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Nachbemerkungen

Über allem Flug steht der Regenbogen des Mythos, der zu den alten Göttern reicht und sich als Utopie in die Zukunft überschlägt. Der Mythos ist, wie die Dichtung, im Wesen Personifikation; er schafft sich seinen Helden, wie er sich Buddha, Christus und Homer, Siegfried und Tell geschaffen hat: indem er auf ein Einzelwesen – sei es historisch, sei es fiktiv – alle Ausdrucksmöglichkeiten der Idee vereinigt. Der Mensch stellt sich sein Werk nach seinem Bilde vor.

Solcherart ist Karl Hans Strobls Türmer Palingenius geworden. Das Geschlecht der Türmer, seit alters Sinnbild zugleich des Erdverwurzeltseins und der überschauenden Höhe, stirbt aus und ersetzt sich durch das der Leuchtturmwächter, Marconitelegraphisten und Meteorologen. In Strobls gewaltigem Roman » Eleagabal Kuperus« nun, in dem die bewegenden Kräfte der Zeit: der Moloch des Kapitals gegen den betrachtenden, den künstlerischen und den erfinderischen Geist, eingesetzt sind, macht sich der letzte dieser zeitlosen Türmer gänzlich von der Erde frei und vollendet die sieghafte Tragik seines Schicksals: sterbend den Menschen das Tor der Zukunft aufzutun.

Solcherart erdichtet sich auch Otto Rung in seiner Novelle » Luftpilot Jacquelin« zwischen zwei Zeitungstelegrammen: Latham fliegt – Blériot siegt, aus Le Bris, Mouillard, Lilienthal, Wright (und dem Zufallsnamen eines existierenden Fliegers und Flugzeugbauers) die große mythische Persönlichkeit, die uns das Leben schuldig bleibt; erneuert sich in Leonhard Adelts Buch aus unsern Tagen » Der Flieger« am schöpferischen Individuum die Geschichte des Fluges aus ihren dunklen Gründen und Ursprüngen in die Wirklichkeit des zwanzigsten Jahrhunderts; mischen sich in Karl Vollmöllers funkelnd geistreichem Märchendrama » Wieland« Mythos, Zeitgeschichte und Selbstanalyse zu romantischer Ironie.

Beseelt von der leidenschaftlichen Hingabe seiner Schöpfer, nimmt das Werk Eigenleben an, dessen der Zauberlehrling nicht mehr Herr wird. Dieses Motiv erscheint mit Vollmöllers Novelle » Die Geliebte« in die Psychologie letzter Erotik: in das selbstverzehrende Streben nach der vollkommenen Form, gewendet; entrückt mit Wilhelm Schmidtbonns Legende » Der Flieger« aus der Impression flüchtiger Sinnesverwirrung in das dichterisch konkrete Gleichnis.

Mit der Verwirklichung des alten Traumes, die noch in Jean Pauls »Giannozzo« ganz in der Lyrik erhobener Seelenheiterkeit befangen blieb, hängten sich die reale Betrachtung und die Nutzanwendung an den Flug – didaktisch bei den beiden älteren Autoren Adalbert Stifter und Jules Verne; als hymnisch gesteigertes Lebensgefühl in Gabriele d'Annunzios » vielleicht – vielleicht auch nicht«, dem ersten großen Fliegerroman der Weltliteratur; auf die sozialen Verhältnisse zurückbezogen in Aage von Kohls » Harmonie der Sphären« und Leonhard Adelts » Ozeanflug«; in den sozialen Folgerungen zu Ende gedacht von H. G. Wells, dessen » Luftkrieg« die einzige dichterisch bedeutende unter den zahllosen Kriegsutopien ist; schärfer in bittere oder lachende Satire umgebogen bei Alfred Richard Meyer und Hermann Heijermans.

Mit der Utopie neigt sich der Bogen der Flugdichtung wieder den mythischen Gründen zu. Was bei Edgar Allan Poe (ebenso bei Maurice Renard) noch halb scherz-, halb ernsthafte Spekulation ist, vertieft sich bei Wells zu der genialen Fortsetzung »Die ersten Menschen im Mond« – die ebenfalls eine ganze, mit Cyrano de Bergerac beginnende Klasse von Utopien als die bedeutendste darunter vertritt – und bei Paul Scheerbart zu den Münchhausiaden » Das große Licht« und den kosmischen Phantasien, die in dem Asteroidenroman » Lesabéndio« und den » Astralen Novelletten« gipfeln.

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»Der Türmer Palingenius« umfaßt zwei Abschnitte aus Karl Hans Strobls zweibändigem Roman » Eleagabal Kuperus«, dessen fünfte Auflage der Verlag Georg Müller, München, kürzlich in einer handlichen Neuausgabe herausgebracht hat. Im selben Verlag erschien Strobls Novellenband »Die knöcherne Hand«.

Die Novelle » Hans Pfaalls Mondfahrt« findet sich mit den übrigen Luftschiffergeschichten des amerikanischen Dichters in der durch Hedda und Arthur Moeller-Bruck und Hedwig Lachmann besorgten kritischen Ausgabe von Edgar Allan Poes Werken, der sie mit Genehmigung des Verlages J. C. C. Bruns, Minden i. W., entnommen ist.

Für den Verlag Georg Müller, München, illustrierte Alfred Kubin sechs Bände Poescher Novellen, darunter fünf Novellenbände in der Übersetzung Gisela Etzels und die phantastischen Geschichten »Nebelmeer« in der von Hanns Heinz Ewers herausgegebenen Galerie der Phantasten; ferner verdeutschte Gisela Etzel für Georg Müller einen Band »Novellen der Liebe«, Theodor Etzel die Gedichte Poes. Derselbe Verlag übernahm Martha Schimpers Übertragung von Cyrano de Bergeracs phantastischem Roman » Mondstaaten und Sonnenreiche«, diesem kulturgeschichtlich interessanten Urbild aller nachfolgenden Mondutopien, mit den Illustrationen von Rolf Winkler.

» Geflügelte Taten« bilden das Eingangskapitel des gleichnamigen lustigen Buches von Hermann Heijermans, das der Dichter eigenhändig durch drollige Federzeichnungen erläutert hat. Der Abdruck erfolgte mit Erlaubnis des Verlages Egon Fleischel & Co., Berlin.

Aus Gabriele d'Annunzios Roman » Vielleicht – vielleicht auch nicht«, der durch Vollmöller meisterhaft aus dem Italienischen übertragen wurde, ist hier mit Genehmigung des Insel-Verlages, Leipzig, die klassisch gewordene Schilderung des Flugtreffens von Ardea wiedergegeben. Beim gleichen Verlag ist Karl Vollmöllers Märchen in drei Akten »Wieland« erschienen.

Die Groteske »Das lebendige Mastodon«, die uns Paul Scheerbart zur Verfügung gestellt hat, gehört zu den prächtigen Lügengeschichten des Münchhausen-Breviers » Das große Licht« (Verlag Dr. Sally Rabinowitz, Leipzig). Scheerbarts Asteroidenroman »Lesabéndio«, der in Alfred Kubin einen ebenbürtigen Illustrator gefunden hat, und seine »Astralen Novelletten« verlegte Georg Müller, München.

Leonhard Adelts Novelle » Der Ozeanflug« wird an dieser Stelle zum erstenmal im Buch veröffentlicht; des gleichen Verfassers Romandichtung »Der Flieger« liegt in fünfter Auflage bei der Literarischen Anstalt Rütten & Loening, Frankfurt a. M., vor.

Wilhelm Schmidtbonns »Flieger« ist eine der dreiundzwanzig Legenden des Buches » Der Wunderbaum« und mit Genehmigung des Dichters und des Verlages Egon Fleischel & Co., Berlin, daraus abgedruckt.

Die »Luftschlacht am Niagara« ist mit Erlaubnis des Verlages dem Roman » Der Luftkrieg« von H. G. Wells entlehnt, der ebenso wie die utopistischen Romane »Jenseits des Sirius« und »Im Jahre des Kometen«, die Groteske »Der Unsichtbare« und der Geschichtenband »Der gestohlene Bazillus« desselben Verfassers deutsch bei Julius Hoffmann, Stuttgart, verlegt ist. Der Roman »Die ersten Menschen im Mond« ist neben andern Büchern von Wells bei J. C. C. Bruns, Minden, erschienen.

Der Verlag Georg Müller, München, verlegte ferner an Flugdichtungen Hans W. Fischers erfolgreich aufgeführtes Drama in fünf Aufzügen » Flieger«, das den körperlichen Flug in eine dramatische Parallelität zum geistigen Aufschwung bringt, und Hans Brandenburgs » Hymne an den Grafen Zeppelin«.

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