John Brinckman
Uns Herrgott up Reisen / 1
John Brinckman

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Dat vierte Kapitel

Wotaunäben de leiw Gott up den sülwstigen vierten Advent de Nahmiddagspredigt mit anhüren un wat för ein Gesicht hei dortau maken ded. Wen dor up den Hamborger Barg noch stunn un em uppaßt. Wo hei nahsten wedder up den musikalischen Gedankengang kamm. Wo hei dorup afblew, un wat de gewisse Jemand för Angst hadd, wo hei am Enn' gor noch hengahn kunn.

So kamm denn de leiw Gott noch den sülwstigen Dag ahn Molesten von den Limmerschen Schulten un den hannoverschen Bœdelhusoren üm Middag ut œwer de Elw, de all taufroren was, un œwer Vierlanden nah Hamborg rinner, gung den Jumfernstieg lanker, un as dat dunn grad Nahmiddag was un all de Hamborger Klocken wedder an tau bimmeln un bammeln un beiern fungen un dat schöne Klockenspill von Sankt Nikolai so hell un leiwlich insetten ded, baben dörch de blitzblanke Winterluft, un as hei dunn all de Herrnkœkschen un all de Kramerlihrburßen, de süs jo kein Tit dortau hadden, mit de Gesangbäuker in de Hand un en Taschendauk dorœwer begägen ded, dunn gung hei sei stillswigens nah un ok mit nah de grot Sankt Kathrinen-Kirch rinner.

Man so gaut as in de oll Limmersch Landkirch gefüll em dat jo dor woll doch nich. Wohr wir dat, de Örgel dor was gor tau schön, un mit de richtigen Rhythmussen singen deden sei dor ok, œwersten de Rhythmus, de dor von de Kanzel runner örgelt würd, de mücht den leiwen Herrgott jo doch woll nich so recht tauseggen. Dor stünn Hochehrwürden de Herr Hauptpaster Johann Melchior Götze in sinen nigen Churrock mit de grote Halsfres, seg so dacksteinrot un kullerig ut as en ollen gnittrigen Kuhnhahn, de ne muntere Lewark baben sinen Kopp twinkelieren hüren deit un sei dat Singen dor baben verbeiden will, haut mit de Fust up dat Pulpet, dat de jung Fru, de dor ünner em in den Stauhl satt un grad ehren Kirchgang höll, den Inschott in de Bost dorvon weg kreg, un schreg: »Ich aber sage euch, daß ich alles dieses besser weiß als irgendwelcher ordinierter Diener dieses selbigen evangelischen Gotteswortes, und ich verkündige euch im Namen des Herrn, alles und jegliches Wissen, was maßen und wannehro es sich erdreisten möchte, mit seiner eigenen Tranfunzel anstatt mit der symbolischen Altarkerze heranzutreten, um in seiner unverschämten und unglaublichen Frechheit seinen Herrn und Heiland zu beleuchten in der blinden und törichten Voraussetzung, sein göttliches Wesen solchermaßen deutlicher zu erkennen und richtiger zu würdigen – ein solches hoffärtiges Wissen, sage ich dir, andächtige Gemeinde, ist eine Läsion derer hochherrlichen Majestät heiliger Dreieinigkeit und soll auf ewig verdammt sein in den tiefsten Schwefelpfuhl Satanae! Was ist alle und jegliche Wissenschaft anders als verführerischer Flitterstaat des Teufels, als welcher zum Unglauben zu verlocken gemeint ist; was anders als verabscheuungswürdiges Blendwerk der Hölle. Verdammt der, welcher die wurmstichige Leiter erbärmlichen menschlichen Denkens zuerst an die unersteigliche Mauer des Symbolum anzulehnen sich erkühnte! Verflucht, dreimal verflucht alle die literarischen Prahlhänse und wissenschaftlichen Marktschreier, die selbiges noch heute tun in diesen unseren eignen unseligen und abtrünnigen Zeiten und in diesen unsern eignen sodomitischen Mauern! Verdammt sei sie, diese Wissenschaft, die sich vergeblich den Lügenmantel der Demut und Bescheidenheit umhängt und verlogenster Weise den Namen der Wahrheit auf ihre Piratenflagge schreibt, um den Kelch und die Patene des Herrn aus dem Schiffe der evangelischen Kirche zu rauben und die gesamte Christenheit der marokkanischen Slaverei Satanae wieder zuzuführen! Stillstehen soll sie, diese eitle und geckenhafte Wissenschaft; umkehren soll sie und Buße tun in dem Sack und der Asche der Zerknirschung, denn sie allein ist und bleibt der Fluch der Menschheit, sie ist der eigentliche Apfel, den die Schlange vom Baum der Erkenntnis der lüsternen Eva zugereicht. In den Staub mit ihr!«

Wohr was dat, Jobst Sackmann hadd sin christlich Gemein in de Limmersch Kirch den sülwstigen Morrn ok drang un gehürig Bescheid seggt un nicks nich schenkt hatt un de leiw Gott recht taustimmig mit den Kopp dortau nickt; as œwer de ihrwürdig Hauptpaster von Sankt Kathrinen in Hamborg in sin Nahmiddags-Predigt so bannig losdunnern ded, dunn ded hei dat nich, dunn würd hei üterst bedenklich, as sick dat anlet. Ob dat nu œwer de satanische Bosheit von de Wissenschaft geschach oder œwer den Herrn Hauptpaster sinen ingrimmigen Sermon, dat möt üngewiß bliwen; utspräken ded hei sick dor nichwider œwer. Man so väl is gewiß, as de Herr Paster de niederträchtige Wissenschaft richtig in den Sack un de Asch rinner hadd, dunn gung uns Hergott sachten ut de Kirch rute un sinen Gang wider œwer den Hamborger Barg un dörch Altona dörch un dat gradwägs in de beiden Herzogdömers rinne. Hei mücht jo woll so sin eigen Gedanken hewwen, dat hei dor kein Notiz nich von nahmen hadd, wat de Düwel dor up den Hamborger Barg mank allerhand utlannsch Matrosenvolk un Harfonien un Örgeldreihers un anner sonn gemeines Takel sick rümmer drew un up em lurt hadd. De Düwel was nu all 'n bäten driester worden un höll sick nu nich mihr so wit von den leiwen Gott af, as hei vörhen noch ümmer dan hadd, un dat mücht jo woll dorvon her kamen, wil dat de leiw Gott em œwerall nich beachten ded. Hei humpelt em ok fuurtst nah, man so an dusend Schritt höll hei sick doch noch achter em trügg. Man as de leiw Gott bi dat allerletzt Hus in Altona vörbi kamm, un dat was man sonn lütt kleimstakig Hüschen mit ein Dör un ein Fack Finster, dunn was hei noch wedder en Ogenblick still stahn wäst, as ob hei vull Vergnäugen up wat henhüren ded. De helle Nahmiddagssünn, de nu all mächtig tau Rüst gung, schint dor fründlich dörch de Bliruten von dat side Finster in dat lütt Hüschen rinner, un dor set ne steinolle gichtbrüchige Fru mudderseelenallein, hadd ne Huspostill apen up ehren Schot liggen un sung mit ehr bäwerig Stimm ganz vernämlich, so dat dat buten up de Strat tau hüren was: »Wie schön leuchtet der Morgenstern, voll Gnad und Wahrheit von dem Herrn, die süße Wurzel Jesse«, un sach dorbi so andächtig ut, as ob sei dor ne Ahnung von hadd, wat de leiw Gott buten vör ehr side Husdör stünn, un as wir sei jedwen Ogenblick dorup fat't, dat hei an de Dör kloppen un sei afraupen kunn in sin himmlisches Freudenreich; sei was bereit dortau, wenn hei man so gnädig sin wull; sei hadd dor nu naug von.

Na, dit bröcht jo nu den leiwen Herrgott von sülwst wedder up sin Betrachtungen œwer den schönen Kirchengesang, den hei int Hannöversch den Dag tau hüren krägen hadd.

»Dat 's wohr«, säd hei tau sick, as hei in de Herzogdömers rinne gung, »mit dat evangelsch Kirchenlied hett oll Martin Luther den Nagel so recht up den Kopp drapen. De Mann hett ein prächtiges Judizium hatt un de Minschheit buten un binnen kennt. De hett dat woll wüßt, wat ehr not ded un an weckehr Henkels un Seilen sei anfat't sin will, sall sei upböhrt un haben warden. Dat sall man gellen! Wenn dor noch wat is, wo dat Krœtendings von Minschenhart sick dörch bikamen lett, denn is dat de Fru Musika. Un denn de Örgel mit de Posaunierung un de Viola un de Labialpipen un den Gedakt un vör allens de Voxhumana – wo dat nich mihr dörchsleiht, dor is œwerall ok kein Hülp nich mihr an, nee, dor gewiß nich!«

Un dorbi kunn de leiw Gott sick nich eins warden, weckehr Lied un weckehr Melodei em bäter tauseggen ded, de ein oder de anner: wo dat Hart man richtig mitsung, dor klüngen s' all nah de Reig glik säut un annähmlich för em. Dorup kreg de leiw Gott wedder de Breiftasch rute un notiert sick dat 'n bäten, man blot för Petrussen; un dor schrew hei sick de Namens up, ein nahn annern, mit ne recht dütliche, läsbore Handschrift, ierst de drei Paulussen, nämlich Speratussen, Gerhardten un Flemmingen, un dunn Hanning Risten un Örche Neumarken, nich tau vergäten Niklas Deciussen von wägen »Allein Gott in der Höh sei Ehr!« un so wider. Un so gung de leiw Gott ümmer deiper rinner in de Herzogdömers un ümmer noch, ahn sick ümtaukiken, in de musikalische Gedankendrift un den bläuhenden Melodeien- un Harmoneien-Goren, wo de säute Voxhumana as Nachtigall in sitten deit un so klangvoll un kläglich üm Erbarmen biddt, un tau gliker Tit ümmer vörfäutsch gradwägs vör sick weg, bet hei nah Stift Ripen in Jütland kamm.

Dor verfihrt hei sick œwer nich slicht, so dat all de schöne Musika mit einen Slag dorœwer fläuten gung un hei sick beide Uhren mit de Hänn' tauhollen müßt. Was dat ne minschliche Sprak un Räd dor, wat de Lüd in Jütland miteinanner snacken deden, oder wir dat dat nich, so surrt dat un snurrt dat, so knart un quart un blart dat, un dortau prünten sei de Mund so snaksch, as spiten sei einanner ümmer int Gesicht bi jedwer Frag un jedwer Antwurt.

»Kinner un Lüd!« säd dunn de leiw Gott, »dit is jo ein Gesnater, as wenn Gaus un Gant sick striden daun. Dit düst mi jo orig in minen Kopp! Is dat mœglich, dat sick de minschliche Pust so verschamfieren lett un dat de minschliche Tung un Görgel, de ick so richtig afstimmt heff, dat Stegholt so scheif dreihen kann, dat, wat för ne Viola meint is, 'n ollen œwersnappigen Dudelsack ward? Nee, dit geiht jo œwer min Vermœgen! Dit klingt un singt jo rein likster Welt, as wenn 'n sworen Frachtwagen in Gnittsand mahlen deit un Kater un Katt gegen 'n anner up gaulen daun. Nee, dit 's en bäten œwer de Gebühr! Dit holl ick mit den besten Willen nich ut! Dor is Chinesch' jo Gold gegen! Un denn dat leiwe Görentüg hier rümmer, wo dat in der Welt einmal utsüht, wo dat all vull Bork un Schorf un Grint sitt! De hewwen jo dat Witt in ehr Ogen nich rein. Dor kann jo Petersill up wassen! Dat süht jo rein so ut, as wenn de Baukweitengrütt, wo dat glik mit nudelt ward, so drad as dat jung ward, up ehr eigen Fell wedder utslahn un uplopen deit. Kinner un Lüd! De hewwen jo woll all de Krätz hier? Dor hürt jo en Fregattschipp vull Swäwel tau, sall dat all wedder utputzt un minschlich utseihn warden, un so väl gräun Seep, as 'n Dutz hollannsche Kuffen nich ranner tau släpen dœgen! De Smutt, den de Franzos inwennig sitten hett, de sitt hier jo woll all butwennig? Nee, dit is nich tau verlangen! Kinner un Lüd! nähmt mi dat nich œwel, hier holl ick dat kein Vittelstunn nich ut. Fi acker!«

Un dormit dreiht de leiw Gott sick snups üm un gung den Weg wedder trügg, den hei kamen was, namm œwer sin Hänn' nich ihre wedder von sin Uhren weg, as bet de oll Ripensch Kirchtorm so wit achter em lagg as Kap Schagen von Flensborg.

De Düwel was jo nu mitdes den leiwen Herrgott brandniglich un vull Angst, dat hei em in sin verfluchtigen Intressen irgendwo Schaden andaun kunn, üterst vörsichtig un in wollbemätene Distanzen achter de holsteinschen un schleswigschen Hecken un Tün un Koppeln nahsläken wäst, un as hei nu den leiwen Herrgott ümmer strikt nuurdlich, ahn linksch un rechtsch aftaubögen, wider gahn sach, dunn säd hei tau sick: »Dunnerwetter noch mal tau! wat de Oll woll wedder einmal vörhewwen mag? Am Enn' will hei œwer den Alsenschen Sund un nah Kopenhagen. Na, dit kunn mi passen! Wenn hei mi dor mank min Korten kümmt, denn verdarwt hei mi am Enn' noch min ganzes schönes Spill. Dor heff ick Rantzauen un Königsmuddern Grand-Slemm in de Hand stäken in dat bläudige Whistspill, dat ick dor 'n bäten in 'n Gang bröcht heff. Dat kunn ick mi jo nie vergäwen, würd mi dat stürt un behüll ick achterher dat Nahseihn. Kuckuck un Sœbenstiern! nu heit dat: Paß up!«

Dormit namm de Düwel wedder en Ümweg un humpelt rechtsch af un dat den leiwen Herrgott vörbi un nah den Alsenschen Sund hen in sin Angst, dat de leiw Gott œwer Fünen un Seeland nah Kopenhagen hen wull, un dorbi verlür hei em heil un ganz ut de Ogen.


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