Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Alfred Dreyfus 1898 auf der Teufelsinsel
Bildquelle: de.wikipdia.org
Faksimile der Unterschrift vom ersten und letzten Blatt eines Heftes
In jedem Heft waren die Seiten numeriert und durch den Oberwärter gezeichnet. Auf der ersten und letzten Seite war diese Bezeichnung völlig ausgeschrieben.
Am 9. Oktober 1859 wurde ich in Mülhausen im Elsaß geboren. Ich verlebte unter dem wohlthuenden Einfluß von Mutter und Schwestern, durch die herzliche Eingebung unseres Vaters an seine Kinder, im zärtlichen Schutz älterer Brüder eine frohe, sonnige Kindheit.
Meine erste traurige Erinnerung, die ich auch nie aus dem Gedächtnis verloren, fällt in das Kriegsjahr 1870. Mein Vater entschied sich nach dem Friedensschluß, Angehöriger der französischen Nation zu bleiben; wir mußten daher das Elsaß verlassen. Ich begab mich nach Paris, um dort meine Studien zu vollenden.
Ich wurde 1878 in die polytechnische Schule aufgenommen und verließ dieselbe 1880, um als Avantageur die Artillerieschule in Fontainebleau zu besuchen. Am 1. October ernannte man mich zum Lieutenant des 31. Artillerieregiments zu Mons. Gegen Ende des Jahres 1883 wurde ich in die erste Division der reitenden Feldartillerie nach Paris versetzt.
Am 12. September 1889 avancierte ich zum Hauptmann im 21. Artillerieregiment und wurde von dort aus an die Feuerwerker-Centralschule zu Bourges abcommandiert. Im selben Winter verlobte ich mich mit Fräulein Lucie Hadamard, die mir dann eine hingebende und tapfere Lebensgefährtin geworden ist.
Während meiner Verlobung bereitete ich mich für die höhere Kriegsschule vor und wurde auch am 20. April 1890 dort zugelassen. Am folgenden Tag, am 21. April, verheiratete ich mich. Ich verließ die höhere Kriegsschule mit dem Prädicat: sehr gut und der Qualification zum Generalstab. Dank meiner Rangnummer beim Austritt aus der Kriegsschule wurde ich hierauf zum Generalstab abcommandiert. Ich trat dort am 1. Januar 1893 den Dienst an.
Meine Carriere lag glänzend und vielversprechend vor mir, und die Zukunft zeigte mir nur frohe Auspicien. Nach der Tagesarbeit fand ich in meiner Familie Ruhe und den vollen Reiz häuslichen Glückes. Die Abende verflossen mir im Beisein meiner Frau in anregender Lectüre, denn ich interessierte mich für alles, was Menschengeist geschaffen. Wir waren vollkommen glücklich; ein erstes Kind gestaltete unser Heim noch sonniger; ich hatte keine materiellen Sorgen, und auch zwischen den Mitgliedern meiner Familie und der meiner Gattin herrschte tiefe Zuneigung.
Ein frohes Leben schien mir zu lächeln.