Georg Ebers
Eine ägyptische Königstochter Bd. I
Georg Ebers

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Siebentes Kapitel.

Nachdem Psamtik das Zimmer seines Vaters verlassen hatte, begab er sich ohne Aufenthalt in den Tempel der Göttin Neith. Am Eingange desselben fragte er nach dem Oberpriester. Die Tempeldiener baten ihn zu warten, denn der große Neithotep befinde sich soeben betend im Allerheiligsten(Anm. 149) Die ägyptischen Tempel sind so konstruirt, daß sie durch immer niedriger werdende Räume den Ernst und die Andacht des Beters sammeln müssen. »Alle Wege sind gewiesen, keine Abweichung gestattet, kein Irren möglich. Zwischen den Reihen der heiligen Thiere, zwischen den Thoren wandeln wir ehrfurchtsvoll durch. Weit, hoch und mächtig zeigt sich die Pforte . . . ein weiter Hof nimmt den Beter auf . . . die Seitenwände nähern, die Höfe senken, der Boden hebt sich, Alles strebt nach einem Ziele . . . So gehen wir weiter, nun schon der Zerstreuung des freien Himmels entzogen, von dem Ernst des Baues, von der Heiligkeit der Bildwerke eng umgeben. So umschließen uns die geweihten Wände immer näher, bis endlich nur der priesterliche Fuß das einsame, tönende Gemach des Gottes selbst betritt.« Schnaase, Kunstgeschichte I. 394. der erhabenen Herrin des Himmels.

Ein junger Priester erschien nach kurzer Zeit und meldete, sein Gebieter erwarte den Prinzen.

Psamtik verließ sofort den kühlen Platz, welchen er im Schatten der Silberpappeln des Götterhains, am Ufer des der großen Neith geheiligten Teiches(Anm. 150) Dieser See, den wir an Ort und Stelle gesehen haben, existirt heute noch bei den Ruinen von Sais, Sa-el-Hager. Herod. II. 170. Wilkinson IV. 192. II. 509. Karte der Description de l'Égypte. Der Gottheit geheiligte Seen finden sich bei den meisten Tempeln. Abbildung der Trümmer bei Ebers, Aegypten in Bild und Wort, I. S. 79., eingenommen hatte. Er überschritt das mit Asphalt überzogene Steinpflaster des ersten Vorhofes, welches von blendenden Sonnenstrahlen, wie von glühenden Pfeilen, getroffen wurde, und hielt sich dabei in einer der langen Sphinxalleen, die zu den frei stehenden PylonenDie zu den ägyptischen Tempeln führenden freistehenden Thore mit schrägen Wandungen, die vielleicht dem Theben des Homer den Namen des hundertthorigen verschafft haben. des riesigen Hauses der Göttin führten. Dann schritt er durch das ungeheure Hauptthor, welches, wie alle ägyptischen Tempelpforten, mit der breitbeschwingten Sonnenscheibe(Anm. 150a) Ueber die geflügelte Sonnenscheibe und ihre Bedeutung haben erst in jüngster Zeit die Denkmäler vollen Aufschluß gegeben. Aus den von Naville publizirten Texten von Edfu, welche Brugsch in seiner Abhandlung »die geflügelte Sonnenscheibe« übersetzte, hören wir nämlich, daß Hor Hut (der Horus von Edfu) den Bösen und seine Genossen in Gestalt eines geflügelten Sonnendiscus niederwarf und daß zum Gedächtniß an seine Siege die beschwingte, mit Uräusschlangen versehene Scheibe über alle Tempelthore und Sanktuarien in Aegypten angebracht werden sollte. Es erinnert also dieses Symbol den Beter an den endlichen Sieg des Guten über das Böse, des Lichtes über die Finsterniß, der Fruchtbarkeit über die Dürre, des Lebens über den Tod. geschmückt war. Die weitgeöffneten Thorflügel wurden zu beiden Seiten von thurmartigen Bauten, schlanken Obelisken und flatternden Fahnen überragt. Nun nahm ihn der zur Rechten und Linken von einem Säulengange begrenzte Hof auf, in dessen Mitte der Gottheit die Opfer dargebracht wurden Die ganze Vorderfront des eigentlichen Tempelgebäudes, die sich festungsartig in einem stumpfen Winkel von den Fliesen des weiten peristylen Hofes erhob, war mit bunten Bildern und Inschriften bedeckt. Durch den Porticus kam er in einen hohen Vorsaal, dann in die große Halle, deren blaue, mit tausend goldenen Sternen übersäte Decke von vier Reihen riesiger Säulen getragen wurde. Die Schäfte und lotusförmigen Kapitäle derselben, die Seitenwände und Nischen dieses Riesensaales, kurz Alles, was dem Auge begegnete, war mit bunten Farben und Hieroglyphenbildern bedeckt. In riesiger Größe erhoben sich die Säulen, unermeßlich hoch und großartig weit dehnte sich die Halle, die Luft, welche der Beter athmete, war ganz erfüllt von Weihrauch und Kyphiduft, sowie den Dämpfen, die aus dem zu den Räumen des Tempels gehörenden Laboratorium drangen. Eine leise Musik, von unsichtbaren Künstlern ausgeführt, schien nie zu schweigen, wurde aber dann und wann von dem tiefen Gebrülle der heiligen Kühe der Isis oder dem krächzenden Rufe der Sperber des Horus unterbrochen, deren Behausung sich in einem Nebensaale befand. Sobald der feierlich gedehnte Ruf einer Kuh wie ferner Donner oder der nervenerschütternde schrille Schrei eines Sperbers wie ein von der Erde zum Himmel aufzuckender Blitz erscholl, neigten sich die hockenden Andächtigen und berührten mit der Stirn die Steinfliese des mit Säulengängen umgebenen Vorhofs. Sie schauten mit zager Ehrfurcht in das ihnen verschlossene Innere des Tempels, in dessen aus einem Stück gearbeiteten kapellenartigen Allerheiligsten zahlreiche Priester standen, von denen einige Straußenfedern an den glänzend kahlen Köpfen, andere Pantherfelle an den weiß bekleideten Schultern trugen. Murmelnd und singend neigten und erhoben sie sich, schwangen Rauchgefäße und gossen aus goldenen Libationsgefäßen für die Götter reines Wasser aus. In dieser nur den Bevorzugtesten unter den Aegyptern geöffneten gigantischen Halle mußte sich der Mensch zwergenhaft klein erscheinen. Sein Auge, sein Ohr, ja selbst seine Athmungswerkzeuge wurden hier nur von solchen Einwirkungen der Außenwelt in Anspruch genommen, die weit ab lagen von Allem, was das Alltagsdasein bot, die die Brust beengten und die Nerven erzittern ließen. Taumelnd und entrückt dem eigentlichen Leben mußte der Andächtige hier nach einer Stütze außer sich suchen. Die Stimme des Priesters zeigte sie ihm, und die geheimnißvolle Musik und der Ruf der heiligen Thiere galten für Aeußerungen der Nähe der Gottheit.

Nachdem Psamtik, ohne beten zu können, auf der für ihn bestimmten goldenen und gepolsterten niedrigen Ruhebank die Stellung eines Beters eingenommen hatte, kam er zu dem erwähnten kleineren und niedrigeren Nebensaale, in dem die heiligen Kühe der Isis-Neith und die Sperber des Horus gepflegt wurden. Ein mit Goldstickereien bedeckter Vorhang vom kostbarsten Stoffe verbarg sie den Augen der Tempelbesucher, denn der Anblick dieser vergötterten Geschöpfe war dem Volke nur selten und von ferne gestattet. Als Psamtik vorbeikam, wurden gerade in Milch erweichte Kuchen, Salz und Kleeblüthen in die goldenen Krippen der Kühe und kleine Vögel mit buntem Gefieder in das zierlich gearbeitete Häuschen des Sperbers gelegt. Der Thronerbe hatte in seiner heutigen Stimmung kein Auge für diese ihm wohlbekannten Dinge und erstieg mittels einer verborgenen Treppe die neben der Sternwarte gelegenen Gemächer, in denen sich der Oberpriester nach dem Gottesdienste aufzuhalten und auszuruhen pflegte.

Neithotep, ein Greis von siebzig Jahren, saß in einem prächtigen, mit schweren babylonischen Teppichen belegten Gemache auf dem Purpurkissen eines vergoldeten Lehnstuhls. Seine Füße ruhten auf einer kunstreich geschnitzten Fußbank. In den Händen hielt er eine mit Hieroglyphenzeichen bedeckte Rolle. Hinter ihm stand ein Knabe, welcher mit einem Wedel von Straußenfedern die Insekten aus seiner Nähe verscheuchte.

Das Angesicht des priesterlichen Greises war voller Runzeln; doch mochte es einstmals schön gewesen sein. Aus den großen blauen Augen sprach noch heute ein lebendiger Geist und würdiges Selbstbewußtsein.

Neithotep hatte seine künstlichen Locken abgelegt. Der kahle, glatte Schädel stach eigentümlich von dem gefurchten Angesichte ab und ließ die bei den Aegyptern durchschnittlich flache Stirn ausnehmend hoch erscheinen. Das bunte Zimmer, an dessen Wände tausend Sprüche in Hieroglyphenschrift gemalt waren, die verschiedenartigen farbigen Bildsäulen der Göttin, welche in ihm standen, und das schneeige Weiß der Kleidung des Priesters konnten nicht verfehlen, auf den Fremden einen ebenso feierlichen als seltsamen Eindruck zu machen.

Der Greis empfing den Thronerben mit großer Herzlichkeit und fragte:

»Was führt meinen erlauchten Sohn zu dem armen Diener der Gottheit?«

»Ich habe Dir Vieles zu berichten, mein Vater,« erwiederte Psamtik mit triumphirendem Lächeln; »denn ich komme soeben von Amasis.«

»So hat er Dir endlich Gehör geschenkt?«

»Endlich!«

»Dein Angesicht sagt mir, daß Dir von unserem Herrn, Deinem Vater, huldvoll begegnet worden sei.«

»Nachdem ich seinen Groll erfahren. – Als ich die Anliegen, mit denen Du mich beauftragtest, vorgebracht hatte, ward er unmäßig zornig und zerschmetterte mich schier mit furchtbaren Worten.«

»Du wirst ihn verletzt haben! Oder bist Du dem Könige, wie ich Dir gerathen hatte, als demüthig bittender Sohn genaht?«

»Nein, mein Vater; ich war gereizt und unwillig.«

»Dann hatte Amasis Recht, zornig zu werden, denn niemals ziemt es dem Sohne, seinem Erzeuger unwillig zu begegnen; am wenigsten aber, wenn er etwas erbitten will. Du kennst die Verheißung: Wer seinen Vater ehrt, wird ein langes Leben haben(Anm. 150b) Ein ägyptisches Gebot, das auffallender Weise wie das hebräische vierte eine Verheißung hat. Es kommt vor im Papyrus Prisse, dem ältesten vorhandenen hieratischen Schriftstücke.! Sieh', mein Schüler, darin fehlst Du immer, daß Du Dinge, welche leichtlich durch Güte und Milde erlangt werden könnten, gewaltsam und mürrisch durchzusetzen suchst. – Ein gutes Wort ist weit wirksamer als ein böses, und es kommt viel darauf an, wie man seine Rede zu brauchen versteht. – Höre, was ich Dir erzählen will: Vor vielen Jahren herrschte über Aegypten der König Snefru, welcher zu Memphis regierte. Dem träumte eines Tages, ihm fielen alle Zähne aus dem Munde. Er schickte sofort zu einem Traumdeuter und erzählte ihm den Traum. Da rief der Ausleger: ›O König, wehe Dir, alle Deine Verwandten werden vor Dir sterben!‹ Der erzürnte Snefru ließ den Unglücksboten peitschen und rief einen zweiten Seher. Dieser erklärte den Traum also: ›Großer König, Heil Deinem Namen, denn Du wirst länger leben, als alle Deine Verwandten!‹ Der König lächelte über diese Worte, und beschenkte den zweiten Deuter; denn, wenn ihm dieser auch dasselbe sagte wie der erste, so hatte er doch seinen Ausspruch in ein schöneres Wortgewand zu kleiden verstanden. – Begreifst Du den Sinn meiner Geschichte? So bemühe Dich denn in Zukunft, die Form Deiner Rede angenehm zu machen, denn es kommt, namentlich vor dem Ohre eines Herrschers, eben so viel darauf an, wie man spricht, als was man spricht.«

»O, mein Vater, wie oft hast Du mir diese Lehre gegeben, wie oft sah ich selber ein, daß ich mir mit meinen rauhen Worten und zürnenden Geberden schade; ich vermag aber meine Art nicht zu ändern, ich kann nicht . . .«

»Sage lieber: ich will nicht; denn wer in Wahrheit ein Mann ist, der muß, was er einmal gethan und nachher bereut hat, niemals wieder thun. – Allein genug der Lehren! Erzähle, wie Du den Groll des Amasis besänftigtest!«

»Du kennst meinen Vater. Als er sah, daß mich seine furchtbaren Worte in tiefster Seele verwunde hatten, bereute er seinen Jähzorn. Er fühlte, daß er mir zu viel gethan hatte, und wollte seine Härte um jeden Preis wieder gut machen.«

»Er hat ein edles Herz, aber sein Geist ist verblendet und sein Sinn befangen!« rief der Priester. »Was könnte Amasis für Aegypten sein, wenn er auf unsern Rath und die Gebote der Götter hören wollte!«

»Gerührt, wie er war, bewilligte er mir zuletzt, hörst Du, Vater, bewilligte er mir das Leben des Phanes!«

»Wie Deine Augen funkeln! Das ist nicht schön, Psamtik! Der Athener muß sterben, weil er die Götter beleidigte; der Richter aber soll zwar die Strenge walten lassen, sich jedoch über das Unglück des Verurteilten nicht freuen, sondern betrüben. Nun sprich, was erreichtest Du weiter?«

»Der König theilte mir mit, welchem Hause Nitetis ihren Ursprung verdankt.«

»Weiter nichts?«

»Nein, mein Vater; aber brennst Du nicht darauf, zu vernehmen . . .«

»Neugier ist ein Laster des Weibes; auch weiß ich längst, was Du mir erzählen könntest.«

»Aber Du trugst mir ja gestern dringend auf, den Vater auszufragen.«

»Ich that es, um Dich zu ergründen, um zu prüfen, ob Du den Befehlen der Gottheit ergeben bist und den Weg wandelst, der Dich allein würdig machen kann, in den höchsten Grad des Wissens eingeführt zu werden. Ich höre, daß Du uns redlich mittheilst, was Du erfährst und sehe, daß Du die erste Priestertugend, den Gehorsam, zu üben verstehst.«

»So kennst Du den Vater der Nitetis?«

»Ich selbst habe das Gebet an König Hophra's Grabe gesprochen.«

»Aber wer hat Dir dies Geheimniß verrathen?«

»Die ewigen Sterne, mein Sohn, und meine Kunst, in dem Buche des Himmels zu lesen.«

»Und diese Sterne? Betrügen sie niemals?«

»Niemals den wahrhaft Kundigen!«

Psamtik erblaßte. Der Traum seines Vaters und sein furchtbares Horoskop stellten sich als entsetzliche Schreckbilder vor seine Seele. Der Priester bemerkte schnell die Veränderung in den Zügen des Königssohnes und sprach zu ihm mit sanfter Stimme: »Du gedenkst der unglücklichen Himmelszeichen bei Deiner Geburt und hältst Dich für einen verlorenen Menschen; aber tröste Dich, Psamtik; die Astrologen haben damals ein Sternbild übersehen, welches meinem Blicke nicht entgangen ist. Dein Horoskop war schlimm, sehr schlimm, aber es kann sich zum Guten wenden, es kann . . .«

»O sprich, Vater, sprich!«

»Es muß sich zum Guten kehren, wenn Du, alle anderen Dinge vergessend, einzig für die Götter lebst und ihrer Stimme, welche wir allein im Allerheiligsten vernehmen, unbedingt Folge leistest.«

»Winke, mein Vater, und ich werde gehorchen!«

»Das gebe die Herrin von Sais, die große Neith!« rief der Priester mit feierlicher Stimme. »Jetzt aber, mein Sohn,« fuhr er freundlich fort, »laß mich allein, denn ich bin müde vom langen Beten und der Last meiner Jahre. Wenn es möglich ist, so verzögere den Tod des Phanes, ich möchte ihn sprechen, bevor er stirbt. Noch eins! Gestern ist eine Schaar von Aethiopiern hier eingerückt. Diese Leute verstehen weder Aegyptisch noch Griechisch. Sie werden unter Führung eines treuen Mannes, welcher den Athener und die Oertlichkeit kennt, geeignet sein, den Verurtheilten bei Seite zu schaffen, denn ihre Unkenntniß der Sprache und Verhältnisse wird Verrath oder Plauderei unmöglich machen. Vor ihrem Aufbruche nach Naukratis dürfen sie nichts von dem Zweck ihrer Reise erfahren; ist die That vollbracht, so versetzen wir sie nach KuschDer ägyptische Name für Aethiopien. zurück. Ein Geheimniß, das merke Dir, von welchem mehr wissen als Einer, ist schon zur Hälfte verrathen. Lebe wohl!«

Psamtik verließ das Gemach des Greises. Wenige Augenblicke später trat ein junger Priester, einer der Diener des Königs, in dasselbe ein und fragte den Alten: »Hab' ich gut beobachtet, Vater?«

»Vortrefflich, mein Sohn. Dir ist nichts entgangen, was Amasis mit Psamtik geredet. Möge Isis(Anm. 151) Isis, die Gattin oder Schwester des Osiris, ist die Natur, wodurch Gott zur Anschauung und Offenbarung gelangt. Näheres über den sie betreffenden Mythus im dritten Theile S. 195 fgd. Dein Gehör erhalten!«

»Ach, Vater, ein Tauber konnte heut im Nebenzimmer jedes Wort vernehmen, denn der König brüllte wie ein Stier.«

»Die große Neith hat ihn mit Unvorsichtigkeit geschlagen, Dir aber befehle ich, mit größerer Ehrfurcht von dem Pharao zu reden! Gehe jetzt und benachrichtige mich sofort, wenn Amasis den Anschlag auf Phanes zu hintertreiben versuchen sollte. Du findest mich auf jeden Fall zu Hause. Befiehl den Dienern, sie möchten alle Besucher abweisen und sagen, ich betete im Allerheiligen. Der Unnennbare behüte Deine Schritte!«

Während Psamtik alle Vorbereitungen zur Gefangennahme des Phanes traf, stieg Krösus mit seinen Begleitern in eine königliche Nilbarke, um nach Naukratis zu fahren und den nächsten Abend bei Rhodopis zuzubringen.

Sein Sohn Gyges und die drei jungen Perser blieben zu Sais, woselbst es ihnen vortrefflich gefiel.

Amasis überhäufte sie mit Gefälligkeiten, gestattete ihnen, nach ägyptischem Gebrauche, den Verkehr mit seiner Gattin und den sogenannten Zwillings-Schwestern, lehrte Gyges das Dame-Spiel(Anm. 152) Nicht nur die geringen Aegypter, sondern auch die Pharaonen sehen wir auf den alten Bildern das Dame- oder ein ähnliches Spiel betreiben. König Ramses mit seiner Tochter? spielend bei Rosellini, zwei Aegypter beim Brettspiel Wilkinson II. 419. v. Minutoli, Gesellschaftliche Spiele bei den alten Aegyptern. leipziger Illustrirte Zeitung VII. 1852. Selbst im Jenseits hofften die Aegypter die Freuden dieses Spiels genießen zu dürfen. S. Birch. rev. archéol. N. S. XII, 56 fgd. und war unerschöpflich in Witz und Frohsinn, wenn er zusah, wie die kräftigen und gewandten jungen Helden das Ball- und Reifenwerfen seiner Tochter, ein beliebtes Vergnügen ägyptischer Mädchen(Anm. 153) v. Minutoli, Gesellschaftliche Spiele. Wilkinson II. 429. Rosellini, Mon. civ. Taf. 100 u. 101. Auch in den Gräbern sind Bälle gefunden worden und werden in den Museen, z. B. zu Leyden, aufbewahrt., theilten.

»Wahrlich,« rief Bartja, nachdem Nitetis den zarten mit bunten Bändern geschmückten Ring zum hundertsten Male ohne zu fehlen mit ihrem feinen Stäbchen von Elfenbein aufgefangen hatte, »dieses Spiel müssen wir auch in der Heimath einführen. Wir Perser sind anders als ihr Aegypter. Alles Neue und Fremde ist uns ebenso willkommen, als es euch verhaßt zu sein scheint. Ich werde unserer Mutter Kassandane davon erzählen, und diese wird mit Freude gestatten, daß die Frauen meines Bruders sich daran ergötzen.«

»O, thue das, thue das!« rief die blonde Tachot, hoch erröthend. »Nitetis wird dann mitspielen und sich in die Heimath und zu ihren Lieben zurückträumen; Du aber, Bartja,« fügte sie leise hinzu, »mußt auch, so oft Du die Reifen fliegen siehst, an diese Stunde gedenken.«

Der junge Perser antwortete lächelnd. »Ich werde sie niemals vergessen!« Dann rief er laut und munter, indem er sich an seine zukünftige Schwägerin wandte. »Sei guten Muths, Nitetis, denn es wird Dir besser bei uns gefallen, als Du glaubst. Wir Asiaten wissen die Schönheit zu ehren; dies beweisen wir schon dadurch, daß wir viele Frauen nehmen!«

Nitetis seufzte, und Ladice, die Gattin des Königs, rief: »Damit eben zeigt ihr, daß ihr das Wesen des Weibes schlecht zu würdigen versteht! Du ahnst nicht, Bartja, was ein Weib empfindet, wenn es den Mann, der ihr mehr ist als das Leben, dem sie Alles, was ihr heilig und theuer ist, voll und ohne Rückhalt hingeben möchte, auf sich herabblicken sieht wie auf ein schönes Spielwerk, ein edles Roß, einen kunstreichen Mischkrug! Tausendfach schmerzlicher ist es noch, wenn man die Liebe, welche man für sich allein zu besitzen hoffen darf, mit hundert Anderen theilen muß!«

»Da hast Du die Eifersüchtige!« rief Amasis. »Spricht sie nicht, als habe sie schon Gelegenheit gehabt, sich über meine Treue zu beklagen?«

»O nein, mein Theurer,« gab Ladice zurück, »darin seid ihr Aegypter allen anderen Männern vorzuziehen, daß ihr, treu und beständig, euch an dem genügen laßt, was euch einmal lieb geworden ist; ja ich wage es dreist zu behaupten, daß keine Frau so glücklich sei, als das Weib eines Aegypters(Anm. 154) Nach Diod. I. 27. waren die ägyptischen Königinnen höher angesehen als selbst die Könige. Die Denkmäler und Listen beweisen, daß auch Frauen mit souveräner Gewalt regieren konnten. Durch die Thronerbin ward ihr Gatte zum König. Jedenfalls hatten sie ihre eigenen Einkünfte, Diod. I. 52, und wenn eine Fürstin nach ihrem Tode unter die Göttinnen aufgenommen ward, so erhielt sie ihre eigenen Priesterinnen (Dekret von Canopus). In der Ptolemäerzeit werden viele Münzen mit dem Bilde der Königinnen versehen und Städte nach ihnen benannt. Es sei bemerkt, daß Söhne, die von ihrer Herkunft reden, öfter den Namen der Mutter als den des Vaters nennen, daß ägyptische Gattinnen häufig »Herrinnen« oder»Gebieterinnen des Hauses« genannt werden, daß ihnen, wie griechische Papyrus lehren, freie Verfügung über das von ihnen eingebrachte bewegliche und unbewegliche Vermögen zustand, kurz, daß dem schwachen Geschlechte in Aegypten jedenfalls gleiche Rechte eingeräumt wurden wie dem starken. Das Streben vieler Prätendenten geht, wie die Denkmäler lehren, dahin, fürstliche Frauen aus einer legitimen Dynastie zu heirathen. Bei der Abwesenheit des Königs wird die Regentschaft seiner Gemahlin übertragen. Diod. I. 17.! Selbst die Griechen, die das Leben doch wohl reicher zu schmücken wissen, als die Aegypter, verstehen nicht das Weib zu würdigen, wie es gewürdigt werden muß! In ihren dumpfen Stuben von Müttern und Schaffnerinnen zur Arbeit am Webestuhl und Spinnerocken angehalten, vertrauern die meisten hellenischen Jungfrauen ihre Kindheit, um, wenn sie herangewachsen sind, in das stille Haus eines ihnen unbekannten Gatten geführt zu werden, dessen Thätigkeit für den Staat und das Leben ihm nur selten gestattet, das Frauengemach zu betreten. Nur wenn die nächsten Freunde und Verwandten bei dem Gatten verweilen, darf sich das Weib, aber selbst dann nur schüchtern und zaghaft, zu den Männern gesellen, um von dem Weltgetriebe zu hören und zu lernen. Ach, auch in uns wohnt der Drang nach Wissen, und gerade unserem Geschlechte dürfte man gewisse Kenntnisse nicht vorenthalten, damit wir, als Mütter, Lehrerinnen unserer Kinder werden könnten. Was soll eine hellenische Mutter, welche selbst nichts weiß und erfahren hat, ihren Töchtern geben, als Unwissenheit? So genügt denn auch dem Griechen nur gar selten seine angetraute, ihm geistig untergeordnete Gattin, und er geht in die Häuser jener Hetären, welche, im steten Verkehre mit dem anderen Geschlechte, alles Wissen der Männer erlauschen und es mit den Blumen weiblicher Anmuth und dem Salze ihres feineren, zarteren Witzes zu würzen verstehenSiehe Anmerkung 10.. In Ägypten ist es anders. Hier gestattet man den erblühten Mädchen den ungezwungenen geselligen Verkehr mit den Besten der Männer. Jüngling und Jungfrau lernen sich bei zahlreichen Festen kennen und lieben. Die Frau wird statt der Sklavin die Freundin des Mannes. Eines ergänzt das Andere. In Schicksalsfragen entscheidet der Stärkere; die geringeren Sorgen des Lebens werden dem im Kleinen größeren Weibe überlassen. Die Töchter erwachsen unter guter Leitung, denn die Mutter ist nicht ohne Wissen und Erfahrungen. Dem Weibe wird es leicht gemacht, tugendhaft und häuslich zu bleiben, denn es erhöht mit Tugend und Häuslichkeit das Glück dessen, welcher ihr allein gehört, dessen liebstes Eigenthum sie sich zu sein rühmt. Wir Frauen thun einmal nur, was uns gefällt! Die Aegypter verstehen die Kunst, uns dahin zu bringen, daß uns eben nur das gefallen kann, was gut ist. Hier am Nil hätten Phocylides von Milet und Hipponax von Ephesus niemals ihre Schmählieder auf uns zu singen gewagt, – hier hätte niemals die Sage von der Pandora(Anm. 155) Simonides von Amorgos, ein Jambendichter, welcher um 650 lebte, gefiel sich in beißenden Versen auf die Frauen. Er theilt dieselben in verschiedene Klassen ein, welche er mit garstigen Thieren vergleicht. Nur ein der Biene ähnliches Weib ist gut und kann den Mann beglücken. Er ist auch der Dichter der bekannten Pandorasage. Uebrigens finden sich auch Aegypter, die auf schlechte Frauen schmähen; ja wir hören solche ganz ähnlich wie von Simonides mit Raubthieren (Hyänen, Löwen, Panthern) vergleichen. Von einer lasterhaften Frau heißt es: Sie ist eine Aufsammlung von allen Schlechtigkeiten und ein Sack voll von allen Ränken. Chabas, Papyr. magique Harris. S. 135. Phocylides von Milet, ein barscher, schneidender Mensch, aber scharfer Beobachter, dichtete dem Simonides nach. Weit schroffer als er ist der körperlich mißgestaltete, in Armuth verkommende Hipponax von Ephesus (um 550). »In seinen Choliamben spiegelt sich (nach Bernhardy) seine Häßlichkeit in allen Formen ab.« Fragmente dieser Dichter bei Welcker, Schneidewin und Bergk. erfunden werden können.«

»Wie schön Du sprichst!« rief Bartja. »Das Griechische zu erlernen ist mir schwer geworden; jetzt aber freue ich mich, daß ich mich's nicht verdrießen ließ und bei dem Unterrichte des Krösus aufgemerkt habe.«

»Wer sind aber jene schlechten Männer, welche sich Schlimmes von den Frauen zu sagen unterfangen?« fragte Darius.

»Ein paar griechische Dichter,« antwortete Amasis, »die kühnsten aller Menschen; denn lieber möchte ich eine Löwin, als eine Frau zu reizen wagen. Diese Griechen scheuen sich eben vor nichts in der Welt. Hört nur ein Pröbchen von der Poesie des Hipponax:

›An zweien Tagen nur kann Dich ein Weib erlaben,
Am Tag der Hochzeit und – am Tag' wo sie begraben.‹«

»Höre auf, höre auf, Du Loser!« rief Ladice, sich die Ohren zuhaltend. »Seht, ihr Perser, so ist dieser Amasis. Wo er necken und scherzen kann, da thut er's, – wenn er auch ganz gleicher Ansicht mit dem Verspotteten wäre. Es gibt gar keinen bessern Ehemann, wie ihn . . .«

»Und gar keine schlechtere Frau, als Dich,« lachte Amasis; »denn Du bringst mich wahrhaftig in den Verdacht, ein gar zu gehorsamer Gatte zu sein! – Lebt wohl, Kinder; die jungen Helden sollen sich unser Sais ansehen; erst aber will ich ihnen mittheilen, was der böse Simonides von der besten Frau singt:

›Doch eine stammt von der Biene. Glücklich ist,
Wer die empfängt; denn sie allein ist tadellos,
Durch sie erblüht und mehret sich sein Lebensgut,
Alt wird sie liebend mit dem liebenden Gemahl,
Und ihr entsprießt ein schönes, rühmliches Geschlecht.
Vor allen Weibern strahlet sie in Herrlichkeit,
Denn einer Göttin holder Reiz umfleußt sie rings.
Es freut sie nie zu sitzen unter Weibervolk,
Wo jede nur von Liebeslust zu reden hat.
So sind die besten Weiber und verständigsten,
Die Zeus den Männern gnädig zum Besitz verleiht(Anm. 156) Nach der trefflichen Uebersetzung von F. W. Richter..‹

»So ist auch meine Ladice! Lebt wohl!«

»Noch nicht!« rief Bartja. »Ich muß erst unser armes Persien rechtfertigen, um meiner zukünftigen Schwägerin neuen Muth einzuflößen. Aber nein! Darius, rede Du für mich, denn Du verstehst die Kunst der Rede so gut als das Rechnen und die Wissenschaft des Schwertes!«

»Du stellst mich ja wie einen Schwätzer und Krämer(Anm. 157) Ueber diesen Spottnamen, welchen Darius später erntete, im dritten Theil am Ende. dar,« erwiederte der Sohn des Hystaspes. »Doch sei es; ich brenne schon lange darauf, die Sitten unserer Heimath zu vertheidigen. Wisse denn, Ladice, daß Deine Tochter keineswegs die Sklavin, sondern die Freundin unseres Königs werden wird, wenn Auramazda(Anm. 158) Auramazda heißt in den Keilschriften der unter dem Namen Ormusd bekannte große und reine Gott der Perser, welcher dem bösen, finsteren Prinzipe Angramainjus oder Ahriman gegenübersteht. In der Zend-Avesta wird Auramazda (nach Spiegel) Ahura-Mazda genannt. sein Herz zum Guten lenkt; wisse, daß auch in Persien, freilich nur bei hohen Festen, die Weiber des Königs an der Tafel der Männer weilen, und daß wir gewohnt sind, den Frauen und Müttern die höchste Ehrfurcht zu erweisen. Hört nur, ob ihr Aegypter euren Gattinnen eine schönere Gabe schenken könntet, wie jener König von Babylon, der eine Perserin zum Weibe nahm. Diese, an die Berge ihrer Heimath gewöhnt, fühlte sich in den weiten Ebenen des Euphrat unglücklich und erkrankte am Heimweh. Was that der König? Er ließ einen riesengroßen Bau aus hohen Brückenbogen aufführen und seinen Gipfel mit einem Berge von fruchtbarer Erde bestreuen. Auf diesem pflanzte er die schönsten Blumen und Bäume, welche durch ein künstliches Pumpwerk bewässert wurden. Als Alles fertig war, führte er seine persische Gattin dorthin und machte ihr den künstlichen Berg, von dem sie, wie von der Höhe des Rachmed, in die Ebene schauen konnte, zum Geschenke(Anm. 159) Nebukadnezar soll diesen Riesenbau für seine persische Gattin Amytis errichtet haben. Curtius V. 5. Josephus conta Apion. I. 19. Antiq. X. 11. 1. Diod. II. 10. Näheres über die hängenden Gärten im zweiten Theile Anmerkung 20.

»Und ward die Perserin gesund?« fragte Nitetis mit niedergeschlagenen Augen.

»Sie genas und wurde fröhlich; wie auch Du in kurzer Zeit Dich wohl und glücklich in unserem Lande fühlen wirst.«

Ladice lächelte freundlich und fragte: »Was hat wohl mehr zur Genesung der jungen Königin beigetragen: der künstliche Berg oder die Liebe des Gatten, der solches Werk zu ihrer Freude errichtete?«

»Die Liebe des Gatten!« riefen die Mädchen.

»Aber Nitetis wird auch den Berg nicht verachten,« versicherte Bartja. »Ich werde es zu bewerkstelligen suchen, daß sie auf den hängenden Gärten wohne, so oft sich der Hof nach Babylon begibt.«

»Jetzt aber kommt!« rief Amasis; »sonst werdet ihr euch die Stadt im Dunkeln betrachten müssen. Drüben stehen schon seit einer Stunde zwei Schreiber, welche meiner warten. Heda, Sachons, befiehl dem Hauptmanne der Leibwache, unseren hohen Gästen mit hundert Mann zu folgen!«

»Aber wozu das? Ein Führer, vielleicht ein griechischer Unterbefehlshaber, würde genügen.«

»Es ist besser so, ihr Jünglinge. Als Fremder kann man in Aegypten niemals zu vorsichtig sein. Merkt euch dies; besonders aber hütet euch, der heiligen Thiere zu spotten. Lebt wohl, meine jungen Helden, und auf Wiedersehen heut' Abend beim fröhlichen Becher!«

Die Perser verließen, von ihrem Dolmetscher, einem Griechen, welcher in Aegypten erzogen worden war, und beide Sprachen(Anm. 160) Aus solchen in Aegypten aufgewachsenen Hellenen soll der erste Psamtik eine neue Kaste, die der Dolmetscher, gebildet haben. Herod. II. 154. Herodot selbst ist wohl von solchem »Dragoman« geführt worden. mit gleicher Fertigkeit redete, geführt, das Königsschloß.

Die Straßen von Sais, welche in der Nähe des Palastes lagen, boten einen freundlichen Anblick. Die Häuser, von denen manche fünf Stockwerke hoch, doch nur aus leichten Nilziegeln erbaut waren, pflegten mit Bildern oder Hieroglyphenzeichen bedeckt zu sein. Altane mit Geländern von geschnitztem, bunt angestrichenem Holzwerke umgaben, von bemalten Säulen gestützt, nach dem Hofe zu die Wände. An den festverschlossenen Eingangsthüren vieler Häuser war der Name und Stand des Besitzers zu lesen(Anm. 161) Wilkinson II. S. 102. 95. 1.. Auf den platten Dächern standen Blumen und Ziersträucher, unter denen die Aegypter am Abende zu verweilen liebten, wenn sie nicht vorzogen, das Mücken-Thürmchen zu besteigen, welches nur wenigen Häusern fehlte. Diese kleinen Warten wurden erbaut, weil die lästigen Insekten, welche der Nil erzeugt, nur niedrig fliegen, und man sich daher auf der Höhe der Thürmchen vor ihnen retten konnte(Anm. 162) Wilkinson II. S. 119 und 121. Herod. II. 95. .Heute noch finden sich ähnliche Thürmchen..

Die jungen Perser freuten sich an der großen, fast übertriebenen Reinlichkeit, in welcher jedes einzelne Haus und selbst die Straßen glänzten. Die Thür-Schilder und Klopfer blitzten in der Sonne, die Malereien an den Wänden, Altanen und Säulen sahen aus, als seien sie erst eben vollendet worden, und selbst das Pflaster in den Straßen(Anm. 163) Die ägyptischen Straßen scheinen, wie dies namentlich aus den Trümmern von Alabastron und Memphis erhellt, gepflastert gewesen zu sein. Jedenfalls kann dies von den zu den Tempeln führenden Wegen behauptet werden. ließ vermuthen, daß man es zu scheuern gewohnt sei. Je weiter sich die Perser vom Nil und dem Palast entfernten, je unscheinbarer wurden die Gassen der Stadt. Sie war an den Neigungen eines mäßigen Hügels erbaut und hatte sich, da vor zweieinhalb Jahrhunderten die Residenz der Pharaonen hierher verlegt worden war, in verhältnißmäßig kurzer Zeit aus einem unbedeutenden Orte in eine ansehnlich große Stadt verwandelt.

Auf der dem Nilarme zugewandten Seite von Sais waren die Straßen schön und glänzend; an der andern Berglehne lagen dagegen, nur selten von besseren Häusern unterbrochen, die aus Nilschlamm und Akazienzweigen verfertigten Hütten der Armuth. Im Nordwesten erhob sich die feste Burg des Königs(Anm. 164) Lepsius, Briefe S. 13, und schon die Gelehrten der französischen Expedition sahen die Schuttberge, welche die Lage der Akropolis von Sais andeuten. 1873 haben wir sie selbst betreten. S. o. A. 150..

»Laßt uns hier umkehren,« rief Gyges, der Sohn des Krösus, seinen jüngeren Begleitern zu, welche er in Abwesenheit seines Vaters zu leiten und zu hüten hatte, als er sah, daß der Schwarm der Neugierigen, welcher ihnen folgte, von Schritt zu Schritt an Zahl und Größe zunahm.

»Wie Du befiehlst,« gab der Dolmetscher zur Antwort. »Dort unten im Thale, am Fuße jenes Hügels, liegt aber die Todtenstadt der Saiten, und diese ist, meine ich, für Fremde sehenswerth genug.«

»Geh' nur voran,« rief Bartja; »haben wir doch Prexaspes nur begleitet, um die Merkwürdigkeiten des Auslandes zu sehen!«

Als sie endlich unweit der Todtenstadt zu einem freien, von den Buden der Handwerker(Anm. 165) Die Handwerker pflegten in Aegypten, damals wie heute, im Freien oder doch in der weit geöffneten Werkstätte zu arbeiten. umgebenen Platze gelangt waren, hörte man wüstes Geschrei unter der nachfolgenden Menge ausbrechen. Kinder jauchzten, Weiber riefen und eine Stimme, welche alle anderen überkreischte, schrie. »Kommt hierher, in den Vorhof des Tempels, um die Werke des großen Zauberers zu sehen, der aus den Oasen im libyschen Westen stammt und von Chunsu, dem Ertheiler guter Rathschläge und der großen Göttin Hekt mit allen Wunderkräften ausgestattet ist(Anm. 166) Daß derartige Zauberer und Schlangenbeschwörer im alten Aegypten nicht eben selten waren, läßt sich aus vielen Bibelstellen und Erzählungen der Alten: Psalm 58, 45, Jerem. 8, 17. Aelian histor. animal. XVII. 5, beweisen. Heute noch soll es, nach Lane II. 219, allein in Kairo 300 solcher Schlangenbändiger geben, von denen wir viele in Kairo, Suez, Assuan &c. gesehen haben. Wir erinnern auch an die Psyllen der Cyrenaica. Die Götter Chunsu und Hekt haben wir sozusagen als Patrone des Zauberers gewählt, weil des ersteren Bild z. B. auf der Stele der Bentrescht in der pariser Bibliothek zur Vertreibung böser Dämonen verwendet wird, und die Göttin Hekt der Magie vorstand.

»Folgt mir zu dem kleinen Tempel dort drüben!« sagte der Dolmetscher. »Ihr werdet sogleich ein seltsames Schauspiel erblicken!«

Nun drängte er sich mit den Persern durch die Masse der Aegypter, hier ein nacktes Kind, dort ein gelbliches Weib zurückstoßend, und kam bald mit einem Priester wieder, der die Fremden in den Vorhof des Tempels führte. Hier stand ein priesterlich gekleideter Mann zwischen mehreren Kisten und Kasten. Zwei Mohren knieten neben ihm auf der Erde.

Der LibyerDas westliche Gestade des Nils mit seinem Hinterlande ward Libyen genannt; der libysche Nomos lag in Nordwestägypten und war gen Abend in der Gegend der Marmarica, die schon den Charakter der Wüste trägt, besonders schlangenreich., ein riesengroßer Mensch mit geschmeidigen Gliedern und stechenden schwarzen Augen, hielt ein Blasinstrument in der Art unserer Clarinetten in der Hand. Um seine Brust und seine Arme wanden sich mehrere in Aegypten als giftig bekannte Schlangen.

Als er den Persern gegenüber stand, verneigte er sich, lud mit einer feierlichen Geberde zum Zuschauen ein, legte sein weißes Gewand ab und begann nun allerlei Kunststücke mit seinen Nattern auszuführen.

Bald ließ er sich von ihnen beißen, so daß lichtes Blut von seiner Wange träufelte, bald zwang er sie mit den seltsamen Tönen seiner Flöte, sich aufzurichten und tanzartige Bewegungen zu machen, bald verwandelte er sie, indem er ihnen in den Rachen spie, zu regungslosen Stäben. Dann warf er alle Schlangen zu Boden und führte in ihrer Mitte einen rasenden Tanz aus, ohne eins der Thiere mit den Füßen zu berühren.

Wie ein Toller drehte und krümmte der Zauberer seine geschmeidigen Glieder, bis ihm die Augen aus dem Kopfe heraustraten und sich blutiger Schaum an seinem Munde zeigte.

Plötzlich warf er sich wie todt zur Erde nieder. Nichts bewegte sich an seinem Leibe, außer den Lippen, welche ein pfeifendes Zischen hören ließen. Auf dieses Zeichen hin krochen die Schlangen ihm entgegen und legten sich, gleich lebendigen Ringen, um seinen Hals, seine Beine und seinen Leib. Endlich erhob er sich und sang ein Lied von der wunderbaren Macht der Gottheit, die ihn, zu ihrem eigenen Ruhme, zum Zauberer gemacht habe.

Hierauf öffnete er einen der Kasten und legte die Mehrzahl der Schlangen in ihn hinein; nur einige, wahrscheinlich seine Lieblinge, behielt er als Hals- und Armbänder an sich.

Als zweiten Theil seiner Schaustellung gab er einige gut ausgeführte Taschenspielerkünste zum Besten. Er verschluckte brennenden Flachs, balancirte tanzend Schwerter, deren Spitzen in seinen Augenhöhlen standen, zog lange Stricke und Bänder aus den Nasen ägyptischer Kinder, zeigte das bekannte Kugel- und Becherspiel und steigerte das andächtige Staunen der Zuschauer zur höchsten Höhe, indem er aus fünf Straußeneiern ebensoviele lebendige junge Kaninchen hervorzauberte.

Die Perser gehörten durchaus nicht zu dem undankbarsten Theile seiner Zuschauer; im Gegentheil übte das niegesehene Schauspiel einen erschütternden Eindruck auf ihre Seelen.

Ihnen war, als befänden sie sich im Reiche der Wunder; von allen Seltsamkeiten Aegyptens meinten sie jetzt die unerhörtesten gesehen zu haben.

Schweigend waren sie wieder zu den schöneren Straßen zurückgelangt, ohne zu bemerken, wie viele der sie umgebenden Aegypter ohne Hände und mit verstümmelten Nasen und Ohren einhergingen. Diese verunstalteten Menschen waren den Asiaten kein ungewöhnlicher Anblick, denn auch bei ihnen wurden viele Vergehen durch Abschneiden von Gliedmaßen bestraft. Hätten sie sich erkundigt, so würden sie erfahren haben, daß in Aegypten der seiner Hand Beraubte ein überführter Fälscher, die Frau ohne Nase eine Ehebrecherin, der Zungenlose ein Staatsverräther oder Verleumder, der Mann sonder Ohren ein Spion und jenes bleiche, blödsinnige Weib eine Kindsmörderin sei, welche, zur Strafe für ihr Vergehen, die Leiche des erdrosselten Säuglings drei Tage und drei Nächte lang auf ihren Armen halten mußte. – Welches Weib konnte, nach Ablauf dieser Marterstunden, bei Sinnen bleiben(Anm. 167) Diod. I. 77.?

Die meisten Strafgesetze der Aegypter hatten ebensowohl den Zweck, das Verbrechen zu züchtigen, als den anderen, es dem Sünder unmöglich zu machen, sein erstes Vergehen zu wiederholen.

Jetzt gerieth der Zug in's Stocken, denn eine zahlreiche Menschenmasse hatte sich vor einem der schönsten Häuser in der zum Neith-Tempel führenden Straße, dessen wenige Fenster (die meisten pflegten sich dem Hofe und Garten entgegen zu öffnen) mit Laden verschlossen waren, zusammengerottet.

In der Hausthür stand ein schreiender Greis im schlichten weißen Gewande eines priesterlichen Dieners, der einer Anzahl von andern Mitgliedern seines Standes verwehren wollte, eine große Kiste aus dem Hause zu entfernen.

»Wer gestattet euch, meinen Herrn zu bestehlen?« schrie er mit wüthenden Geberden. »Ich bin der Hüter dieses Hauses, und mein Herr hat mir, als er vom Könige nach Persien, das die Götter vernichten mögen, geschickt wurde, befohlen, absonderlich auf diese Kiste, in welcher seine Schriften liegen, Acht zu haben!«

»Beruhige Dich, alter Hib!« rief der Tempeldiener, welchen wir beim Empfange der asiatischen Gesandtschaft kennen gelernt haben, »der Oberpriester der großen Neith, der Herr Deines Herrn, hat uns hierher gesandt. Es müssen seltsame Schriften in dieser Kiste stehen, sonst würde uns Neithotep nicht mit dem Auftrage, sie ihm zu holen, beehrt haben.«

»Aber ich leide nicht, daß das Eigenthum meines Herrn, des großen Arztes Nebenchari, gestohlen werde!« schrie der Alte. »Ich will mir schon Recht schaffen, und wenn es nöthig ist, bis zum Könige gehen!«

»Halt da!« rief jetzt der Tempeldiener. »So ist's recht. Macht, daß ihr mit der Kiste fortkommt, ihr Männer! Tragt sie sogleich zum Oberpriester; Du aber, Alter, würdest klüger handeln, wenn Du Deine Zunge hüten und bedenken wolltest, daß auch Du ein Diener meines Herrn des Oberpriesters bist. Mach', daß Du in's Haus zurückkommst, sonst schleppen wir Dich morgen selber fort, wie heut' die Kiste!« Bei diesen Worten schlug er die schwere Hausthüre so heftig zu, daß der Alte in das Vorhaus zurückgeworfen und den Blicken der Menge entzogen wurde.

Die Perser hatten dem seltsamen Auftritte zugeschaut und ließen sich denselben von ihrem Dolmetscher erklären.

Zopyrus lachte, als er vernahm, daß der Besitzer jener von dem allgewaltigen Oberpriester eingezogenen Kiste der Augenarzt sei, welcher sich wegen der blöden Augen der Mutter des Königs in Persien aufhielt und der sich durch sein ernstes, mürrisches Wesen am Hofe des Kambyses nur wenig beliebt gemacht hatte.

Bartja wollte Amasis fragen, was dieser eigenthümliche Raub zu bedeuten habe; Gyges aber bat ihn, sich nicht um Dinge zu kümmern, welche ihn nichts angingen.

Als sie dicht vor dem Schlosse angelangt waren (die in Aegypten schnell hereinbrechende Dunkelheit begann sich schon über die Erde zu breiten), fühlte sich Gyges plötzlich von einem fremden Mann, welcher sein Gewand festhielt, zurückgehalten. Er sah sich um und bemerkte, daß ihm der Unbekannte, indem er den Finger auf die Lippen preßte, das Zeichen des Schweigens gab.

»Wann kann ich Dich allein und unbemerkt sprechen?« flüsterte er dem Sohne des Krösus zu.

»Was willst Du von mir?«

»Frage nicht und antworte schnell. Beim Mithra(Anm. 168) Der Eid beim Mithra, dem Sonnengotte, war den Persern besonders heilig. Vendid. Farg. IV. 36. Spiegel, Avesta S. 94., ich habe Dir wichtige Dinge zu enthüllen!«

»Du sprichst persisch? So bist Du kein Aegypter, wie Dein Gewand vermuthen läßt?«

»Ich bin ein Perser; aber antworte schnell, ehe unser Gespräch entdeckt wird. Wann kann ich Dich unbemerkt sprechen?«

»Morgen früh.«

»Das ist zu spät.«

»Nun denn in einer Viertelstunde, wenn es völlig dunkel ist, an diesem Thore des Schlosses.«

»Ich erwarte Dich.«

Mit diesen Worten verschwand der Mann. Gyges trennte sich, im Palaste angekommen, von Bartja und Zopyrus, steckte sein Schwert in den Gürtel, bat Darius, ein Gleiches zu thun und ihm zu folgen, und stand bald im Dunkel der Nacht am großen Portikus des Schlosses dem Fremden gegenüber.

»Aumarazda sei gepriesen, daß Du da bist!« rief dieser dem jungen Lyder auf Persisch entgegen; »wer aber ist Dein Begleiter?«

»Mein Freund, ein Achämenide(Anm. 169) Achämeniden hießen die von Achämenes, nach den Keilinschriften, Inschrift von Behistân I. 2, »Hakhâmanis« stammenden Könige und die mit ihnen verwandten Edlen., Darius, Sohn des Hystaspes!«

Der Fremde verneigte sich tief und sagte: »Wohl, ich fürchtete schon, ein Aegypter sei mit Dir gekommen.«

»Nein, wir sind allein, und wollen Dich hören. Aber mach' es kurz. Wer bist Du und was willst Du?«

»Ich heiße Bubares und war unter dem großen Cyrus ein armer Hauptmann. Als wir Sardes, die Stadt Deines Vaters, eingenommen hatten, durften wir anfangs plündern, da bat Dein weiser Vater den Cyrus, er möge zu rauben aufhören lassen, denn, nachdem er Sardes erobert habe, ließe er sich selbst, nicht aber ihn, den früheren Besitzer, plündern(Anm. 170) Herod. I. 88.. Nun ward bei Todesstrafe befohlen, alles Erbeutete an die Hauptleute abzuliefern; diesen aber aufgetragen, alle Kostbarkeiten, welche man ihnen überbringen würde, auf den Markt zusammen tragen zu lassen. Da lagen viele Haufen von goldenen und silbernen Geschirren, ganze Hügel von Weiber- und Männerschmucksachen voller Edelgestein . . .«

»Schnell, schnell; wir haben nicht lange Zeit!« unterbrach Gyges den Erzähler.

»Du hast Recht! Ich muß mich kürzer fassen! Ich verwirkte mein Leben, indem ich eine von Edelsteinen wimmelnde Salbenschachtel aus dem Schlosse Deines Vaters für mich behielt. Cyrus wollte mich hinrichten lassen; Krösus aber rettete mein Leben durch eine Fürbitte bei seinem Besieger. – Cyrus gab mich frei; erklärte mich aber für ehrlos. So verdanke ich denn Deinem Vater mein Leben; dennoch konnte ich nicht in Persien bleiben, denn die Ehrlosigkeit lastete zu schwer auf mir. Ein smyrnäisches Schiff brachte mich nach Cypern. Dort nahm ich wieder Kriegsdienste, lernte Griechisch und Aegyptisch, kämpfte gegen Amasis und wurde von Phanes als Kriegsgefangener hierher gebracht. Ich hatte stets als Reiter gedient. Man gesellte mich zu den Sklaven, welche die Pferde des Königs besorgen. Ich zeichnete mich aus und wurde nach sechs Jahren Stallaufseher. Ich habe niemals Deines Vaters und des Dankes, den ich ihm schulde, vergessen; jetzt kommt die Reihe an mich, ihm eine Wohlthat zu erweisen.«

»Es handelt sich um meinen Vater? – So sprich, rede, theile mit!«

»Sogleich. Hat Krösus den Thronerben Psamtik beleidigt?«

»Ich wüßte nicht.«

»Dein Vater ist heut Abend bei Rhodopis zu Naukratis?«

»Woher weißt Du das?«

»Ich hab' es von ihm selbst gehört, denn ich folgte ihm heute Morgen zur Barke, um mich ihm zu Füßen zu werfen.«

»Hast Du Deinen Zweck erreicht?«

»Ja. Er schenkte mir auch einige gnädige Worte; aber er konnte mich nicht lange hören, denn seine Gefährten hatten schon in dem Schiffe Platz genommen, als er kam. In der Eile sagte mir sein Sklave Sandon, den ich kenne, nur noch, daß es nach Naukratis ginge und daß das hellenische Weib, das sie Rhodopis nennen, einen Besuch erhalten solle.«

»Er sagte die Wahrheit.«

»So ist schnelle Rettung nöthig. Als der Markt voll war(Anm. 171) Die Griechen bestimmten die Vormittagszeit nach dem Besuche des Markts: πλήθουσα αγορά, περὶ πλήθουσαν αγοράν, – πληθώρη αγορα̃ς. Herod. II. 173. VII. 223. διάλυσις αγορα̃ς (Xenoph. Oekon. 12. 1). Wenn sich der Markt füllt, wenn der Markt voll ist, wenn der Markt sich leert. Eine genaue Bestimmung dieser Einteilung nach unserer Stundenrechnung ist unmöglich, dennoch erscheint es sicher, daß der Markt nach der Mittagszeit vorbei gewesen sei. Das Haupttreiben auf demselben mag von 10–1 Uhr gedauert haben., sind zehn Wagen und zwei Barken mit äthiopischen Kriegern unter Führung eines ägyptischen Hauptmanns heimlich nach Naukratis gefahren, um in der Nacht das Haus der Rhodopis zu umstellen und ihre Gäste gefangen zu nehmen!«

»Ha, Verrath!« rief Gyges.

»Aber was mögen sie Deinem Vater anthun wollen?« fragte Darius. »Sie wissen doch, daß die Rache des Kambyses – –«

»Ich weiß nichts,« wiederholte Bubares, »als daß das Landhaus der Rhodopis, in welchem sich auch Dein Vater befindet, heute Nacht von äthiopischen Kriegern umstellt werden soll. Ich selber habe die Bespannung ihrer Wagen besorgt und wohl vernommen, daß der Fächerträger des Thronerben dem Hauptmanne Pentaur die Worte zurief: ›Halte Ohren und Augen offen, laß das Haus der Rhodopis umstellen, damit er nicht aus der Hinterthür entkomme. Schont sein Leben, wenn es möglich ist, und tödtet ihn nur, wenn er Widerstand leisten sollte. Bringt ihr ihn lebendig nach Sais zurück, so sollt ihr zwanzig Ringe Gold(Anm. 172) Es steht fest, daß man vor der Perserzeit, also auch während dieses Theils unserer Geschichte, in Aegypten keine Münzen geprägt hat. Man wog die edlen Metalle ab und scheint sie in Gestalt von Ringen, Thieren &c. verwerthet zu haben. Wir sehen auf vielen Denkmälern Leute, welche Gold beim Einkaufe von Waaren abwiegen, Andere, die ihre Tribute in goldenen Ringen zahlen &c. Solche Ringe wurden noch zur Zeit der Ptolemäer, welche viele Münzen schlugen, von denen wir einige schöne Proben in unserem Aegypten in Bild und Wort gegeben haben, zu Zahlungen verwendet. Plinius XXXIII. 1. Wiegeschalen mit Gewichten in Thiergestalt z. B. bei Wilkins. II. S. 10. Ueber einige Gewichte der Aegypter und ihren Werth sind wir unterrichtet. erhalten!‹«

»Könnte dieß wirklich meinem Vater gelten?«

»Nimmermehr!« rief Darius.

»Man weiß nicht,« murmelte Bubares, »in diesem Lande ist Alles möglich.«

»Wie lange braucht ein schnelles Roß, um Naukratis zu erreichen?«

»Drei Stunden, wenn es den Lauf aushält und der Nil die Straße nicht zu hoch überfluthet.«

»In zweien bin ich dort!«

»Ich reite mit Dir,« rief Darius.

»Nein, Du mußt mit Zopyrus zu Bartja's Schutz hier bleiben. Befiehl unsern Dienern, sich bereit zu halten.«

»Aber Gyges –«

»Du bleibst hier und entschuldigst mich bei Amasis. Du sagst, ich, ich könne wegen Kopf- oder Magen- oder Zahnweh das Gelage nicht theilen; hörst Du? Ich reite das nisäische Roß des Bartja; – Du, Bubares, folgst mir auf dem des Darius; Du leihst es mir doch, mein Bruder?«

»Wenn ich zehntausend hätte, sie gehörten Dir.«

»Kennst Du den Weg nach Naukratis, Bubares?«

»Wie meine Augen!«

»So gehe hin, Darius, und befiehl, daß man Dein und Bartja's Roß bereit halte! Jedes Zaudern ist Verbrechen! Lebe wohl, Darius, vielleicht auf immer! Schütze Bartja! Lebe wohl!«


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