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Lord Ivywood teilte die Schwäche der meisten Menschen, die nur aus Büchern gelernt haben: er leugnete nicht nur den Wert, sondern sogar das Vorhandensein anderer Bildungsmittel. Und so war Humphrey Pump vollkommen davon überzeugt, daß Lord Ivywood ihn für einen völlig unwissenden Menschen hielt, der nur die Pickwickier las und nicht dazu zu bringen war, noch ein anderes Buch zur Hand zu nehmen. Aber Lord Ivywood war sich gar nicht bewußt, daß Humphrey ihn niemals ansah, ohne daran zu denken, wie vollkommen versteckt er unter kleinen Birkenzweigen sein würde, denn seine graubraunen Haare und sein gelblich blasses Gesicht waren die drei hauptsächlichsten Farbentöne einer Walddämmerung. Mr. Pump, fürchte ich, hatte manchmal in seiner Jugend Rebhühner und Fasanen gekostet, und Lord Ivywood bekam es nicht nur niemals zu wissen, wie gastfreundschaftlich er mit Mr. Pump seine Jagd teilte, sondern er würde auch geschworen haben, daß es für irgend einen Menschen unmöglich sei, der Wachsamkeit seiner Wildheger ein Schnippchen zu schlagen. Aber es ist sehr unklug für einen, der sich über schlechthinnige Dinge erhaben fühlt, über schlechthinnige Unmöglichkeiten zu sprechen.
Lord Ivywood befand sich also in einem Irrtum, wenn er sagte, daß die Flüchtigen im heutigen England unmöglich entkommen könnten. Man kann vieles im heutigen England tun, wenn man nur einige Dinge wirklich beobachtet hat, die andere nur durch Beschreibung oder vom Hörensagen kennen – wenn man zum Beispiel weiß, daß die meisten Hecken an den Landstraßen weit größer und dichter sind als sie aussehen, und daß selbst ein sehr großer Mann, der hinter ihnen liegt, weit weniger Platz wegnimmt, als man vermuten würde – wenn man weiß, daß die meisten Töne in der Natur einander viel mehr gleichen als ein wissenschaftlich gebildetes Ohr unterscheiden kann, wie zum Beispiel der Wind im Laub und auf der See – wenn man weiß, daß es leichter ist in Strümpfen zu gehen als in Stiefeln, wenn man nur weiß, wie man richtig auftreten muß – wenn man weiß, daß die Zahl der Hunde, welche einen Menschen in gewissen Fällen beißen könnten, geringer ist als die Zahl derjenigen Menschen, die einen in den Eisenbahnwagen ermorden können – wenn man weiß, daß man nicht zu ertrinken braucht in einem Flusse mit nicht allzu starker Strömung, wenn man nicht gerade ganz ausgesprochene Selbstmörderstellungen einnimmt – wenn man weiß, daß die Bahnhöfe auf dem Lande ganz zwecklos große Warteräume haben, in die niemand hineingeht – wenn man weiß, daß das Landvolk einen ganz vergißt, wenn man mit ihm spricht, aber von einem den ganzen Tag redet, wenn man es nicht tut.
Durch die Kenntnis dieser und anderer Künste und Wissenschaften war Humphrey Pump imstande, seinen Freund quer durch das Land zu führen, meist nicht anders wie Landstreicher, gelegentlich wohl auch wie Hausfriedensbrecher, und trat schließlich mit Schild, Rum und Käse aus einem schwarzen Fichtenwalde auf einen gänzlich weißen Weg in einer Gegend, wo man ihn wohl im Augenblicke nicht gesucht hätte.
Gegenüber war ein Maisfeld und rechts davon unter dem Schatten der Fichtenbäume eine Hütte, eine sehr verfallene Hütte, welche unter der Schwere ihres eigenen Daches zusammengefallen zu sein schien. Auf dem Gesicht des rothaarigen Irländers zeigte sich ein seltsames Lächeln. Er steckte seine Stange mit dem Wirtshausschild in den Boden, und klopfte an die Tür. Sie wurde zaghaft von einem alten Mann geöffnet, dessen Gesicht so runzelig war, daß die Runzeln klarer zu sehen waren als die Gesichtszüge und aussahen wie ein Labyrinth. Er schien aus der Höhlung eines knorrigen Baumes zu kommen und mehr als tausend Jahre alt zu sein.
Er bemerkte das Wirtsschild nicht, das links vor der Türe stand, und alles Leben, das noch in seinen Augen zurückgeblieben war, war vor Bewunderung gebannt über die hohe Gestalt Dalroys, über dessen seltsame Uniform und über den Degen an seiner Seite.
Ich bitte um Verzeihung, sagte der Kapitän höflich, ich fürchte, meine Uniform macht Euch bange: es ist Lord Ivywoods Livree, alle seine Diener sind ebenso gekleidet wie ich, und ich glaube, daß vielleicht auch die Pächter und sogar Ihr selbst – doch verzeiht mir, daß ich einen Degen trage: Lord Ivywood legt sehr viel Wert darauf, daß jeder einen Degen trägt, Ihr kennt seine vortreffliche Art, seine Meinung auszudrücken: Wie dürfen wir uns herausnehmen alle Menschen unsere Brüder zu nennen, wenn wir ihnen die Abzeichen eines Mannes vorenthalten, sagte er gestern zu mir, als ich seine Hosen abbürstete – oder wie dürfen wir uns für Anhänger einer fortschrittlichen Freiheitsbewegung ausgeben, wenn wir den Bürgern das verweigerten, was allezeit als Unterscheidungszeichen zwischen Herren und Sklaven gegolten hat? Und wir haben nicht nötig, solche barbarischen Bräuche bereits vorwegzunehmen, wie mein ehrenwerter Freund, der Messerputzer, prophezeit hat, denn dieses Geschenk ist eine erhabene Tat des Vertrauens zu Seiner Lordschaft allumfassenden Leidenschaft für die Herrlichkeiten des Friedens, und dann auch: Wer das Recht zum Schlagen hat, der hat auch gelernt zu verschonen.
Während Kapitän Dalroy all diesen Unsinn mit ungemeiner Schnelligkeit und mit weitausladenden Rednergesten begleitete, machte er sich daran, das dicke Käserad und das Rumfäßchen in das Haus des erstaunten Hüttenbewohners zu rollen, und Mr. Pump folgte ihm mit grimmiger Ruhe und mit seiner Flinte unter dem Arm.
Der Lord Ivywood wünscht ein Glas Wein mit Euch zu trinken, sagte Dalroy und setzte das Faß Rum hörbar auf den einfachen Küchentisch – oder um mich getreulicher auszudrücken, ein Glas Rum. – Laßt Euch nicht nasführen, guter Alter, von der Idee, daß Lord Ivywood gegen das Trinken ist. In unserer Küche heißt er der Dreiflaschen-Ivywood. Aber es muß Rum sein, die Ivywood trinken nur reinen Rum. Wein macht die Menschen nur närrisch, sagte er neulich, und ich habe mir mit Absicht diesen Ausdruck gemerkt, welcher auch für Se. Gnaden sehr gut paßte – er stand gerade oben auf der Treppe, und ich hielt sogleich inne mit dem Reinemachen, um mir diesen Ausdruck aufzuschreiben – Wein mag zu Narren machen, starke Getränke mögen uns zum Rasen bringen, aber nirgendwo auf den heiligen Blättern werdet Ihr ein Wort des Tadels finden gegen das herrliche Getränk, das denen heilig ist, die sich auf Schiffen hinauswagen auf das Meer. Keine Priester- oder Prophetenzunge hat sich je erhoben, das ehrwürdige Schweigen der heiligen Schriften zu brechen, um gegen den Rum zu predigen. Und danach setzte er mir auseinander, fuhr Dalroy fort – und machte Pump dabei ein Zeichen, das Faß nach seiner eigenen besonderen Methode anzuzapfen, – daß das große Geheimnis, irgendwelche schlimmen Wirkungen zu verhindern, welche ein oder zwei Fässer Rum auf junge und unerfahrene Menschen haben könnten, ist, dazu Käse zu essen, ganz besonders diese Art von Käse, den ich hier habe – ich habe ganz vergessen, wie er heißt.
Chesterkäse, sagte Pump mit mehr als gewöhnlichem Ernst.
Aber gebt acht, fuhr der Kapitän fast wild fort, und hob seine dicken Finger warnend gegen den alten Mann, gebt ja acht, kein Brot zum Käse! An allem verheerenden Unheil, das durch den Käse in die einst glücklichen Wohnstätten dieser Insel gekommen ist, ist der aberwitzige und gedankenlose Brauch schuld, Käse mit Brot zu essen. Ihr werdet von mir kein Brot bekommen, guter Freund, Lord Ivywood hat sogar befohlen, daß die Anspielung an diese verkehrte und verrottete Gewohnheit aus dem Vaterunser ausgemerzt werden soll. Da, nehmt einen Schluck.
Er hatte bereits ein wenig von diesem Lebensgeist in zwei dicke Wassergläser und in eine angeschlagene Teetasse gegossen, die der Alte auf sein Geheiß hervorgesucht hatte, und nun tat er ihm feierlich Bescheid.
Ich danke Ihnen vielmals, Herr, sagte der alte Mann, das erste, was er aus seiner zerbrochenen Stimme hervorlockte. Dann trank er, und sein altes Gesicht verwandelte sich, wie wenn es eine alte Hornlaterne gewesen wäre, in der es endlich Licht wird.
Ja, sagte er, mein Sohn ist auch auf dem Meere.
Ich wünsche ihm eine glückliche Heimfahrt, und ich werde Euch ein Lied vorsingen von dem ersten Seefahrer, der in unserer Welt gewesen ist, und der, wie Lord Ivywood scharfsinnig bemerkte, noch vor der Zeit lebte, da es Rum gab. – Er setzte sich wieder auf den hölzernen Stuhl, erhob seine Stimme und schlug mit der angebrochenen Teetasse auf dem Tisch den Takt.
Vater Noah trieb in seine Arche Strauße ohne Zahl,
Eimerweise aß er Eier hartgekocht zum Frühstücksmahl,
Nashornschinken abends und das zarte Fleisch von Wal-
Fischen, doch im Faß im Keller lag sein liebstes Mahl.
Frau, sprach er mit Drohen, als das Wasser höher stieg,
Du bist schuld, daß jetzt mein Wein im Keller liegt.
Unaufhörlich goß der Regen aus des Himmels Traufen,
In den großen Fluten mußten Mensch und Tier ersaufen,
Nur die Arche schwamm darüber wie ein großer Haufen,
Wartet' ruhig, bis die Wasser wieder sich verlaufen.
Noah schimpft: Ich sagt' dirs immer, daß es Regen gibt,
Du bist schuld, daß jetzt mein Wein im Keller liegt.
Noah war der große Meister, wir sind seine Jünger,
Wassertrinker mehr'n sich jetzt wie Pilze auf dem Dünger.
Schreien, toben, laufen wie die wilden Amokschwinger,
Rufen Fluch herab auf jeden braven Rotweintrinker.
Doch ich trink und scher den Teufel mich, wer sich bekriegt,
Mag die Sintflut kommen, wenn mein Wein im Keller liegt.
Das ist Lord Iyywoods Lieblingslied, schloß Dalroy und trank sein Glas aus. Singt uns nun auch ein Lied. Und zum reichlichen Erstaunen der zwei Spaßvögel fing der Alte mit zittriger Stimme zu singen an:
König Georg sitzt auf seinem Throne,
Angetan mit Schwert und Krone,
Bonapart' zum Trotz und Hohne
Weihnacht in der Frühe.
Sporn und – –
Es ist vielleicht gut für den Fortgang dieser Geschichte, daß des alten Mannes Lieblingslied, das aus 47 Strophen bestand, durch folgenden seltsamen Zwischenfall unterbrochen wurde: Die Tür der Hütte öffnete sich, und ein Mann mit einem Schafsgesicht und einem halbwollenen Mantel stand eine Weile in der Hütte, ohne ein Wort zu sprechen, und sagte dann unvermittelt und ohne weitere Erklärung: Vier Bier!
Verzeihen Sie, ich habe nicht recht verstanden, fragte der Kapitän höflich.
Vier Bier, sagte der Mann bestimmt, und nach einem Seitenblick auf Humphrey schien er noch einige Worte in seinem Wörterbuche zu finden.
Gu'n Morgen, Pump, wußte nicht, daß Sie umgezogen sind mit dem Alten Schiff.
Pump zeigte mit einem listigen Lächeln auf den alten Mann, dessen Lied eben unterbrochen worden war.
Marne hat jetzt das Geschäft, Gowl, sagte Pump ernst nach Landessitte, aber hat vorläufig bloß Rum in seinem Schrank.
Besser als gar nichts, sagte Gowl lakonisch und legte etwas Geld vor den alten Mann hin, der es verwundert ansah. Als er sich wieder zum Gehen wandte und den Mund mit dem Rücken seiner Hand abwischte, bewegte sich wiederum die Tür und ließ hellen Sonnenschein und einen Mann mit einem roten Halstuch herein.
Gu'n Morgen Marne – Morgen Pump, Gu'n Morgen Gowl, rief der Mann mit dem roten Halstuch.
Morgen Coote, sagten die drei, einer nach dem andern.
Wollen Sie einen Rum, Mr. Coote, fragte Humphrey freundlich, das ist alles, was Marne im Augenblick überhaupt hat.
Mr. Coote bekam einen Rum und legte ebenfalls ein kleines Geldstück vor die etwas irr blickenden Augen des alten Hütteneinwohners. Mr. Coote begann zu erklären, daß die Zeiten zwar sehr schlecht seien, aber wo man ein Wirtsschild sieht, da fehlte nichts: ein Rechtsanwalt in Grunten Abbot habe ihm das gesagt. In diesem Augenblicke wurde die Gesellschaft beträchtlich vergrößert und noch beträchtlicher angeregt durch das Hinzukommen eines polternden und allen bekannten Klempners, der Rum für alle bestellte und sagte, sein Esel und Wagen hielten draußen auf der Straße. Ein längeres, eindringliches und etwas verwirrtes Gespräch entspann sich, in welchem die Vorzüge beider von den verschiedensten Seiten beleuchtet wurden, und allmählich begann es in Dalroy zu dämmern, daß der Klempner Wagen und Esel an den Mann zu bringen suche.
Ein Gedanke, der zu dem romantischen Opportunismus seines gegenwärtigen wunderlichen Wanderlebens ganz gut paßte, huschte durch sein Gehirn, und er stürzte hinaus, um sich Esel und Wagen anzusehen. Im nächsten Augenblick war er wieder zurück und fragte den Klempner, wieviel er verlange, und bot in demselben Augenblicke eine viel höhere Summe, als der Klempner nicht einmal in seinen Träumen verlangt hätte. Er nahm es also für einen Einfall hin, den man sich von den Herrn nicht ungern gefallen läßt und trank auf das gute Geschäft noch einige Glas Rum. Dann verschloß Dalroy unter Entschuldigungen das Faß und trug es nach dem Wagen. Das Geld, helles Silber und dunkles Kupfer, ließ er vor dem silbernen Bart des alten Mannes liegen.
Nur einem, der mit der Kameradschaftlichkeit der englischen armen Leute unbekannt ist, muß ich noch sagen, daß alle mit hinausgingen und auf Dalroy starrten, der den Wagen und das Geschirr des Esels zurechtmachte – außer dem alten Häusler, der wie erstarrt war beim Anblick des Geldes. Während sie dastanden und das Maul aufsperrten, sahen sie auf der weißglühenden Straße, die sich in Schlingen um den Hügel wand, eine Gestalt auf sie zukommen, die ihnen indes kein reines Vergnügen zu machen schien, wenn sie auch in der Ferne nur als bloßer Punkt zu sehen war. Es war Mr. Bullrose, der bevollmächtigte Verwalter der Güter Lord Ivywoods.
Mr. Bullrose war ein kurzer vierschrötiger Mann mit großem viereckigem Kopfe, mit schwarzen kurzgeschorenen Lockenreihen, mit einem schweren froschähnlichen Gesicht und verwundert argwöhnischen Augen, mit einem guten Zylinderhut, allein dazu trug er einen Alltagsanzug. Mr. Bullrose war kein angenehmer Mann. Ein Gutsverwalter ist selten ein angenehmer Mann, nur der Besitzer ist es manchmal. Sogar Lord Ivywood selbst hatte eine gewisse Großmütigkeit, welche die meisten Leute verleitete, ihn womöglich selbst sprechen zu wollen. Aber Mr. Bullrose war kleinlich. Jeder Tyrann muß im Verkehr kleinlich sein.
Offenbar hatte er nicht verstanden, was der Lärm vor Marnes halbzerfallener Hütte bedeutete, aber er hatte doch dabei das Gefühl, daß etwas dabei nicht in Ordnung war. Er hatte die Hütte längst zu allen Teufeln gewünscht, aber er dachte nicht im geringsten daran, dem bisherigen Insassen eine Entschädigung zu geben. Er hoffte immer auf den Tod des Alten, aber er hoffte ihn auch so auf irgendeine Weise los zu werden, wenn es nötig werden sollte, denn der Alte konnte unmöglich die Pacht zahlen. Die Pacht war nicht hoch, aber sie war unerschwinglich für den alten Mann, der nirgends einen Weg sah, sich das Geld zu leihen oder zu verdienen.
Lebt wohl, auf Wiedersehen, meine Freunde, rief der riesige Mann in der auffälligen Uniform – alle Straßen führen nach Rum, wie Lord Ivywood auf der Kirchenversammlung sagte, und wir hoffen bald wieder hier zu sein, um ein erstklassiges Hotel aufzumachen, zu dem die Prospekte schon gedruckt werden!
Das schwerfällige Froschgesicht des Mr. Bullrose, des Lord Ivywoodschen Güterverwalters, wurde vor Erstaunen noch unfreundlicher, und seine Augen standen heraus, eigentlich mehr wie bei einer Schnecke als bei einem Frosch. Die unverzeihliche Anspielung auf Lord Ivywood würde in jedem Falle ein cholerisches Dazwischenfahren verursacht haben, wenn sie nicht ersoffen wäre in dem erdumwälzenden Vorschlage der unberechtigten Gründung eines Wirtshauses auf seinem Machtbereich. Dieses wieder würde einen Wutausbruch verschuldet haben, wenn er nicht dadurch und durch einiges andere wie ein Klotz erstarrt wäre, nämlich beim Anblick eines stämmigen Pfahles mit einem Wirtshausschild vor Marnes armseliger Hütte.
Jetzt habe ich ihn, brüllte Bullrose, er kann sicher nicht zahlen, jetzt muß er rausfliegen. Und rasch schritt er auf die Tür der Hütte zu in demselben Augenblicke, als Dalroy den Esel am Kopfe packte, um ihn zum Weitergehen zu bringen.
Was soll das, Mann, platzte Bullrose heraus, als er eingetreten war, diesmal habt Ihr verspielt, Seine Gnaden sind viel zu nachsichtig mit Euch gewesen, aber das schlägt dem Faß den Boden aus. Diese Unverschämtheit, was steht da draußen? Ihr wißt doch genug die Meinung Seiner Gnaden in diesem Punkte! – Er hielt einen Augenblick an und grinste: So, und wenn Ihr jetzt nicht die Pacht zahlt auf Heller und Pfennig, müßt Ihr heraus. Wir sind das Gelichter Euresgleichen satt.
Unbeholfen und wie unter einem Zwange schob ihm der Alte den Haufen Geldstücke über den Tisch hin. Mr. Bullrose setzte sich erregt auf einen hölzernen Stuhl, den Zylinder auf dem Kopfe und zählte wie ein Rasender. Er zählte einmal, er zählte ein zweites Mal, er zählte immer wieder. Dann starrte er auf das Geld noch stierer, als es der alte Häusler getan.
Woher habt Ihr das Geld? brach er plump heraus, wo habt Ihrs gestohlen?
Bin nicht sehr flink zum Stehlen, sagte der Alte zitternd wie ein Komödiant. Bullrose sah zuerst auf ihn und dann auf das Geld. Und dann dachte er daran, daß Ivywood ein gerechter, wenn auch kühler Richter sei.
Na, nutzt Euch doch nichts, schrie er aufgeregt, wir haben Grund genug, Euch von hier fortzubringen. Ihr habt das Gesetz mißachtet, Mann, will nichts von den Vorschriften für Pächter sagen, aber weil Ihr dieses verrückte Schild draußen aufgehängt habt.
Der Pächter schwieg.
Nun? fragte der Gutsverwalter.
Ja, sagte der Pächter.
Habt Ihr ein Schild vor dem Hause oder habt Ihr keins? brüllte Bullrose und hämmerte auf den Tisch.
Der Pächter sah ihn lange geduldig und unterwürfig an, dann sagte er 'leicht ja, 'leicht nein!
Ich will Euch schon beleichten, schrie Bullrose, sprang auf und schob den Zylinder nach rückwärts. Ich weiß nicht, ob Ihr hier alle schon zu besoffen seid, um etwas zu sehen, ich habe das Ding da draußen mit meinen eigenen Augen gesehen, kommt heraus und wagt es noch zu leugnen.
Ja, sagte der Mann zweifelnd.
Er trippelte hinter dem Gutsverwalter her, der in geschäftiger Hast die Tür öffnete und auf der Schwelle stehen blieb. Und er blieb noch eine gute Weile da stehen. Aber er sagte nichts mehr. In der Tiefe des materialistischen Schlammes seines harten Hirns hatten sich zwei Dinge berührt, die von altersher Feinde einander sind: das alte Märchen, das alles glaubt, und der neuzeitliche Skeptizismus, der nichts glaubt, nicht einmal was er selber sieht. Es war kein Schild mehr draußen zu sehen, so weit das Auge sehen konnte. Auf dem verwitterten Gesicht des alten Mannes lag eine matte Erinnerung jenes Lachens, das seit dem Mittelalter geschlafen hatte.