Georg Bötticher
Allerlei Schnick-Schnack
Georg Bötticher

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Die Süßigkeit.

            Dem Laienbruder Maurer Kiehn
Im Kloster Apenrade
War von dem lieben Gott verliehn
Die ganz besondre Gnade,
Daß er stets während dem Gebet
'ne Süßigkeit verspüren tät.

Infolgedessen sah man ihn
Sehr oft vor'm Betpult kauern,
Doch minder häufig Faden ziehn,
Kalk schippen oder mauern.
Sein Meister, den das nit gefreut,
Sprach ernst: »All Ding zu seiner Zeit!«

»O Meister« – hat da der Gesell
Gesagt – »o, wenn Ihr wüßtet –
Ich glaub, daß Ihr an meiner Stell
Genau so handeln müßtet!
Ja, müßtet, Meister! Denn ich muß . . .
Ich bitt Euch – gebt mir einen Kuß –«

Damit umfing gleich einer Braut
Den Meister der Geselle . . .
Doch der verstand das falsch und haut'
Ihm eine Riesenschelle!
Und siehe da: Von selbger Stund
War's jenem nimmer süß im Mund.

* * *

Moralien kann man manche ziehn
Aus dieser Scherz-Legende.
Indes genügt für Maurer Kiehn
Die eine wohl am Ende:
Es komm das Glück, woher es will –
Empfang's mit Dank und – schweige still
.

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