Abraham a Sancta Clara
Fabeln und Parabeln
Abraham a Sancta Clara

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Elster, Miedl und Schwein

Eine vornehme Dama hatte eine abgerichtete Alster (sei's eine Geschicht oder ein Gedicht), die sehr lächerlich schwätzen konnte und als teutscher Papperl viel Sachen nachbloderte. Unter andern Bedienten befand sich auch eine Kammerjungfer, namens Miedl, der die Frau Gräfin immerzu bei Einsiedung der süßen Sachen und Einmachung der schleckerigen Konfektschalen, zur Einsparung des Zuckers, zuredete diese Wort: »Miedl, nit zuviel; Miedl, nit zuviel!« Der Alster als einem gelernigen Vogel war diese Lektion gar nit zu schwer, sondern faßte diese dergestalt ins Gedächtnis, daß sie zum öftern der Kammerjungfrau dieses Liedl vorgesungen; und weil die Jungfer mehrmal mit Löffelkraut und Süßholz unter der Haustür gehandelt, hat dieser gefiederte Spion sie allzeit verraten und mit großem Geschrei sie abgemahnt: »Miedl, nit zuviel; Miedl, nit zuviel!« Solches hat der Jungfrauen also verschmacht und sie verdrossen, daß sie nachmals den Vogel aus Zorn auf die Gassen mitten in den Kot geworfen. Die arme Gättl wickelt sich bestermaßen aus dem Unflat, sieht aber, daß an ihrer Seite auch ein großes Mastschwein in diesem Wust sich wälzt, redet demnach diesen besudelten Kameraden also an: »Weil es dir so schlecht geht wie mir, so hast vermutlich gewiß auch du die Miedl verraten?« – Dieser letztere Zusatz scheint ein wahrhaftes Gedicht, jedoch nit ohne Lehr, dessen Applikation und Anwendung ich dem günstigen Leser überlasse; gleichwohl bleibt wahr, daß die Alstern, Staren, Raben und Papperln die Reden lernen, die sie zum öftern anhören.

Eine gleiche Beschaffenheit hat's mit den Menschen, deren nur leider gar zuviel sind, die das Maul stets im porcellanischen (zu porcus = Schwein) Geschirr haben, will sagen: immerzu garstige Reden führen, unflätige Spaß vortragen, mit stinkendem Aas auf Rabenart ihre Zeit vertreiben, denen alleweil das Maul stinkt von solchem Venuskot und deren Sprach ärger mufft als jenes Mistbeetl, auf dem Job gesessen. Solche Sprach aber lernt man nit von sich selbst, sondern vom unsaubern Lottergesind, dem sich einer zugesellt.

 


 


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