Doch es gibt Übergänge, der Sonnenberg fällt ab, wird blasses Tal, um später wieder steil zu neuen Schroffen anzuschwellen. Das Leben umfaßt auch den Tod, ein Ende, ein Abklingen und Versickern der Lichtwellen kann nicht gesetzt werden, sie schwingen endlos weiter. Einem angestrengten Dasein als Mann folgt vielleicht eine Erholung, ein Aufatmen und Vegetieren als Weib und umgekehrt. Das Weib wird bei vielen Stämmen daher mit Recht immer erst in seiner nächsten Existenz – als Mann – zur Gesetzgebung zugelassen. Schon aus der Voraussetzung: »Wellenberg ebensolang als Wellental« folgt übrigens der Schluß, der Tod dauert so lang wie das Leben, die ewige Wiedergeburt, das Weiterschwingen ist nicht zu vermeiden. Weswegen die Menschen, so vielerlei Assekuranzen sie auch einzugehen lieben, kaum je zu einer Versicherung gegen das Leben geschritten sind. Ihre Selbstmorde entspringen also häufig mangelhafter Bildung: in den Erdenkäfig sind sie gebannt, können es aber doch nicht lassen, unbedacht wie die Kätzchen aus dem Korb zu springen, in den sie doch stets wieder zurückkehren müssen, zu neuen Willensbädern, Willenstoden in den alten Wellentalen.

Vielleicht ist die Art der Organisation des Menschen das Mangelhafte, so mancherlei Widersinnigkeiten Zeugende. Die vornehmsten Sinneswerkzeuge haben bei ihm den Sitz hart aneinander, an einem Ort, in einem einzigen Knochen. Also daß eine Durchbohrung des Auges erhebliche Verletzungen des Gehirns nach sich zieht, Störungen wieder des einem einzigen Organ innewohnenden Denkvermögens den ganzen, leider nicht homogenen Körper dem Verderben preisgeben, häufig, wenn durch irgendeine Krankheit das Wortesprechen erschwert oder unmöglich gemacht wurde, das gleiche auch bei der Schallbildung statthat. Das Auffallende: nicht einmal solche Menschenkasten, denen viel daran liegen muß, die Beobachtung ihres Mienenspiels zu erschweren, nicht einmal die Diplomaten und Roßtäuscher arbeiten an einer Verlegung des Munds oder zumindest an einer systematischen Erziehung der Mastdarmöffnung zum Sprechwerkzeug. In vielen ihrer Siechenhäuser war ich, nirgends kamen sie ihren Blinden und Tauben mit jener kleinen Erfindung zu Hilfe, die bei uns auf dem Jupiter jedes Tier kennt. Um solche Leidende zu heilen, bedarf es doch nur eines Transformators, der die Lichtwellen in Schallwellen umwandelt oder umgekehrt, und man kann nach Herzenslust mit den Ohren sehen, mit den Augen hören. Sie aber können nicht einmal mit ihrem Gehirn denken und verfolgen einander – vielmehr, da alle aus einer Materie mißgeschaffen sind, sich selbst mit dem Speichel ihres Hasses.

Namentlich eine Rasse ist nicht wohl gelitten; sei es, daß diese Leute, Juden genannt, Strahlen aussenden, die auf alle übrigen Gottesnarren eine üble Wirkung haben, sei es, daß in ihnen sonstwie Elemente vorhanden sind, die einen gewaltigen seelischen Hustenreiz heraufbeschwören. Ich würde sogar Seelenzerrungen für gerechtfertigt halten nach dem, was man über sie faselt. Ihr Geiz und Geschäftssinn sei so groß, daß sie noch um den Strick zu handeln lieben, an dem sich aufzuhängen sie gedenken. Frech seien sie gleich einem Wirt, der die Gäste ersucht, die möglicherweise in der Suppe gefundenen Haare nicht fortzuwerfen, vielmehr zu sammeln, auf daß er sie einem Zopfflechter verkaufe. Sowohl diese Juden als auch die wegen ihrer schwarzen Farbe mißachteten Neger – ich ließ den Strahl meines Auges all ihre Gehirnwindungen auf und abkriechen, sie selbst halten sich gar nicht für Juden und Neger, werden nur dafür gehalten: er selbst, der Jud oder Neger, fühlt sich ebenso wie die andern Menschen und Tiere als die selbstverständliche und einzig mögliche Subjektivation und Ichwerdung des Objektes, der Materie. Erst die andern nennen ihn einen Neger und Juden, worüber er sich dann sehr wundert, jedoch auch weiterhin bloß im fingierten oder wirklichen Zwiegespräch mit sich und andern zum Bewußtsein seines Juden- und Negertums kommt. Man wähne nicht, die Beleidigten würden aus seelischer Erhabenheit unterlassen, sich zu rächen. Die kräftigen Neger wenigstens fallen manchmal zu passender Zeit plötzlich über ihre Bedränger her, nennen die Weißen Mörder ihres Gottes und Heilands, und verhindern sie zur Strafe dafür am Atmen. Wodurch bei den Menschen der Tod einzutreten pflegt. Auch stellen sich die Neger den Teufel weiß vor. Teufel, eine Ausgeburt des irdischen Größenwahns, heißen sie den Leiter eines gegen die menschlichen Seelen gerichteten Unternehmens.

Keineswegs ausschließlich Glaubens- oder Farbenintervalle bringen bei den Zweifüßlern die Gase des Unverstands zur Entzündung, nein, Verschiedenheit der Sprache, ja der Mundart hat den gleichen Effekt, und die meisten Völker ärgern sich aneinander in zwei oder mehreren Stämmen. Und nicht bloß die feldgraue Wanderrate, wenn sie einer friedlich sich drückenden Hausratte begegnet, ruft ihr »welscher Boche!« zu, auch der Bürger von Buxtehude hat an jenen, die Schildas Triften bewohnen, gewaltiglich auszusetzen. Wenn sie nun in Scharen zusammenkommen, diejenigen von Schilda und die von Buxtehude, dann, ihre Herrscher hinter sich herführend, trachten sie, einander den Garaus zu machen. Ihr oben werdet nicht wissen, was ein Herrscher ist. Höret: Es gibt zwei Arten von Menschen, Raubtiere und Haustiere. Und die Raubtiere besitzen die Haustiere zu eigen und bedienen sich parasitisch ihrer in allem. Sie aber sind schwer zu erkennen, denn wenn man auch gemeiniglich dem Äußeren nach ganze Kasten den Raubtieren beizählt, als: Herrscher, Adelige, Geldleute, so gibt es doch sogar bei diesen Exemplare, die nichts weniger sind als wilde Bestien und selber unter Vampiren liegen, während andrerseits inmitten von Sklaven und Sklavenaufsehern häufig Familienväter, Dirnen oder Kinder gefunden werden, die so selbstverständlich-herrisch nach den Speiserationen der andern langen, daß es niemandem einfällt, ihnen entgegenzutreten. (Zwischen den Räubern und Zahmen innesteht noch eine Sekte von Lebewesen, selber höchst kümmerlich gedeihend, aber von andern wegen ihres Wohlgeruchs und der ungemeinen Köstlichkeit ihrer Milch ab und zu durch leere Worte ermuntert: sogenannte Blattläuse. Man heißt sie auch Künstler.) Menschen und Tiere fressen einander gerne. Das ist die Liebe. Nur die gefährlichsten Raubtiere, mörderischer denn Panther, verschmähen es, das Blut der Gemordeten in Nahrung zu wandeln und lassen's sich schon beim Geruch der Erschlagenen wohl sein. Wenn so ein Ungeheuer gestorben ist, gleich schießen da die Haustiere Gelder zusammen und verherrlichen den Kriegshelden mit plumpen Erz- oder Steinklumpen. Unsere Fernrohrgelehrten wollen den Menschen eine Spur von Vernunft zutrauen – das wird man nur schwer begründen können. Am Leben ist ihnen nichts gelegen. Wenn zum Beispiel zwei aus dem Adelsvolk miteinander einen Streit haben, sei es um die Leiche des jüngst verstorbenen Käfers, sei es um den angeblichen Besitz des gebrauchsfertig langhingestreckten Weibes mit dem schönen Euter, gehen sie hin in den Duell-Wald, und oft kehrt keiner von beiden gesund und heil wieder. Bei uns auf dem Jupiter gab es vorzeiten eine Gattung Tiere, die in solchen Fällen einander das linke Hinterbein abzubeißen suchten. Dann aber ergriff sie Scham, und an dieser Scham starben sie, fühlend, die in ihrem früheren Vorgehn bekundete Anlage werde sich niemals, nie! ausrotten lassen.

Auch sonst ist der Rechtssinn bei Menschen verbildet. Vom ersten Eigentümer fallen gelassene Tramwaykarten darf kein zweiter gebrauchen, bei Witwen aber ist das gestattet. Daß mäßigste Körper- und Geistesdispositionen von adeligen Ahnen auf eine Nachkommenschaft übergehn, wollen sie nicht verhindern, die solche Eigenschaften oft noch verherbende Vererbung von Glücksgütern möchten sie nicht abgeschafft wissen. Logisch sind sie nur im Benehmen den Herrschern gegenüber. Da die Menschen sich von einer andern Tiersorte, den Affen, abzustammen rühmen, welches könnte mehr, zugleich größte Erinnerung ihrer Herkunft und rührende Bezeigung ihrer Ehrfurcht vor Übergeordneten sein als: sie hüllen sich mit Vorliebe in Gewänder, Uniformen genannt, die auch eben jene Affen am besten kleiden. Und die den Kaisern und Reservekaisern im Rang am nächsten stehenden Veteranen tragen ähnlich prächtige und von denen der Tramwaykondukteure verschiedene Uniformen. Ihnen wie allen Höheren nahen die Untertanen mit schwarzen Kübeln des Hauptes, und auch sonst, gleich den Trauernden in Farbe der Kleidung wenigstens die Niedrigkeit des Negers zu erreichen sich bestrebend. Schmuck und Orden tragen alle sehr gern, als ob durch fremde Dinge, die sich auf ihrem Körper befinden, sie selbst zum Bessern verändert würden. Diese Leute also haben diese Sitten, andere Leute aber haben andere.

Es könnt auf der Erde Wesen geben, die, wenig bemerkt, sich von der den Alternden und Kranken entschwindenden Kraft nähren und, eine Zukost, an den Taten der Menschen freuen, gleichwie diese selbst sich mit dem Gesang der Vögel mästen. Ich habe keines dieser unbekannten Geschöpfe wahrgenommen. Wenn sie überhaupt bestanden, sind sie mit ihren Opfern zugrunde gegangen. Denn zur Zeit sind die Menschen ausgestorben. Können aber wann immer aus den hier gegebenen Bestandteilen neu erbaut werden. Ihren Tod hab ich ganz zufällig veranlaßt. Am Nevado Llullaillaca, den ich, um euch auf dem Jupiter ein Zeichen zu geben, erflogen hatte, wegen einer Dummheit: mein Vorrat an der Sorte von Meteorsteinen, die ich zu kauen pflege, war ausgegangen – auf diesem Berg oben zog ich das gewöhnliche Schallhorn, dessen wir uns im Weltenverkehr bedienen, aus der Westentasche und nieste darüber. Langsam, leicht und leise wie ein Kahn verglitt der Ton. Für meine Ohren. Für irdische aber! Ich kann diesen Eindruck nicht schildern. Das Gebrüll wuchs ins Unendliche, erstarrte zu Riesenpilzen und Felswänden, zerbrach Gebirge, alles Wasser wurde zu Eis. Plötzlich schlug Stille ein wie ein Donnerstreich: das Zeichen, daß mein Signal eine Station erreicht hatte und durch ein Empfang bestätigendes Gegengeniese vernichtet worden war. Auf das Eintreten dieser Erscheinung waren meine Sinne gespannt gewesen, und so hatt ich der irdischen Umwälzungen nicht acht gehabt. Nichts atmete mehr. Die meisten waren wohl bereits infolge des fürchterlichen Echos wahnsinnig geworden – der von meiner Schalmei ausgesandte Luftstrom hat, in den wildesten Zyklonen und Antizyklonen sich ergehend, allem Leben das Ziel gesetzt. Der Menschen schwächlich Ringen war geendigt. Und über den Maulwürfen, welche alle für unsittlich halten, die Augen besitzen, über noch im Tode die Hände regenden Juden, die am Sabbat keine Zigarren anzünden und wenn jemand samstags vom Blitz erschlagen wird, wähnen, Jehovah sei nicht fromm, über ihren Leibern und den Leichnamen der stillen Bären und friedlichen Kaninchen lagen verstreut die geronnenen Blüten und Blätter der Bäume.

Ich stelle den Antrag, mein unschuldiges Weltenhorn in einem der jovialischen Museen auszustellen, kommenden Generationen zum Zeugnis, mit welch unvollkommenen Mitteln auch wir schon, und zwar nebenbei, verhältnismäßig Großes auszuführen imstande waren. Was den von euch erbetenen Rat anlangt, so halt ich als sachverständiger Erdverweser es für unklug, die Zweifüßler ungemischt zu verdauen, Geschmacksbubonen sind die Konsequenzen solcher Unvorsichtigkeit. Sogar die Menschen sind auf ähnliche Gesetze des Gaumens gekommen, kennen komplementäre Getränke, und auch ich lieb einen solchen Gespritzten. Wenigstens eß ich nie einen Sozialisten, ohne sofort darauf einen Junker zu nehmen, Arier lassen sich nur durch Semiten herunterspülen, nach Yankees ist der Wohlgeschmack von Negern ein besondrer, nichts mundet so gut auf einen Obersten der Musikanten wie ein Blödsinniger. Darum wär ich nicht dafür, jede Art für sich einzupökeln; mixed pickles aus ihnen zu bereiten und es keinesfalls an allerlei andern druntergemengten Tieren fehlen zu lassen, empfiehlt euch euer Hausmeister auf der Erde, Ruapehu.


 << zurück weiter >>