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Zehn Traglasten Gold

Leutnant Albert Werper fragte sich voll Furcht, welches Geschick seiner wohl im fernen Addis Abeba wartete, und suchte nach irgendeiner Möglichkeit zur Flucht. Aber seit Mugambi, der Schwarze, die Bewachung getäuscht hatte, waren die Abessinier in ihren Vorsichtsmaßregeln doppelt genau. Sie wollten auf jeden Fall verhindern, daß Werper dem Beispiel des Negers folge.

Eine Zeitlang dachte Werper daran, Morak mit einem Teile seiner Edelsteine zu bestechen, aber er fürchtete, dieser werde ihm dann als Preis für seine Freilassung auch den letzten Juwel abverlangen. Der Belgier ließ sich deshalb von seinem Geiz abhalten und sann auf einen anderen Ausweg aus der schwierigen Lage.

Endlich dämmerte ihm die Möglichkeit, in einer ganz anderen Richtung Erfolg zu haben, einer Richtung, die ihn immer noch im Besitze der Edelsteine ließ, während sie gleichzeitig die Gier des Abessiniers stillte und ihm dazu die Überzeugung beibrachte, er habe alles, was von Werper zu bekommen war.

Etwa einen Tag, nachdem Mugambi verschwunden war, bat Werper Abed Morak um eine Unterredung. Als der Belgier das Zelt des Anführers betrat, deutete ihm das Stirnrunzeln des letzteren nichts Gutes an; aber obgleich er sich wenig Hoffnung auf Erlangung seines Zieles machte, stärkte er sich doch wieder durch die Betrachtung, wie schwach der menschliche Charakter im allgemeinen ist, und wie leicht selbst ganz unbeugsame Naturen sich vor verzehrender Begierde nach Reichtum umstimmen lassen.

Abed Morak sah ihn mit drohenden Brauen an. Was willst du denn? fuhr er ihn an.

Meine Freiheit, erwiderte Werper.

Der Abessinier lachte höhnisch. Hast du mich gestört, um mir etwas zu erzählen, was jeder Narr sich denken kann? meinte er.

Ich kann für sie zahlen, bemerkte Werper.

Was? rief Abed Morak mit lautem Lachen. Dafür zahlen? Womit denn – mit den Lumpen, die du auf dem Rücken hast? Oder trägst du vielleicht tausend Pfund Elfenbein unter deinem Rock verborgen? Packe dich! Du bist ein Narr. Belästige mich nicht noch einmal, sonst lasse ich dich auspeitschen.

Aber Werper blieb standhaft. Seine Freiheit, vielleicht sogar sein Leben, hing davon ab, daß er Erfolg hatte. Höre mich an, meinte er dringend. Wenn ich dir nun so viel Gold gebe, wie zehn Männer forttragen können, gibst du mir dann das Versprechen, mich unter sicherem Geleit bis zum nächsten englischen Beamten bringen zu lassen?

So viel Gold, wie zehn Männer forttragen können! wiederholte Abek Morak. Bist du toll? Woher solltest du so viel Gold nehmen?

Ich weiß, wo es verborgen liegt, sagte Werper. Gib mir dein Versprechen, und ich will dich dahin führen – sind zehn Traglasten Gold nicht genug?

Abed Morak hörte auf zu lachen. Er besah sich den Belgier scharf. Der Bursche schien vernünftig genug zu sein – aber zehn Traglasten Gold! Es war ungeheuerlich. Der Abessinier dachte einen Augenblick nach.

Schön, und falls ich dir das Versprechen gebe, sagte er, wie weit ist es bis zu diesem Golde?

Eine gute Woche Marsch nach Süden, erwiderte Werper.

Bist du dir darüber klar, welche Strafe dich erwartet, wenn wir das Gold nicht an der Stelle finden, die du angibst?

Du kannst mir das Leben nehmen, wenn es dort nicht zu finden ist, erwiderte der Belgier. Aber ich weiß, daß es da ist, denn ich sah mit eigenen Augen, wie es vergraben wurde. Und um dir noch mehr zu gestehen – es sind nicht nur zehn Lasten, sondern so viele, wie fünfzig Mann gerade tragen können. Sie alle sollst du haben, wenn du mir versprichst, mich sicher in englischen Schutz bringen zu lassen.

Willst du dein Leben dafür verpfänden, daß das Gold gefunden wird? fragte Abed.

Werper nickte zustimmend mit dem Kopfe.

Gut, sagte der Abessinier. Dann gebe ich dir das Versprechen, daß du deine Freiheit bekommst, selbst für den Fall, daß sich nur fünf Lasten finden sollten, aber so lange, bis ich das Gold im Besitze habe, bleibst du Gefangener.

Das genügt mir, sagte Werper. Brechen wir morgen auf. Abed Morak bejahte mit einem Kopfnicken, und der Belgier kehrte zu seinen Wächtern zurück. Am nächsten Tag erhielten die abessinischen Neger zu ihrer Überraschung den Befehl, statt nach Nordosten nach Süden Marschrichtung zu nehmen. So traf es sich, daß in derselben Nacht, in der Tarzan mit den zwei Affen das Räuberdorf betrat, die Abessinier nur wenige Meilen östlich davon lagerten.

Während Werper von Freiheit und ungehindertem Genuß des Vermögens, das in seiner gestohlenen Tasche ruhte, träumte, und während Abed Morak im Nachdenken über die nur ein paar Tagesmärsche nach Süden zu liegenden fünfzig Traglasten Gold vor Gier nicht einschlafen konnte, gab Achmed Zek seinen Leutnants Befehl, eine entsprechende Streitmacht von Kriegern und Trägern zusammenzustellen, um am nächsten Morgen nach den Ruinen der englischen Farm aufzubrechen und die fabelhaften Schätze zu holen, die nach Angabe seines ihm entlaufenen Leutnants dort vergraben sein mußten.

Während er im Zelte seine Befehle erteilte, kauerte jenseits des Zelttuches ein stiller Lauscher und wartete auf den Augenblick, wo er ohne Gefahr eintreten und die Suche nach der vermißten Tasche und den hübschen Kieseln, für die er eine Vorliebe gefaßt hatte, wieder fortsetzen konnte. Endlich verließen Achmed Zeks dunkelhäutige Gefährten dessen Zelt, und der Anführer schloß sich ihnen an, um noch bei einem von ihnen eine Pfeife zu rauchen. Sein eigenes Seidenzelt blieb also unbewacht. Sie hatten kaum das Innere verlassen, da fuhr eine Messerklinge in etwa zwei Meter Höhe durch den Stoff der Rückwand und öffnete für die draußen Wartenden mit einem schnellen Schnitt nach unten einen Eingang.

Der Affenmensch trat durch die Öffnung, der riesige Leib Chulks blieb ihm dicht auf den Fersen. Aber Taglat kam nicht mit. Statt dessen wandte er sich um und schlich durch die Dunkelheit der Hütte zu, in der das Weibchen, welches sein tierisches Interesse erweckt hatte, sicher gebunden lag. Vor der Türe hockten die Wachtposten auf den Schenkeln und unterhielten sich. Drinnen lag die junge Frau auf der schmutzigen Schlafmatte und ergab sich gänzlich hoffnungslos in das ihr bevorstehende Schicksal, mochte es sein, was es wollte. Zuletzt mußte die Gelegenheit kommen, sich durch das einzige Mittel – und selbst das schien im Augenblick weit genug – zu befreien, das ihr übrigblieb. Bisher hatte sie den Gedanken, Hand an sich zu legen, weit von sich gewiesen.

Eine Gestalt im weißen Burnus kroch lautlos auf die Wachtposten zu und näherte sich den Schatten am anderen Ende der Hütte. Der unentwickelte Intellekt des Tieres wußte den in der Verkleidung gebotenen Vorteil nicht auszunützen. Während es kühn an der Seite der Posten hätte vorbeigehen können, zog es lieber vor, sie ungesehen von hinten zu beschleichen.

Jetzt kam die Gestalt an die Hütte und lugte um die Ecke. Die Wachtposten waren nur ein paar Schritte entfernt, aber der Affe wagte nicht, sich, solange es eine andere und sicherere Angriffsart gab, auch nur für einen einzigen Augenblick jenen gefürchteten und verhaßten Donnerstöcken auszusetzen, die die Tarmangani so gut zu gebrauchen verstanden.

Taglat wünschte ein Baum wäre in der Nähe gewesen, von dessen überhängenden Zweigen aus er auf seine ahnungslose Beute hätte springen können. Aber obgleich kein Baum da war, gab ihm doch dieser Gedanke die Richtung zu einem anderen Plan. Die Dachkante der Hütte befand sich gerade über den Köpfen der Wachtposten – von ihr konnte er sich, ohne vorher gesehen zu werden, auf die Tarmangani stürzen. Ein rascher Biß seiner mächtigen Kinnladen würde den einen von ihnen erledigen, ehe der andere recht wußte, daß sie angegriffen wurden. Der zweite würde der Kraft, Gewandtheit und Wildheit seines nächsten, rasch darauffolgenden Angriffs leicht zum Opfer fallen.

Taglat zog sich einige Schritte hinter die Hütte zurück, sammelte seine Kräfte, lief rasch vorwärts und schnellte sich hoch in die Luft. Gerade über der Rückwand der Hütte sprang er auf das Dach, und das an dieser Stelle durch die Wand von unten abgesteifte Bauwerk hielt sein ungeheures Gewicht einen Augenblick aus. Aber als er einen Schritt vorwärts machte, gab das Dach nach, die Bedeckung riß auseinander, und der große Menschenaffe sauste hindurch und in das Innere hinunter.

Die Wachtposten hörten das Krachen der Firststangen, sprangen auf die Füße und eilten in die Hütte. Jane suchte sich zur Seite zu rollen, als die ungeheure Gestalt so nahe neben ihr niedersauste, daß ein Fuß ihr Kleid auf dem Boden festhielt.

Der Affe fühlte die Bewegung neben sich, griff herum und nahm die junge Frau in einen seiner mächtigen Arme. Da der Burnus den behaarten Körper bedeckte, glaubte Jane, der Arm eines Mannes richte sie auf, und aus äußerster Hoffnungslosigkeit keimte wieder in ihrem Busen die Hoffnung auf, daß sie endlich einen Retter gefunden habe.

Die beiden Wachtposten befanden sich jetzt wohl in der Hütte, aber sie zögerten, weil sie nicht erkennen konnten, was eigentlich los war. Mit den noch nicht an die Dunkelheit gewöhnten Augen konnten sie nichts erkennen, und da der Affe ihren Angriff schweigend erwartete, vernahmen sie auch keinen Laut.

Taglat sah, wie sie ohne weiteres Vordringen stehen blieben. Da er, behindert wie er durch das Gewicht des Weibchens war, nur recht schlecht kämpfen konnte, entschloß er sich zu einem plötzlichen Durchbruch in die Freiheit. Er senkte den Kopf und warf sich geradewegs auf die zwei im Hütteneingang stehenden Wachtposten. Unter der Wucht seiner mächtigen Schultern stürzten beide sich überschlagend zu Boden, und ehe sie sich wieder aufraffen konnten, schoß der Affe in die Schatten der nach der Palisade zu stehenden Hütten und war verschwunden.

Die Schnelligkeit und Kraft ihres Befreiers erfüllten Jane mit Bewunderung. War es möglich, daß Tarzan die Kugel des Arabers überlebt hatte? Wer sonst in der ganzen Dschungel hätte das Gewicht einer erwachsenen Frau so leicht getragen, wie es der tat, in dessen Arm sie war? Sie rief ihn beim Namen, aber sie bekam keine Antwort. Gleichwohl gab sie die Hoffnung nicht auf.

Das Tier zögerte nicht einen Augenblick vor der Palisade. Mit einem einzigen mächtigen Satz war der Affe oben und schwebte einen Augenblick auf der Spitze, dann ließ er sich auf der anderen Seite zu Boden fallen. Nun war die junge Frau fast sicher, daß sie in den Armen ihres Gatten liege, und als der Affe sich gar auf die Bäume schwang und sie rasch durch die Dschungel dahintrug, wie es Tarzan früher in vergangenen Zeiten mehrmals mit ihr gemacht hatte, wurde ihre Annahme zur festen Überzeugung.

Etwa eine Meile vom Lager der Räuber entfernt, hielt ihr Befreier bei einer kleinen, mondbeschienenen Lichtung an und ließ sich auf den Boden herab. Sein rauhes Zugreifen überraschte sie zwar, aber sie hegte immer noch keinen Zweifel. Sie rief ihn wieder beim Namen, als sich der Affe, der sich über die Beengung durch die ungewohnten Gewänder der Tarmangani ärgerte, den Burnus abriß und den Augen der vom Entsetzen niedergeschmetterten Frau die Fratze und behaarte Gestalt eines ungeheuren Menschenaffen enthüllte.

Mit einem kläglichen Wimmern verlor Jane die Besinnung und fiel in Ohnmacht, während aus dem Versteck eines nahegelegenen Gebüsches Numa, der Löwe, hungrig nach dem Paar spähte und sich die Lefzen leckte.

*

Tarzan betrat Achmed Zeks Zelt und suchte das Innere gründlich durch. Er riß das Bett in Fetzen und streute den Inhalt von Kisten und Kasten über den Boden. Was seine Augen nur entdecken konnten, suchte er durch. Seinen geübten scharfen Sinneswerkzeugen entging nicht der kleinste Gegenstand in der Behausung des Räuberhauptmanns; aber weder seine Tasche noch seine hübschen Kiesel fand er zur Belohnung für seine Gründlichkeit.

Er war schließlich davon überzeugt, daß sein Eigentum nicht in Achmed Zeks Besitz war, falls dieser es nicht direkt am Leibe trug. Tarzan beschloß daher, erst die Person des Weibes in Sicherheit zu bringen, ehe er sich weiter nach seiner Tasche auf die Suche machte. Er gab Chulk mit einer Handbewegung das Zeichen, ihm zu folgen und verließ das Zelt auf demselben Wege, auf dem er es betreten hatte. Kühn schritt er mitten durch das Dorf geradewegs auf die Hütte zu, in welcher Jane gefangengehalten worden war.

Mit einiger Überraschung stellte er fest, daß Taglat, den er außen hinter Achmed Zeks Zelt geglaubt hatte, fehlte. Aber da er an die Unverläßlichkeit der Affen gewöhnt war, schenkte er der neuerlichen Entfernung seines sauertöpfischen Begleiters weiter keine große Beachtung. Solange Taglat nicht seine Pläne durchkreuzte, war seine Abwesenheit Tarzan gleichgültig. Als sich der Affenmensch der Hütte näherte, bemerkte er, daß sich eine Gruppe Leute vor deren Eingang gesammelt hatte. Er konnte sehen, daß die beisammenstehenden Männer sehr erregt waren, und fürchtete, angesichts so vieler spähender Augen könnte Chulks Verkleidung dessen wahre Persönlichkeit nicht hinreichend verbergen. Deshalb befahl er dem Affen, sich an das entfernte andere Ende des Dorfes zu begeben und ihn da zu erwarten.

Chulk wackelte, sich im Schatten haltend, davon und Tarzan trat kühn zu der erregten Gruppe. Beim Versuche, den Grund der Erregung kennenzulernen, drängte er sich zwischen die Neger und Araber und vergaß vor lauter Interesse, daß er als einziger der Versammlung Speer, Bogen und Pfeile trug, wodurch er Gegenstand argwöhnischer Aufmerksamkeit werden mußte.

Er drängte sich mit den Schultern durch den Haufen, kam an die Türe und war beinahe darin, als ihm einer der Araber die Hand auf die Schulter legte und rief: Wen haben wir denn hier? während er dem Affenmenschen gleichzeitig die Kapuze vom Gesicht zurückwarf. Affentarzan war Zeit seines rauhen Lebens nicht gewohnt gewesen, sich bei einem Gegner mit Erklärungen aufzuhalten. Der primitive Instinkt der Selbsterhaltung kennt viele Wege und Listen, aber Auseinandersetzung durch Erklärung gehört nicht dazu. Tarzan verlor deshalb auch gar keine kostbare Zeit mit dem Versuch, den Räubern beizubringen, daß er kein Wolf in Schafskleidern sei. Er packte statt dessen den Mann, der ihm die Kapuze abgerissen hatte, an der Kehle, ehe diesem die Worte recht über die Lippen gekommen waren, und schleuderte ihn hin und her, wodurch er alle auf die Seite warf, die ihm zu nahe kommen wollten.

Den Araber als Waffe benützend erzwang sich Tarzan rasch den Weg zur Türe und befand sich einen Augenblick später im Innern der Hütte. Eine hastige Prüfung belehrte ihn darüber, daß sie leer war, aber sein Geruchssinn entdeckte dazu auch die Witterung des Affen Taglat. Tarzan stieß ein leises, unheildrohendes Knurren aus. Die Leute, welche sich, um ihn zu ergreifen, nach der Türe drängten, fuhren zurück, als die grimmigen Töne eines raubtierartigen Kampfrufes an ihre Ohren schlugen. Überrascht und bestürzt sahen sie einander an. Ein Mensch hatte die Hütte allein betreten und doch hatten sie eben mit eigenen Ohren die Stimme eines wilden Tieres darin gehört! Was hatte das zu bedeuten? Hatte ein Löwe oder ein Leopard in der Hütte ohne Wissen der Wachtposten Schutz gesucht? Tarzans Augen entdeckten alsbald die Öffnung in der Decke, durch welche Taglat heruntergefallen war. Er mutmaßte, der Affe müsse auf diesem Wege entweder gekommen oder verschwunden sein und sprang, während die Araber draußen noch zögerten, wie eine Katze in die Lücke, faßte die obere Kante der Wand, kletterte hinaus auf das Dach und ließ sich sofort hinter der Hütte auf den Boden hinunter.

Als die Araber schließlich, nachdem sie mehrere Salven durch die Wände gefeuert, genug Mut gesammelt hatten, um die Hütte zu betreten, fanden sie deren Inneres leer. Tarzan suchte zu dieser Zeit bereits am anderen Ende des Dorfes nach Chulk, aber dieser Affe war nirgends zu finden.

Seines Weibes beraubt, von seinen Gefährten verlassen und über den Verbleib seiner Tasche und der Kiesel so unklar wie nur je, erklomm Tarzan in recht ärgerlicher Stimmung die Palisade und verschwand in der Dschungel.

Für diesmal mußte er das Suchen nach seiner Tasche aufgeben, denn es wäre gleichbedeutend mit Selbstmord gewesen, hätte er jetzt nochmals das Araberlager betreten, nachdem dessen sämtliche Bewohner ermuntert und auf ihrer Hut waren.

Bei der Flucht aus dem Dorfe hatte der Affenmensch die Spur des flüchtigen Taglat verloren und kreiste nun in weitem Bogen durch den Wald, um sie möglichst wieder aufzufinden.

Chulk war so lange auf seinem Posten geblieben, bis die Schreie und Schüsse der Araber seine einfältige Seele mit Schrecken erfüllten, denn vor allen anderen Dingen fürchtete das Affenvolk die Donnerstöcke der Tarmangani. Dann war er behend über die Palisade geklettert, wobei er seinen Burnus zerrissen hatte, und floh nun knurrend und scheltend in die Tiefen der Waldwildnis.

In größter Eile durchstreifte Tarzan die Dschungel auf der Suche nach Taglat und dem Weibe. Nicht weit vor ihm beugte sich der Affe auf einer kleinen vom Mond erhellten Lichtung über die hingestreckte Gestalt des Weibes, das Tarzan suchte. Das Tier riß an den Fesseln, die ihre Hand- und Fußgelenke banden, und zerrte und nagte an den Stricken. Den Affenmenschen mußte sein Weg in allernächster Nähe rechts von ihnen vorbeiführen und wenn er sie auch nicht sah, mußte ihm doch der von ihnen zu ihm hinwehende Wind ihre Witterung stark zutragen.

Noch einen Augenblick und Jane wäre in Sicherheit gewesen, trotz des Löwen, der sich bereits zusammenkauerte, um zum Sprunge anzusetzen. Aber das Schicksal, das schon bisher fast zu grausam gewesen war, übertraf sich diesmal selbst – der Wind sprang plötzlich auf ein paar Augenblicke um, die Witterung, welche den Affenmenschen an die Seite der jungen Frau geführt haben würde, wehte in entgegengesetzter Richtung, Tarzan eilte in nur fünfzig Meter Entfernung an der Tragödie vorbei, die sich gleich auf der Lichtung abspielen sollte, und die Gelegenheit war auf Nimmerwiederkehr dahin.


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